Mittwoch, 25. September 2019

Pause!

Was Kon­fe­renz­dol­metscher und Übersetzer (und Dolmetsche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen) so umtreibt, davon können Sie hier einen kleinen Eindruck er­hal­ten. Im 13. Jahr blogge ich über meinen höchst sprachbetonten All­tag.

Dolmetscherkabine, Kuchenteller, Obst, Dolmetscherpult, Hand der Kollegin
Nur nicht verschmachten
Ein anstren­gen­der Arbeits­tag im Herzen Ber­lins. Es ging um Poli­tik und derlei. Der Tag fing damit an, dass ein Flug­zeug aus Paris Verspä­tung hatte. Wir fingen also mit der Kaffee­pause an. Dann kamen die Punkte 1 bis 3 von der Tages­ordnung dran.

Im Anschluss war vor den Punkten 4 bis 6 eine Kaffee­pause angesetzt. Die hatten wir ja nun schon. Die nächste Pause haben wir auch aus­ge­las­sen.

Es folgte die Mittags­pause plus Be­ra­tun­gen. Jetzt kommt die Überra­schung: Auch diese Pause dauerte kürzer als geplant. Später, die Kaffee- und Kuchen­pause: bei der Arbeit.

Wir Dol­met­sche­rin­nen verstehen das. Die Themen auf der Agenda sind wichtig. Schließ­lich häng­ten alle eine Über­stunde dran. Einige The­men kamen kurzfristig hinzu. Material bekamen wir nicht. Wie gut, dass wir uns in et­li­chen Themen gut auskannten und vorab einen W-Lan-Zugang erhalten haben.

Denn: Ta-daa! Vor der Über­stunde (im re­du­zier­ten Kreis, einige mussten zum Flug­ha­fen, andere blieben) gab es noch eine Kaffee­pause für alle. Nur nicht für die Dol­met­sche­rin­nen, die sich schnell noch ein wenig vor­be­rei­tet haben.

Aber nichts im Ver­gleich mit dem Stress, den Pflege­rin­nen und Pfleger heute ha­ben. (Hier der Link zu einer Reportage, den mir neulich eine Kollegin geschickt hat. "Pflege am Limit – Patienten in Gefahr", von von Daniela Agostini und Tanja von Ungern-Sternberg, SWR-Fernsehen, April 2019.)

Trotz­dem der Gedanke: Wieso müs­sen sich eigentlich überall die Ar­beits­be­din­gun­gen ver­schlech­tern? Was ist die Ge­setz­mä­ßig­keit dahinter?

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Foto: C.E.

Dienstag, 24. September 2019

Die Hardwareplatine

Im 13. Jahr beschreibe ich hier meinen sprachbetonten Alltag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­metscherin und Übersetzerin, arbeite mit der fran­zö­sischen Sprache (und aus dem Englischen). Auch noch im Frühherbst denke ich über unsere Kunden nach.

Und dann ist da noch die Geschäfts­füh­rerin einer deutschen Firma, deren Mut­ter­haus in Frank­reich ist. Die französischen Anteils­eigner sind erst später einge­stiegen und haben mich als Dolmet­scherin mitgebracht. Ich mag diese Kunden sehr gerne, denn die Zusammen­arbeit ist von gegenseitiger Wert­schätzung und von ge­mein­sa­mem Lernen geprägt. Ich hebe das so hervor, weil das in etlichen Bran­chen, die ich bereits erlebt habe, vor allem aber der Film­branche, nicht überall selbstver­ständlich ist.

Sekretär, Laptop, Lampe, Monitor, Kalender, Notizen.
 Arbeitsplatz
Wegen eines Arbeitsstät­ten­neubaus haben wir derzeit eine Vi­deo­kon­fe­renz in der Wo­che, die ich dann konsekutiv dol­met­sche. Das geht von Mal zu Mal bes­ser, ich habe mich auch daran ge­wöhnt, dass ich dau­ernd be­ob­ach­tet werde und dass es für andere witzig sein muss, wenn ich einem he­run­ter­gefallenen Stift hinter­her­tauche oder mit einem Nies­re­flex kämpfe.

Außerdem finde ich, dass sich eine bis an­dert­halb Stun­den Arbeits­be­sprechung per Vi­deo­konferenz gut in den Arbeitsalltag einfügen. Auch positiv: ich muss nicht in der Gegend herumreisen und kann mich im ei­ge­nen Büro weiter um andere Auf­ga­ben kümmern.

Zwischen­durch ploppt jetzt ab und zu eine sehr charmante, kleine Aufgabe in mei­nen Mailbriefkasten. Im An­schluss an unsere Dis­kus­sio­nen gehen nämlich immer wieder mit DeepL rasch über­setzte Zeilen zwischen einzelnen Parteien hin und her. (Vor mir hat­ten sie übri­gens im­mer alles gna­den­los bei Google Trans­late rein­ge­schau­fet und sich ge­wun­dert über das, was das Sys­tem dann aus­ge­spuckt hat.)

Dabei erhalte ich alles in Kopie und darf kurz auf diese zweisprachigen Botschaften schauen. Ich interveniere eigentlich nur noch, wenn etwas gar nicht verständlich oder unmissverständlich ist. Neulich hatte ich den schönen Satz: "Ich möchte, dass Sie an Ihrer Hard­ware­­pla­ti­ne arbeiten." Geschrieben hatte je­mand: Je veux que tu tra­vail­les sur ton tableau de matériel, al­so "Ich möchte, dass Du an Deiner Ma­te­rial­lis­te weiterar­beitest." Wie aus dem Wort "Ma­terial­ta­belle" (wörtlich) die "Hard­ware­pla­ti­ne" werden konnte, er­schließt sich mir nicht. Das 1. Prob­lem ist hier dem­nach eine fal­sche, nicht nach­voll­zieh­bare Wortwahl.

"Wenn Sie möchten, können wir mit Caroline ein Video machen, um die Dermarche besser zu verstehen" war ursprünglich Si tu veux, nous pouvons faire une vidéo avec Caroline pour mieux comprendre la dermarche. 2. Problem: Duzen/Siezen bekommt das Pro­gramm nicht hin. (Ich neh­me an, es läuft ir­gend­wo noch über die englische Spra­che.) 3. Problem: Tippfehler übernimmt das Pro­gramm, ohne zu zö­gern oder nach­zu­fra­gen (oder nachzu­den­ken, was es ja nicht kann). Es heißt al­so: "Wenn Du möchtest, können wir mit Caroline eine Video­kon­fe­renz abhalten, um die Ab­läufe besser ver­ständ­lich zu ma­chen." 4. Problem: Den betriebsinternen Jar­gon faire une video (ein Video machen) für "eine Videokonferenz abhalten", sel­bi­ge heißt auf Französisch üb­ri­gens une viSioconférence, habe ich selbst erst auf den dritten Anlauf verstanden. Wie sollen die armen Bits and bytes das denn kön­nen?!

In den Fällen, wo nur die maschinen­übersetzte deutsche Fassung rumgeschickt wur­de, hat die französische Bezei­chnung meines Dolmet­scherberufs, l'interprète, die Interpretin, die Interpretierende, vollständig ihre Berechti­gung erhalten!

Diese Mini­arbeit rechne ich übrigens nach Stunden ab. Ich habe eine Excel­tabelle für die Zeiter­fassung erstellt, in die ich auch Arbeitszeit eintrage, die ich mit le­xi­ka­li­schen Fragen verbracht habe. Wichtig: Bei der Zeit auch die Minuten notieren, die nötig sind, um wieder in das Thema reinzukommen, aus die mal kurz zur Seite gelegt werden musste. Ergän­zen­der Bürotipp: Beim Mail­programm ist es wichtig, es so einzustellen, dass nur die dringenden Nach­richten sofort durchkommen. Alles andere sehe ich mir dreimal am Tag an und schreibe dann zusammenhängend die Antworten.

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Foto: C.E. (Archiv)

Freitag, 20. September 2019

Berliner Szenen (1)

Bon­jour, bon­soir, gu­ten Tag oder gu­ten Abend auf den Sei­ten mei­nes di­­gi­­ta­­len Log­buchs. Hier schrei­be ich als Über­setzerin und Dolmetscherin für die fran­zö­sische Sprache (sowie aus dem Englischen) über meinen Berufsalltag, der oft sehr hek­tisch ist. Oft beobachten wir aus Arbeits- und Sprachgründen das Zeit­ge­sche­hen.

THE FUTURE IS NOW! Hintergrund: Reichstag und deutsche Flagge
Was JETZT so in Berlin passiert
Nach Dolmetschen am Vorabend ist aus­schla­fen angesagt. Der Tag ver­schiebt sich, denn ob des hohen Adre­na­lin­pe­gels habe ich erst vier, fünf Stun­den nach Ar­beits­ende in den Schlaf gefunden.

Dann raus, fran­zö­si­sche Crois­sants und Zei­tun­gen holen. Älterer Mann im Kiosk: "Tobaco ...?" Die In­ha­berin: "Which one do you want?" Er: "Grunn!" Pause.
Er, bedächtig, zelebriert jede Silbe: "Dun­kel­grunn ... !" Sie greift zum richtigen Päckchen. Andere Kundin, bei der der Groschen noch langsamer gefallen war: "Wow!" Er, strahlend: "Yes. My doitsch is very guuut!"
Alle strahlen mit ihm um die Wette.

Später mit einer französischsprachigen Journalistin auf Recherchetour bei der Klimademo gewesen.

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Foto: C.E.

Montag, 16. September 2019

Paradigmenwechsel

Über den Arbeitsalltag einer Dolmetscherin können Sie hier einiges lesen. Wenn ich nicht Konferenzen vertone, sitze ich am Über­set­zer­schreib­tisch oder ich lese Zeitung oder höre Radio.

Abend­nach­richten. Bei Kon­fe­ren­zen werden sehr oft An­spie­lun­gen auf ta­ges­ak­tu­el­le Themen gemacht, ent­spre­chend auf­merk­sam beob­achtet un­ser­einer die Medien.

Gesehen 2003 in Sachsen
Diese Woche erwarten wir die neu­en Ge­setze der Re­gie­rung zur mas­si­ven Kli­ma­ver­än­de­rung. Der Ent­wurf der CDU soll indes Regelungen für Luft­­ta­xis ent­hal­ten. Sowas klingt dann doch nach Bu­si­ness as usual und nicht nach einem Pa­­ra­­dig­­men­­wech­sel.

Und dann kommt der Spre­­cher auf den An­­schlag in Sau­di-Arabien zu sprechen.

Ölanlagen sind getroffen, die Lage wird be­schrie­ben, die Folgen werden analysiert: Sinkende Roh­öl­för­de­rung sei gleich­bedeutend mit stei­gen­den Preisen. Das sei "Gift für die Kon­junk­tur". 

Hierarchie der News und ihre Inter­pre­tation spiegeln die Themen der Regierung. Hallo, Politik? Habt Ihr das an­ste­hende Agenda­setting wirklich durchdacht? Oder bedeuten Eure Pläne etwa Klima­schutz aus­schließ­lich im Rahmen von Wirtschafts­wachs­tum und bitte ohne Infragestellung von Kon­sums und Lebens­stil?

Schon im letzten Jahr­hun­dert hat Wirt­­schafts­­wis­­sen­­schaftler Kenneth E. Boulding (1910 bis 1993) die Cho­se mit dem ewi­gen Wachs­tum so zu­sam­­men­­ge­fasst: Anyone who believes exponential growth can go on forever in a finite world is either a madman or an economist. ("Jeder, der glaubt, ex­po­nen­tiel­les Wachs­tum kann in einer end­lichen Welt fort­gesetzt wei­ter­­gehen, ist entweder ein Irrer oder ein Öko­nom.")

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Foto: Dr. Friederike Elias

Freitag, 13. September 2019

Auf dem Schreibtisch (LV)

Was und wie Dolmetscher und Übersetzer arbeiten, können Sie hier ab und zu mit­le­sen. Mein digitales Arbeitstagebuch schreibe ich im 13. Jahr. Heute wieder: Was steht an?

Der 55. Blick auf den Schreibtisch. Was mich derzeit beschäftigt:

Tisch, Stuhl ... von Blättern umwachsen
Noch arbeiten wir im Grünen, langsam färbt sich das Laub
⊗ Aktuelle Politik
⊗ Sicherheitspolitik
⊗ Industrieneubau (Ökobau)
⊗ Frankreich unter Macron
⊗ Neue Architektur in Berlin
⊗ Para­dig­men­wech­sel in der Wirt­schaft
⊗ 30 Jahre Mauer­fall
⊗ Kostenvoranschläge

Verschnaufen in der be­gin­nen­den Hochsaison. Ich bin im Garten.
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Foto: eigenes Archiv

Donnerstag, 12. September 2019

English Dictator

Was Kon­fe­renz­dol­metscher und Übersetzer so umtreibt, davon können Sie sich hier einen kleinen Eindruck verschaffen. Im 13. Jahr blogge ich über meinen höchst sprachbetonten All­tag. 

Anzeige aus den USA für einen Job in China
Neue Stel­len­aus­schrei­bung! Ge­sucht wird ein Trans­la­tor or Dic­ta­tor für die eng­li­sche Spra­che. Leider ist meine Haupt­ar­beits­spra­che Fran­zösisch, sonst würde ich gerne als Dik­ta­to­rin an­fan­gen.

Als erstes würde ich um­ge­hend der Natur Grund­ge­setz­rang ver­schaf­fen. Bei allem, was in diesem Land ent­schie­den wer­den soll, müsste ge­fragt werden, ob es mit der Natur im Ein­klang ist. Sollte das nicht der Fall sein: ver­boten! Es wür­de spe­ziel­le Son­der­ge­richte und einen spe­ziel­len Minister dafür geben, au­ßer­dem ent­spre­chen­de Or­ga­ne der Exe­ku­ti­ve bei Zu­wi­der­handlung. Denn wir sägen nicht auf dem Ast, auf dem wir sitzen, wir sind selbst der Ast.

Der Fehler in der An­zei­ge ist üb­ri­gens komisch. Auf Deutsch klingen Dol­met­scher und Dik­ta­tor ... naja, so, dass es viel­leicht ein Kind ver­wech­seln kann. Interpreter und dictator liegen da schon viel weniger nah beieinander.

Diese Eintrag ist ein Früh­mor­gens­ein­trag, vor dem Schla­fen­ge­hen. Ich hat­te einer Freun­din davon er­zählt, die mir eben die­sen ZEIT-Link zuschickt: "Der Teufel trägt Öko" von Thomas Assheuer, Ausgabe vom 4.9.19. Muss ich lesen. Mor­gen, al­so nach dem Schla­fen.

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Foto: Netzfund (verfremdet)

Mittwoch, 11. September 2019

DEnglish (23)

Im 13. Jahr beschreibe ich hier meinen sprachbetonten Alltag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­metscherin und Übersetzerin, arbeite mit Französisch und Englisch. Dabei den­ke ich viel über das Material meiner Arbeit nach, die Sprache.

Heute also der gefühlt 23. Beitrag zum Thema DEnglisch, deut­sches Englisch.

Gesehen in Neukölln
So, wie es einst chic war, Fran­zö­sisch zu spre­chen, ist heute ein anderes Idiom hip. Wir hatten es schon davon.

Auch davon, was un­se­re Lands­leu­te hier­zu­lande mit der Sprache Shakespeares  ma­­chen, wenn sie mit dem Han­­dy in der Ho­sen­ta­sche zum Pub­lic view­ing gehen, zu dem ein Bea­mer ver­wen­det wird.

Ei­ne neue Marke im Café um die Ecke? Ach nein, bad DEng­lish ist es nur.

Das ge­plag­te Dolmetscherhirn schil­lert an­ge­sichts des Schildes zwischen Nomade, homage (EN, Hul­di­gung und Hom­ma­ge/hommage mit zwei "M" auf Deutsch und Fran­zö­sisch), po­made (Haar­schmie­re auf Deutsch, la pommade, Sal­be auf Fran­zö­sisch) und homard (FR für Hum­mer). 

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Foto: C.E.

Dienstag, 10. September 2019

i-Dötzken

Bon­jour, gu­ten Tag, wel­come! Auf dieser Seite erfahren Sie mehr über den sprach­be­ton­ten Alltag von Kon­fe­renz­dol­metschern und Übersetzern. Ich arbeite mit Französisch und Englisch. Dabei den­ke ich viel über das Material nach, die Sprache.

Historisches Foto: Junge mit Schultüte und Ranzen
Mit Ranzen und Zuckertüte
Alles Gute den neuen I-Dötzken und ihre Familien! Dieser Tage kommen im Süden die Minis in die Schule, in der sie viel zu oft von Laien oder in Schnellbleiche an­ge­lern­ten Kräften unterrichtet wer­den. In Deutschland fehlen Lehr­kräf­te! Falsche Prioritäten im Land der Exportweltmeister, das of­fen­bar für die Zukunft keine wei­teren Inno­va­tionen und Glanz­leis­tungen plant.

Das Wort I-Dötzken ist die west­fä­li­sche Abwan­dlung des rhei­ni­schen Worts I-Dötz­chen, Substan­tiv, neu­tral, Großschreibung. Ich kor­ri­gie­re gleich meine Schreib­weise, der Duden ver­wen­det näm­lich für das "I" einen Klein­buch­staben.

Und das hat Gründe. Der Begriff i-Dötzchen bezeichnet Erst­kläss­ler, also Kinder, die gerade ein­ge­schult worden sind. Das "Dötz­chen" ist ein Punkt, das englische dot klingt an.

Schulan­fänger lernen bekannt­lich lesen und schreiben und haben bald mit dem i-Pünkt­chen der deutschen Schrift zu tun. Ist das auch heu­te noch der erste Buch­sta­be, der gelernt wird? Geh­stock mit Flie­gen­schiss drauf? Außer­dem hei­ßen solche knap­pen lau­fen­den Meter im Rhein­land "Dötzchen".

Synonym: Abc-Schütze/Abc-Schützin. Die Her­kunft des Be­griffs­be­stand­teils "Schüt­ze" ist unklar. Erst­kläss­le­rin­nen und Erst­klässler gibt es auch in beiden For­men, beim i-Dötzchen, sächlich, nur die eine.

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Foto: Privatarchiv

Montag, 9. September 2019

Spiegelung

Was Über­setzer und Dol­met­scher beschäf­tigt, können Sie hier mitlesen. Seit vie­len Jahren be­rich­te ich über diese Berufe und meinen sprach­be­ton­ten Alltag. Wer Sprache sagt, sagt Länder, wer Länder sagt, sagt Reisen.

Kaum weg, bin ich schon wieder da! Zum Glück küm­mern sich die lieben Mit­men­schen um Pflan­zen, Haus und Gar­ten, sonst könnte ich nicht so spon­tan sein.

Daher kommt es manch­mal zu kleinen Zeit­sprün­gen in der Veröffent­lichung meiner Einträge hier. Wie diese Fas­sade kommt mir übrigens mein Blog oft vor. 

Eine alte Fassade spiegelt sich in einer modernen Glasfassade
Gesehen in Frankfurt/Main
Ich bes­chreibe Vorgänge, Mo­men­te, Wörter, be­nenne die Fenster, Säulen, Simse, Dach­gauben, die Haustür mit ihrer Su­pra­por­te ist implizit, die können wir uns denken — und auch, wie es im Gebäu­de selbst aussieht. Ich schrei­be hier über das We­sentl­iche, lasse dabei Details aus, an denen Per­so­nen, Orte und re­el­le Vor­gänge er­kennbar wä­ren.

Das muss ich allein schon wegen meiner Schweigeverpflichtung, da geht es uns Sprach­ar­bei­tern wie Ärzten und An­wälten. Außerdem geht es mir hier im­mer um das Wesent­liche an den Vorgän­gen, nicht so sehr um die Wahrheit des Details, son­dern um seine Wahr­haf­tigkeit.

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Foto: C.E.

Sonntag, 8. September 2019

Sonntagsfreuden

Gartenimpressionen
Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hinein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Marseille und dort, wo man mich braucht. Jetzt wieder: Sonntagsbilder.

Heute nur bescheidene Sonntagsfreuden: Ein wenig im Garten aufräumen, noch re­kon­va­les­zent, dann Spazier­gang plus Bummel über den langsam schlie­ßen­den Flohmarkt.

Im Haus wohn­ten beim letz­ten Nach­rech­nen elf Kinder. Etli­che stellen Fra­gen, wenn wir im Hof­garten arbeiten. Sie schät­zen die Re­gen­wür­mer, wissen, was Kom­post ist, fra­gen, ob das Ab­sicht sei, wenn diverse Bei­kräu­ter, früher "Un­kraut", fröhlich in das­sel­be schießt, genie­ßen im Hochsommer, dass es im Hof kühler ist als anders­wo.

Als Lehrgärtchen, das hauptsächlich der Regel des "be­hut­sam ein­ge­dämm­tes Chaos" folgt, ha­ben wir ab jetzt auch "Schilder", aus denen hervorgeht, was das jeweils für eine Pflanze ist.

Vieles dessen, was bei uns wächst, wurde ir­gend­wo aus­gesetzt oder uns vom Tröd­ler ge­schenkt. Die "Päppelpflanzen" bedanken sich meistens durch besonders eif­ri­ges Wachstum (so wie der Hibiscus, unterstes der drei Gartenbilder, rechts unten).

Da wir immer wieder Rat­ten und Ratten­gift im Hof haben, bauen wir nichts zum Essen an. Etli­che Pflanzen haben sich selbst aus­gesät, haben norma­lerweise essbare Früch­te, das ignorieren wir, oder aber die Pflanzen ignorieren uns, weil die Klimazone nicht stimmt. Oder sie sind für Über­ra­schun­gen gut. Mal sehen, wie die zwei Früchtchen, die die Passionsblume dieses Jahr produziert hat, ausfallen.

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Fotos: C.E.

Freitag, 6. September 2019

Mal eben nach Paris

Im 13. Jahr beschreibe ich hier meinen sprachbetonten Alltag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­metscherin und Übersetzerin, arbeite mit der fran­zö­sischen Sprache (und aus dem Englischen) in Paris, Berlin, Köln, Bonn, Lyon, Marseille ... meistens reise ich mit festen Kunden, weil ich deren Inhalte und Fachbegriffe seit Jahren gut kenne.

Mal eben nach Paris reisen klingt nach Jetset der üble­ren Sorte. Reiche Leute ha­ben einen CO2-Fuß­ab­druck wie 200 Men­schen, die mit über­schau­baren Mitteln aus­kom­men müs­sen. Nein, ich zähle nicht zur ersten Gruppe.

Besprechungsraum "Paris" in Neuilly sur Seine
Ich war gerade in Köln, als mich eine Einla­dung nach Paris ereilte. Kurz mit dem Zug hin, im Hotel im Vorort ein­ge­checkt, am Folge­tag gedolmescht, am Abend zurück. Ich war gefragt, weil eine Kollegin aus­ge­fal­len ist und ich das Thema fast aus dem Stand überneh­men konnte.

Kein Glamour. Kein Eif­fel­turm. Kein Shopping. Weiter im Text.

P.S.: An der Saaltür hängt das "s" von Paris schief (steht vielleicht sogar Kopf?) ...

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Foto: C.E.

Dienstag, 3. September 2019

Mediendolmetschen (1)

Welcome! Sie lesen den historisch ersten deut­schen Dol­met­scherblog aus dem In­ne­ren der Ka­bi­ne. Er wurde vor mehr als zwölf Jahren auf Deutsch­lands ein­­zi­­gem A-Film­­fes­ti­val geboren. Ab heute folgt hier eine Reihe zu Grundlagen unserer Arbeit. 

Der Haupt­un­ter­schied zwischen audiovi­su­el­lem Dolmetschen und Dolmetschen in der Politik ist, dass wir bei der Arbeit für Medien die im Dolmet­scher­alltag üb­li­chen Samt­hand­schuhe ausziehen dürfen.

Zwei Dolmetscherarbeitsplätze für eine Diskussionsrunde, im Hintergrund roter Samtvorhang
Dolmetschen im Kino (hier: Diskussionsrunde)
Die Samthand­schuhe sind rasch erklärt: Streiten sich zwei Mächtige, gibt es zwei Szenarien für das Ende. Das eine lau­tet Krieg, dass andere Ver­söh­nung. Nun ist es ein­fa­cher sich zu versöhnen, wenn eine dritte Partei zum Schul­di­gen erklärt werden kann.

Wer war da mög­li­cher­weise noch zugegen? Der oder die Dol­met­scher/innen.

Natürlich wür­den wir nach außen immer be­haup­ten, dass es unsere über­große Friedens­liebe wäre, die uns hier immer wieder auch ein wenig zu Friedens­engeln macht. Da wir Sprach­arbeiter im Aus­land studiert haben und häufig auch aus fa­miliären Grün­den Erfah­rungen mit Menschen aus anderen Län­dern haben, die wir ebenso wenig "Fremde" nennen wür­den wie unsere zweite Heimat ein "Ausland", stimmt das vielleicht sogar. Menschen mit inter­kul­tu­rellen Erfah­rungen lassen sich seltener weismachen, dass der oder die andere Per­sonen­gruppe von Grund auf bö­se ist und be­kämpft werden muss.

Der Haupt­grund für diese verbalen Samt­hand­schuhe ist sicher der Selbstschutz. Einst­mals wurden Überbringer schlechter Nachrichten von den Her­rschenden er­mor­det, so heißt es, deshalb wurde diese Vor­sichts­maß­nahme ein Teil unserer Berufs­kultur, Diplomatie zur zweiten Haut, um ein weiteres Bild zu bemühen.

Beim audiovisuellen Dol­met­schen wird der son of a bitch tatsächlich als "Hu­ren­sohn" verdol­metscht. Manchem gestandenen Kon­fe­renz­dol­metscher fällt we­gen der zweiten Haut das Arbeiten auf Festivals schwer, denn die Übertra­gung mit Schutz­vor­rich­tung würde aus einem solchen Kerl maximal einen "Schlawiner" machen — so gehört bei der Simul­tan­ver­dol­met­schung eines Films in Berlin.

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Foto: C.E. (Archiv)

Montag, 2. September 2019

Das Bommarie

Hier schreibt und denkt eine Übersetzerin und Dolmetscherin, derzeit in Berlin. Ich arbeite aber auch in Bonn, Lille, Paris, Brüssel, München, Hannover und dort, wo Sie mich brauchen. Oft lernen wir neue Wörter. Es ist aber auch möglich, bekannte Wörter neu zu lernen.

Auf Rollen, Edelstahl, groß: Doppelwandiges Gefäß zum Warmhalten
In der Großküche
"Bommarie", sagte die Groß­küchenchefin, "das ist ein Bommarie!" Ich habe es noch immer nicht ver­standen. Sie war auf meine Nachfrage hin lauter gewor­den, aber an der Laut­stärke hatte es nicht ge­le­gen. Mein französischer Gast, für den ich in der deut­schen Groß­küche dolmetsche, hat längst be­grif­fen. "Ich kenne die Teile!", sagt er.
Ich lasse es damit bewen­den.

Als wir weiter­gehen, sagt er auffallend leise zu mir: "Sie meint ein bain marie!" Das Wort [bɛ̃ maʁi] kenne ich. Aber auch an der Größe habe ich die Cho­se mit dem kleinen Topf im großen Topf nicht erkannt, so kochen wir Sauce hollandaise im bain marie. Für Küchen in Normal­größe gibt es auch spezielle Wasser­bad­töpfe, dop­pel­wan­dige, wie hier bei diesem Trumm, das als Zwil­lings­ba­de­wanne für künf­ti­ge Syn­­chron­­schwim­­mer geeignet wäre.

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Foto: C.E.

Sonntag, 1. September 2019

Licht und Schatten

Was und wie Über­setzer und Dol­met­scher arbeiten, können Sie hier mitlesen. Die meis­ten von uns sind selb­stän­dig, sie ar­beiten selbst und ständig. Gewinnmargen durch "Ska­lie­ren" zu erhöhen, bleibt uns verwehrt. Daher ufert die Arbeit mit­un­ter aus und greift über in die Freizeit. Dafür hatte ich am Frei­tag mei­nen pri­va­ten Sonntag.

Rot- und Orangetöne liebe ich ja, der Energie wegen. Kurze Pause vom Pauken. Heute ist Sonntag. Wirklich?


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Collage: C.E.