Donnerstag, 12. Juni 2025

Ein ewi­ger Auf­trag

Was Dol­met­scher­in­nen und Über­set­zer­in­nen (und die Her­ren im Be­ruf) tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier in mei­nem di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buch, und ich den­ke auch über die Spra­che nach, über die In­hal­te und über un­ser Le­ben.

Am 12. Ju­ni des Jah­res 1929 wur­de in Frank­furt am Main ein Ba­by ge­bo­ren, dem als jun­ges Mäd­chen Schreck­li­ches wi­der­fuhr. Ich ge­den­ke der Au­to­rin An­ne Frank an ih­rem Ge­burts­tag.

Anne Frank als Portrait aus Punkten
Anne Frank
Ihr Nach­lass, das Ta­ge­buch, hat die gan­ze Welt be­wegt. Oder viel­leicht nicht die gan­ze Welt. Ich emp­fin­de ich es als be­son­de­res Dra­ma, dass so­gar in un­se­rer frei­heit­li­chen Ge­sell­schaft vie­le Kin­der und Ju­gend­li­che nichts von der deut­schen Ver­gan­gen­heit wis­sen.

In an­de­ren Tei­len der Welt er­le­ben wir kal­te In­for­ma­tions­krie­ge, die Do­ku­men­te wie dieses ver­bie­ten möch­ten, aber auch "hei­ße" Krie­ge, ei­nen Re­li­gi­ons­krieg, der – an­ders als der his­to­ri­sche 30-jäh­ri­ge Krieg – schon län­ger an­dau­ert. Und da­ne­ben füh­ren ei­ni­ge Ul­tr­arei­chen Krieg ge­gen den Rest der Be­völ­ke­rung und ge­gen die Um­welt und die Na­tur, de­ren Teil auch sie sind.

Ge­walt und Mord, Un­ter­drü­ckung und Ver­fol­gung von Frau­en und Min­der­hei­ten, re­li­giö­ser To­ta­li­ta­ris­mus und Zer­stö­rungs­wut durch Ir­re und Ex­tre­mis­ten gibt es der­zeit ge­fühlt so viel wie seit Jahr­zehn­ten nicht.

An­ne Frank spricht bis heu­te di­rekt zu uns. Wir müs­sen nur hö­ren und Em­pa­thie auf­brin­gen. Aus dem Ta­ge­buch von An­ne Frank, 1943: Drau­ßen ge­sche­hen schreck­li­che Din­ge ... Fa­mi­li­en wer­den aus­ein­an­der­ge­ris­sen; Män­ner, Frau­en und Kin­der wer­den ge­trennt. Kin­der kom­men von der Schu­le nach Hau­se und stel­len fest, dass ih­re El­tern ver­schwun­den sind.

Wir wis­sen, wie es wei­ter­ging. We­ni­ge Mo­na­te vor Kriegs­en­de fan­den An­ne und ih­re Schwes­ter Mar­got in Ber­gen-Bel­sen den Tod.

So grau­sam die heu­ti­ge Zei­ten sind, die in­dus­tri­el­le Mas­sen­ver­nich­tung, in Deutsch­land er­fun­den, kennt nichts Ver­gleich­ba­res. Ge­nau dar­aus müs­sen wir ei­ne Ver­ant­wor­tung ab­lei­ten, und da­mit mei­ne ich die ge­sam­te Be­völ­ke­rung des Lan­des, auch die Zu­ge­wan­der­ten.

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Il­lus­tra­ti­on: Hes­si­scher Land­tag,
Annes Bild ist seit heute dort vor Ort.

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