Freitag, 30. November 2018

LinguiSticks (3)

Hier bloggt eine Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Sprache. Nor­ma­ler­wei­se schreibe ich meh­rmals die Woche kurze Epi­soden. Weil ge­ra­de Hoch­sai­son ist, sind die Episoden jetzt noch kürzer ge­wor­den. Kleine Stück­chen, ähhh, Stöck­chen: "Lin­gui­Sticks".

Ab jetzt werfe ich gelegentlich ein Sprach­stöckchen in die Run­de. Die lang­e Fas­sung des Titels heißt "Get the good end of the lingui­Stick". Dahinter steckt ein Wort­spiel: Hold of / get the wrong end of the stick be­deutet 'etwas falsch ver­ste­hen'.

Alles auf Grün! Wir sind in einem Sitzungsraum des Bundestags, die Box steht oben auf der Be- suchertribüne. Unten wird heftig debattiert.  Ein Redner bringt Fußballmetaphern ins Spiel.  Die rote Karte — le carton rouge [FR] wird ge- zeigt. Dann muss der Torwart ran (le gardien /  le goal). Später zeigt einer die grüne Karte.  Die Übertragung pelzt merkwürdig auf der Zunge.  Die Kollegin schaut mich fragend an. Ich frage  den Liebsten per SMS. Er antwortet prompt:  „Grün ist nur der Rasen!“ Es folgen weitere  ‚grüne Karten‘. Wir verbessern sanft. Später  folgt uns die Runde unten, gibt „grünes Licht“  (donner le feu vert). Wir fühlen uns wie Fuß- balltrainerinnen. | Get the good end of the linguiStick (3) | (c) Caroline Elias dolmetscher-berlin.blogspot.com

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Illustration: C.E.

Mittwoch, 28. November 2018

LinguiSticks (2)

Willkommen auf den Seiten meines digitalen Logbuchs aus der Dolmetscherkabine. Was ich beruflich anbiete, Dolmetschen und Übersetzen, beschäftigt mich täglich.

Auch heute werfe ich ein kleines Sprach­stöckchen in die Run­de. Die Lang­fassung der neuen Reihe lautet "Get the good end of the lingui­Stick". Dahinter steckt ein Wort­spiel: Hold of / get the wrong end of the stick be­deutet 'etwas falsch ver­ste­hen'.

To taste [EN]. Berlin, hier ist es chic, Fremdländisch zu sprechen. Ausländische  Gäste hören einen Vortrag. Der Sprecher ist Deutscher: The blind people have  developed other senses. They have been  trained to detect breast cancer early.  That‘s because blind people taste better than other people. Dann verabschiedet er uns in die Mit- tagspause. Bon appétit !  Und ja, als Dolmetscherin EN>FR habe ich meine liebe Mühe, ernst zu bleiben. | Get the good end of the linguiStick (2) (c) Caroline Elias | dolmetscher-berlin.blogspot.com

Für alle, deren Englisch eingerostet ist: to taste heißt 'schmecken' im Sinne von 'gutes Aroma'.

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Illustration: C.E.

Dienstag, 27. November 2018

LinguiSticks (1)

Bonjour, hello, guten Tag. Hier bloggt im 12. Jahr eine Dolmetscherin, übli­cher­wei­se mehrmals die Woche. Derzeit sind wir al­ler­dings gut be­schäf­tigt, zum Hoch­la­den kom­me ich oft nicht, des­halb die neue Reihe "Lin­gui­Sticks".

Ab jetzt werfe ich gelegentlich ein Sprach­stöckchen in die Run­de. Die Lang­fassung des Titels heißt "Get the good end of the lingui­Stick". Dahinter steckt natür­lich ein Wort­spiel. Hold of / get the wrong end of the stick be­deutet 'etwas falsch ver­ste­hen'.

Sustainable chocolat [EN] -> chocolat  durable [FR]. Durable ist das franzö- sische Wort für „nachhaltig“. Wörtlich  übersetzt bedeutet der Begriff aller- dings „dauerhaft“.  Oh ... dauerhafte Schoki!? Hmmmm, nee,  eher nicht. Wie kann Schokolade von  Dauer sein? In welchem „soziokulturel- len Ökosystem“ soll das bitteschön  möglich sein!?  Get the good end of the linguiStick (1) | (c) Caroline Elias | dolmetscher-berlin.blogspot.com

Die Lösung des Problems lautet übrigens chocolat équitable — faire Schokolade.

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Illustration: C.E.

Mittwoch, 7. November 2018

Generationswechsel

Hier bloggt eine Kon­­fe­­renz­­dol­­met­­sche­rin und Über­­set­ze­rin mit den Ar­beits­­spra­­chen Fran­zö­­sisch, Deutsch und Eng­lisch (das Idiom Shakes­peares in vie­len The­­men­­fel­dern nur als Aus­­gangs­­­spra­­che). Was wir im Alltag leisten, haben wir auf den Bänken der Uni oft nicht bis ins letzte Detail gelernt. Man­ches ver­dan­ken wir trotz­dem der Uni­ver­sität. Aber über­ras­chend anders.

Lampe, Tischuhr, Mini-Eiffeltum
Auf dem Sekretär
Bei einigen un­serer Dau­er­kun­den ist ge­ra­de Ge­nera­tions­wechsel an­gesagt. Wir wer­den gebucht, standen oben auf der Liste der externen Mit­arbei­terinnen, die Über­ga­be hat gut geklappt, die erste Zusam­men­arbeit mit den Neu­en verläuft prima, die Endkunden sind happy. Aber der Ge­ne­ra­tions­wechsel be­deu­tet Mehrarbeit, für das Fin­ger­spitzen­gefühl nötig ist.

Rück­sprung: Anfang der 1990-er warte ich mit einigen jungen Frauen und einem nicht mehr ganz so jungen Mann auf dem Flur einer deutschen Universität. Der Haus­meister kommt, schließt auf. Es ist der erste Tag im neuen Semester. Wir ge­hen in den Raum, alle zusammen. Vorher hatten wir einander vor­sich­tig ge­mus­tert. Wer ist das wohl, den ich da kennen­lernen werde, sind künftige Freun­de da­bei, Leidens­ge­nossen, was wird mir das Se­mester bringen.

Alle sind irgendwie gleichalt, plus oder minus zehn, fünfzehn Jahre, nur der Mann sieht deutlich älter aus. Man­che halten ihn für den Dozen­ten. Eine Stu­dentin sagt zur anderen: "Nein, es ist eine Frau, Madame Elia'!" Sie spricht das S nicht aus, was gram­ma­ti­kalisch korrekt ist. Eigen­namen folgen nicht immer der Gram­matik. Mar­gue­rite Duras wird auch DuraS ausge­sprochen, den Kom­mentar verkneife ich mir. (Noch bin ich Teil der Menge. Und zwei Studen­tinnen werden sich neben dem Mann später als älter als ich heraus­stellen.)

Und dann kommt auch schon der Moment: Wir gehen in den Seminar­raum, alle su­chen sich in den Reihen ihren Sitzplatz, ich nehme vorne Platz. Atme durch. Schaue mich freund­lich um. Lege los: "Bonjour ! Comment allez-vous ?"

Warum ich der erzähle? Die olle Kamelle, an die ich mich noch sehr lebendig er­in­ne­re, ist ja bald 20 Jahre alt. Die Stu­den­tinnen von einst sind längst im Beruf, schicken Sendungslinks und Babyfotos. (Es gab später dann auch mehr Studenten, die sind weniger kommunikativ.) Ich erinnere mich vermutlich heute so genau daran, weil ich dieses Unter­richten sehr bewusst angefangen habe. Als ein Sich-Lösen von der Menge, als Teil der Menge und dann doch eben als diejenige, die vorne Platz nimmt. Für mich waren Studis immer Mitlerner, jüngere Kol­legin­nen und Kol­legen, Men­schen mit Sorgen und Nöten und eben einem Aus­tauschprojekt. Das war und ist meine Grund­haltung.

Die­ser Tage habe ich Leute an der Strippe, die Mitte, Ende 20 sind. (Sie könnten meine Kinder sein.)

Lesesessel als Lehnstuhl und als Liege, der Lampenarm muss mitschwenken
Lesearbeitsplatz: Der Lampenarm muss mitschwenken
Sie sind neu im Job. Sie rufen die Dienst­leisterin an. Ei­gent­l­ich sind sie hier die Che­fin­­nen und Chefs. Ich will ihnen dieses Gefühl nicht neh­men, muss aber, um die Qua­li­tät unserer künf­ti­gen Ar­beit si­cher­stel­len zu kön­nen, vor­sichtig ihr Wissen ab­fra­gen und sie infor­mie­ren. Schulen oder nach­schulen, egal, wie man es for­mu­lieren möchte.

Ich bin wieder die Do­zen­tin. Frage vorsichtig, frage, ob sie einen Moment Zeit ha­ben, steuere das Ge­spräch ein wenig, bringe Witze rein, erzähle von eigenen Un­si­cher­heiten und Fragen.

"Klasse, wie Sie das machen! Vielen Dank für diese Hin­ter­grund­in­for­mationen!", habe ich eben ge­hört. Es ist die dritte Nach­wuchs­kraft dieses Jahr bei diesem guten Kunden, der ein großes Haus dar­stellt. Ich hab aber auch Glück mit meinen Ge­sprächs­partnern, da hat die Per­so­nal­ab­tei­lung gute Arbeit geleistet!
 
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Fotos: C.E. (Die Leselampe ist nicht ideal, denn
ich muss immer eine Schraube drehen!)

Montag, 5. November 2018

Halt in Göttingen

Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hinein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Toulouse, München und dort, wo man mich braucht.

Große Palmen stoßen im Warteraum-Glaskasten am Bahnsteig an die Decke des Raumes
Beste Wartestimmung
Einen Teil der Arbeits­zeit ver­brin­gen wir nicht sel­ten un­ter­wegs. Wir rei­sen in ganz Eu­ro­pa von Kon­fe­ren­zen und Euro-Be­triebs­rats­sit­zungen zu Vor­trä­gen und Diskus­sionen, von Schu­lungen, Debat­ten und zu Dreh­ar­bei­ten zu Hin­ter­grund­gesprächen, ge­hen mit auf Interview- und Re­cher­che­tou­ren.
Nicht alle, aber viele von uns sind des­halb Viel­reisende.

Manch­­mal geht es sogar ins außer­­eu­ro­pä­ische Aus­land. Und ja, ich träume von der nächsten Rei­se nach Af­ri­ka oder vielleicht auch nach Canada. Meistens ist es aber eher Göttingen.

Also es ist dann so, dass mir nach einem Dutzend Mal des Vor­bei­fah­rens in Göt­tin­gen und drei­ma­li­gem dort Umsteigen bin­nen we­ni­ger Monate auffällt, dass hier Bahn­mit­­ar­bei­ter einen be­son­ders grünen Daumen haben und diesen Spaß am Grün zur Freu­de aller am Arbeits­platz ausleben dürfen! Wun­derbar!

Heute konnte ich es mir vor Ort anschauen. Da durfte ich nicht nur in Göt­tin­gen um­stei­gen, sondern auch dort warten. Das war ein schöner Moment. Das mei­ne ich ganz ernst, ich sollte der­lei ab­sicht­lich verlängern. Ich könnte auf ei­ner Rück­reise einfach für einen Besuchs­tag meine Fahrt unterbrechen und mir etwas ansehen gehen. Göt­tingen ist die Stadt, der ich meine Existenz ver­dan­ke, hier haben sich meine Eltern ken­nen­ge­lernt.

Und natür­lich ist diese Stadt in die deutsch-franzö­sische Ge­schich­te eingegangen, die Sängerin Bar­bara hat sie verewigt. Leider ist das Chanson nicht dau­erhaft im Inter­net aufzu­finden, der Link unten sieht viel­leicht bald grau aus (oder hier mal schauen: Link). Dort, was Wiki­pedia darüber schreibt: Klick!




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Foto: C.E.

Freitag, 2. November 2018

Runde Sachen

Welcome, guten Tag, bonjour ... auf den Blogseiten, die in der Dol­­met­­scher­ka­bi­ne und am Übersetzerschreibtisch entstehen. Ich arbeite in den Bereichen Politik, Kultur, Wirt­schaft und Soziales. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch (Ausgangs- und Ziel­spra­che) und Englisch (meistens nur Aus­gangs­spra­che).

Neulich ging ich mit einem männ­li­chen Min­der­jäh­ri­gen spa­zie­ren. Er hat­te die gan­ze Zeit nur Fuß­ball im Kopf.

Da fiel mir auf, dass ich über alles schon geschrie­ben habe, oder fast. Also über run­de Gefäße und Augäpfel, schmückende Radkappen bei Autos (enjoliveurs), run­des Lampenglas, Schnee­bälle, die Zeit, den bedrohten Glo­bus und Men­schen, die von einem Teil dieser Kugel auf die andere migrieren müssen, Zirkelschlüsse und sogar darüber, dass das Runde ins Eckige muss.

A propos Mi­gra­tion, Verb "migrieren" ... eine Art von Wanderung: Daten von einem Träger auf den an­de­ren zu über­tra­gen heißt auch 'migrie­ren'. Die­ser Ta­ge ha­be ich nicht nur mal wieder den Inhalt von zehn Akten­ordnern in den Schredder mi­grie­ren las­sen (in Vor­be­rei­tung einer Mö­bel­wan­de­rung in­ner­halb der Wohnung), son­dern auch Fotos von einem Spei­cher­me­di­um zum nächs­ten.

Formal ist mir dabei was aufgefallen. Ich hab das hier mal reinkopiert.
Runder Esstisch: Draufsicht - Passionsblume, ein gezackter Kreis - Stecklinge, die im Runden Glas wurzeln
Was die Dolmetscherin privat so macht
Und mit dem Teen­ager bin ich eine große Runde gelaufen. Musste ich jetzt er­wäh­nen, um diese Zei­len hier "rund" zu machen.

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Foto: C.E.