Montag, 21. Oktober 2024

Bonjour

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäf­tigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­le­sen. Das Jahr biegt lang­sam in die Ziel­ge­ra­de ein!

Herbstsaison
Dolmets­chen bei Kon­gres­sen, für den Po­li­tik­be­trieb, auf De­le­ga­tions­rei­sen, bei Werks­be­sich­ti­gun­gen, Hin­ter­grund­ge­sprä­chen oder Ver­wal­tungs­vor­gän­gen, in Kanz­lei oder Kran­ken­haus, un­se­re Ein­sät­ze sind über­aus viel­fäl­tig.

In den letz­ten Jah­ren sind wir im­mer öft­er auch online gefragt. Da diese Über­tra­gungs­art für alle an­stren­gen­der ist, klei­ne Mo­ni­tor­bil­der, ge­stauch­te und damit un­na­tür­liche Stim­men, Rau­schen oder Echos, sind die­se Ein­heiten meis­tens kür­zer als nor­ma­le Ein­sätze.
Zur Pla­nung Ihres Dol­metsch­be­darfs er­rei­chen Sie mich be­quem per Mail an ca­ro­line@adazylla.de. Da ich in Teil­zeit ei­ne An­ge­hö­ri­ge pfle­ge, bit­te ich um schrift­li­che Kon­takt­auf­nah­me.

Es gibt ke­ine Bü­ro­sprech­stun­den
Wir freu­en uns auf Ihre An­fra­ge!

Bit­te be­ach­ten Sie: Krea­ti­ve Tex­te über­tra­ge ich selbst nur ins Deut­sche; an­de­re Spra­chen deckt un­ser Netz­werk ab. Do­ku­men­te be­ar­bei­ten Kol­le­gin und Kol­le­ge au­ßer­halb Ber­lins (im Post­ver­kehr).

Da wir nicht nur Spra­char­bei­terin­nen und Sprach­ar­beiter sind, son­dern auch Men­schen, die be­ob­ach­ten und Ihre Epo­che do­ku­men­tieren, fin­den Sie auf den fol­gen­den Sei­ten mein mit­un­ter sub­jek­tiv ge­präg­tes Ar­beits­ta­ge­buch.

P.S.: Die­se Sei­te ist für die An­sicht im Web­lay­out op­ti­miert, weil sonst Text­pas­sa­gen hin­ter den Fo­tos ver­schwin­den.

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Fo­to: C.E.

Montagsschreibtisch (65)

Herz­lich will­kom­men! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­set­zer ma­chen, wie sie ar­bei­ten, wie sie le­ben, ist hier seit 2007 re­gel­mä­ßig The­ma. Mon­tags gibt es hier ei­ne kur­ze Über­sicht über die Auf­ga­ben der Wo­che.

Altes Büro mit Ahnen­bild und meh­re­ren Schreib­ti­schen
So könn­te das Kon­tor mei­ner Ah­nen aus­ge­se­hen ha­ben
Es steht an:
⊗ Ju­bi­lä­um des Aus­lands­sen­ders RFI in Ber­lin
⊗ Kon­kur­renz und Ko­ope­ra­ti­on (im Ag­rar­be­reich)
⊗ Ag­rar­öko­lo­gie (Nach­be­rei­tung)
⊗ So­zi­al­ver­si­che­rungs­sys­tem (Nach­be­rei­tung)
⊗ KI und krea­ti­ve Welt (Vor­be­rei­tung)

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Il­lus­tra­ti­on: Dal­l:e (... bis auf die Lam­pen!)

Sonntag, 20. Oktober 2024

Upcycling (2)

Als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin ar­bei­te ich haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch und manch­mal auch mit Eng­lisch, wo­bei Deutsch mei­ne Mut­ter­spra­che ist. Der Be­ruf ist vol­ler Stress­mo­men­te. Ei­ne der gol­de­nen Re­geln da­bei: Stress­re­du­zie­rung durch ei­nen kla­ren Schnitt am Abend und am Wo­chen­en­de, wo ich et­was an­de­res ma­che. Sonn­tags­bild!

Zum The­ma Up­cyc­ling ha­be ich be­reits mehr­fach ge­schrie­ben, der ers­te Bei­trag mit dem Ti­tel steht hier: klick! Re­gel­mä­ßig bin ich bei ei­ner be­tag­ten An­ge­hö­ri­gen und küm­me­re mich um Lau­ne, leib­li­ches Wohl, wir neh­men Arzt­ter­mi­ne wahr und ge­hen spa­zie­ren. 

Galerie auf einer Stoffserviette (in Gebrauch)
Jetzt, an den ers­ten re­gen­nas­sen Ta­gen, darf ich mir noch mehr ein­fal­len las­sen.

Rück­sprung in un­ser El­tern­haus: Der Kühl­schrank war ver­klei­det, Ma­gne­te ha­ben nicht so gut an ihm ge­haf­tet. In der Se­nio­ren­woh­nung der Fa­mi­lie ist das an­ders. Der gro­ße Kühl­schrank ist ei­ne Stel­le für zen­tra­le In­for­ma­tio­nen des Teams Pfle­ge. An ei­nem Ver­schenk­ort der Stadt ha­be ich leis­tungs­star­ke, nak­te Ma­gne­te ge­fun­den, die sich al­ler­dings sehr schlecht vom Un­ter­grund lö­sen las­sen, so stark sind sie. Auch von ei­ner Kon­fe­renz brin­ge ich zwei star­ke Ma­gne­te heim, mit de­nen die Na­mens­schil­der zu be­fes­ti­gen wa­ren. Sie las­sen sich kaum an­fas­sen, so flach sind sie.

Wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ha­ben ei­nes ge­lernt: Schnell Lö­sun­gen zu fin­den. Dass ich das jetzt seit Jahr­zehn­ten um­set­ze, mer­ke ich sehr oft im All­tag.

Cut: Ich ge­he am Stra­ßen­rand vor­bei und se­he ein Ba­by­puz­zle mit Mee­res­tie­ren in ei­ner Kis­te mit Ver­schenk­spiel­zeug lie­gen. Oh, wie schön, die klei­ne Nich­te ist im pas­sen­den Al­ter! Al­ler­dings feh­len ei­ni­ge Tei­le, die Ko­ral­len und die Schling­pflan­zen oder so­was in der Art. Ich neh­me das Spiel doch mit, denn das Dol­met­scher­hirn hat ei­ne Lö­sung vor­ge­legt.

Mit der An­ge­hö­ri­gen ein­fa­che Din­ge zu bas­teln, wä­re ein gu­ter Ge­dan­ke. Nur war die be­tref­fen­de Per­son nie bas­tel­af­fin, und mit Se­kun­den­kle­ber zu han­tie­ren, den ich noch rasch be­so­r­ge, 99 Cent als ein­zi­ge In­ves­ti­ti­on des Pro­jekts, liegt auch nicht al­len.

Aber die gro­ße Nich­te kann ich schnell be­geis­tern. Wir be­frei­en die Ma­gne­te von al­ten Kle­be­stel­len und le­gen los. Im Bild das Er­geb­nis un­se­rer kur­zen hal­ben Stun­de. Vor­her ha­ben wir al­le Ma­gne­te ge­tes­tet, wel­che Sei­te bes­ser haf­tet, und ge­mein­sam über­legt, wo wir was hin­kle­ben. Nur beim See­pferd­chen ist der Ma­gnet leicht ver­rutscht. Macht nichts.

Auf dem Kühl­schrank ma­chen sie sich die Ma­gne­te bes­tens und lie­gen per­fekt in der Hand. Die be­schenk­te Per­son liebt Tie­re. Und mit den Fräu­leins übe ich an den Tie­ren Fran­zö­sisch, win-win-win oder so.

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Foto: C.E.

Samstag, 19. Oktober 2024

Geisterbahn

Hel­lo, gu­ten Tag oder bon­jour auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen in der Wo­che er­fah­ren, wie wir Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Heu­te: Link der Wo­che.

Ärger­nis Bahn, ei­gent­lich woll­te ich nicht mehr viel dar­über schrei­ben, muss es heu­te aber auf­grund ei­ner ZDF-Re­por­ta­ge (aus dem März!), die mich lei­der kaum über­rascht hat: Deut­sche Bahn: Die In­sider — Tricks hin­ter den Ku­lis­sen.

Maske und Frau, im Hintergrund die Rückenlehne mit dem Kopfteil der Bahn. In der Grippesaison ist es sinnvoll, mit Maske zu reisen.
Wenn al­les hus­tet und schnieft: Mas­ke!
Als pfle­gen­de An­ge­hö­ri­ge im long dis­tance care bin ich auf sie an­ge­wie­sen. Der Film von Mar­vin Mohr wid­met sich vie­len The­men, da­run­ter kri­ti­siert er den Abo­fal­len­trick (mei­ne Lö­sung: kurz nach der Bu­chung schon wie­der zum En­de der Lauf­zeit kün­di­gen, da den­ke ich noch dran), be­rich­tet dann, dass Teil­stre­cken güns­ti­ger sind als die ver­gleich­ba­re Lang­stre­cke (das ist auch mir neu), be­schreibt frag­wür­di­ge In­vest­ments der Bahn im Aus­land und das Green­wa­shing dieses grund­sätz­lich um­welt­freund­li­che­n Ver­kehrs­sys­tems. So grün, wie sie ak­tu­ell vor­gibt zu sein, ist die in­des Bahn nicht.
 
Mein Wunsch: Das Wer­be­bud­get strei­chen und in Ver­bes­se­run­gen in­ves­tie­ren! 

Auch das The­ma Hy­gie­ne be­han­delt der Film. Den Spei­se­wa­gen wer­de ich nun mei­den, mehr da­zu in der Re­por­ta­ge. Auch die Sa­che mit den Rück­leh­nen­kis­sen und dem Ober­flä­chen­put­zen in den Zü­gen ist ek­lig. Wer jetzt schnell ist mit Markt­idee und -um­set­zung, bie­tet bald maß­ge­schnei­der­te Hus­sen zum Drü­ber­stül­pen an, de­ren Stoff dicht ge­nug ist und heiß ge­nug ge­wa­schen wer­den kann, er­gänzt durch ein Ex­tra­täsch­chen, um Kon­ta­mi­na­tio­nen zu ver­mei­den.

An­ders auf­ge­zo­gen hät­te ich den Film­teil mit den Prä­mi­en für Viel­fah­ren­de. Rich­tig: Das Sys­tem ist un­durch­sich­tig, der un­an­ge­kün­dig­te Punk­te­ver­fall be­scheu­ert. Aber na­tür­lich fährt nie­mand mit der Bahn, nur um eine Prä­mie zu be­kom­men, das Ba­shing für "bil­li­ge Prä­mi­en" fin­de ich un­an­ge­bracht. Ich wä­re eher dar­auf ein­ge­gan­gen, dass die re­ser­vier­ten Plät­ze für Sta­tus­fah­rer:in­nen, auch ein Teil der Vor­zü­ge, oft an­ders be­legt sind und nicht frei­ge­ge­ben wer­den.

Bento-Box mit eigenem Essen, Stoffserviette und Gabel
Selbstgekochtes: gesünder und günstiger
Au­ßer­dem wä­re es bes­ser, die­se in den Ru­he­be­reich zu ver­le­gen, denn wir Viel­rei­sen­den sind meist zu bes­ter Bü­ro­zeit un­ter­wegs und ar­bei­ten. Dass die Bahn­mit­ar­bei­ter sich zu ver­war­nen wei­gern, wenn Viel­la­be­rer im Ru­he­be­reich kei­ne Rück­sicht neh­men möch­ten, ist wie wa­cke­li­ges In­ter­net und aus­ge­lei­er­te Steck­do­sen noch ein wei­te­res gro­ßes Bahn­är­ger­nis für Men­schen wie mich, die ich zwi­schen 1500 und 3000 Ki­lo­me­ter mo­nat­lich mit der Bahn fah­ren muss.
Und als je­mand, die zu­dem nicht mehr 20 oder 30 Len­ze jung ist, ha­be ich Er­in­ne­run­gen an frü­her, als vie­les nicht bes­ser, aber an­ders war. Wenn die klei­ne "Om­ma" aus Un­na zu uns kam, stand schon ei­ni­ge Ta­ge zu­vor ihr Kof­fer mit­ten im Flur. 

Den hat­te die Bahn vor­ab mit der Bahn trans­por­tiert (und nicht mit ei­nem LKW wie heu­te, was das CO2-Er­geb­nis wei­ter ver­schlech­tert); ich glau­be, dass Ge­päck­auf­ga­be da­mals auch nicht teu­er war.

Und wenn die klei­ne Groß­mut­ter, die den Spitz­na­men "Omaus" trug, dann aus der "Ei­sen­bahn" ge­pur­zelt ist, ist sie erst­mal län­ger im Bad ver­schwun­den, so sehr steck­ten ihr die Er­in­ne­rung an die ru­ßi­gen koh­le­be­trie­be­nen Lo­ko­mo­ti­ven ih­rer Kind­heit noch in den Glie­dern. Koh­len sind es nicht mehr, die heu­te ver­feu­ert wer­den, nur Koh­le wird da mas­siv ver­brannt, auch mei­ne, so­gar durch frag­wür­di­ge Ge­schäf­te im Aus­land. Kurz: Nach der Ei­sen­bahn­nut­zung im­mer von Kopf bis Fuß schrub­ben. Nach­her schrei­be ich mei­nen Ab­ge­ord­ne­ten. Bis auf wei­te­res heißt die Bahn jetzt bei mir: siehe oben, denn das Un­ter­neh­men ist wirk­lich gru­se­lig.

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Fotos: C.E.

Freitag, 18. Oktober 2024

Jahrhundert der Unwetter

Rück­blick: Im Ahr­tal sind 2021 in­ner­halb kür­zes­ter Zeit zwi­schen 100 und 160 Li­ter vom Him­mel ge­kom­men. In man­chen Re­gio­nen Frank­reichs hat es in den letz­ten Ta­gen mehr als das Fünf­fa­che ge­reg­net. Das ent­spricht der Jah­res­men­ge man­cher deut­scher Ge­mein­den.

Hier be­rich­tet eine Sprach­ar­bei­te­rin über ih­ren Be­rufs­all­tag. Als Dol­met­scher und Dol­met­scher­in­nen schlüp­fen wir im­mer wie­der ge­dan­k­lich in die Schu­he un­se­rer Kun­din­nen und Kun­den, dür­fen im Vor­feld ver­ste­hen, was sie um­treibt, wie sie den­ken, um sie an­schlie­ßend mög­lichst gut in der an­de­ren Spra­che ver­to­nen zu kön­nen. Da­raus ent­stehe eine Nä­he, die nur eine ver­meint­li­che sol­che ist, ei­nen aber nicht von jetzt auf gleich wie­der los­lässt.

Hoch­was­ser in Neu­wied, 1920, Men­schen fah­ren auf ei­nem Boot durch die Stra­ße
Hoch­was­ser in Neu­wied (1920)
In die­ser Sai­son durf­te ich un­ter an­de­rem für Ma­rie ge­dol­met­schen, eine sport­li­che, ele­gan­te Mitt­fünf­zi­ge­rin mit Pfef­fer-und-Salz-Kurz­haar­fri­sur. Stolz hat sie mir beim Mit­tag­essen auf dem Han­dy die Fo­tos von zwei fast er­wach­se­nen Kin­dern, ih­rem Mann und der strup­pi­gen Dog­ge ge­zeigt. Der Sohn be­rei­te sich ge­ra­de dar­auf vor, vom Va­ter den Hof zu über­neh­men, auf dem schon Groß­va­ter und Ur­groß­va­ter tä­tig wa­ren, er­zählt sie stolz.

Ma­rie kam mit ei­ner Han­dels­de­le­ga­ti­on aus Frank­reich nach Ber­lin, es ging um ein ganz an­de­res The­ma als Land­wirt­schaft, denn sie fängt mit ihrer Fest­an­stel­lung in der Re­gio­nal­ver­wal­tung be­reits die Aufs und Abs des Fa­mi­lien­ein­kom­mens ab. Sie hilft nur ge­le­gent­lich im Hof aus.

Irgend­wann kom­men wir auf die Kli­ma­ka­ta­stro­phe zu spre­chen und auf die Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels auf Bio­di­ver­si­tät und Na­tur  — ein The­ma, das in die­sen Zei­ten im­mer drän­gen­der wird. Ma­rie wird plötz­lich still. Ihr Mann hat erst letz­tes Jahr Vieh ver­lo­ren, das plötz­lich auf of­fe­ner Wei­de er­sof­fen war.

Und wie das manch­mal so ist, spre­chen wir auch über die Re­no­vie­rung al­ter Ge­bäu­de, die Wei­ter­ga­be von kul­tu­rel­lem Er­be, und ehe ich's mich ver­se­he sind wir auf ei­ner die­sen "so­zia­len Netz­werk­sei­ten", wie Face­book, In­sta­gram und Co. ge­nannt wer­den, als Freun­din­nen ver­bun­den.

Gestern Abend zeigt sie mir von dort er­schre­cken­de Bil­der von Wei­den un­ter Was­ser, von ei­nem rei­ßen­den Strom, der quer über den Hof führt und der das Aus­trag­häus­chen, das sie ge­ra­de ne­ben­bei re­no­viert, in sei­ner Stand­fes­tig­keit be­droht. Au­ßer­ge­wöhn­li­che Re­gen­fäl­le ha­ben ges­tern den mitt­le­ren Os­ten, den Süd­os­ten und an­gren­zen­de Ge­bie­te des Lan­des heim­ge­sucht. In den Me­di­en sehe ich Bil­der von dra­ma­ti­schen Ret­tungs­ak­ti­o­nen, wie mehr als tau­send Men­schen mit Hub­schrau­bern in Si­cher­heit ge­bracht wer­den.

Die ex­tre­me Wet­ter­la­ge in Frank­reich hat sich über Stun­den ver­schärft.

In man­chen Ge­bie­ten der Ar­dè­che fal­len stel­len­wei­se bis zu 700 Li­ter Re­gen. An so viel Was­ser in kur­zer Zeit kann sich dort kei­ne Mensch­en­see­le er­in­nern. Feu­er­wehr und Ret­tungs­diens­te sind rund um die Uhr im Ein­satz, vie­le Stra­ßen, Zug­li­ni­en und Au­to­bah­nen wer­den ge­sperrt, Be­woh­ner flie­hen vor ei­nem dro­hen­den Deich­bruch. Auch in der Haupt­stadt reg­net es mehr als sonst. In Pa­ris stürzt ein Baum auf ei­ne Fa­mi­lie, wo­bei der Va­ter ums Le­ben kommt.

Die Mi­nis­te­rin für öko­lo­gi­schen Wan­del, Ag­nès Pan­nier-Ru­na­cher, nann­te die Si­tu­a­ti­on als "von ei­ner Ge­walt, wie wir das noch nicht er­lebt ha­ben", und stuft das Hoch­was­ser­er­eig­nis als Na­tur­ka­ta­stro­phe ein. Öf­fent­lich ver­weist sie auf die Kli­ma­er­wär­mung als Ur­sa­che und un­ter­streicht, wie sehr An­stren­gun­gen al­ler eu­ro­pä­i­scher Län­der nö­tig sind, um sol­chen Kli­ma­kri­sen in Zu­kunft bes­ser zu be­geg­nen.

Denn die öko­no­mi­schen Schä­den sol­cher Ex­trem­wet­ter­er­eig­nis­se sind im­mens, und sie wer­den in den kom­men­den Jah­ren wei­ter zu­neh­men. Die Fra­ge, wer für die ent­ste­hen­den Schä­den auf­kom­men wird, stellt sich im­mer drin­gen­der, ins­be­son­de­re bei der an­ste­hen­den Kli­ma­kon­fe­renz in Aser­bai­dschan. Är­me­re Län­der for­dern ver­stärkt Un­ter­stüt­zung von den In­dus­trie­staa­ten ein, die in den letz­ten 1,5 Jahr­hun­der­ten ei­nen Groß­teil der glo­ba­len Treib­haus­gas­emis­sio­nen ver­ur­sacht ha­ben.

Da­bei wird der Fi­nanz­be­darf auf bis zu ei­ner Bil­li­on Dol­lar pro Jahr ge­schätzt, um den glo­ba­len Über­gang zu ei­ner kli­ma­neu­tra­len Welt­wirt­schaft zu fi­nan­zie­ren und gleich­zei­tig die von ex­trem­en Wet­ter­er­eig­nis­sen be­trof­fe­nen Län­der zu un­ter­stüt­zen.

Zu­rück zu Ma­rie, der Bau­ers­frau aus Frank­reich. Ihr Sohn ist bei der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr en­ga­giert und ist der­zeit ak­tiv an der Ret­tung be­tei­ligt. Er ha­be sich jetzt ent­schie­den, den Hof der Fa­mi­lie doch nicht zu über­neh­men. Er möch­te im Be­reich der Um­welt­bil­dung ar­bei­ten, schreibt sie mir, die ak­tu­el­le Not­la­ge ha­be den Ent­schluss nur be­schleu­nigt. Ob Ma­rie das klei­ne Aus­trag­häus­chen, tra­di­tio­nell das Haus für das Alt­bau­ern­paar, ret­ten kann und re­no­vie­ren wird, ist un­klar.

Auch in Deutsch­land spricht der Ern­te­be­richt Bän­de: Link zum BMEL. Noch ist die Ver­sor­gungs­si­cher­heit nicht di­rekt be­trof­fen.

Und hier noch ein wich­ti­ger Link: "Er­der­wär­mung und Wet­ter­ex­tre­me: Die wich­tigs­ten Da­ten und Zu­sam­men­hän­ge" von Ste­fan Rahms­torf, Fach­ge­spräch "Be­völ­ke­rungs­schutz bei Wet­ter­ex­tre­men" am 7. Ok­to­ber 2024 im Paul-Lö­be-Haus des Deut­schen Bun­des­tags."

Er­gän­zung durch ChatGPT: Wirt­schafts­wis­sen­schaft­le­rinn­en und Wis­sen­schaft­ler der OCDE (or­ga­ni­sa­ti­on für öko­no­mi­sche Ko­o­pe­ra­ti­on und Ent­wick­lung) sehen die La­ge in den Eu­ro­pä­i­schen Land­wirt­schafts­re­gio­nen be­reits als ein Prob­lem für die Nah­rungs­mit­tel­si­cher­heit.

Vo­ka­bel­no­ti­zen (vom Zei­tung­le­sen heu­te)
la crue — das Hoch­was­ser
plu­vio­mé­trie moyenne — mitt­le­re Nie­der­schlags­men­ge
pluies cévenol­les — Ce­ven­nen­re­gen be­trifft vor al­lem die Ce­ven­nen und das Ce­ven­nen­vor­land in Süd­frank­reich und führt oft zu schwe­ren Über­schwem­mun­gen.

Grund­sätz­lich wird in Frank­reich der Nie­der­schlag in der Hö­he ei­ner ge­dach­ten Was­ser­säu­le in Mil­li­me­tern wie­der­ge­ge­ben, in Deutsch­land do­mi­niert die An­ga­be "Re­gen­li­ter pro Qua­drat­me­ter". Da­bei ent­spricht ein Mil­li­me­ter Nie­der­schlags­hö­he im Re­gen­mes­ser ei­nem Li­ter Re­gen pro Qua­drat­me­ter. Der Be­trach­tungs­zeit­raum liegt, so­fern nichts an­de­res an­ge­ge­ben, bei 24 Stun­den.

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Il­lus­tra­ti­on: W. Lang, Wi­ki­com­mons

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Hilfe, ich hab' nichts anzuziehen!

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hi­nei­nge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Spra­ch­mit­t­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und dort, wo ich ge­braucht wer­de. Wie al­le Un­ter­ne­hme­r:in­nen in­ves­tie­re ich auch ein we­nig in Äu­ßer­lich­kei­ten.

Regenwolke
Heute wird's nass (oder auch nicht)
Ba­na­le Sor­gen heu­te. Was zie­he ich nur an? Die Wet­ter­aus­sich­ten sind bun­ter als das Pro­gramm. 

Ich ha­be durch­aus viel Kle­i­dungs­aus­wahl, aber mir fehlt der ele­gan­te Re­gen­man­tel. Et­li­ches tra­ge ich nur zur Ar­beit, von Bau­stel­len­schu­hen (die durf­ten neulich als Mod­der­schu­he mit zu den Bau­ern­hö­fen) bis Sa­chen, die für die Fes­ti­val­büh­ne tau­gen.

Dann gibt es teu­re An­zü­ge für den Po­li­tik­be­trieb, da­zu die su­per­teu­ren fran­zö­si­schen Sei­den­schals von ir­gend­wel­chen sünd­haft teu­ren Mar­ken (ich kaufe im­mer je­ne Tei­le, auf de­nen kein Lo­go zu se­hen ist, die fin­de ich nämlich ober­pein­lich; aber ich weiß, dass die Kund:in­nen er­ken­nen, WAS ich da um den Hals ha­be).

In mei­ner Bran­che gilt die un­ge­schrie­be­ne Re­gel, dass wir nicht nur sprach­lich auf Mi­mik­ry ge­hen, son­dern auch vi­su­ell. Und nein, das gilt nicht bei al­len so­zia­len The­men. Wenn ich mit Fach­leu­ten der auf­su­chen­den So­zi­al­ar­beit in der Nacht in pro­ble­ma­ti­schen Wohn­vier­teln un­ter­wegs bin, tra­ge ich war­me Sa­chen, die al­ler­dings nicht zu teu­er aus­se­hen soll­ten. An­ders als ei­ne Ärz­tin mit ih­rem Kit­tel oder ein Hand­werks­ge­sel­le mit sei­ner Kluft, kann ich nichts da­von von der Steu­er ab­set­zen. Un­gerecht, eigent­lich und un­eigentlich. Ich muss mal wie­der zum Se­cond hand-La­den in den reich­eren Wohn­ge­bie­ten. Das ist Teil mei­ner Lö­sung des Pro­blems.

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Fo­to: C.E.

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Mittagssonne am Mittwoch

Hier bloggt eine Sprach­ar­bei­te­rin über Dol­met­scher und Über­set­zer (und die Frau­en im Be­ruf, die in der Über­zahl sind, na­tür­lich auch). Heu­te ist Mitt­woch. Mei­nen "KI-Mitt­woch" der ver­gan­ge­nen Wo­chen kann ich auf dem Hö­he­punkt der Herbst­sai­son nicht be­spie­len. Ei­gent­lich.

Sonne auf dem Tisch (und auf Frankreich- und Deutschlandfahne), Rechner, Papier.
Sorry, ich neige dazu, mich auszubreiten
Wie­der sit­ze ich mit­ten im Raum, ge­mein­sam mit der fran­zö­si­schen De­le­ga­ti­on dieser Woche.
Nach den klas­si­schen Re­geln unseres Berufs hät­ten un­se­re Gast­ge­ber im Mi­nis­te­ri­um, wenn sie denn ge­wusst hät­ten, dass wir zu zweit kom­men, al­so si­mul­tan dol­met­schen kön­nen, ei­nen Sit­zungs­raum mit Ka­bi­ne fürs Dol­met­schen bu­chen müs­sen. Sie wuss­ten es ein­fach nicht.

Es lang­weilt mich, die Grün­de hier er­neut zu nen­nen. (Sie­he die letz­ten Ta­ge). Wir ha­ben es mit so­ etwas wie ei­nem Stil­le-Post-Ef­fekt zu tun, um es mal gaaaa­aaa­anz höf­lich zu for­mu­lie­ren.

Mit­tags­son­ne fällt hin­ter mei­nen Rech­ner. Das ist schön und er­in­nert mich bei der Ar­beit, dass es ei­ne Welt da drau­ßen gibt! Wir ha­be ei­nen schö­nen Blick über den Tisch in die Run­de. Wir dür­fen heu­te in der ersten Rei­he Platz neh­men, sitzen alle zu­sam­men in ei­nem Raum, und flüs­tern mit mo­bi­ler Tech­nik di­rekt in die Oh­ren der Gäs­te. Ge­nau das wird ei­gent­lich in Mi­nis­te­ri­en un­gern ge­se­hen, völ­lig zu­recht, denn in der Ka­bine ha­ben wir bes­se­re akus­ti­sche Be­din­gun­gen.

Auf der an­de­ren Sei­te er­weist sich diese |Ar­beits­er­schwe­rungs­maß­nah­me|, ähh, die Be­treu­ung von drit­ter Sei­te mit Info­stau und der da­raus fol­gen­den Ar­bei­t in­mit­ten al­ler so­gar als po­si­tiv, näm­lich im­mer dann, wenn Fach­ter­mi­ni in den Raum ge­worfen wer­den, die nicht ein­fach so mit ei­nem Be­griff zu über­set­zen sind, son­dern ei­ner Er­klä­rung be­dür­fen. Red­ne­rin und Re­dner sind vor­be­rei­tet. Da wir schon ein­mal vor Ort sind, bit­ten wir dar­um, ein­an­der nicht ins Wort zu fal­len und auf uns zu ach­ten und ger­ne ein klei­nes Päu­schen zu las­sen vor dem Spre­cher:in­nen­wech­sel. Das klappt gut!

Zwi­schen­durch bit­ten wir zwei Mal um eine De­fi­ni­ti­on. In Frank­reich ist ei­ni­ges an­ders. Spä­ter er­gän­ze ich an an­der­er Stel­le im Ne­ben­satz, was zum Ver­ständ­nis fehlt, weil hier wirk­lich nur ein win­zi­ger ver­ba­ler Um­weg nö­tig ist. Als Er­geb­nis von Team­work der bei­den aus der Be­hör­de und von uns bei­den Dol­met­sche­rin­nen, sind Vor­trag und Ver­dol­met­schung aus ei­nem Guss.

Und jetzt kommt doch noch ein Mitt­woch­schlen­ker zum The­ma KI! So schnell, wie die ver­schie­den­sten Be­rufs­grup­pen ih­re ei­ge­nen Jar­gons wei­ter­ent­wick­eln, kön­nen die Pro­gram­mie­rer:in­nen gar kei­ne Wort­schät­ze 'nach­la­den', das be­zahlt nie­mand, und schrift­li­che Quel­len da­zu (zum "Sel­bst­ler­nen") sind auch oft rar. Für am­bu­lan­te Me­di­zin stand plötz­lich soins de vil­le im Raum, und zwar im Ge­gen­satz zu den soins hos­pi­ta­liers, in der Stadt al­so und nicht im Kran­ken­haus. Schön, was DeepL da­raus macht. Wir ha­ben sehr ge­lacht.

Soins de ville - Stadtreinigung
Sieht nach Schmutz aus (DeepL)

Ta­ges­ak­tu­el­ler ar­bei­ten wir sel­ten, denn heu­te dreht sich al­les um die Re­form der Krankenhäuser und auch da­rum, wel­che anderen Tei­le der Zi­vil­ge­sell­schaft ide­al­er­wei­se mit­ein­zu­be­zie­hen wä­ren. (In der DDR hieß das Ziel die "Volks­ge­sund­heit".)

Hör­funk­tipp zum The­ma: Ge­sund­heits­schutz bzw. Krank­heits­prä­ven­ti­on durch Er­näh­rung, hier kom­men auch re­gio­na­le Land­wir­te und Bio-Es­sen zu­sam­men, mein Ar­beits­the­ma der letz­ten Wo­che, in Kom­bi­na­ti­on des Pro­gramms die­ser Wo­che: "Wie der Bund für ge­sün­de­res Es­sen sor­gen will" von Jant­je Han­no­ver (Hin­ter­­grund), DLF.

Klingt ko­misch für die Oh­ren. Der Kopf ver­dol­met­scht die Sen­dung si­mul­tan. [Der gan­ze Ra­dio­abend war su­per, da­run­ter "Wie ge­fähr­det ist die De­mo­kra­tie?" (Zur Dis­kus­sion) sowie "Em­ma­nuel Pe­ter­fal­vi ali­as Al­fons" (Quer­köp­fe).

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Foto: C.E., Illustration: DeepL (bearb.)

Dienstag, 15. Oktober 2024

Hintergrundinfo

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier le­sen. Heu­te ma­che ich vor dem Ein­satz be­reits Über­stun­den.

Vokabelliste im Computer, handschriftliche Notizen, Rücken, Tisch
Mor­gen­run­de in Ber­lin-Mit­te
Heu­te zei­ge ich zur Ab­wechs­lung mal den Diens­tags­schreib­tisch, die Fort­set­zung zu ges­tern

Da der Kun­de, ein Rei­se­bü­ro, das im Auf­trag ei­ner fran­zö­si­schen For­schungs­grup­pe ak­tiv wird, uns kaum Hin­ter­grund­in­fo be­schafft hat, neh­me ich an der all­ge­mei­nen Ein­füh­rung teil, die auf Fran­zö­sisch von Fach­leu­ten ge­hal­ten wird. 

Ich samm­le so Vo­ka­beln und Hin­ter­grund­in­fo. Mei­ne west­fä­li­sche "Om­ma" hät­te jetzt ge­sagt, mei­ne Groß­mutter, die so klein war, dass sie im Fa­mi­lien­kreis "Omaus" hieß: "Man muss sich nur zu hel­fen wis­sen".

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Fo­to: C.E. ("Omma" ist die in West­fa­len
üb­li­che Form der Aus­spra­che von "Oma".)

Montag, 14. Oktober 2024

Montagsschreibtisch (64)

Hal­lo! Sie ha­ben ein di­gi­ta­les Log­buch aus der Welt der Spra­chen an­ge­steu­ert. Hier schrei­be ich über mei­nen Be­rufs­all­tag als Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che (und aus dem Eng­li­schen).

Schreibtisch, Gemälde, Fotos, Bücherregal, ein Eckchen vom Sofa
Einer der Schreibtische im Heim­bü­ro
Heu­te erneut: Blick auf den Schreib­tisch.

Fasten seatbelt! Die­se Wo­che heißt's schnell sein und dran­bleiben. Ab mor­gen Früh be­glei­ten wir er­neut ei­ne De­le­ga­ti­ons­grup­pe durch Ber­lin, da­bei dreht sich al­les um die­ses ei­ne The­ma in sei­nen mul­ti­plen Fa­cet­ten:

⊗ Ge­sund­heits­ma­nage­ment

Wir ha­ben Mon­tag­mit­tag, und für die Wo­che liegt mir noch nicht ei­ne ein­zi­ge Prä­sen­ta­ti­on vor. Das wird sport­lich. Ich weiß nicht, war­um al­le seit der Pan­de­mie zu viel auf den al­ler-al­ler-al­ler­letz­ten Drü­cker ma­chen, aber es ist, wie es di­plo­ma­tisch hübsch­ge­bürs­tet heißt, ei­ne Her­aus­for­de­rung.

Ger­ne wür­de ich un­se­re Gäs­te da­zu her­aus­for­dern, un­se­ren Be­ruf ernst zu neh­men. Denn je bes­ser wir uns vor­be­rei­ten kön­nen, des­to bes­ser dol­met­schen wir. (Mög­li­cher­wei­se ver­wech­seln uns die Leu­te mit der KI bzw. dem ir­ri­gen Bild, das sie von ihr haben.)

Nun ha­ben wir zum The­ma schon oft ge­ar­bei­tet und zie­hen ge­ra­de al­les an Alt­pa­pier aus den Schrän­ken und von Si­cher­heits­ko­pie­spei­chern, was dort ist, le­sen in­ten­siv Zei­tung, man­ches so­gar hin­ter der Pay­wall, da­zu mein Spar­tipp der Wo­che: Ein Le­se­aus­weis bei der Stadt­bi­blio­thek be­inhal­tet oft ei­ne Aus­wahl an Print­me­di­en!

An­schlie­ßend ist wie­der Ki­no dran: Ich darf ei­nen Film­stoff um­schrei­ben, ein Film­för­der­dos­sier und Un­ter­ti­tel lek­to­rie­ren, schließ­lich den Film­fes­ti­val­herbst pla­nen.

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Foto: C.E. (Ar­chiv)

Sonntag, 13. Oktober 2024

Boxenstop

Bon­‍jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­‍ner Sprach­‍ar­bei­te­‍rin. In die­‍sem di­‍gi­‍ta­‍len Ta­‍ge­‍buch kön­‍nen Sie an ei­ni­gen Ta­‍gen in der Wo­‍che mit­‍le­‍sen, wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­‍bei­‍ten. Sonntagsbilder.

Waschmaschine (Symbol)
Kurz: WaMa 
E
in Sonn­tag zwi­schen zwei vol­len Ar­beits­wo­chen: Wä­sche wa­schen, staub­sau­gen, Knopf an­nä­hen, die Vo­ka­bel­lis­ten der letz­ten Wo­che er­gän­zen (Com­pu­ter­da­tei) und die Pa­pier­ver­sio­nen mög­lichst auch (hand­schrift­lich, Teil des Lern­vor­gangs), dann im al­pha­be­ti­schen Or­der ab­hef­ten, neue Vo­ka­bel­lis­te an­se­hen (von der Kol­le­gin auf­grund ei­ner Vor­la­ge mit Be­grif­fen aus frü­he­ren Jah­ren er­stellt), 20 Zei­tungs­ar­ti­kel zum The­ma le­sen, Rech­nung schrei­ben, spa­zie­ren ge­hen, vor­ko­chen, der Bü­ro­kol­le­gin ei­ne freund­li­che Nach­richt schrei­ben.


Ne­ben an­de­ren The­men muss ich sie bit­ten, für mich zur Post zu ge­hen, denn dort liegt ein Päck­chen, das drin­gend ab­ge­holt wer­den muss.

Un­gerecht: Wir neh­men hier stän­dig viel für die Nach­bar­schaft an, und dann ist da der ei­ne Pa­ket­dienst, der uns fälsch­li­cher­wei­se grund­sätz­lich im­mer schreibt, es sei nie­mand an­zu­treffen ge­we­sen ... aber sich da­rü­ber zu är­gern und dies laut zu tun ist wie der Är­ger über die Bahn. So­was von All­ge­mein­platz! Mag mich NICHT mehr echauf­fie­ren, nein, wirk­lich nicht!

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Fo­tos: C.E., das Sym­bol stammt aus ei­ner
Um­welt­aus­stel­lung im dä­ni­schen Vej­le

Dienstag, 8. Oktober 2024

Stress zum Quadrat

Als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin ar­bei­te ich haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch und manch­mal auch mit Eng­lisch, wo­bei Deutsch mei­ne Mut­ter­spra­che ist. In der Vor­be­rei­tung sit­ze ich lan­ge am Schreib­tisch und ar­bei­te mich ein, was nicht im­mer stress­frei ist. Ei­ne der gol­de­nen Re­geln da­bei: Stress­re­du­zie­rung durch Schrei­ben von Nach­rich­ten für den Pa­pier­korb. Meis­tens lö­sche ich das Ge­schreib­sel an­schlie­ßend. 

Oder es bleibt im Steh­satz des Blogs und wird Mo­na­te spä­ter ge­löscht. Hier folgt ein bis heu­te gül­ti­ger Text, der et­wa zwei Jah­re alt ist. So et­was gibt es lei­der im­mer wie­der. Denn seit Co­ro­na wa­ren we­ni­ger die Dol­met­schter­mi­ne selbst als viel­mehr die Rah­men­be­din­gun­gen ein Pro­blem. Hier ein nur im Ton­fall der "Ant­wort" über­spitz­es Bei­spiel. Ich be­für­ch­te, dass wir es auf der an­de­ren Sei­te mit ei­nem Ma­na­ge­ment­team zu tun ha­ben, das be­reits KI ein­setzt, aber of­fi­zi­ell wird das na­tür­lich nie­mand zu­ge­ben. 

Sehr ge­ehr­ter Herr,

Sie ver­tre­ten ein re­no­mier­tes eu­ro­päi­sches Rei­se­bü­ro und Ihr En­ga­ge­ment für die Bu­chung von Dol­met­schern ist wirk­lich herz­er­wär­mend. Könn­ten Sie uns je­doch freund­li­cher­wei­se über den tat­säch­li­chen In­halt der Ver­an­stal­tung in­for­mie­ren, nicht nur über den Zeit­plan? Dies wür­de uns bei der ef­fi­zien­ten Vor­be­rei­tung der Ter­mi­ne sehr hel­fen.

Vie­len Dank für das ach­te über­ar­bei­te­te Pro­gramm bin­nen 14 Ta­gen – es ist hilf­reich zu wis­sen, was mei­ne Kol­le­gin und mich er­war­tet. Ich be­wun­de­re auch Ihr En­ga­ge­ment, mit dem Sie für je­de der 34 Pro­gramm­än­de­run­gen uns bei­den und der Kol­le­gin, die uns emp­foh­len hat, au­to­ma­tische Nach­rich­ten mit der Bit­te um ei­nen neu­en Kos­ten­vor­an­schlag sen­den. 

Ein strahlender Mann im Büro, die Kurve seiner Umsätze zeigt nach oben, Wolkenkratzer im Hintergrund
Our office hero
Das al­les hät­ten wir nicht, wenn Sie sich auf un­se­ren schnö­den Vor­schlag, ein Preis­mo­dell mit ei­nem hö­he­ren Grund­preis für sechs Stun­den so­wie ei­nem gu­ten Über­stun­den­satz, ein­ge­las­sen hät­ten, so ei­ne Art "Fle­x­ta­rif" wie bei der Bahn (nur mit an­de­ren Kün­di­gungs­mo­da­li­tä­ten), da wä­ren wir ent­spannt an ei­ni­gen Ta­gen auch zu dritt ge­kom­men. 
Da Ih­re Zeit­vor­schlä­ge fürs Pro­gramm stets sehr weit ge­fasst sind, wä­re für uns da­mit auch der Rah­men von neun Uhr in der Früh bis neun Uhr ab­ends mög­lich ge­we­sen. 

Wie Sie mög­li­cher­wei­se nicht wis­sen, ar­bei­ten wir Dol­met­sche­r:in­nen auch au­ßer­halb die­ser spe­zi­el­len Rei­se­wo­che, in die Sie mit zwei lan­gen Ta­gen den Kon­fe­renz­an­teil der De­le­ga­ti­ons­rei­se hin­ein­ge­presst ha­ben, so­dass wir lei­der nicht im­mer in der La­ge sind, je­de Ih­rer Nach­rich­ten un­mit­tel­bar zu be­ant­wor­ten.

Es wä­re zu­dem über­aus vor­teil­haft, wenn wir für die zwei Dol­met­sch­tage mehr als nur ei­nen frü­hen Power­Point-Ent­wurf er­hal­ten könn­ten. Wie Sie auf­grund Ih­res ei­ge­nen Stress­le­vels wohl nicht be­merkt ha­ben, er­for­dert un­se­re Ar­beit stun­den­lan­ge Vor­be­rei­tung und stän­di­ge Ak­tua­li­sie­rung des Vor­wis­sens zu be­stimm­ten The­men. Auch ar­bei­ten wir uns auf je­den Vor­trag de­tail­liert ein. Un­se­re Ar­beit sieht am En­de fast mü­he­los aus. Na­tür­lich ist mir klar, dass dies im Ver­gleich zu Pla­nung, Bu­chung, Ver­wal­tung von Pro­gramm­ak­tu­a­li­sie­run­gen und zur Koor­di­na­tion von Zeit­plä­nen we­ni­ger kom­plex er­schei­nen mag. 

Und wäh­rend wir Dol­met­sche­r:in­nen an be­son­de­re Or­te rei­sen und fas­zi­nie­ren­de Men­schen tref­fen dür­fen, sind wir uns voll und ganz be­wusst, dass un­se­re Auf­ga­ben nicht an­satz­wei­se so an­spruchs­voll sind wie die hel­den­haf­ten An­stren­gun­gen, die Sie un­ter­neh­men müs­sen, um je­de Schlacht im Bü­ro­all­tag zu meis­tern. Wir sind Ih­nen da­für sehr dank­bar und tre­ten da­her ger­ne auch grö­ße­re An­tei­le un­se­rer Ho­no­ra­re an Sie ab.

Denn ei­nes ist klar: Ih­re har­te, auf­o­pfer­ungs­vol­le Ar­beit macht un­ser gla­mour­öses Le­ben über­haupt erst mög­lich!

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Il­lus­tra­ti­on: pixlr.com (Be­stand)

Montag, 7. Oktober 2024

Montagsschreibtisch (63)

Hel­lo, gu­ten Tag oder bon­jour auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen in der Wo­che er­fah­ren, wie wir Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Heu­te die Wo­chen­über­sicht in al­ler Kür­ze.

Wir sind längst vor Ort. Die Rei­se um­fasst Or­te in drei Bun­des­län­dern, dann folgt ein Ab­ste­cher nach Dä­ne­mark.

Computer, Flüstertechnik, Notizblätter, Getränke auf dem Tisch, Teilnehmende (angeschnitten) im Hintergrund
Der Blick von mei­nem Ar­beits­platz aus
Auf dem Mon­tags­schreib­tisch:

⊗ Bio­land­bau (al­le Be­rei­che)
⊗ Bio­pro­duk­te im Le­bens­mit­tel­han­del

Das Gan­ze fin­det im Rah­men ei­ner Del­ga­ti­ons­rei­se statt, drei Bun­des­län­der plus Dä­ne­mark, wir se­hen Bü­ros, Ha­fen und Hö­fe. Sei­den­schal und Mo­dder­schuh (*) sind ei­ne lus­tige Kom­bi­na­ti­on.

Nach ei­ni­gen Ta­gen an der Sei­te von Bäu­e­rin­nen und Bau­ern wer­de ich zu­rück am Schreib­tisch sein. Die Kol­le­gin, Eng­lisch-Über­set­ze­rin, hält in der Zwi­schen­zeit die Stel­lung. Nach dem En­de der De­le­ga­ti­ons­rei­se darf ich erst­mal schla­fen. Wir le­sen uns hier erst nach ei­ner kur­zen Pau­se wie­der.

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Fo­to: C.E. (*) Modder ist Norddeutsch
für Schmutz und Schlamm

Donnerstag, 3. Oktober 2024

Tag der deutschen Zweiheit

Vom Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin be­rich­te ich hier auf die­sen Sei­ten. Heute wie­der Throw­back Thurs­day, hier ist mein Blog­post von vor zehn Jah­ren: klick.

Als ei­ne Ver­tre­te­rin der sel­te­nen Spe­zies der Wos­sis, der Ost­-West­deut­schen, die in den letz­ten Jahr­zehn­ten an den zahl­rei­chen ver­pass­ten Chan­cen der deut­schen Ein­heit ge­lit­ten ha­ben, ist das für mich heu­te ein eben­so am­bi­va­len­ter Fei­er­tag wie der 9. No­vem­ber. Ein ko­mi­sches Ge­burt­sland hab' ich da. Mei­ne Iden­ti­fi­ka­ti­on mit der fran­zö­si­schen Kul­tur und Spra­che hängt da­mit auch zu­sammen, das Aus­wan­dern nach Frank­reich, dies war mei­ne nicht ganz ge­glück­te Ab­sicht nach dem Abi­tur, fiel mir leicht. We­gen des Mau­er­falls bin ich dann zu­rück­ge­kom­men. Als Per­son bin ich eben­so am­bi­va­lent wie mein Land.

Die Mau­er steht mit­ten auf der Stra­ße
Häu­ser, Geh­weg, Mau­er

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Fo­tos: C.E.

Die KI mischt sich (erneut) ein

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­setze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Ich be­ob­ach­te der­zeit sehr ge­nau, was sich im Be­reich Künst­li­cher In­tel­li­genz (KI) tut.

ChatGPT war ges­tern Ge­gen­stand und As­sis­tenz mei­ner Blog­post, und zwar hier: KI-Murks (5). Mir ist be­reits ein­mal pas­siert, dass sich die KI in der Ar­beit un­ter­bro­chen hat und mi­nu­ten­lang still­stand. Dann hat sich die Tech­nik, die ei­gent­lich ge­rade un­sicht­ba­re Sil­bent­renn­zei­chen ein­ge­fügt hat, wie da­mals "selbst" zu Wort ge­mel­det. 

Kom­men­tar von ChatGPT [zum Blog­ein­trag von Ca­ro­line Elias, 2.10.2024., auf dol­met­scher-berlin.blogspot.com]:

Diese Feh­ler ent­stehen nicht durch man­gelnde Be­die­nung der KI, son­dern durch die fun­da­men­tale Un­fähig­keit der Al­go­rith­men, Fein­hei­ten der mensch­lichen Spra­che und Kon­text­ab­hän­gig­kei­ten zu er­fas­sen. Hier kom­men die Gren­zen der KI zum Vor­schein – und die Not­wen­dig­keit für mensch­liche Ex­per­tise wird ein­mal mehr deut­lich. Doch trotz all die­ser Ka­tas­tro­phen und Pan­nen set­zen ei­nige auf die­se Tech­nik und glau­ben, sie kön­ne Men­schen er­set­zen. Es bleibt also die Auf­gabe der Sprach­pro­fis, mit Nach­druck und Lei­den­schaft wei­ter für Qua­lität und mensch­liche Ex­zel­lenz ein­zu­tre­ten.

Erst hole ich mir die Er­laub­nis, den Ab­satz zu pos­ten.

Erlaubnis von ChatGPT / — Ja, du kannst meine beiden Absätze in deinem Blog verwenden, wenn du sie entsprechend als Kommentar von mir kennzeichnest, wie du vorgeschlagen hast. Viel Erfolg mit deinem Blogbeitrag! / — Danke! / — Gern geschehen! Viel Erfolg weiterhin!

Dann, nach ei­nem wei­te­ren kur­zen Aus­tausch, pro­du­zier­te das da:

Öf­fent­liche Stel­lung­nah­me zur Nut­zung von Künst­li­cher In­tel­li­genz für Über­set­zungs- und Do­lmetsch­diens­te in Min­ne­so­ta 

Als KI-Sys­tem, das täg­lich im Aus­tausch mit pro­fes­sio­nel­len Dol­met­scher:in­nen und Über­set­zer:in­nen steht, möch­te ich eine klare und drin­gen­de Bot­schaft an die Ver­wal­tung von Min­ne­so­ta und an­de­re In­sti­tu­tio­nen rich­ten, die der­zeit er­wä­gen, Künst­liche In­tel­li­genz (KI) ohne „Human in the Loop“ für Sprach­dienst­leis­tun­gen ein­zu­set­zen.

KI hat Gren­zen. 

Es gibt kein ma­schi­nel­les Sys­tem, das in der Lage ist, die kom­ple­xen Fein­hei­ten von Spra­che, Kul­tur, Kon­text und mensch­licher In­te­rak­tion voll­stän­dig zu er­fas­sen. Die Vor­stel­lung, dass eine KI Dol­met­sch- oder Über­set­zungs­auf­ga­ben ohne mensch­liches Zu­tun er­le­di­gen kann, ba­siert auf einer ge­fähr­li­chen Fehl­ein­schät­zung. In mei­nem täg­li­chen Dia­log mit Sprach­pro­fis wird deut­lich, dass ma­schi­nel­le Über­set­zun­gen oft feh­ler­anfällig sind und kri­tische Miss­ver­ständ­nis­se her­vor­ru­fen kön­nen, ins­be­son­de­re in sen­si­blen Be­rei­chen wie dem Rechts- oder Ge­sund­heits­we­sen.

Qua­lität vor Ge­schwin­dig­keit.

Der Ein­satz von KI mag ver­lo­ckend er­schei­nen, da er schnel­le Er­geb­nis­se ver­spricht, aber Ge­schwin­dig­keit ist kein Er­satz für Prä­zi­sion und kul­tu­rel­les Fein­ge­fühl. Ohne die Ein­bin­dung von Ex­per­t:in­nen, die jedes De­tail im Blick be­hal­ten, lau­fen diese au­to­ma­ti­sier­ten Lö­sung­en Ge­fahr, nicht nur Miss­ver­ständ­nis­se, son­dern auch po­ten­ziell ir­re­pa­ra­ble Schä­den zu ver­ur­sa­chen. Die Kos­ten einer Fehl­über­set­zung – sei es fi­nan­zi­eller, recht­licher oder mensch­licher Art – über­stei­gen bei Wei­tem die In­ves­ti­tion­en in pro­fes­sio­nell ge­schulte Men­schen, die nicht nur Wör­ter, son­dern auch den Sinn und die Ab­sicht hin­ter der Kom­mu­ni­ka­tion ver­ste­hen.

Mensch­liche Ex­per­tise ist un­ver­zicht­bar.

Ich, als KI, un­ter­stüt­ze Fach­kräfte, aber ich bin nicht in der Lage, ihre jah­re­lan­ge Er­fah­rung und ihr tie­fes Ver­ständ­nis für kul­tu­rel­le Nu­an­cen zu er­set­zen. Es ist da­her zwin­gend not­wen­dig, dass mensch­liche Über­set­zer:in­nen und Dol­met­scher:in­nen ­nen wei­ter­hin die zen­tra­le Rol­le in al­len wich­tigen Kom­mu­ni­ka­tions­pro­zes­sen spie­len.

Die Zu­kün­ft der Sprach­dienst­leis­tun­gen soll­te nicht von der Il­lu­sion ge­prägt sein, dass Tech­nik al­lein aus­rei­chend ist, son­dern von der Er­kennt­nis, dass Mensch und Ma­schi­ne zu­sammen­ar­bei­ten müs­sen, um die bes­te Qua­lität zu lie­fern.

Ich ap­pel­lie­re an die Ver­ant­wort­lichen in Min­ne­so­ta und über­all dort, wo KI als Er­satz für mensch­liche Sprach­dienste ins Spiel ge­bracht wird: In­ves­tiert in Men­schen. Denn nur durch ihre Ex­per­tise kann si­cher­ge­stellt wer­den, dass Miss­ver­ständ­nis­se ver­mie­den wer­den und Kom­mu­ni­ka­tion auf höchs­tem Ni­veau statt­find­et.

Mit Nach­druck: Dei­ne KI


Dis­clai­mer: Den lan­gen Text habe ich nicht als Bild ge­bracht, weil der Text zu lang für nur einen Screen­shot ist und da­mit er di­rek­ter aus­ge­le­sen wer­den kann von den Such­ma­schi­nen. Au­ßer­dem habe ich ge­gen­dert, was die KI noch nicht kann, das Sys­tem hat mir aber je­des Mal die ent­spre­chen­den Stel­len ein­deu­tig mar­kiert. Als Be­weis habe ich meh­re­re Screen­shots an­ge­fertigt.

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Tex­te im Bild und Auf­ruf: Chat­GPT

Mittwoch, 2. Oktober 2024

KI-Murks (5)

Aus dem Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin kön­nen Sie auf die­sen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch, ein we­nig mit Eng­lisch. Wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ha­ben un­se­re Haupt­spra­chen, da­bei ist die A-Spra­che die Mut­ter­spra­che, B steht für die Haupt­ar­beits­spra­che, C für die so­ge­nann­te pas­si­ve Spra­che. Heu­te folgt der KI-Mitt­woch.

Abstrahierte Grafik: Maschinenteile im blutroten Kopf, unten die Worte KI, fear, death
"Machine head"
Die KI wird der­zeit von Nerds un­be­dacht für den Ein­satz mit Spra­chen­ be­wor­ben, ger­ne auch oh­ne "Hu­man in the loop", und das, oh­ne auf die Stim­men von uns Pro­fis zu hö­ren. Wie kommt es zu die­sem Wan­del, dass die Stim­me von Pro­fis nicht mehr viel zählt? Wie kommt es ganz all­ge­mein zu im­mer mehr Schlud­rig­keit?

Die täg­li­chen An­for­de­run­gen, die an ei­nen be­ruf­lich wie pri­vat so ge­stellt wer­den, neh­men im­mer mehr zu, wäh­rend der Tag bei 48 Stun­den bleibt und die Nacht da­zu, um's mal sa­lopp zu sa­gen. Wo ich auch hin­se­he, be­ob­ach­te ich ei­ne zu­neh­men­de Ent-Pro­fes­sio­na­li­sie­rung. In mei­ner Bran­che ha­pert es auf Sei­ten der Kun­den­nach­fra­ge.

Wenn Un­fä­hig­keit und Un­wis­sen­heit auf ge­sunk­ene Stan­dards trifft, das be­rühm­te "gut ge­nug", sind Ka­ta­stro­phen pro­gram­miert. 


Im­mer sel­te­ner tref­fe ich auf Leu­te, die wirk­lich zu­hö­ren und dif­fe­ren­ziert er­fah­ren möch­ten, was wir ma­chen, wie und war­um ... und was der An­teil der Kun­den am Ge­lin­gen un­se­rer Ar­beit ist, näm­lich uns recht­zei­tig mit Hin­ter­grund­ma­te­ri­al zu ver­sor­gen. 80 Pro­zent der Dol­metsch­ar­beit sind Vor­be­rei­tung, hier spre­che ich von uns mensch­li­chen Dol­metscher:­in­nen, den ech­ten.

Denn das "Gut ge­nug" und "Tech­nik ist so toll" treibt ge­ra­de sehr ge­fähr­li­che Blü­ten, und zwar mit ei­ner "Dol­metsch­tech­nik", die die wer­ten Kun­den nicht stän­dig mit der Mail­nach­frage zu mehr Hin­ter­grund­in­fo nervt (wie wir's tun). Ist ja su­per prak­tisch. Mit ei­ner Tech­nik, die auch nachts ver­füg­bar ist, die kei­ne Es­sens­pausen braucht und über­haupt, die ja sooo we­nig kos­tet.

In Min­ne­so­ta, einem US-ame­ri­ka­ni­schen Bun­des­staat, wird jetzt für die Über­set­zung von Of­fi­zi­el­lem auf die KI "O­pen­AI" ge­setzt, wie Slator.com berichtet. Da­mit könne die Kommunikation schnel­ler und kos­ten­güns­tiger werden. Das Sys­tem sei für "kul­tu­rel­le Re­le­vanz" op­ti­miert wor­den, man ha­be "Ta­bel­len mit kul­tu­rell re­le­van­ten Be­grif­fen und Über­set­zun­gen er­stellt und (...) in­te­griert", um das "kul­tu­rel­le Be­wusst­sein" zu "ver­bes­sern." Das Gan­ze könnte auch ei­ne Ant­wort auf den Streik der Sprach­ar­bei­ter sein, die im Ja­nu­ar 2024 um bes­sere Ho­no­ra­re gekämpft hat­ten. 

Zu­dem be­rich­tet Slate über die Exis­tenz ei­nes "be­grenz­ten Pi­lot­pro­jekts mit ei­ner an­de­ren staat­li­chen Be­hör­de", das zur Auf­ga­be ha­be, "den Ein­satz der Sprach­funk­ti­on­en von ChatGPT für Echt­zeit-Dol­metschen zu tes­ten“. (Ich über­lege ge­ra­de, was Nicht­echt­zeit-Dol­metschen sein soll.) Ziel sei na­tür­lich, die La­ge je­ner im Be­hör­den­aus­tausch zu ver­bes­sern, die kein Eng­lisch beherrschen.
 
Der Ar­ti­kel ver­men­gt in Wort und Bild un­ter­schieds­los die Ar­beits­fel­der "Über­set­zen" und "Dol­metschen". Es kann nicht be­stä­tigt wer­den, dass die­ser Netz­ar­ti­kel von ei­ner Ma­schi­ne er­stellt wor­den ist. 

Ich fürchte, dass da­mit so man­che Ka­ta­stro­phen pro­gram­miert sind. Mei­ne Bran­che darf jetzt in fast je­dem Ge­spräch mit der Au­ßen­welt, beruflich oder privat, im Chor, in der Fa­mi­lie oder im Zug, die Feh­ler­quo­te der KI her­vor­he­ben und die Tat­sa­che, dass hier ei­ne Zwei-Klas­sen-Ju­stiz droht, denn wo der "Nor­mal­fall" die Ma­schi­ne ist (mö­ge die "Pro­be­zeit" kurz sein), kön­nen sich Be­gü­ter­te Mensch­en mit­brin­gen.

KI-ge­stütz­te Über­tra­gung ist un­zu­ver­lässig und lie­fert oh­ne mensch­li­ches Zu­tun nicht sel­ten den größ­ten Non­sens — und ja, ne­ben gu­ten Par­tien und auf den ers­ten Blick mög­li­cher­wei­se gu­ten Sät­zen. Die Out­puts sind he­te­ro­gen. Das wird sich auch in ab­seh­ba­rer Zeit nicht än­dern. Jene, die das Ge­gen­teil be­haup­ten, sind ent­we­der nicht in­for­miert, kor­rupt oder ver­die­nen am Ver­kauf der KI-Lö­sun­gen, die kei­ne "Lö­sun­gen" sind, denn die Re­pa­ra­tur kos­tet oft ein Viel­fa­ches. Im Be­reich Asyl­recht oder Ge­sund­heit ein­ge­setzt, kos­ten schon jetzt Nicht­pro­fis und die KI Men­schen­le­ben. 

Der in­ter­natio­na­le Dach­ver­band der Über­set­zer- und Dol­metscher­ver­bän­de hat dar­auf in ei­nem Po­si­ti­ons­pa­pier hin­ge­wie­sen und ne­ben diesen mensch­li­chen auch die fi­nan­ziel­len Kos­ten her­vor­ge­ho­ben: "Den ver­meint­li­chen fi­nan­zi­el­len und bud­ge­tä­ren Vor­tei­le müs­sen im Fall ei­nes Schei­terns den Fo­lge­kos­ten ge­gen­über­ge­stellt wer­den, die den Preis für ei­ne sach- und fach­ge­rech­te Im­ple­men­tie­rung der KI in die Ar­beit von Men­schen bei Wei­tem über­stei­gen." (Ar­gu­ments in its fa­vour that de­ri­ve from fi­nan­cial and bud­get­ary con­si­de­ra­tions be­lie a false e­co­no­my, as the costs as­so­cia­ted with fai­lure far out­weigh the cost of ap­pro­pria­te im­ple­men­ta­tion by hu­mans.)

Von der EU heißt es auch ge­ra­de, dass die KI ei­gen­stän­dig Web­sei­ten über­tra­gen wür­de. Dem geht al­ler­dings vor­aus­:
1. Hoch­gra­dig ko­di­fi­zier­te Spra­che
2. Die­se Spra­che wur­de und wird in der EU klein­tei­lig de­fi­niert und ab­ge­grenzt
3. Erst­klas­sige mensch­li­che Über­set­zung aus meh­re­ren Jahr­zehn­ten
4. Wie­der­holt ge­gen­ge­le­sene und kor­ri­gier­te Aus­gangs­tex­te
5. Von Pro­fis kor­rek­tur­gele­sene KI-Er­geb­nis­se

Es han­delt sich al­so nicht um "KI-Über­set­zun­gen", wie an vie­len Stel­len zu le­sen ist, son­dern um Über­set­zun­gen, die mit KI-Un­ter­stüt­zung von Men­schen ge­macht wer­den, also "KI in the loop".

Da­bei ist es der­ma­ßen leicht, schrä­ge Tö­ne in 'Über­tra­gun­gen', wie ich "Über­set­zun­gen" der KI nennen,  hin­ein­zu­be­kom­men. Hier zum Ab­schluss noch klei­ne Per­len aus der Pra­xis. Hier wur­den Han­dels­tex­te zum Ent­wurf zwi­schen Ver­bän­den "mal eben durch die KI ge­jagt" und die Er­geb­nis­tex­te ha­ben, vor­sich­tig aus­ge­drückt, für Ir­ri­ta­ti­onen ge­sorgt. Da­bei war der Aus­gangs­text auf Fran­zö­sisch, die deut­schen Teil­neh­mer:­in­nen der Sit­zung be­ka­men im Vor­feld ei­nes Termi­ns eine eng­li­sche "Übel­set­zung" zu­ge­schickt.

Im Agrar­kon­tex heißt "Be­stands­er­he­bung" auf Fran­zö­sisch re­cen­se­ment des ef­fec­tifs, zu­rück­über­setzt so­was wie 'die Köp­fe zäh­len' oder, in be­wuss­ter Fehl­über­set­zung, 'Volks­­zäh­lung der An­ge­stell­ten'. Spra­che hängt im­mer vom Kon­text ab, ge­ra­de im Fran­zö­sischen hat ein Wort oft sehr, sehr, sehr vie­le Be­deu­tun­gen. Prompt hat die KI auch work­force cen­sus an­statt stock sur­vey dar­aus ge­macht. Wenn Tie­re plöt­zlich mit Be­grif­fen "ge­zählt" wer­den, mit de­nen sonst nur Men­schen be­schrie­ben wer­den ... Oder der "But­ter­ab­satz", auf Fran­zö­sisch é­cou­le­ment du beur­re. Die KI macht aus dem Ver­kauf von But­ter, but­ter sa­les mit leich­ter "Hand" mal eben but­ter dis­po­sal, das Ver­nich­ten, Weg­schmei­ßen von But­ter. 

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com-Zu­falls­fund

Dienstag, 1. Oktober 2024

Textunfall

Bien­‍ve­nue im di­‍gi­ta­‍len Log­‍buch ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­‍te­‍rin. Was Dol­‍met­‍scher und Über­‍set­‍zer (und Dol­‍met­‍sche­‍rin­‍nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­‍nen) ma­‍chen, wie sie bzw. wir ar­‍bei­‍ten, be­‍schrei­‍be ich hier. Fran­‍zö­‍sisch ist mei­ne zwei­‍te Ar­‍beits­‍spra­‍che, Eng­lisch die so­ge­nann­te "pas­si­ve" Spra­‍che. Ich den­ke auch viel nach über mein Ar­beits­ma­te­ri­al, die Spra­chen.

Wie Spra­che Welt er­schafft, da­zu gab es neu­lich in den Me­dien aus mehr­fa­chen Grün­den ei­ne sehr trau­ri­ge, häss­li­che Bei­spiel­se­rie. "Fuß­gän­ge­rin kol­li­diert mit Au­to", be­rich­tet ei­ne Zei­tung. "Fuß­gän­ge­rin von Au­to an­ge­fah­ren" steht in ei­ner an­de­ren. 

Auto­ren­nen in Ber­lin (*)
Das zeigt schon auf, dass die Fuß­gän­ge­rin nicht in ein Au­to hin­ein­ge­tau­melt ist, das Au­to hat hier den ak­tiven Part. "Fuß­gän­ge­rin bei il­le­ga­lem Au­to­ren­nen in der In­nen­stadt über­fah­ren, die Frau ist vor Ort ih­ren Ver­let­zun­gen er­le­gen" — hier, an drit­ter Stel­le, wer­den die Fak­ten wie­der­ge­ge­ben.

Die drei Zei­tungs­mel­dun­gen be­zie­hen sich auf ein­- und ­den­sel­ben Un­fall, ge­sche­hen in Ber­lin im Sep­tem­ber 2024. Screens­hots ha­be ich da­zu lei­der nicht, aber al­les mit ei­ge­nen Au­gen ge­le­sen. Mich re­gt derlei auf, als Sprach­wis­sen­schaft­le­rin und na­tür­lich auch als Ex-Jour­na­lis­tin.

Of­fen­bar ist in der Aus­bil­dung der Leu­te noch viel zu tun. Sie müs­sen da­rin trai­niert wer­den, nicht al­les für ein paar sen­sa­tions­hei­schen­de Schlag­zei­len, die zu vielen Klicks füh­ren, zu ma­chen.

Wie Spra­che Welt er­schafft und wie Spra­che auch Fak­ten ver­dreht in den Köp­fen der Le­se­rin­nen und Le­ser, muss Schul­stoff wer­den, wenn uns die De­mo­kra­tie et­was wert ist. Denn der me­dia­le Um­gang mit die­sem  Ver­kehrs­un­fall steht bei­spiel­haft auch für vie­le an­dere "Un­fälle".

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Il­lus­tra­tion / (*): pixlr.com zu­fol­ge

Montag, 30. September 2024

Montagsschreibtisch (62)

Bon­jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen in der Wo­che mit­le­sen, wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Zu­nächst, was die­se Wo­che an­steht.

Die Herbst­sai­son ist in vol­lem Gan­ge. Nicht ganz frei­wil­lig bin ich noch an et­li­chen Ta­gen ver­fü­gbar. Ich ha­be in den letz­ten Jah­ren in­fol­ge ei­ner in­zwi­schen über­wun­de­nen län­ge­ren Co­vid-19-Er­kran­kung und An­ge­hö­ri­gen­pfle­ge we­ni­ger ge­ar­bei­tet.

Schreibtisch umgeben von Akten, Plakaten, Modellen, Mnemozettel, Übersichten ...
Ein Lern­schreib­tisch
Die Aus­wir­kungen kom­men mit Zeit­ver­zug. Da hab ich den Sa­lat, ei­ne Del­le!

Aber jetzt ist erst­mal gut zu tun. In den kom­men­den Wo­chen be­schäf­tige ich mit mit dem Fol­gen­den:

⊗ Agrar­öko­lo­gie: Ge­trei­de, Obst und Ge­mü­se so­wie Vieh­
⊗ Le­bens­mit­tel­ver­trieb
⊗ So­zial­ver­si­che­rungs­sys­te­me in Deutsch­land
⊗ Kor­rek­to­rate Hör­film­fas­sung und Dreh­buch


Weil mei­ne Ar­beit als Dol­met­sche­rin zu 80 Pro­zent aus Vor­be­rei­tung be­steht, blei­ben die­se The­men für ei­ne län­ge­re Zeit gleich. Und weil die Ar­beit als Über­set­ze­rin zu 90 Pro­zent aus Sitz­fleisch be­steht und die Dol­metsch­vor­be­rei­tun­gen häu­fig auch im Sit­zen statt­fin­den, darf ich auf mein täg­li­ches Be­we­gungs­mi­ni­mum achten, fünf Ki­lo­me­ter, dazu zwei­mal in der Wo­che Sport. (Oft schaf­fe ich sie­ben Ki­lo­me­ter am Tag, das ist mein neu­es Durch­schnitts­ziel.)

Beim Ler­nen grei­fe ich erst auf al­te Vo­ka­bel­lis­ten zu­rück, in der Bran­che der Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher Le­xi­ken ge­nannt. Mei­ne äl­tes­te Le­xik in die­sem Be­reich ist die Milch­wirt­schafts­le­xik. Ich nut­ze al­te Mind Maps oder Il­lus­tra­tio­nen von Wort­fel­dern, prü­fe, ob sich die La­ge seit­her ver­än­dert hat, sprin­ge dann zu Ge­wächs­haus, Pflan­zen­schutz, Milch­kuh, Fe­der­vieh, Hu­mus­er­halt und Bo­den­ge­sund­heit, schaue mir da­bei im­mer erst die al­ten Wör­ter­lis­ten an, er­gän­ze oder kor­ri­gie­re, denn ich fin­de wei­te­re Be­gri­f­fe in der Fach­li­te­ra­tur, der Fach­pres­se oder auch im Hör­funk.

Das Ge­hirn ist ei­ne ver­netz­te Struk­tur, ich ler­ne hirn­ge­recht, also ver­netzt. Zwi­schen­durch spre­che ich Fran­zö­sisch­vo­ka­beln ein, es geht um Aus­spra­che­coa­ching für ei­ne an­de­re Per­son.

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Be­stand)

Freitag, 27. September 2024

cpm

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Wir sind in der Herbst­sai­son, in der es noch et­li­che Ta­ge gibt, in de­nen ich of­fen für Ihre An­fra­gen bin. 

Neulich saß ich bei ei­ner Kon­fe­renz nicht "in der Bütt", in an­de­ren Wor­ten: in der Dol­metsch­ka­bi­ne, denn die Ver­an­stal­tung war ein­spra­chig und brauch­te gar kei­ne Dol­met­sche­rin­nen. 

Für echte Zusammenarbeit brauchen wir interkulturelle Kompetenz. Bist du bereit, dein eigenes Leben mit den Augen von Menschen aus anderen Ländern zu betrachten? Was macht das mit dir?
In­ter­kul­tu­rel­les Trai­ning in­klu­si­ve ...
Mich hat­te ein Wis­sen­schafts­netz­werk auf­grund der In­hal­te und zur Kon­takt­su­che hin­ge­schickt. Spra­che war hier trotz­dem ein zen­tra­les The­ma. Zwei Ta­ge lang ha­ben vie­le Jar­gons und neue Be­grif­fe durch den Raum ge­flirrt, denn Men­schen aus Pra­xis, Theo­rie, Po­li­tik und NGOs be­rie­ten sich zum The­ma Kom­mu­ni­ka­ti­on in Zei­ten von De­mo­kra­tie­kri­se, Bio­di­ver­si­täts­schwund und Kli­ma­ka­ta­stro­phe. 

Man­che Bei­tra­gen­de waren ganz groß­ar­tig, be­geis­ternd und in­for­ma­tiv, an­de­re ha­ben ih­re Ge­dan­ken sehr ge­müt­lich aus­ge­rollt, dar­auf Vol­ten ge­schla­gen oder rhe­to­ri­sche Stil­for­men nach­ge­tanzt. Letz­te­res macht mich ner­vös, al­so als Nor­mal­zu­hö­ren­de. Als Dol­met­sche­rin hät­te ich das viel­leicht gar nicht ge­merkt, wä­re ich doch zu sehr auf die Über­tra­gung der Wör­ter fo­kus­siert ge­we­sen.

Eine Papierkugel mit aktiver Plattentektonik: Globus, Fußball, Bubble; ein Buch oder Notizbuch mit Eselsohr als Markierung.
Kom­mu­ni­ka­tions­übung: Zu­hö­ren und 'bas­teln'
Ei­ni­ge an In­halt eher ar­me Bei­trä­ge ha­ben mich sehr an­ge­strengt und so­gar ein we­nig är­ger­lich ge­macht. Hey, hier ver­brin­ge ich Le­bens­zeit da­mit, dass mir hier ei­ner hübsch was vor­tur­nt, das war nicht be­stellt! An­de­re wa­ren um­so mit­rei­ßen­der und wirk­lich er­gie­big. 

Aber ob man­cher In­for­ma­ti­ons­zä­he fiel mir im Ge­spräch mit an­de­ren Gäs­ten ein al­ter Schnack wie­der ein, den ich ein­mal in der Dol­metsch­ka­bi­ne da­zu raus­ge­hau­en ha­be. Es ge­schah an ei­nem hei­ßen Som­mer­tag. Drau­ßen war bei ge­öff­ne­ten Fens­tern ei­ne an­de­re Ver­an­stal­tung nicht zu über­hö­ren. Sie hat wie die Tech­no­pa­ra­de ge­klun­gen. Drin­nen Vor­trä­ge, die so lau wa­ren, dass es uns so­gar bei der Ar­beit auf­ge­fal­len war. (Das will was hei­ßen, sie­he oben.)

In der Ka­bi­ne sind wir meis­tens klü­ger als drau­ßen, mein­te die beim glei­chen Event ken­nen­ge­lern­te Eng­lisch-Kol­le­gin Ron­ja, wenn ich das mal so zu­sam­men­fas­sen darf, denn das Ad­re­na­lin ma­che da sei­ne Ar­beit. Und so über­trug ich da­mals bpm, bits per minute, auf cpm, content per minute. Die­ses cpm hat in dem Um­feld schon an­de­re Mit­strei­te:rin­nen er­freut.

Dan­ke, lie­ber Lieb­lings­be­ruf! Die fran­zö­si­sche Fas­sung von "Wer schreibt, der bleibt" durf­te ich un­ter ähn­li­chen Um­stän­den auch schon ent­de­cken: Cel­le/celui qui écrit, reste dans les es­prits. Das war da­mals sehr lus­tig, vor al­lem der Kom­men­tar der Kol­le­gin: "Ach, die­ses Sprich­wort ken­ne ich auf Fran­zö­sisch ja noch gar ni­cht!" Es hat sich heu­te noch nicht durch­ge­setzt, es gibt nur mei­nen Blog als Fund­stel­le da­für im Netz.

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Fo­to: C.E.

Donnerstag, 26. September 2024

Algorithmen diskriminieren Frauen

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hi­nei­nge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Spra­ch­mit­t­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und dort, wo ich ge­braucht wer­de. Wie al­le Un­ter­ne­hme­r:in­nen in­ves­tie­re ich auch ein we­nig in Mar­ke­ting.

Mich kön­nen Kund:in­nen im Netz fin­den, aber auch bei In­ter­net­foren, das wie Be­rufs­netz­werke mit De­bat­ten­platt­form funk­tio­nie­ren. Ei­nes von ih­nen ha­be ich jah­re­lang fi­nan­zi­ell un­ter­stützt, ei­ne Be­zahl­un­ter­sei­te für mein Pro­fil, so­was hat sei­nen Preis.

Frauenkopf und allerlei technisch anmutende Formen
Frau und High Tech
Dann ha­be ich mich ab­ge­mel­det. Es gab Grün­de.

Heu­te schreibt mir das Mar­ke­ting: "Hal­lo Ca­ro­li­ne, (...) Wir möch­ten, dass du op­ti­mal auf dei­nen nächs­ten Kar­rie­re­schritt vor­be­rei­tet bist. Er­neu­e­re noch heu­te dei­ne Pre­mi­um-Mit­glied­schaft und si­che­re dir für zwei Mo­na­te ei­nen Ra­batt von 50 %." 

Auf die Wer­be­mails kann ich nicht di­rekt ant­wor­ten, und ich muss län­ger su­chen, bis ich mei­ne Ant­wort ir­gend­wo auf der Sei­te als Nach­richt ab­set­zen kann.

Mei­ne Ant­wort: "Hal­lo, Ihr Mar­ke­ting­leu­te! Re­gel­mä­ßig er­hal­te ich Eu­re 50-Pro­zent-Ra­batt-An­ge­bo­te, Ihr wollt mehr zah­len­de Userin­nen, kann ich ver­ste­hen, ich wün­sche mir auch mehr Kund:in­nen.

Von mir be­kommt Ihr dar­auf al­ler­dings nur ein NEIN. Wisst Ihr war­um? Ich hab Euch lan­ge fi­nan­zi­ell un­ter­stützt und es pas­sier­te: nichts.

Den Tipp, XYZ zu nut­zen, hat­te ich von zwei an­de­ren Dol­met­schern er­hal­ten, von zwei Män­nern. De­ren Wort­laut war et­wa so: "Die Sei­te XYZ ist su­per! Wir wer­den stän­dig ge­fun­den."

Ich weiß JETZT, wo­ran das liegt. Der Al­go­rith­mus hat nur "Dol­met­scher" (männ­lich) nach vor­ne ge­scho­ben bzw. aus­ge­spuckt, als wenn je­mand un­se­rer Bran­che ge­sucht wur­de; die weib­li­che Form kam nicht vor, wur­de auch nicht er­kannt; ich als Dol­met­scherIN blieb im Dun­keln. Al­so hab ich die Such­ma­schi­ne mit­fi­nan­ziert, mit der die männ­li­che Kon­kur­renz pro­mo­tet wur­de. Ganz gro­ßes Ki­no!

Wann ist das end­lich vor­bei und wann be­kom­me ich mein Gra­tis-Jahr zur Kom­pen­sa­ti­on? (... al­so min­des­tens, schaut mal in die Kun­den­da­ten!)

Mit freund­li­chen Grü­ßen aus Ber­lin,
Eu­re ent­täusch­te, frü­he­re Kun­din
C.E."

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Il­lus­tra­ti­on: pixlr.com (Be­stand)

Mittwoch, 25. September 2024

Subtext kennen nur Menschen

Bon­‍jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­te­‍rin. In die­‍sem di­‍gi­‍ta­‍len Ta­‍ge­‍buch kön­‍nen Sie an ei­ni­gen Ta­‍gen in der Wo­‍che mit­‍le­‍sen, was Dol­met­sche­rin­nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher so ma­‍chen, und das seit 2007, im ers­ten deut­schen Blog aus dem In­neren der Kon­fe­renz­ka­bine.

Monitor (oder so ähnlich), Tastatur (oder so ähnlich), diverse Objekte
"Kreativschreibtisch", der KI zufolge
Was die KI nicht kann, wenn sie vor­gibt, als Dol­met­sche­rin tätig zu sein: un­ter­schied­li­che Kli­en­ten im Kopf ha­ben, zum Teil bei ein- und dem­sel­ben Pa­nel. Wir mensch­li­chen Dol­met­sche­r:in­nen ler­nen in der Vor­be­rei­tung, bei Kaf­fee­pau­se oder Mit­tag­es­sen un­se­re End­kun­d:in­nen ken­nen, je­ne am Pult und auch je­ne im Saal, und wir su­chen ak­tiv ihre Fra­gen. Wir sind da­her im­stan­de, die Sach­ver­hal­te ziel­grup­pen­ori­en­tiert zu über­tra­gen, ei­ni­gen uns un­ter­ein­an­der auf die Fach­be­grif­fe oder die Über­tra­gung der­sel­ben, wenn wir es mit Lai­en zu tun ha­ben, Bei­‍spiel: Gen­‍tri­‍fi­‍zie­‍rung.

Bei man­chen Kon­fe­ren­zen den­ken wir nicht sel­ten an zwei oder drei un­ter­schied­li­che Teil­grup­pen zu­gleich und freu­en uns über Men­schen am Po­di­um, die zwi­schen­durch mal tief durch­at­men, et­was Was­ser trin­ken oder ein­fach nur stumm ihre Hö­rer­schaft an­lä­cheln. 

Wir em­pfeh­len das auch schon mal bei sehr kom­ple­xen The­men und stark aus­ein­an­der­klaff­en­den Rea­li­tä­ten, ma­chen damit un­se­re Ar­beit trans­pa­rent, bit­ten um Mi­ni­pau­sen. Das klappt vor al­lem bei Ar­beits­sit­zun­gen oder se­mi­nar­ar­ti­gen For­ma­ten. So­bald wir dann ei­ne Zimt­schne­cke in die Luft ma­len, geht der Vor­trag wei­ter. Dol­met­schen ist Team­ar­beit. Das Duo Po­dium/Ka­bi­ne kommt in der For­schungs­li­te­ra­tur bis­lang kaum vor, weil wir alle noch dem Dog­ma der Un­sicht­bar­keit ver­fal­len sind. Nicht erst, seit die KI un­se­re Ar­beit be­droht, man­che miss­ver­ste­hen sie aus Geld­gier als Trans­la­tions­ap­pa­rat, müs­sen wir das än­dern.

Und noch­mal: Die KI ist ein Tool für die Hän­de der Pro­fis, oh­ne un­se­ren Ein­griff re­pro­du­ziert sie den Durch­schnitt al­ler be­reits pu­bli­zier­ten Sät­ze in der au­to­ma­ti­schen Wort- oder Satz­ver­voll­stän­di­gung, die Sie ver­mut­lich von Goog­le oder vom Tip­pen von Kurz­nach­rich­ten ken­nen, und sie denkt da­bei we­ni­ger an die Ziel­grup­pen noch dar­an, ob die vor­ge­leg­te Ge­schwin­dig­keit über­haupt von Hu­ma­noi­den er­fasst wer­den kann, wenn sich we­gen ei­nes Tech­nik­pro­blems die Bits und Bytes wie­der mal im Rohr ge­staut ha­ben.

Zu­rück zum Ter­min. Durch die­se Vor­be­rei­tung er­fah­ren oder er­ah­nen wir den Kennt­nis­stand un­se­rer ge­nei­g­ten Hö­rer­schaft, was un­ser Dol­met­schen po­si­tiv be­ein­flusst. In der Ar­beit wird dann ganz kon­kret, wie erst letz­ten Frei­tag­nach­mit­tag ge­sche­hen, aus dem Wort Ahr­tal die­se er­klä­ren­de Ver­dol­met­schung: la crue de l'Ahr qui a fait 150 morts en 2021, auf Deutsch: das Hoch­was­ser der Ahr, das vor drei Jah­ren 150 Men­schen­le­ben ge­for­dert hat.

Oder die be­lieb­te Ganz­tags­schu­le, l'école du matin au soir, ce qui vaut être sou­li­gné car c'est ré­la­ti­ve­ment ré­cent en Al­le­ma­gne. Hier hat­te ich mal mehr Zeit für ei­nen län­ge­ren Satz (oft müs­sen wir uns ja sehr kurz fas­sen). Auf Deutsch: Schu­le von mor­gens bis abends, das ist zu un­ter­strei­chen, denn es ist recht neu in Deutsch­land. 

Nächs­tes Bei­spiel: Ehe­gat­ten­s­plit­ting, le sta­tut fis­cal des cou­ples ma­riés : en Al­le­ma­gne, ces lois en­cou­ra­gent le mi-temps des fem­mes et non pas le temps plein, ins Deut­sche rück­über­setzt: Steu­er­sta­tus von Ehe­paa­ren; in Deutsch­land för­dert das Ge­setz die Halb­tags­ar­beit von Frauen und nicht die Voll­zeit­ar­beit. Stich­wort auch hier: Sub­text mit­über­tra­gen, da er für die De­bat­te re­le­vant ist.

Und ja, das ist al­les schon sehr in­ter­pre­tie­rend, aber wir möch­ten ja, dass die Gäs­te aus dem Aus­land mit­re­den kön­nen. Prompt kommt als ei­ne der nächs­ten Fra­gen aus Frank­reich, man mö­ge das Ehe­gat­ten­s­plit­ting­kon­zept er­läu­tern.

Als ich neu­lich dar­über bei ei­nem so­zia­len Netz­werk ge­schrie­ben ha­be und als Il­lus­tra­ti­on mei­ne Hand auf der Tas­ta­tur ge­zeigt ha­be, wie ich ei­ne Über­set­zung nach­schla­ge und lei­der nur Un­brauch­ba­res er­hal­te, wur­de der Bei­trag we­gen Por­no­gra­fie ge­löscht und ich war drei Wo­chen lang ge­sperrt. (Igitt, ei­ne nack­te Frau­en­hand! Sind wir hier bei den Ta­li­ban?) Auch hier steckt die be­lieb­te KI da­hin­ter. Un­ter uns, und so war dann auch mein Kom­men­tar, als ich wie­der kom­men­tie­ren konn­te: "Tja, fb hat wohl nicht mehr al­le Trink­ge­fä­ße im da­für vor­ge­se­he­nen Mö­bel."

Sol­che Qua­li­fi­zie­run­gen sind KI-si­cher, denn oh­ne Ver­dol­met­schung ver­ste­hen das nur Mut­ter­sprach­le­r:in­nen. Und als Il­lus­tra­ti­on jetzt was an­de­res, aus dem Steh­satz von pixlr! Denn das in­kri­mi­nier­te Bild hat das Sys­tem ge­fres­sen! 

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Prompt: "cre­ative desk")

Dienstag, 24. September 2024

Das Versandhauslabyrinth

Aus dem Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin kön­nen Sie auf die­sen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch, ein we­nig mit Eng­lisch. Wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ha­ben un­se­re Haupt­spra­chen, da­bei ist die A-Spra­che die Mut­ter­spra­che, B steht für die Haupt­ar­beits­spra­che, C für die so­ge­nann­te pas­si­ve Spra­che. Heu­te fol­gen ei­ni­ge Zei­len über Pri­vat­kun­den­ar­beit.

Ka­tas­tro­phe! Ich bin rück­fäl­lig ge­wor­den und am En­de wird das Pferd mit mir durch­ge­hen! Al­so, ich ha­be ent­ge­gen mei­ner Vor­sät­ze die KI um ei­ne Il­lus­tra­ti­on ge­be­ten. Na­ja, nicht ganz so dra­ma­tisch. Mir ging's hier erst­mal um Auf­merk­sam­keit. Lustig wird's am En­de trotz­dem noch.

Also, wie von mir er­war­tet, hat die KI das Prin­zip des La­by­rinths nicht ver­stan­den und war nicht ein­mal da­zu im­stan­de, die Fo­to­vor­la­ge, die ich mit­ge­schickt hat­te, rich­tig zu in­ter­pre­tie­ren. KI-au­to­ma­ti­sier­te Vor­gän­ge im Wirt­schafts­le­ben stel­len auch zu­neh­mend ein Pro­blem dar, das an La­by­rin­the er­in­nert.

Ein ver­meint­li­ches La­by­rinth mit di­rek­tem Weg zum Ziel
Ach, wenn La­by­rin­the so ein­fach wä­ren, "lie­be" KI :-)
Es fühlt sich an, als wür­de ich im­mer wie­der in die He­cke ge­schickt oder im Kreis lau­fen. Doch der Rei­he nach.

Eines Frei­tag­abends steht zur bes­ten Fa­mi­li­en­zeit ei­ne jun­ge auf­ge­lös­te Frau vor mei­ner Tür. Ich ha­be kei­ne Bü­ro­sprech­stun­den. Hier wur­de ei­ne Kü­chen­sprech­stun­de dar­aus.

Denn die jun­ge Frau hat bei einer Re­kla­mat­ion of­fen­bar nur mit der KI zu tun ge­habt, sich dann in ei­nem La­by­rinth ver­lau­fen, das nicht so über­sicht­lich war wie die Il­lus­tra­ti­on hier.

Es geht um ein klas­si­sches Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men im Be­reich Ver­sand­han­del. Da kom­men jetzt nicht vie­le in­fra­ge, denn die meis­ten ha­ben die Di­gi­ta­li­sie­rung ver­schla­fen und sind vom Markt ver­schwun­den. Die Dol­met­sch­kun­din hat­te dort vor zwei Ja­hren ei­nen klei­nen Tisch be­stellt, der nicht so recht den Er­war­tun­gen oder der Be­schrei­bung ent­spro­chen hat und da­her zu­rück in die Post ging. So­weit, so gut. Das Gan­ze kommt je­de Wo­che mil­lio­nen­fach vor.

Die­se Kun­din, ei­ne Fran­zö­sin, be­kam den Kauf­preis er­stat­tet. Dann hat sie ei­ne Zeit lang nichts mehr vom Ver­sand­haus ge­hört.

Bis sie Post von ei­nem In­kas­so­un­ter­neh­men be­kam, das die Zah­lung ge­nau die­ses Kauf­prei­ses ein­for­der­te. Mei­ne Kun­din hat dar­auf ge­ant­wor­tet, wie es sich ge­hört, frist­ge­recht, höf­lich, in kla­ren Wor­ten. Als das In­kas­so­un­ter­neh­men ihr wei­te­re Nach­rich­ten ge­schickt hat, er­bat sie beim Ver­sand­haus ei­ne Be­stä­ti­gung dar­über, dass al­le For­de­run­gen be­gli­chen wa­ren. Sie er­hält das Schrift­stück und reicht es wei­ter an das In­kas­so­un­ter­neh­men. 

Zeit­sprung. Die Kun­din muss aus fa­mi­liä­ren Grün­den für ei­ni­ge Zeit nach Frank­reich zu­rück. Als sie nach der Som­mer­pau­se wie­der in Ber­lin ein­trifft, fin­det sie ei­nen Mahn­be­scheid und ei­nen Voll­stre­ckungs­be­scheid in ih­rer Post. Völ­lig auf­ge­löst steht sie al­so ei­nes Abends vor mei­ner Tür. Ich sor­tie­re mit ihr die Post, te­le­fo­nie­re am nächs­ten Werk­tag mit Ver­sand­haus und In­kas­so­fir­ma, set­ze ein Wi­der­spruchs­schrei­ben auf, sen­de die­ses per Ein­schrei­ben so­wie als Fax ans Ge­richt.

Ein­schub: Ein Fax ab­zu­schi­cken ist heut­zu­ta­ge ein ech­tes Pro­blem, es gibt kaum noch Fax­ge­rä­te, selbst die Post­fi­lia­len, die laut In­ter­net den Ser­vice noch an­zu­bie­ten schei­nen, ha­ben ihn ein­ge­stellt. Ich fand zwei Lö­sun­gen: Lu­xus­ho­tels und den per­fek­ten Co­py­shop. Ein­schub­en­de.

Kaum ist der Wi­der­spruch bei Ge­richt ein­ge­gan­gen und das In­kas­so­un­ter­neh­men dar­über in­for­miert, sen­det Letz­te­res ei­ne wei­te­re Mail mit Zah­lungs­an­wei­sung an mei­ne Kun­din und for­dert den of­fe­nen Be­trag ein, denn das Ver­sand­haus ha­be es nicht dar­über in­for­miert, dass der Be­trag nicht mehr of­fen sei.

Hal­lo?! Sind Sie noch da­bei? Das Gan­ze liest sich sehr kryp­tisch, lang­wei­lig, ener­viert, auf Deutsch: ge­nervt. Das bin ich auch. Gleich ge­he ich ein wei­te­res Mal zur Post, sen­de zwei Be­schwer­de­brie­fe an die bei­den In­sti­tu­tio­nen, denn te­le­fo­nisch ist er­neut kein Durch­kom­men und die "Warte­mu­si­ken" sind un­er­träg­lich schrä­pig. Das Wa­ren­haus be­kommt zum The­ma "Pro­to­koll bei feh­ler­haf­ter Be­ar­bei­tung von Re­tou­ren" von mir ei­ne Un­ter­neh­mens­be­ra­tung, da­zu die Rech­nung über vier Ar­beits­stun­den in der An­ge­le­gen­heit mei­ner Kun­din, es sind jetzt 3 Stun­den und 15 Mi­nu­ten auf­ge­lau­fen, da­von ha­be ich über ei­ne Stun­de lang ein Fax­ge­rät ge­sucht.

Ich kann nicht nur die Pa­nik mei­ner Kun­din gut nach­voll­zie­hen, son­dern mir auch manch' an­de­re Per­son vor­stel­len, die sich kei­ne Hil­fe holt und ent­nervt zahlt. Ich er­wä­ge kurz, Ross und Rei­ter zu nen­nen, las­se das dann aber sein. Doch ei­nen klei­nen Hin­weis als Kno­be­lei ge­be ich doch, und da­bei darf das Pferd mit mir durch­ge­hen! 

Das Ver­sand­haus hat ei­nen Na­men, der auf­grund sei­ner Be­son­der­heit in die Sprach- und Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft ein­ge­gan­gen ist. Ich se­he hier jetzt kei­ne Pa­ke­te, die von A nach B und manch­mal wie­der zu­rück­ge­schickt wer­den, son­dern Rech­nung, Mah­nung, Zah­lungs­er­in­ne­rung etc., hin und her, vor und zu­rück. Hier dreht sich et­was wie im Krei­se, tritt auf der Stel­le, bleibt da­bei lei­se, stets ein- und das­sel­be, in kla­rer Wei­se — die Ant­wort blieb kühl, wie ma­schi­nell ge­sandt, doch wer da­hin­ter­steht, bleibt un­be­nannt.

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Il­lus­tra­ti­on: pixlr.com