Sonntag, 22. Juni 2025

Mal wieder: Garten

Ich bin Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin für Deutsch, Fran­zö­sisch (und Eng­lisch) mit Sitz in Ber­lin, ich über­setze auch. Seit über zwan­zig Jah­ren über­tra­ge ich die Wor­te von in­ter­natio­nalen Pro­fis aus For­schung, Po­li­tik und Wirt­schaft, oft zum The­ma Kli­ma­po­li­tik. Ich höre zu­erst, was an­de­re spä­ter nur zu­sam­men­ge­fasst le­sen. Und ich fra­ge mich: War­um han­deln wir nicht? Die Fak­ten sind ein­deu­tig.

Un­ser Hof­gar­ten ist eine klei­ne Idyl­le und ein Bio­top. Neu­lich blieb mir al­ler­dings das Herz fast ste­hen, als ei­ne Mit­gärt­ne­rin mit der Schau­fel im Kom­post rum­ge­hackt hat, um das Ma­te­ri­al ein we­nig run­ter­zu­drü­cken. Wir kom­pos­tie­ren, an die Groß­stadt an­ge­passt, auf we­nig Platz mit nur ei­nem Hau­fen nach dem Wald­kom­post­prin­zip, das ich von mei­nem Va­ter ge­lernt ha­be. Es la­gert im­mer ein we­nig Tot­holz an der Sei­te, da­mit et­was zur Hand ist, sonst ha­ben wir ei­nen Qua­drat­me­ter Kom­post, that's it. Un­ten ent­neh­men wir gu­te Er­de als Kom­post­be­schleu­ni­ger und fürs Gärt­nern, oben wird drauf­ge­packt, ir­gend­wann rutscht es.

Es rutscht lang­sa­mer, weil wir eben das zu Stü­cken von zehn bis zwan­zig Zen­ti­me­ter klein­ge­mach­te Holz rein­tun, das Luft und an­de­re Or­ga­nis­men ein­bringt. Ich hat­te vor bald zwan­zig Jah­ren da­mit an­ge­fan­gen, ei­nen Kom­post auf­zu­bau­en, da­mit die Um­ge­stal­tung des Hofs in ei­nen Gar­ten be­gon­nen. Aber ich „häck­se­le“ mit der Schau­fel üb­li­cher­wei­se NE­BEN dem Kom­post, nicht IN dem Hau­fen.

Durch mei­ne Ar­beit, Rei­se­ein­sät­ze, An­ge­hö­ri­gen­pfle­ge und mei­ne ei­ge­ne Zeit mit Long Covid, muss­te ich los­las­sen und die Ver­ant­wor­tung über­ge­ben. Ich schau­e re­gel­mä­ßig, ob al­les gut läuft, er­gän­ze, mi­sche ein we­nig durch, im­mer vor­sich­tig. Ich will ja kei­ne tie­ri­schen Mit­be­woh­ner:in­nen ver­schre­cken.

Drei Phasen mit Zeitsprung (drei Jahre)

Das Er­geb­nis, un­ser Gärt­chen, ist auf je­den Fall über­zeu­gend. Im Ber­li­ner Hin­ter­hof wur­de neu­lich ein Hirsch­kä­fer ge­sich­tet, für die Grö­ße und die Ge­schich­te un­se­res nur we­nige Qua­drat­me­ter gro­ßen Pa­ra­die­ses ein klei­nes Wun­der. Als wir an­fin­gen, ha­ben wir viel Kriegs­schutt aus dem Beet raus­ge­sam­melt, Scher­ben von Fla­schen, Ka­chel­öfen, Tier­kno­chen.

Die Na­tur braucht je­den grü­nen Fle­cken. Ich wür­de mir wün­schen, dass das mehr Men­schen be­grei­fen ... und ak­tiv wer­den!

Ein Vier­tel der Vö­gel sind in den letz­ten zwan­zig Jah­ren „ver­schwun­den“, auch sel­te­ne Ar­ten. Über 50 % der ein­hei­mi­schen Bie­nen­ar­ten sind ak­tu­ell vom Aus­ster­ben be­droht. Wir ver­lie­ren nicht nur Be­stäu­ber, son­dern er­le­ben ge­ra­de li­ve, wie ei­ne gan­ze Tier­art ver­schwin­det.

Un­se­re Epo­che ist fort­ge­setzt de­sas­trös. Das in den Pa­ri­ser Kli­ma­ab­kom­men ge­setz­te 1,5-Grad-Ziel, auf das die glo­ba­le Er­wär­mung be­grenzt wer­den soll­te, ist längst ge­ris­sen.

Dort wur­de ein „Rest­bud­get“ be­nannt, aus dem ab­zu­le­sen ist, wie vie­le Treib­haus­ga­se die Mensch­heit noch aus­sto­ßen darf. Wenn wir so wei­ter­ma­chen, wird die­ses Li­mit welt­weit in et­wa drei Jah­ren über­schrit­ten sein. Hier in Deutsch­land sind wir wie­der mal Spit­ze. Wir ha­ben das ge­sam­te ver­blei­ben­de Rest­bud­get für 1,5 Grad be­reits im März 2024 auf­ge­braucht, so der Ex­per­ten­rat für Kli­ma­fra­gen.

Doch po­li­tische Kon­se­quen­zen ...? Fehl­an­zei­ge! Nicht ein­mal die ein­fachs­ten Din­ge wer­den um­ge­setzt, wie ein Tem­po­li­mit oder das Ver­bot von In­lands­flü­gen. Gas­hei­zun­gen wer­den wei­ter mun­ter ein­ge­baut, neue Gas­kraft­wer­ke ge­plant, Fleisch in Un­men­gen „pro­du­ziert“ (har­tes Wort für Le­be­we­sen) und kon­su­miert.

Auch ei­ne tief­grei­fen­de Bau­wen­de fehlt, bei der von Be­stands­bauten aus­zu­ge­hen wä­re. Hier lässt sich mit Steu­ern ... rich­tig!, ... so rich­tig viel steu­ern.

Das Haupt­pro­blem ak­tu­ell sind aber die Krie­ge, wo­mit wir wie­der beim The­ma von ges­tern wä­ren. Die ein­sa­men, un­at­trak­tiven Män­ner, die ih­re Exis­tenz nur da­durch zu spü­ren schei­nen, dass sie an­de­re ter­ro­ri­sie­ren, Krie­ge vom Zaun bre­chen, brand­schat­zen und mor­den, das wer­de ich nie ver­ste­hen. Denn auch die­se hat­ten Müt­ter, die sie ge­liebt ha­ben oder hät­ten lie­ben sol­len. Es ist zum Heu­len.

Die lang­fris­tigen Schä­den der Kli­ma­kri­se wer­den schlim­mer sein als die Krie­ge, die wir der­zeit er­le­ben.

So, ab in den Hofgar­ten mit mir, Ap­fel­bäum­chen pflan­zen.

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Fo­tos: C.E.

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