Mittwoch, 30. April 2025

Bonjour

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäf­tigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­le­sen.

Win­ter­lich im Win­ter­licht: Treppe, Jalousien, Fenster, Garten
Blauer Himmel unter grünen Jalousien!
Sie su­chen Kom­mu­ni­ka­tions­pro­fis für die Sprach­kom­bi­na­ti­on Fran­zö­sisch und Deutsch so­wie aus dem Eng­li­schen oder für Über­set­zun­gen ins Deut­sche und Lek­to­rat? Dann sind Sie hier rich­tig!

Seit 2005 er­leich­te­re ich in­ter­na­tio­na­le Kom­mu­ni­ka­ti­on an vie­len Stel­len. Wenn Sie ei­ne (oder mehr als ei­ne) ver­si­er­te Dol­met­scherin für Ihre Kon­fe­renz, Ver­hand­lung oder De­le­ga­ti­ons­rei­se su­chen, dann fre­ue ich mich auf Ihre Mail! Wir können auch ein Te­le­fo­nat ver­ein­baren. Ich be­ra­te ger­ne.

Dol­met­schen ist Team­ar­beit, das Gros der Kol­le­gin­nen (und Kol­le­gen!) ken­ne ich seit Jahr­zehn­te­n. Wir sor­gen da­für, dass Ihre Bot­schaft klar, prä­zi­se und wir­kungs­voll an­kommt!

Ein­satz­ge­bie­te
­✅ In­ter­na­tio­na­le Kon­gres­se, Kon­fe­ren­zen & Se­mi­na­re
✅ Hoch­ka­rä­ti­ge Ver­hand­lun­gen & po­li­ti­sche Ge­sprä­che
✅ De­le­ga­ti­ons­rei­sen & Werk­s­be­sich­ti­gun­gen
✅ Wirt­schaft & Land­wirt­schaft, Ge­sell­schaft & So­zia­les, Ur­ba­nis­mus, Ar­chi­tek­tur, 
Kul­tur, Me­di­en, Ki­no, Eu­ro­be­triebs­rats­sit­zun­gen usw.

Es geht um Fach­kom­pe­tenz, Hin­ter­grund­wis­sen und um Er­fah­rung! Ger­ne bin ich Ih­re Brü­cke zwi­schen der deutsch- und fran­zö­sisch­spra­chi­gen Welt — fle­xi­bel, zu­ver­läs­sig und punkt­ge­nau! Vor Ort und auch mit On­line-Ex­per­ti­se: Mein Ein­satz ga­ran­tiert Ih­nen Ver­ständ­lich­keit oh­ne Miss­ver­ständ­nis­se.

Jetzt pla­nen  Er­folg si­chern!
Dol­met­schen ist mehr als Spra­che. Es ist Prä­zi­si­on, Kon­text, Wis­sen um Sprech­ab­sich­ten, Hin­ter­grund, Takt­ge­fühl und Er­fah­rung. Si­chern Sie sich mei­ne oder un­se­re pro­fes­sio­nel­le Un­ter­stüt­zung! Schrei­ben Sie an 📩 ca­ro­li­ne@ada­zylla.de. Ich pfle­ge in Teil­zeit eine An­ge­hö­ri­ge und rei­se auch für man­che Kun­d:in­nen. So kann ich zu­sa­gen, bin­nen zwölf Stun­den zu ant­wor­ten.

Mei­ne Ex­per­ti­se für Sie
🔹 Weil Ihre Ge­sprä­che per­fekt lau­fen müs­sen
🔹 Weil KI kei­ne kom­ple­xen Nu­an­cen ver­steht
🔹 Weil ich Fach­wis­sen mit sprach­li­cher Prä­zi­si­on kom­bi­nie­re
🔹 Weil lang­jäh­ri­ge Be­rufs­er­fah­rung ein Plus ist
🔹 ... und weil eine aus­ge­bil­de­te Spre­che­rin­nen­stim­me gut an­kommt

Ich freue mich auf Ih­re Mail!
Herz­li­che Grü­ße,
Ca­ro­li­ne Eli­as

P.S.: Wir sind nicht nur Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­bei­ter, son­dern be­ob­ach­ten auch die Welt. Hier dür­fen Sie in mei­nem Ar­beits­ta­ge­buch mit­le­sen. Die­se Sei­te ist für das Web­la­y­out op­ti­miert — sonst dro­hen  Text­pas­sa­gen hin­ter den Fo­tos zu ver­schwin­den.

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Fo­to: C.E.

Dienstag, 29. April 2025

Museum der Wörter (39)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier in lo­ser Fol­ge mit­le­sen. Mei­ne Spra­chen sind Fran­zö­sisch und Eng­lisch (Letz­te­res nur als Aus­gangs­spra­che). Heu­te schau­en wir kurz ins Wör­ter­mu­se­um und be­trach­ten ein be­son­de­res Ex­po­nat!

Der Be­griff heu­te ist ein Ex­po­nat der Zu­kunft. Ich hof­fe, dass der Be­griff sehr schnell ver­schwin­det. Vor­hang auf für:
             
                 
Das Null­summ­en­spiel
 
Ge­hört ha­be ich den Be­griff zum ers­ten Mal in den 1990-er Jah­ren. Mit dem Mau­er­fall, der Treu­hand, dem Wie­der­auf­bau und Syn­er­gie­ef­fek­ten wuch­sen vie­le Be­grif­fe aus der Öko­no­mie in die All­tags­spra­che hin­ein. Da­ran er­in­ne­re ich mich noch sehr gut.

In Ber­lin wird der Haus­halt ge­kürzt. Ich ha­be Nach­ba­rin­nen und Freun­de, die ar­bei­ten im Frei­zeit­be­reich und in der Schul­so­zi­al­ar­beit. Die be­trof­fe­nen Schul­so­zi­al­ar­bei­ter:­in­nen ha­ben sich in­zwi­schen an die El­tern­schaft ge­wen­det, aber das reicht wohl nicht. Vor al­lem die Ver­trä­ge der Krea­tiv­en, die für ihre wert­vol­le Ar­beit mit den Kin­dern oft nur sehr be­schei­de­ne Sum­men er­hal­ten ha­ben, be­kom­men der­zeit ihre Ver­trä­ge nicht ver­län­gert. Eine nicht na­ment­lich ge­nann­te Di­rek­to­rin soll ge­sagt ha­ben: "Sie dür­fen na­tür­lich ger­ne wei­ter­ma­chen, aber eben oh­ne Ho­no­rar!" 

80 Pro­zent der Ex­ter­nen, die an der Schu­le mit­ar­bei­ten, Mu­sik­a­te­liers an­bie­ten, Schul­thea­ter, Haus­auf­ga­ben­be­treu­ung, Pro­jekt­wo­chen or­ga­ni­sie­ren und Se­mi­na­re an­bie­ten, sind üb­ri­gens Frau­en. (Auch ich ha­be dort schon mit­ge­ar­bei­tet.) Den Kom­men­tar ei­nes der männ­li­chen El­tern­ver­tre­ter aus ver­mö­gen­den Ver­hält­nis­sen, von dem ei­ne Freun­din be­rich­tet ha­t, möch­te ich hier nicht zi­tie­ren, er klingt nach "Trad­wife­s" und 1950-er Jah­re. Auch be­trof­fen ist das Ma­nage­ment von nicht­kom­mer­ziel­len Kul­tur­or­ten, al­so Kin­der- und Ju­gend­thea­ter­spiel­stät­ten, man­che Schul­so­zi­al­ar­bei­ter:­in­nen "wer­den auch ge­gan­gen", nichts gleich­zei­tig, im­mer schön mit Wo­chen und Mo­na­ten Ab­stand, da­mit kei­ne Un­ru­he ent­steht.

Der Be­griff Null­summ­en­spiel be­sagt, dass am En­de ge­nau­so viel oder we­nig Geld aus­ge­ge­ben wor­den ist wie zu­vor. Al­ler­dings muss ich zu den Ber­li­ner Um­trie­ben sa­gen: Das sieht rein öko­no­misch nach Ein­spa­run­gen aus und ist viel­leicht mit­tel­fris­tig ein Null­summ­en­spiel, lang­fris­tig ist es ein Ver­lust­ge­schäft! 

Kin­der, die kei­ne gu­te Aus­bil­dung ha­ben, wer­den spä­ter schlech­ter ihr Geld ver­die­nen, ge­ra­ten in Ab­hän­gig­kei­ten wo­von auch im­mer, letz­ten En­des viel­fach des Staa­tes. So­zi­al­ar­beit, Zu­schüs­se zum Le­bens­un­ter­halt, Ge­rich­te und Ge­fäng­nis­se sind un­ter dem Strich teu­rer als ei­ne ver­nünf­tige So­zi­al- und Bil­dungs­ar­beit. Auch hier soll­ten uns die USA ein war­nendes Bei­spiel sein.

Wer an Kin­dern der Ar­men spart,
ver­sün­digt sich an der Zu­kunft al­ler.

Wir brau­chen wie­der Po­li­ti­ker:­in­nen, die sich für al­le Schich­ten der Ge­sell­schaft en­ga­gie­ren. Denn in den rei­chen West­be­zir­ken kön­nen Schul­ver­ei­ne, Spen­der:­in­nen und die El­tern­schaft die Kür­zun­gen ab­fe­dern. Ent­schei­dun­gen wie je­ne, die ge­ra­de in Ber­lin ge­trof­fen wor­den sind, sind un­so­zi­al und ma­chen Men­schen oh­ne gro­ße öko­no­mi­sche Macht noch är­mer!

Sechs, set­zen!

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Idee: H.F.

Montag, 28. April 2025

Montagsschreibtisch (88)

Wie wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ar­bei­ten, ist hier im neun­zehn­ten Jahr Ge­gen­stand die­ses Web­logs. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, und die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Hier folgt der mon­täg­li­che Blick auf den Schreib­tisch.

Bei der Durch­sicht von Fo­tos mei­nes Va­ters fal­len mir Bil­der auf, zu de­nen ich ei­nen Ton im Ohr ha­be. Und dann ant­wor­tet das Echo des welt­bes­ten Pa­ten­zieh­sohns: "Ja, da­mals, als du klein warst und noch Di­no­sau­ri­er ge­lebt ha­ben!"

Schreib­ma­schi­nen­da­me
Da grin­se ich von ei­nem Ohr zum an­de­ren und hö­re das Ge­räusch, wie die Me­tall­buch­sta­ben auf die Wal­ze knal­len, auf die das Blatt ge­spannt ist, der Wa­gen be­wegt das Pa­pier je­weils an ei­ne neue Stel­le, das Schna­r­ren, mit dem er ver­mit­tels ei­nes He­bels zu­rück in die Aus­gangs­po­si­ti­on kommt, und da war noch die­ses glocken­hel­le "Pling!" ... wann im Ab­lauf war das ge­nau?

Auf dem Mon­tags­schreib­tisch liegt für die Wo­che:
⊗ Zu­kunft der Ar­beit
⊗ Fes­ti­val­vor­be­rei­tung
⊗ Kos­ten­vor­an­schlä­ge

Da ich zwi­schen Pfle­ge, Früh­jahrs­putz, Schreib­tisch und Kon­fe­ren­zen pen­de­le, bin ich der­zeit te­le­fo­nisch schlecht er­reich­bar. Ich bit­te freund­lichst um An­fra­gen per Mail.

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Fo­to: Ot­to-Hein­rich Eli­as

Freitag, 25. April 2025

Sein oder Design, das ist die Frage!

Mei­ne Haupt­ar­beits­spra­che beim Dol­met­schen ist Fran­zö­sisch, denn ich dol­met­sche in bei­de Rich­tun­gen (oder aus dem Eng­lischen ins Fran­zö­sische). Deutsch ist mei­ne Mut­ter­spra­che und schrift­lich die Ziel­spra­che. Die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­lische. Mein Be­ruf bringt mich oft da­zu, über all­täg­li­che Ent­schei­dun­gen re­gel­mä­ßig nach­zu­den­ken.

Das Pri­va­te ist po­li­tisch. Des­halb sind be­wuss­ter Kon­sum bzw. Kon­sum­ver­zicht dort, wo es mög­lich ist, wich­tig, wenn wir den Kli­ma- und Bio­di­ver­si­täts­ka­ta­stro­phen et­was ent­ge­gen­set­zen möch­ten. 

Blick auf den Tassenschrank
Eine neue Ge­nügsam­keit, die nicht den bil­li­gen Er­satz­pro­duk­ten hin­ter­her­rennt, son­dern wie­der ein Be­wusst­sein für gu­te, lang­le­bi­ge, re­pa­rier­ba­re Sa­chen pflegt, ist zen­tral. Mit Trends und Prei­sen be­schäf­tige ich mich als Dol­met­sche­rin im­mer wie­der Mal, zum Bei­spiel heu­te, als ich ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag schrei­be. 

Die BER­LIN DE­SIGN WEEK fin­det vom 15. bis 18. Mai 2025 statt. In die­sen Ta­gen geht's um die Lö­sung per De­sign von gro­ßen und klei­nen Pro­ble­men, da­bei soll öko­no­mi­sche, öko­lo­gi­sche und so­zia­le Nach­hal­tig­keit ganz oben ste­hen. Ber­lin er­war­tet in der "Haupt­stadt der Krea­ti­ven" auch fran­zö­si­sche Kü­chen­de­sig­ner mit al­ten und neu­en Ide­en.

Und als ich in schöns­tem Vor­mit­tags­licht so in mei­ner Kü­che sitze, den­ke ich über In­no­va­tio­nen und den an­ste­hen­den glo­ba­len Pa­ra­dig­men­wech­sel nach. Mei­ne Kü­chen­mö­bel sind aus den 1920-er Jah­ren wie das Tas­sen­schränk­chen, das ich mit sie­ben Jah­ren für sie­ben D-Mark auf dem Floh­markt ge­kauft ha­be. Aus dem spä­ten 19. Jahr­hun­dert ist das nur 35 cm tie­fe Ober­teil ei­nes al­ten Buf­fets, das hier als Hoch­schrank hängt für Glä­ser, Müs­li­schalen, Es­pres­so­ko­cher und -tas­sen. Hier war al­lein die man­geln­de Tie­fe zwi­schen Tür­rah­men und Wand kauf­ent­schei­dend. 

Al­ters­mä­ßig da­zwi­schen dürf­te das kom­bi­nier­te Tee- und Koch­buch­re­gal lie­gen und auch die Tru­hen­bank, die aus ei­nem al­ten Bett­ge­stell ­ge­baut wur­de, da­rin sel­ten Ge­brauch­tes wie Fon­due­set, Spar­gel­topf, Back­for­men, da­vor steht der eben­falls schwer da­tier­ba­re Kü­chen­tisch.

Mein Ge­schirr wird bunt: Tas­sen in vie­len Far­ben er­hielt ich zum Jah­res­en­de von ei­nem Kun­den. Ja, ich „ich ha­be noch al­le Tas­sen im Schrank“, was auf Deutsch ge­sagt wird, wenn „im Kopf al­les rund läuft“. Da ich viel von Men­schen mit an­de­rer Mut­ter­spra­che ge­le­sen wer­de, hier die kom­plet­te Re­de­wen­dung, im­mer als ne­ga­tive Äu­ße­rung: "Er/sie hat nicht mehr al­le Tas­sen im Schrank!“ (Wei­te­re Syno­nyme: ... spinnt, ist plemplem, ga­ga oder nicht mehr ganz klar im Ober­stüb­chen.)

Neu sind die Kü­chen­groß­ge­rä­te der Kü­che, die be­rühm­te „wei­ße Wa­re", und das Ge­schirr ist bis auf die Tas­sen schlicht weiß, da­zu ei­nige ge­erb­te weiß-blau­e Stü­cke. Hät­te ich die Schrän­ke weiß ge­stri­chen, statt sie ab­zu­schlei­fen, und wür­de ich ei­nen Vor­hang un­ter der Ar­beits­plat­te mit Spü­le mon­tie­ren, um die Kü­chen­ge­rä­te ver­schwin­den zu las­sen, es lie­ße sich bei mir nach dem Weg­räu­men ei­niger Klein- und De­ko­tei­le sehr schnell ein Set her­stel­len für ei­nen Film, der 1920 oder spä­ter spielt.

Über mei­ner Kü­chen­zei­le steht POE­SIE aus al­ten Buch­sta­ben, die mal ei­ne Bank ge­ziert ha­ben, und weil das „O“ ge­fehlt hat, ha­be ich ei­nen al­ten Koch­topf vom Ur-Ur­groß­va­ter da­für ver­wen­det.

In Deutsch­land ge­ben die Leu­te schät­zungs­wei­se 10.000 bis 12.000 Eu­ro für neue Kü­chen­schrän­ke, Flie­sen­spie­gel, Tü­ren etc. aus, und er­set­zen die­se al­le 15 bis 20 Jah­re, so die Sta­tis­tik aus ei­nem Pres­se­heft.

Da ich da­von aus­ge­he, dass mehr Leu­te wie ich die ein­fa­che Kü­chen­ein­rich­tung und Up­cyc­ling-Ide­en mö­gen, müs­sen an­de­re deut­lich mehr Geld aus­ge­ben. Wer sind die­se Leu­te und war­um?

Das Mot­to der Mö­bel­mes­se und De­sign­wo­che ist übri­gens Common sense. Ich bin ge­spannt. (Und na­tür­lich ist mein Ti­tel ein we­nig iro­nisch, es gibt die­sen Wi­der­spruch nicht, aber ich mag nun mal eben Wort­spie­le.)

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Fo­to: C.E.

Dienstag, 22. April 2025

Montagsschreibtisch (87)

Bon­jour & he­llo! Her­zlich will­kom­men beim ers­ten deut­schen Dol­met­scher­web­log aus dem In­ne­ren der Dol­metsch­ka­bi­ne. Ich bin Dol­met­scher­in für die fran­zö­si­sche Spra­che, und ich über­set­ze auch.

Mein Abiturvorbereitungsschreibtisch
Zu  Wo­chen­an­fang folgt hier die akt­u­el­le Über­sicht, heu­te der Mon­tags­schreib­tisch, fei­er­tags­be­dingt am Diens­tag!

Die­se Wo­che darf ich In­hal­te selbst­tä­tig zu­sam­men­stel­len, denn die betreuende Ver­lags­mit­ar­bei­te­rin ist im Mut­ter­schafts­ur­laub:
⊗ Pres­se­heft über­setzen und Tex­te da­zu aus­wäh­len
⊗ Vor­be­rei­tung Film­fes­ti­val
⊗ Pla­nung der kom­men­den Ter­mi­ne

Neu­lich war ich in Süd­deutsch­land und ha­be un­ser El­tern­haus auf­ge­löst. Schön, dass ei­nem da auch sol­che al­ten Fo­tos in die Hän­de fal­len.

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Fo­to: C.E.

Donnerstag, 17. April 2025

Gründonnerstagssoße

Wie wir Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher, Über­set­zer und Über­set­ze­rin­nen le­ben und ar­bei­ten, ist hier seit 2007 Ge­gen­stand. Ich be­ob­ach­te von Be­rufs we­gen un­se­re Zeit, die Mo­den und Tra­di­ti­onen sehr ge­nau. In der Bio­gra­fie un­se­rer Fa­mi­lie über­schnei­det sich et­li­ches.

Als Kind wur­de ich in ei­ne Fa­mi­lie mit deutsch-fran­zö­sisch­en Be­zü­gen hinein­ge­bo­ren, ge­nau­er: West­fa­len, Sac­hsen, Ost­preu­ßen — und Reims. Mein Ge­burts­ort liegt in Hes­sen, nicht weit ent­fernt von der Stadt, aus der die westsächsischen Kauf­leu­te, mei­ne Ura­hnen, im 19. Jahr­hun­dert in den Osten auf­ge­brochen wa­ren. Und jetzt schlägt der Genius loci zu, der Spi­rit ei­nes Or­tes. Als ge­bo­re­ne Hes­sin lie­be ich "Frank­furter Grü­ne Soße". In mei­nem Blog schrei­be ich zum zwei­ten Mal da­rü­ber. Hier der erste Text.

Das Re­zept ist ein­fach, er­fordert aber Ge­du­ld

Grün­don­nerstag ist ei­ner der ers­ten Tage im Früh­jahr, an dem "Grie Soß" auf­ge­tischt wer­den kann. Zum grü­nen Tag passt die grü­ne Sau­ce ganz her­vor­ra­gend. Da­zu wird i­dea­le­rweise im Wo­chen­ab­stand je­weils ein wei­teres Kraut vor­ge­zo­gen bzw. ge­sät, da­mit al­les zeit­gleich zu ern­ten ist. Sie­ben Kräu­ter sind da­zu nö­tig, und zwar: krau­se Pe­ter­si­lie, Ker­bel und viel Schnitt­lauch, dann Sau­er­ampfer, der die Sa­che schön fris­ch und leicht säu­er­lich macht. Bor­retsch, auch "Gur­ken­kraut" ge­nannt, bringt Gur­ken­a­ro­ma mit rein. Kres­se und Pim­pi­nel­le er­gänzen das Ge­samt­aro­ma.

Das Gan­ze muss ge­wa­schen, das Rest­was­ser aus­geschüt­telt und die Kräu­ter ab­getupft wer­den. Mei­stens wer­den da bei 200 Gram­m Kräu­tern zwei bis drei Ge­schirr­tü­cher nass. Erst grob schnei­den, dann fein. (Man­che, oh Sakri­leg, nu­tzen da­zu die Mes­ser der Küch­enma­schi­ne, die al­les so zer­fet­zen, dass es strohig zu wer­den droht.) Am Ende wird es in ein Quark-Jo­ghurt-Ge­mi­sch gerührt, zu dem je­de Fa­mi­lie die ei­ge­ne Zu­sam­men­set­zung hat (unsere un­ten).

Bor­retsch gilt ü­brigens als gif­tig, aber nur in grö­ßeren Men­gen. Statt des Bor­retschs lässt sich ein klei­nes Stück­chen Gurke oh­ne Scha­le mit klein­wie­gen. Auch Ker­bel ist nicht bei allen be­liebt, ger­ne weg­las­sen. Das fris­che Aro­ma vom Bor­retsch können Dill und Zi­tro­nen­me­lis­se er­set­zen. Aus sie­ben Kräu­tern wer­den plötz­lich acht (oder neun).

Wer das gan­ze Jahr über "Grü­ne So­ße" es­sen möch­te, muss ei­niges re­gel­mäßig neu aus­sähen. Oder aber ein Päck­chen in gut­sor­tier­ten Markt­hallen mit gro­ßer Aus­wahl kau­fen, al­ter­na­tiv im Fein­kost­la­den, aber in Ber­lin ist das höchst sel­ten zu er­gat­tern! Ab und zu bringt je­mand so ein Kräu­terpäck­chen aus Frank­furt/Main mit. Oft ge­nug bin ich das selbst.

Grund­sau­ce:250 Gram­m Quark (20 % Fett­an­teil), 125 Gram­m Sau­ere Sahne oder Schmand, 500 Gram­m ge­rühr­ter Natur­jo­ghurt (3,5 %), bei an­de­rem erst die Molke ab­tropfen lassen. Da­zu kom­men 2 EL Mayon­naise, 3 EL Oli­venöl, 1 EL Es­sig oder Zitronensaft, Kräu­ter­salz, et­was Muskat und Pfeffer. Al­les mit dem Schnee­be­sen sämig rü­hren, dann die Kräu­ter hinzu. Sonntags­va­riante: mit klein­gehack­tem, hart-ge­kochtem Ei (pro Na­se eins), das aber auch se­pa­rat ser­viert wer­den kann. "Grie Soß" mit Pell­kartof­feln und et­was Feld­salat ser­viert ist eine kom­plet­te, wun­der­vol­le Mahl­zeit!

P.S.: Auch wenn wir ihn nicht mehr es­sen, ha­ben wir den Bor­retsch im Gar­ten ste­hen­ge­las­sen. Sei­ne blau­en Blü­ten sind bei den Bie­nen sehr be­liebt.

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Fo­to­col­lage: C.E.

Mittwoch, 16. April 2025

Notariatsdolmetschen mit KI

Was Dol­met­scherin­nen und Über­set­zerin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, kön­nen Sie hier mit­le­sen — das gilt na­tür­lich auch für die Herren im Be­ruf. Ich be­ob­ach­te von Be­rufs we­gen un­se­re Zeit sehr ge­nau. Heu­te ist wie­der ein KI-Mitt­woch.

Besprechungsraum im Notariat
Bei­spiel­bild: Be­spre­chungs­raum
Im Be­rufsa­ll­tag ma­che ich wi­der­sprüch­li­che Er­fah­run­gen mit der KI. Ein- und der­sel­be Ort, zwei glei­che Ter­mi­ne, et­was mehr als ein Jahr Zeit­ab­stand: Ich dol­metsche si­mul­ta­n vom Blatt weg, ei­nen von mir mi­nu­tiös vor­be­rei­te­ten Ver­trag, in der Sprach­rich­tung Deutsch → Fran­zö­sisch, The­ma: Woh­nungs­ver­kauf.

Früh­jahr 2024: Ein Pa­pa kauft sei­ner Toch­ter in Ber­lin ei­ne Woh­nung für ih­re Stu­di­en­jah­re. Der Miet­markt ist ka­putt und er­for­dert krea­ti­ve Lö­sun­gen. Das hier ist ei­ne (die aber nur we­ni­gen mög­lich ist). Die No­ta­rin legt dem fran­zö­sisch­spra­chi­gen Man­da­nten ei­ne Über­setz­ung auf den Platz, ich be­kom­me auch ei­nen Aus­druck.
Ich ma­che gro­ße Au­gen. "Dass das Gan­ze schon über­setzt wur­de, war mir im Vor­feld lei­der nicht ge­sagt wor­den ... nun, dann sind wir hier schnel­ler durch!", sage ich und den­ke: Dann be­kom­me ich we­ni­ger Geld für ei­ne ei­gen­tlich un­nöt­i­ge, lang­wie­ri­ge Vor­be­reit­ung! Das ist nicht fair!

Die No­ta­rin: "Das ist nur ei­ne 'DeepL-Ver­sion', kei­ne be­glau­big­te Über­setz­ung." Mein Kopf: Gut, al­so doch nicht für die Tonne ge­ar­bei­tet!

Ich habe mei­ne Va­ri­an­te im Rech­ner, sie ist das Er­geb­nis von Machine Translation, mit Lö­sungs­vor­schlä­gen dank ei­ner ins Sys­tem ein­ge­pfleg­ten Ter­mi­no­logie­lis­te, sie spie­gelt die Vor­er­fah­rung, plus drei Stun­den Schlei­fen per Hand, das Fach­lek­to­rat. Trotz­dem bleibt es ei­ne Ar­beits­fas­sung, die letz­ten Kor­rek­tur­stu­fen feh­len. Ich be­rei­te mich ger­ne gründ­lich vor. Mein In­te­res­se ist näm­lich nicht, dass der Ter­min län­ger als nö­tig dauert. Ich ha­be am Nach­mit­tag ei­nen Au­gen­arzt­ter­min.

Die No­ta­rin liest, ich dol­met­sche vom Blatt, aus­ge­hend von mei­ner zwei­sprachi­gen Va­ri­an­te. Ei­ni­ge Ma­le wirft die Da­me mir fra­gen­de Blicke zu, im­mer dann, wenn mein Ge­hirn an ei­nem Satz noch ein we­nig rum­feilt, bevor ich ihn aus­spreche. Spä­ter sagt sie: "Le­sen Sie doch ein­fach ab ..." und zeigt auf den DeepL-Aus­druck.
Ich da­rauf: "Das darf ich nicht!" Sie rollt mit den Au­gen.

Der Kun­de war bei die­sem Aus­tausch kurz drau­ßen. Spä­ter stutzt er ei­ni­ge Ma­le, un­ter­bricht mich und sagt auf Fran­zö­sisch: "Hier steht das aber an­ders!" Er weist auf den DeepL-Text. Ich er­klä­re ihr, dass DeepL manch­mal schon ganz gut sei, aber nur ei­ne Ar­beits­fas­sung aus­werfe und mit den Un­ter­schie­den des deut­schen und fran­zö­sischen Im­mo­bi­li­en­rechts nicht viel an­fan­gen kön­ne, vor al­lem der Be­sitz­über­gang ist an­ders und auch die Na­tur von Ver­trä­gen bzw. Vor­verträ­gen (pro­messe de ven­te).

Die No­ta­rin er­bit­tet die Ver­dol­met­schung un­se­res Aus­tauschs. Sie kennt das fran­zö­si­sche Recht nicht. Ich wie­der­ho­le mei­ne Er­klä­rung auf Deutsch. Sie scheint leicht un­ge­hal­ten, möch­te auch schnel­ler fer­tig wer­den. Sie wird nach Auf­trags­vo­lu­men be­zahlt, ich nach der Zeit, die ich aus mei­nem Bü­ro fort bin. Aber sie lässt mich ma­chen. (Ihr bleibt auch kei­ne an­dre Wahl.)

Ich bit­te sie dann da­rum, et­was ver­ständ­lich­er zu le­sen. Ver­ständ­lich­er heißt hier: lang­sam­er. Sie spult al­les seit Jahr­zehn­ten ab und nu­schelt mit 200-pro­zen­ti­ger Ge­schwin­dig­keit, nicht im­mer ist al­les leicht zu er­ken­nen, zu­mal sie bei den Er­klä­run­gen, die sie gibt, im Text springt.

Ein Jahr spä­ter. Der Ver­trags­ent­wurf ist mir ei­ne Woche vor Te­rmin zu­ge­gan­gen und nicht erst in den Mit­tags­stun­den des Vor­tags (wie beim ers­ten Mal). Als wir an­kom­men, liegt nichts auf dem Tisch von Man­da­nt und mir. Ich ma­che ent­spannt mei­ne Ar­beit, kei­ne Irri­ta­ti­onen ent­ste­hen aufsei­ten des Paars aus Fran­kreich, das im Al­ter zu Kin­dern und En­keln zie­hen möch­te, kein Au­gen­rol­len von ihr.

Nächs­te Pin­kelpau­se: Ich fra­ge nach ih­ren Er­fahrun­gen mit DeepL. Sie: "Die­se Fas­sun­gen sind nicht rechts­sich­er und Feh­ler, die das Sys­tem auto­ma­tisch macht, kön­nen ganz schön teu­er wer­den!" Vor­sich­tig ver­su­che ich zu er­kun­den, ob der Satz auf ei­g­ener Er­fah­rung be­ruht oder nicht. Sie nickt auf ei­ne offe­ne Fra­ge, schaut be­tre­ten drein. In die­sem Mo­ment kom­men die bei­den zu­rück, es geht wei­ter.

Die Er­fol­ge der KI mit ih­rer Text­si­mula­tion wur­den und wer­den groß he­raus­po­saunt, ih­nen wer­den Ti­tel­sei­ten ge­wid­met, al­les in gro­ßen Let­tern, mit dem Te­nor: "Es ist nichts Ger­ing­eres als die zwei­te gro­ße Re­vo­lu­tion seit der Er­fin­dung des Buch­drucks!" oder "Bald er­ledigt sich die Ar­beit wie von Zau­ber­hand ganz al­lein!"

Die Mis­ser­fol­ge der KI aber, die nichts als ein Werk­zeug ist für Men­schen­hand, ver­lo­re­ne Re­gress­pro­ze­sse, teu­ere Miss­ver­ständ­nis­se al­so auch zum Preis ei­ner hölz­ernen Sprache, die ab­stößt, wer­den in der Re­gel ge­pflegt be­schwie­gen.

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Zu­falls­fund)
#KI #AI

Montag, 14. April 2025

Montagsschreibtisch (86)

Den Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­scherin fin­den Sie auf die­sen Sei­ten skiz­ziert. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che.

Nebenschreibtisch mit Flieder
Auf dem Schreib­tisch die­se Wo­che:
⊗ Pres­se­über­sicht Par­tei­en­fi­nan­zie­rung in Frank­reich und Deutsch­land
⊗ Kor­rek­to­rat Kun­den­web­sei­te
⊗ Tex­ten für ei­ne ei­ge­ne of­fi­ziel­le Web­sei­te
⊗ Bau und Ener­gie

Neue Wo­che, neu­es Glück im Rou­lette des Le­bens! Je­de neue Wo­che ist ein po­ten­zi­el­ler Neu­an­fang, je­des Wo­chen­en­de ein klei­ner Tod (pun in­ten­ded). Auf dem Markt der Ei­tel­kei­ten und der Ta­len­te zei­gen wir uns er­neut.

Et voilà ! Frisch er­holt von ei­ner acht­stün­di­gen Rei­se im Zug (Gleis­bruch, wir stan­den ir­gend­wo in der Pam­pa rum), neh­me ich mich ger­ne Ih­rer neu­en Vor­ha­ben an.

In der Pipe­line: Wei­te­re Kos­ten­vor­an­schlä­ge und Über­set­zun­gen, Re­wri­ting und Dol­met­schen für Kon­fe­ren­zen, eine Buch­vor­stel­lung, einVer­trags­ab­schluss.

Über­all dort, wo meh­re­re Spra­chen UND Nu­an­cen wich­tig sind, kom­men wir ins Spiel, als Fach­frau­en, die sich selbst Ih­res Auf­trags an­neh­men (und nicht an die/den Bil­lig­ste/n wei­ter­ver­mit­teln) ... oder durch kom­pe­ten­te Be­ra­tung mit Emp­feh­lun­gen wei­ter­hel­fen.

Häu­fig er­rei­cht mich die Fra­ge al­ler Fra­gen: "Was un­ter­schei­det ei­gent­lich Dol­met­schen von Über­set­zen?" Das ist ei­gent­lich ein­fach.

Soll­te Ih­nen die Un­ter­zei­le die­ses Blogs nicht so­fort ein­leuch­ten, hier mehr De­tails. Beim Dol­met­schen bin ich an­we­send, vor Ort oder am Com­pu­ter, live und in Far­be, in Kon­fe­ren­zen, auf der Mes­se, beim Hin­ter­grund­ge­spräch in klei­ner Run­de oder vor gro­ßem Pu­bli­kum. Ich hö­re zu, brin­ge auf den Punkt, hal­te den Ge­sprächs­fluss auf­recht. Die Wör­ter flie­gen ei­lig hin und her. Ich spie­le dann Ping­pong mit den Spra­chen.

Ganz an­ders das Über­set­zen, da neh­me ich mir Zeit, ich le­se, über­tra­ge, prü­fe ein­mal, bei Be­darf auch dop­pelt und drei­fach, als wä­re ich ei­ne Jour­na­lis­tin. Erst wird über­setzt, dann re­di­giert und ge­stri­chen: Kein Wort zu viel, kei­nes zu we­nig. Bei krea­ti­ven Tex­ten sind manch­mal meh­re­re Durch­läu­fe nö­tig. Am En­de bleibt der Ton er­hal­ten und es klingt plötz­lich so ver­traut, als wä­re der Text in der Ziel­spra­che ge­schrie­ben wor­den.

Beim Dol­met­schen sind mei­ne Spra­chen Deutsch und Fran­zö­sisch, in bei­de Rich­tun­gen, und je nach Kon­text ar­bei­te ich aus dem Eng­li­schen. Text­ar­beit, sie­he oben, al­so Über­set­zun­gen bie­te ich über­wie­gend in mei­ne Mut­ter­spra­che an, das Deut­sche.

Wer mit mir ar­bei­tet, weiß: Ich hö­re mit, den­ke mit — und ich blei­be dran, bis al­les ge­sagt ist.

Falls Sie er­wä­gen, die Auf­trä­ge an die KI zu de­le­gie­ren, ei­ne War­nung vor­ab: Sie wer­den es wahr­schein­lich be­dau­ern!
Hier ha­be ich dar­über ge­schrie­ben: Was die KI nicht kann.

Die KI ist ein Werk­zeug, für die ei­gen­stän­di­ge Ab­wick­lung von Auf­trä­gen zu al­ler Zu­frie­den­heit fehlt ihr eins: Das Mensch­sein. Wir al­lein ha­ben Stär­ken und Schwä­chen, Wis­sen und Er­fah­rung und na­tür­lich auch Fin­ger­spit­zen­ge­fühl. Die KI hat we­der Fin­ger, Fin­ger­spit­zen noch Ge­fühl.

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Fo­to: C.E.

Sonntag, 13. April 2025

Bücher und Natur

Seit 2007 be­schrei­be ich hier mei­nen sprach­be­ton­ten All­tag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin, ar­bei­te mit der fran­zö­si­schen Spra­che (und aus dem Eng­li­schen). Sonn­tags wer­de ich manch­mal pri­vat.

Ro­sen­mond über Kreuz­berg
Ei­ne Bi­blio­thek ist der ein­zi­ge Ort, an dem man an ei­nem ein­zi­gen Tag et­was Neu­es ler­nen, ge­trös­tet, er­schreckt, be­geis­tert, trau­rig, über­glück­lich oder auf­ge­regt sein kann. Und das auch noch kos­ten­los.

(Amy Neftzger)

Als Buch­lieb­ha­be­rin tut mir die Auf­lö­sung un­se­res El­tern­hau­ses weh. Die El­tern wa­ren Ger­ma­nis­ten und His­to­ri­ker, sie hat­ten na­tür­lich ih­re Pri­vat­bi­blio­thek. Bü­cher sind wert­voll. Aber bei Ta­schen­bü­chern aus der Nach­kriegs­zeit mit ha­dern­hal­ti­gem Pa­pier, das in­zwi­schen bräun­lich ge­wor­den ist und mit ge­bro­che­nem Lum­back­rü­cken, ha­be ich ler­nen müs­sen, Bü­cher weg­zu­wer­fen, so­gar Ti­tel, die ich sehr ger­ne noch ge­le­sen hät­te.

Der ge­rin­ge Kon­trast zwi­schen Pa­pier und Buch­sta­ben ist nichts für mei­ne kurz­sich­ti­gen Äug­lein. Es tut mir im Her­zen weh, denn al­le an­ge­frag­ten An­ti­quar­in­nen und An­ti­qua­re ha­ben ab­ge­winkt. Es ist nicht ein­fach. Aber gu­te Aus­ga­ben le­gen wir bei­sei­te, mei­ne Bi­blio­thek wird wach­sen.

Am Abend und in der Mit­tags­pau­se geht's raus in die Na­tur. Das hilft. Und 7000 Schrit­te am Tag hel­fen auch!

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Fo­to: C.E.

Freitag, 11. April 2025

Die 6. Jahreszeit

Bon­jour & he­llo! Her­zlich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Hier schreibt ei­ne Über­set­ze­rin und Dol­met­scher­in für die fran­zö­si­sche Spra­che. Son­ntags und an man­chen Aus­nah­metag­en wer­de ich pri­vat.

Bäume, durchsichtig, Häuser
Blick vom May­bach­ufer rü­ber
Heu­te schenke ich mir ein Ge­dicht zum Ge­burts­tag. Meis­tens es ist schon rich­tig warm An­fang/Mit­te A­pril. Der­zeit eher nicht. Heu­te ist ein ty­pi­scher Tag, der das be­son­de­re Zwi­schen­mo­ment zwi­schen den Jah­res­zei­ten gut il­lus­triert, sie­he un­ten. Ei­ne Ein­lad­ung zum In­ne­hal­ten!
Für die Deutsch­ler­nen­den: Als "5. Ja­hres­zeit" be­zeich­nen Kar­ne­va­lis­ten die Hoch-Zeit ih­rer Fes­tivitä­ten.

Al­ler­dings be­schreibt Kurt Tu­chols­ky den Spät­som­mer als die Fünf­te. Da hier in den ver­schie­de­nen Epo­chen ge­zählt wurde, ist die Zäh­lung nicht chro­no­lo­gisch.
Sei's drum.

Die 6. Ja­hres­zeit
Nackt steht das Holz, friert vor
dem Him­mel, der be­son­ders groß
ist und mit kal­tem Wind den Früh­ling
her­bei­flüstert so licht und leicht.

Laut stim­men die Winz­di­nos ein:
gro­ßer Piep­matz­ra­batz, im Wett­bewerb
mit den Men­schen­jun­gen auf der Schau­kel.
Noch steckt der Win­ter im Land.

Wir se­hen hin­durch auf Haus, auf Gleis
der Hoch­bahn, auf Mu­se­um, Turm und Tal,
auf Ge­wä­sser und Wie­se, Schu­le und Spiel­platz.
Äs­te und Zwei­ge ha­ben grü­ne Tup­fer.

Die 6. Ja­hres­zeit ist noch kalt und doch schon
wär­mer, dann und wann. Wir schau­en hin und wir
er­ken­nen ganz ge­nau: Das wich­tig­ste an den Bäu­men
ist die Luft zwi­schen den Äs­ten.


Po­ésie en prose heißt sowas auf Fran­zö­sisch. Vi­su­el­le Po­esie ist es aber auch, denn an den Zei­len lässt sich sehen, wie ein Kind schau­kelt und im­mer hö­her kommt.

Baum­durch­sich­ten am Land­wehr­kanal

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Fo­tos: C.E.

Donnerstag, 10. April 2025

Agent Orange

Wie Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier im 19. Jahr. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch; mei­ne Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet als Über­set­ze­rin, al­so schrift­lich, mit Eng­lisch als Ziel­spra­che. Als Lin­guis­tin schaue ich den Leu­ten aufs Maul.

Mandarine
Die be­droh­li­che Man­da­ri­ne
Fra­ge an Frau Knig­ge: "Müs­sen wir re­spekt­lo­se Men­schen re­spektie­ren?" In ih­ren Men­schen­rechten, natü­rlich, da stellt sich die Fra­ge nicht! Grund­sätz­lich ist es im­mer bes­ser, sich nicht auf die Ebe­ne von Ge­mein­hei­ten her­ab­zu­las­sen, die ei­nem an­de­re vor­ge­ben.

Die­se Zei­len sind rein theo­re­tisch und sprach­wis­sen­schaft­lich-do­ku­men­ta­risch. Un­se­rei­ner liest in­tensiv Zeit­ung, denn die Ken­ntnis des Welt­ge­sche­hens ist un­ab­ding­bar für gu­te Ar­beit. So pro­to­kol­lie­re ich auch ein we­nig un­se­re Zeit.

Zei­tung­le­sen ist im­mer sel­te­ner ver­gnüg­lich. Da ist ein Men­sch, der seit Mo­na­ten die Ti­tel­sei­ten der Pres­se be­stimmt und mit Wahn­sinns­ideen vom We­sent­li­chen ab­lenkt, von der Über­macht der Fos­sil­in­dus­trien, dem Ar­ten­ster­ben und der Kli­ma­ka­tas­tro­phe, die­ser Opa also wäre in ei­ner be­treu­ten Se­nio­ren­resi­denz si­cher bes­ser auf­ge­ho­ben.

Ges­tern hat er Im­por­te aus al­ler Welt mit "Straf­zöl­len" be­legt, sie dann im letz­ten Mo­ment für Chi­na noch von 125 auf 145 Pro­zent er­hö­ht, die Bör­sen fie­len welt­weit, und kurz da­rauf die­sel­ben Zöl­le für 90 Ta­ge aus­geset­zt, au­ßer für Chi­na. Die Bör­sen nor­ma­li­sie­rten sich wieder. Es ist an­zu­neh­men, dass er und sei­ne Ba­gage in die­ser Zeit ein­ig­es an Fi­nanz­vo­lu­men ver­scho­ben und gro­ße Ge­win­ne ge­macht haben dürf­ten. In­sider­ge­schäf­te nennt sich so et­was, ist ver­bote­n. Er und sei­ne Ba­gage ge­hö­ren auf den zwei­ten Blick in den Knast.

Da sich der hier na­mentlich Un­ge­nann­te selbst ständig her­vo­r­tut mit verächt­lich­ma­chen­den Spitz­nam­en sei­ner po­li­ti­schen Ge­g­ner, hier zur Do­ku­men­ta­tion mei­ne klei­ne un­voll­stän­di­ge Lis­te.

Also: Stroh­tou­pet, blon­die­rter Hams­ter, Oran­ge face, Tram­pel­tier/Rum­pel­tier, the fake, Selbst­bräu­ner, durch­ge­knall­te Ka­rot­te, oran­ge­far­be­ner Ele­fant, Impo­tus, Kat­zen­fres­ser, Agent oran­ge, Lüg­enfres­se, Adolf Twitt­ler, Kurz­fin­ger, Man­da­rin me­nace ...

Er ist mit seinen Mi­ni­hän­den eben kein "Kurz­finger", son­dern ein vor­be­straf­ter Lang­finger. Ich hof­fe, dass wir nicht vier Jah­re brau­chen, um ab­schließ­end da­rü­ber lach­en zu kön­nen. Mö­ge sein Ab­tre­ten und dass sei­ner Räu­ber­ban­de schnel­ler ge­hen.

Und nein, wir Dol­met­sche­r:in­nen füh­ren sonst kei­ne der­ar­ti­gen Lis­ten. Den Grund er­klä­re ich schnell: Wir ar­bei­ten ge­wis­ser­ma­ßen "aus dem Rüc­ken­mark her­aus", so äu­ßer­te sich mein ge­schätz­ter Kol­lege Vin­cent von Wro­blews­ky mal vor Jah­ren. Das be­deu­tet, dass wir sehr spon­tan mit spre­chen und in der Dol­metsch­situ­ation so man­che Fil­ter her­unter­fah­ren müs­sen.

Leid­er las­sen sich Fil­ter nicht se­lek­tiv her­unter­fa­hren, so ist das in im Ge­fühls­le­ben von Men­schen. Da­mit sind Fil­ter ge­meint, die auch den Um­gang mit die­ser Un­ge­heuer­lich­keit be­tref­fen, die es für woh­ler­zo­ge­ne Men­schen be­deu­tet, an­de­ren stän­dig ins Wort zu fal­len. (In der Ka­bine fal­len wir den Leu­ten natür­lich nicht ins Wort, son­dern lie­fern die zwei­te Ton­spur, was aber für das schlich­te hu­ma­noi­de Ge­hirn ein we­nig zu kom­pli­ziert ist.)

Ein wei­terer Mo­ment, der durch das Her­unter­drücken der Fil­ter mi­ni­miert wird, ist die Selbst­kri­tik. Wer sind wir, dass wir hier im Na­men von Be­rühmt­hei­ten spre­chen? Für wen hal­ten wir uns? Wel­che Art von Hoch­sta­pelei liegt hier vor?

Das soll nur ei­nen klei­nen Eindruck dar­über ver­schaf­fen, wel­cher hoch­kom­plexen Ge­men­ge­lage Berufs­an­fän­ger­in­nen und Berufs­an­fän­ger aus­ge­setzt sind. Der Grund für die Ab­we­sen­heit sol­cher Spitz­na­men­lis­ten für al­le ist klar: Wir könn­ten uns in der Vo­ka­bel­lis­te "ver­grei­fen" in ei­nem Mo­ment, in dem wir von der Si­tu­ation ge­stresst und kom­plett auf den Sprach­trans­fer kon­zen­triert sind.

In Über­see wer­den sich die Prei­se trotz­dem stark ver­teu­ern, und zwar an­ti­zi­pa­to­risch, Ge­schäf­ts­leu­te le­gen Geld zu­rück für nicht ab­seh­ba­re Un­bil­den und ver­mut­lich auch, um aus­ge­lagerte Fab­ri­ka­tions­stät­ten wie­der in den USA auf­zu­bau­en. Das wird das wirtschaft­liche Le­ben wei­ter ab­wür­gen, weil auch die Kund­:­in­nen (so­fern sie es sich lei­sten kön­nen) eher zu­rück­hal­tend kon­su­mieren wer­den.


Vo­ka­beln aus die­sem Kon­text

droits de dou­ane — Zöl­le
con­sé­quen­ces d'en­chaî­ne­ment — Do­mi­noef­fek­te
c'est af­fli­geant — es ist beun­ruhig­end
sur le de­vant de scène — im Rampen­licht (wör­tlich: auf der Vor­der­büh­ne)
gé­rer un pa­nier à crabes — ei­nen zer­strit­tenen Hau­fen zu­sam­men­hal­ten, ein Hai­fisch­becken ver­wal­ten (wör­tlich: ei­nen Krab­ben­korb ma­nagen)
se­mer la zi­za­nie (Zwi­e­tracht sä­hen) / créer le dés­or­dre (Un­ord­nung schaf­en) — Cha­os stif­ten

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Bild: pixlr.com (Zu­falls­fund)

Dienstag, 8. April 2025

Präpositionen und Gendern

Mei­ne Haupt­ar­beits­spra­che beim Dol­met­schen ist Fran­zö­sisch, denn ich dol­met­sche in bei­de Rich­tun­gen (oder aus dem Eng­lischen ins Fran­zö­sische). Deutsch ist mei­ne Mut­ter­spra­che und schrift­lich die Ziel­spra­che. Die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­lische. Je­den Tag hö­ren wir Spra­che um uns her­um und ler­nen wei­ter.

Frische Wörter versandfertig machen :-)
Die­ser Ta­ge hab ich im schö­nen NRW ge­dol­metscht, al­so in Nord­rhein-West­fa­len, wo mei­ne Mut­ter auf­ge­wach­sen ist. Für mei­nen zwei­spra­chi­gen Kopf ist "NRW" üb­ri­gens im­mer lus­tig. Wenn ich das auf Fran­zö­sisch den­ke, kommt éner­vé da­bei raus, und das be­deu­tet "ge­nervt" oder "ent­nervt". (Bin ich al­ler­dings gar nicht in NRW!)

Auf dem Weg vom Bahn­hof zum Ho­tel hö­re ich in der Fuß­gän­ger­zo­ne, wie ei­ne hell­häu­tige Frau mit hell­häu­ti­gem Kind im Bug­gy ins Han­dy brüllt: "Isch geh Al­di!"

Mein Kopf hält sich zu­rück, denkt aber: "Höm­ma, Al­te, das heißt 'Ich geh nach Al­di'!" An­pas­sen an lo­ka­le Le­xi­ken und So­zio­lek­te kann mein Ge­hirn, Iro­nie auch.

"Ich geh nach Coop", ha­be ich die Nach­ba­rin Em­ma sa­gen hö­ren, als ich als Drei­kä­se­hoch in Un­na bei mei­ner "Om­ma" war, da­mals hieß es noch "ich" und nicht "isch". Und "höm­ma" heißt "hör' mal".

Im Fal­le fal­scher Prä­po­si­tio­nen ist ihr Ver­schwin­den, das ich land­auf, land­ab hö­re, viel­leicht nicht ganz so schlimm. Als Dol­met­scherin bin ich aber be­un­ru­higt. Regt den Sprach­ver­fall ei­gent­lich au­ßer un­se­rem noch je­mand auf in die­sem Lan­de? Regt sich je­mand dar­über auf, dass je­des Jahr im­mer mehr Kin­der und Ju­gend­li­che die Schu­le ab­bre­chen? 

Auch den Wech­sel zwi­schen Schu­le und Leh­re oder Stu­di­um schaf­fen im­mer we­ni­ger jun­ge Leu­te, 2022 stan­den fast 2,9 Mil­lio­nen Men­schen zwi­schen 20 und 34 Jah­ren oh­ne Be­rufs­ab­schluss da, al­so knapp als je­de/r Fünf­te die­ser Al­ters­grup­pe. Gleich noch ei­ne Zahl: 2023 wa­ren rund 626.000 jun­ge Men­schen im Al­ter zwi­schen 15 bis 24 Jah­ren we­der als Schü­le­rin­nen oder Schü­ler, in Aus­bil­dung oder be­rufs­tä­tig ge­mel­det.

Und wo­rü­ber em­pört sich ein Teil der Bie­der­deut­schen? Rich­tig, Woke­ness ist schlimm und Gen­dern des Teu­fels, weil Frau­en so­wie­so im­mer mit­ge­dacht wer­den. Wir müs­sen nicht ein­mal die weib­li­che Form sys­te­ma­tisch ver­wen­den, schei­nen ei­ni­ge zu den­ken.

Neu­lich, Dol­met­schen im Be­reich Ge­sund­heits­ver­sor­gung, ein Po­li­ti­ker sprach über Frau­en­ge­sund­heit: "DER ty­pi­sche Pa­tient in der Frau­en­kli­nik ..." Hui! Was ma­chen wir da nur in der Ka­bi­ne? Kor­ri­gie­ren wir in la pa­tiente? Über­tra­gen wir le pa­tient, und las­sen da­mit den Herrn als un­ver­bes­ser­li­chen Ma­cho da­ste­hen? Oder glaubt am En­de das ge­nei­gte Pu­bli­kum, dass wir Dol­met­scher­in­nen, hier wirk­lich nur Frau­en, ei­nen Feh­ler ge­macht hät­ten?

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Zu­falls­fund)

Montag, 7. April 2025

Montagsschreibtisch (85)

Wie Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier seit 18 Jah­ren. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch; mei­ne Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet als Über­set­ze­rin, al­so schrift­lich, mit Ziel­spra­che Eng­lisch.

Schreibtisch mit Skizzen und Farben
Das Ge­hirn loc­kert Krea­ti­vi­tät
Diese Wo­che steht an:
⊗ Was­ser­ma­nage­ment (Vo­ka­beln, le­sen)
⊗ Grund­was­ser­ma­nage­ment und Land­bau
⊗ Pfle­ge­si­tua­tion bei Alz­hei­mer-Pa­tien­t:in­nen

Ein lus­ti­ges Zi­tat ist noch nach­zu­tra­gen. Eine Kol­le­gin neu­lich, als ich mir über ein ko­mi­sches Mo­ment in der Dol­metsch­ka­bi­ne ei­ne No­tiz ge­macht ha­be: „Na, machst Du Stich­wor­te für Dei­nen 'Blog zwi­schen Re­dner­wahn­sinn und Mi­kro­dis­zi­plin'?“

Bei Letz­te­rer geht es nicht um ei­ne be­son­ders klei­ne Dis­zi­plin, die Mi­kro­dis­zi­plin ist nicht das Ge­gen­teil der Ma­kro­dis­zi­plin, son­dern es geht um Mi­kro­fo­ne. 

Mi­kro­dis­zi­plin ent­schei­det da­rü­ber, wie wir rein­spre­chen, al­so der per­fek­te Ab­stand zwi­schen Mund und Mi­kro­fon, wann wir die Räu­sper­tas­te drü­cken, wel­che Ne­ben­ge­räu­sche zu ver­mei­den sind (ne­ben zu ex­pres­si­ven Plo­siv­lau­ten), dass wir uns nicht un­nö­tig bzw. hek­tisch be­we­gen, um die Ver­ka­be­lung nicht zu stö­ren.

Dan­ke, lie­be Kol­le­gin, für die­se Blog­be­schrei­bung. Re­dner­wahn­sinn gab es an die­sem Tag nicht. Die Re­dner­:in­nen wa­ren top, da durf­ten wir dann viel Lob aus­spre­chen.

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Fo­to: C.E. (Archiv)

Donnerstag, 3. April 2025

Datenschutzprobleme

Seit 2007 schrei­be ich hier als Dol­met­sche­rin über mei­nen All­tag in der Bran­che. Was und wie Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, ist kaum be­kannt. Dies möch­ten vie­le von uns än­dern. Mei­nen Teil tra­ge ich mit die­sem Blog bei.

Un­ter­schied­li­che Bo­den­be­wirt­schaf­tung
Heute wurde die Büro­kol­le­gin, Eng­lisch-Mut­ter­sprach­le­rin, um ein Kos­ten­an­ge­bot ge­be­ten, denn ein In­ge­nieur­bü­ro lässt über eine Agen­tur zwei Do­ku­men­te zur Pa­ten­tan­mel­dung über­set­zen.

Es geht um eine mei­ner Spe­zia­li­sie­run­gen im Agrar­sek­tor, um Bö­den und mi­kro­bi­el­le Viel­falt, im Zwei­er­team über­neh­men wir sol­che Auf­trä­ge, das ist OK. 

Auch die 14-sei­ti­ge Er­klä­rung zu Ge­heim­hal­tung, also Kun­den- und Da­ten­schutz, wäre in Ord­nung, auch wenn die Kon­ven­tio­nal­stra­fen ein we­nig hoch er­schei­nen.

Was nicht klar­geht: Diese Mail be­kam eine Lis­te von 25 Über­set­ze:rin­nen zu­ge­schickt, die alle im CC-Feld na­ment­lich auf­tau­chen, kom­plett mit allen An­hän­gen, die Pa­ten­te im Ent­wurfs­sta­dium. Mit der Ge­heim­hal­tung der Er­fin­dun­gen sowie dem Schutz der In­te­res­sen je­ner un­ge­nan­nten In­ge­nieu­rin­nen und In­ge­nieu­re hat es die Agen­tur nicht so ernst ge­nom­men. Die In­te­res­sen der Agen­tur stan­den im Vor­der­grund. Not amused.

Dass das vor­ge­schla­ge­ne Ho­no­rar un­ter­ir­disch war, ist hier fast eine Ne­ben­sa­che.

Diesen Ver­stoß ge­gen die Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) er­wägt mei­ne Kol­le­gin jetzt der zu­stän­di­gen Da­ten­schutz­be­hör­de zu mel­den, erst recht, nach­dem sie auf der Web­sei­te der be­trof­fe­nen Agen­tur sehr voll­mun­dig sämt­li­che mög­li­chen Ver­spre­ch­en zum The­ma DSGVO ge­le­sen hat.

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Fo­to: C.E. (Ar­chiv)

Mittwoch, 2. April 2025

„Very impressive interpreters 🤩“

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Ich be­ob­ach­te von Be­rufs we­gen un­se­re Zeit sehr ge­nau, denn ich muss ja von jetzt auf gleich im­stan­de sein, alle mög­li­chen Men­schen mit den ent­spre­chen­den Vo­ka­beln „zu ver­to­nen“. Über Rück­mel­dun­gen freu­en wir uns.

Blick auf die Bü­hne
Der Ti­tel die­ses Blog­posts ist ein Zi­tat. Et­li­che Dol­met­scher­kol­le­g:in­nen ar­bei­ten fest­an­ge­stellt im Be­reich in­ter­kul­tu­rel­le Kom­mu­ni­ka­ti­on, dol­met­schen täg­lich, aber in klei­ne­rer Run­de und meis­tens nicht mehr in der Kon­fe­renz­ka­bi­ne. So auch die Zi­tat­ge­be­rin, die in ei­ner fran­zö­sisch­spra­chi­gen Bot­schaft ar­bei­tet.

Das Lob ge­bührt sehr vie­len, ei­nem gro­ßen Team.

Die kur­ze Rück­mel­dung „Very im­pres­sive in­ter­pre­ters“ kommt di­rekt vom Ein­satz­ort. Am 2. und 3. April fin­det der 3. Glo­bal Dis­abi­li­ty Sum­mit (GDS) statt, und zwar zum ers­ten Mal in Ber­lin. Ich selbst bin die­se Wo­che nicht auf Kon­fe­ren­zen un­ter­wegs, weil ich als pfle­gen­de An­ge­hö­ri­ge zu tun ha­be. Umso grö­ßer ist mei­ne Freu­de, da ich im Vor­feld den GDS über eine Bot­schaft bei der Dol­met­scher:in­nen­aus­wahl un­ter­stüt­zen durf­te.

Auch wenn die „durch­ge­knall­te Ka­rot­te“, wie ei­ne Kol­le­gin ei­nen au­to­kra­tisch agie­ren­den Pri­va­tier ti­tu­liert, je­de(r) weiß, wer hier ge­meint ist, das in­fra­ge stellt: In­klu­si­on ist ein Men­schen­recht, und zwar welt­weit.

5.000 Gäs­te von al­len Kon­ti­nen­ten
Der An­sturm war groß. Aus­ge­rich­tet ha­ben die Ver­an­stal­tung Deutsch­land und Jor­da­ni­en, ge­mein­sam mit der Inter­na­tio­nal Dis­abi­li­ty Al­lian­ce (IDA), der glo­ba­len Selbst­ver­tre­tung von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen.

Und das BMZ, ich de­kli­nie­re: Bun­des­mi­nis­te­ri­um für wirt­schaft­li­che Zu­sam­men­ar­beit, hat­te auf deut­scher Sei­te die Fe­der­füh­rung in­ne. Er­öff­net wur­de die Ver­an­stal­tung am 2. April von nie­mand Ge­rin­ge­rem als Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz und Kö­nig Ab­dul­lah II. bin al-Hus­sein von Jor­da­ni­en.

Die Ge­sprä­che beim Gip­fel krei­sen um die Fra­ge: Was muss ge­sche­hen, da­mit Men­schen mit Be­hin­de­run­gen ih­re Rech­te nicht nur auf dem Pa­pier, son­dern auch im All­tag le­ben kön­nen? Das The­ma könn­te kaum ak­tu­el­ler sein, weil welt­weit vie­le po­li­ti­sche Sys­te­me an­ge­grif­fen wer­den, Men­schen­rech­te in Fra­ge ge­stellt wer­den, Gleich­be­rech­ti­gung neu er­kämpft wer­den muss.

UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on
192 Staa­ten ha­ben die UN-Kon­ven­ti­on in­zwi­schen un­ter­zeich­net, die die Rech­te be­hin­der­ter Men­schen be­schreibt, dar­un­ter Deutsch­land. Doch es blei­ben vie­le Bau­stel­len. In Ber­lin ka­men des­halb Ver­tre­ter:in­nen aus Selbst­ver­tre­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen, Po­li­tik, Ver­wal­tun­gen und Zi­vil­ge­sell­schaft zu­sam­men, um ge­mein­sam kon­kre­te Maß­nah­men zu dis­ku­tie­ren.

Ge­plant ist zum Ab­schluss des Gip­fels die so­ge­nann­te Amman-Berlin-Erklärung – ein Do­ku­ment, das die zen­tra­len Ver­ein­ba­run­gen zur künf­ti­gen in­ter­na­tio­na­len Zu­sam­men­ar­beit fest­hal­ten soll. Jür­gen Du­sel, der Be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung für die Be­lan­ge von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen, fasst zu­sam­men: „Ge­ra­de in Zei­ten welt­wei­ter po­li­ti­scher Ver­än­de­run­gen ist es wich­tig, dass wir mit die­sem Welt­gip­fel ein Zei­chen für den in­ter­na­tio­na­len Zu­sam­men­halt auf der Ba­sis von Men­schen­rech­ten set­zen.“

Mehr Sicht­bar­keit nö­tig
1,4 Mil­li­ar­den Men­schen welt­weit le­ben ih­ren All­tag mit ei­ner oder meh­re­ren Be­hin­de­run­gen. Das Mit­un­ter­zeich­ner­land Deutsch­land ist üb­ri­gens mit der Um­set­zung der Kon­ven­ti­on er­schre­ckend schlecht.

Um­so er­freu­li­cher, dass die Me­di­en gut mit­ge­gan­gen sind. Auch aus der Sicht von Dol­mets­chen­den ist die­ser Gip­fel be­son­ders: Die Viel­falt der Spra­chen, der Per­spek­ti­ven, der Per­sön­lich­kei­ten. Die Wür­de, mit der Men­schen hier auf­tre­ten, be­ein­druckt. Dan­ke, dass wir un­ter­stüt­zen durf­ten!

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Fo­to: pri­vat
#GDS2025 #In­klu­si­on #Teil­ha­be