Montag, 18. März 2024

Bonjour ...

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäftigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­le­sen. Das neu­e Jahr nimmt Fahrt auf!

Dol­mets­chen bei Kon­gres­sen, für den Po­li­tik­be­trieb, auf De­le­ga­tions­rei­sen, bei ad­mi­nis­tra­ti­ven Vor­gängen, in der Kanz­lei oder im Kran­ken­haus, bei Werks­be­sich­ti­gun­gen und Hin­ter­grund­ge­sprä­chen — un­se­re Ein­sät­ze sind über­aus viel­fäl­tig.

Grüne Jalousien, grüne Vase, Garten mit Hortensien
Frühjahr
Da­bei über­tra­gen wir In­hal­te kon­se­ku­tiv (in Sprech­pau­sen hin­ein) oder si­mul­tan (na­he­zu zeit­gleich).
In den letz­ten Jah­ren sind wir im­mer öft­er auch online gefragt. Da diese Über­tra­gungs­art für alle an­stren­gen­der ist, klei­ne Mo­ni­tor­bil­der, ge­stauch­te und damit un­na­tür­liche Stim­men, Rau­schen oder Echos, sind die­se Ein­heiten meis­tens kür­zer als nor­ma­le Ein­sätze.

Zur Pla­nung Ihres Dol­metsch­be­darfs erreichen Sie uns be­quem per Mail an info@adazylla.de.

Es gibt keine Bü­ro­sprech­stun­den

Wir freu­en uns auf Ihre An­fra­ge!


Bit­te be­ach­ten: Krea­ti­ve Tex­te über­tra­ge ich selbst nur ins Deut­sche; an­de­re Spra­chen deckt un­ser Netz­werk ab. Do­ku­men­te be­ar­bei­ten Kol­le­gin und Kol­le­ge au­ßer­halb Ber­lins (im Post­ver­kehr).

Da wir nicht nur Spra­char­bei­terin­nen und Sprach­ar­beiter sind, son­dern auch Men­schen, die be­ob­ach­ten und Ihre Epo­che do­ku­men­tieren, fin­den Sie auf den fol­gen­den Sei­ten mein mit­un­ter sub­jek­tiv ge­präg­tes Ar­beits­ta­ge­buch.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 14. März 2024

Sprachenlernen (6)

Wie Über­set­zer­in­nen und Dol­met­scher­in­nen ar­bei­ten, aber auch Über­set­zer und Dol­met­scher, er­fah­ren Sie seit 2007 in die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch aus der Ar­beits­welt, das seit 2007 be­steht. Ich bin als Deutsch-Mut­ter­sprach­le­rin mit Zweit­spra­che Fran­zö­sisch Teil ei­nes in­ter­na­tio­na­len Netz­werks. Die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­li­sche. Heu­te geht es wei­ter mit der Rei­he zum Zweit­spra­cher­werb.

Spielzeug: Elefanten unterschiedlicher "Bauarten", Giraffen, ein Panda
Der Ti­ger ist grad in Lon­don zum Tee!
Die Fräu­leins, was mei­ne Nich­ten sind, seh­en mich mo­nat­lich etwa fünf Ta­ge, wenn ich mei­ne Mut­ter pfle­ge. Wir sind Nach­ba­rin­nen und spre­chen uns mor­gens kurz beim Auf­bruch in den Kin­der­gar­ten und die Ki­ta, dann meis­tens noch­mal am Nach­mit­tag. Ich darf ih­nen ers­te Wör­ter der Welt­spra­chen Fran­zö­sisch und Eng­lisch schen­ken.

Los geht's mit Begrü­ßun­gen und Ver­ab­schie­dun­gen in den an­de­ren Spra­chen und mit ers­ten ein­fa­chen Auf­for­de­run­gen. Das nächs­te "Ka­pi­tel" ist in Vor­be­rei­tung. Ne­ben mei­nem Ar­beits­tisch in der Woh­nung mei­ner Mut­ter steht es ei­ne Spiel­zeug­kis­te mit Bau­klöt­zen und Tie­ren. Wir spie­len zu­sam­men und freu­en uns an den vie­len Tier­be­zeich­nun­gen, die auf Eng­lisch und Fran­zö­sisch die glei­chen Wör­ter sind, die nur ein we­nig an­ders klin­gen: ein Ele­fant, un élé­phant, an ele­phant usw.

Im All­tag, beim Spa­zie­ren­ge­hen und Es­sen sam­meln wir dann wei­ter Be­grif­fe aus den bei­den Spra­chen, die im Deut­schen all­täg­li­cher Wort­schatz sind, so ganz en pas­sant.

Das Gan­ze dau­ert nicht lange, die Nicht­chen sind zwei und fünf. Rom wurde auch nicht an ei­nem Tag er­baut.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 13. März 2024

Flaschenhals

Bon­jour, gu­ten Tag & hel­lo! Der Ar­beits­all­tag von Sprach­ar­bei­te­r:in­nen ist Ge­gen­stand des Web­logs. Mei­ne Spra­chen sind Deutsch, Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier seit 2007. Heu­te den­ke ich wei­ter über un­se­ren Markt nach. (Vor­gän­ger­text hier: klick!)

Der Fla­schen­hals ist ein kla­res Bild, das lei­der ei­nen sehr gro­ßen Teil des Agen­tur­markts in der Sprach­bran­che ab­bil­det. Die we­ni­gen gu­ten Agen­tu­ren sind meist ex­trem spe­zia­li­siert, auf tech­nische, ju­ris­ti­sche oder medi­zi­ni­sche Über­set­zun­gen und da­bei auf we­ni­ge Spra­chen zum Bei­spiel. Die an­de­ren, die mit viel Geld mit Slo­gans wie "alle The­men, al­le Welt­spra­chen, sie­ben Ta­ge die Wo­che, rund um die Uhr er­reich­bar" wer­ben, stel­len für uns Voll­pro­fis nicht sel­ten ein Pro­blem dar.

Bank­no­ten auf dem Tisch, Mün­zen in der Fla­sche
Ei­ne bei ei­nem Kol­leg:in­nen­stamm­tisch ken­nen­ge­lern­te jun­ge Hoch­schul­ab­sol­ven­tin ist auf­grund der Mul­ti­kri­sen bei ei­ner Agen­tur ge­landet, wo sie als Ver­mitt­lerin fun­giert. Sie ist al­so stän­dig auf der Su­che nach Über­set­ze­r:in­nen und Dol­met­sche­r:in­nen.

Doch sie lei­det un­ter ei­nem nicht zu ver­ach­ten­den "De­tail": Die Ver­gü­tung, die sie im Na­men der Fir­ma den Sub­un­ter­neh­mer:in­nen für hoch­qua­li­fi­zier­te Ar­beit an­bie­ten darf, liegt im Be­reich der sprich­wört­lichen "Pea­nuts".

Problem Billig-Agenturen

Die jun­ge Frau ist im­me­rhin vom Fach. Oft sind die Ver­mitt­ler:in­nen fach­fremd, nicht selten so­gar ohne pro­funde Be­rufs­aus­bil­dung, was ger­ne im Bü­ro­ma­nage­ment an­fängt. (Zu oft lan­den An­fra­gen per Rund­um­aus­sen­dung in mei­ner Mail­box; dabei sind alle Emp­fänger:in­nen na­ment­lich auf­ge­führt, Dutzende Sprach­arbei­ter:innen, mit all­ge­mein ge­hal­te­ner An­rede; ei­ne Mail, die zu ver­sen­den nicht viel Zeit in An­spruch ge­nom­men ha­ben kann.)

Der Zu­fall wollte, dass ich die jun­ge Frau, die mir beim Stamm­tisch ge­gen­ü­ber­saß, be­reits durch An­fra­gen in mei­ner Mail­box kannte: "Dol­metscher:in ge­sucht ..." und dann so ein Winz­ho­no­rar. Ihre Nach­fra­ge­mails hat­ten einen im­mer ver­zweifel­teren Grund­ton. Auch auf ver­schie­denen Platt­for­men war sie mir auf­ge­fal­len.

Keine Nachwuchspflege

Ein­mal hat sie mich so­gar an­geru­fen. Ich frag­te nach, was denn aus dem klei­nen Stamm von Mit­ar­bei­ten­den der Fir­ma ge­wor­den sei. An­t­wort: "Das Team ist im Um­bruch, etliche Kol­leg­in­nen sind um­ge­stiegen in an­de­re Be­rufe oder in die Fa­mi­lien­zeit, das mit den Neu­zu­gän­ge hat nicht so ge­klappt wie er­hofft."

Ich er­laubte mir einen Ver­weis auf den Preis. Da­rauf die jun­ge Frau: "Die Bud­gets sind fest, das Mut­terhaus hat sie aus­ge­han­delt. Mit Sprach­dienst­lei­stung ist nicht viel Geld zu ver­die­nen."

Da­mit meinte sie die Per­spek­tive der Über­set­zer:in­nen und Dol­met­scher:in­nen. All­zu gerne hätte ich wi­der­sprochen. Die junge Frau hätte nicht ant­wor­ten kön­nen, sie sitzt im Groß­raum­bü­ro die­ser "Agen­tur­ket­te", die ähn­lich wie man­cher Sand­wich­la­den als Kette im Fr­an­chi­sing funk­tio­niert. (An­de­re Agent­uren ha­ben echte Fi­lial­unter­ne­hmen.)
Große Margen

Meis­tens liegt das Pro­blem bei der Akqui­se, wo Kun­den ge­le­gent­lich auch Fan­ta­sie­prei­se an­ge­bo­ten wer­den, um den Wett­be­werb mit uns Frei­be­ruf­le:r­in­nen zu ge­win­nen, so­wie am Flaschen­hals mit seinen Ex­tra­kos­ten: Werbe­maß­nahmen, Re­nom­mier­adres­se, teu­re Mes­se­stän­de, me­di­al sicht­bare "Cha­ri­ty-Ein­sät­ze" und der­glei­chen mehr.

Wel­che Sum­men da zu­gleich im Um­lauf sein kön­nen, wurde Mit­te der Zeh­ner Jah­re of­fen­sicht­lich, als sich in den USA das Grün­der­ehe­paar ei­ner Rie­sen­agentur in einem dor­ni­gen, von Jour­na­lis­ten be­glei­te­ten Rosen­krieg schei­den ließ: Es ging um Lu­xus­woh­nun­gen in New York mit Park­ blick und be­st­do­tierte Ak­tien­pa­kete, al­les durch die Age­ntur und ih­re um die hun­dert Bü­ros welt­weit fi­nan­ziert.
 
Wett­be­werbs­ver­zer­rung durch Co­ro­na­hil­fen

Aus ei­ner an­de­ren Qu­el­le habe ich spä­ter das er­fah­ren: Die deut­schen Sprach­dienst­leis­tungs­fir­men ha­ben als GmbHs in der Co­ro­na­zeit oft sehr ho­he Staats­hil­fen be­kom­men (an­ders als wir Frei­be­ruf­ler:in­nen). Vie­le com­pu­te­raf­fi­ne jun­ge Men­schen im Stu­di­um such­ten da­mals plötz­lich ei­nen Job im Ho­me­of­fice, so wur­den gan­ze Bran­chen­ver­zeich­nis­se ab­te­le­fo­niert und Kun­den mit Erst­kun­den­ra­bat­ten ge­lockt, die un­an­stän­dig hoch wa­ren.

Ähn­li­che Ra­bat­te gab es dann für den Zweit- oder Drit­tauf­trag, wenn ein Rah­men­ver­trag für ein Dut­zend Ter­mi­ne un­ter­zeich­net wur­de. Le­dig­lich für die Erst­ein­sätze wur­den hoch­qua­li­fi­zier­te Frei­be­ruf­ler:in­nen ver­pflich­tet, mit Preis­ab­schlä­gen, zu de­nen sie nur des­halb be­reit wa­ren, weil ih­nen pan­demie­be­dingt die Ar­beit weg­gebro­chen war und ... sie­he oben.

Preiswert

Da­bei ist wich­tig zu wis­sen, dass hoch­qua­li­fi­zier­te Dienst­leis­ter:in­nen au­ßer­halb exis­ten­ziel­ler Kri­sen nicht zu lä­cher­lich nie­dri­gen Hono­raren ar­bei­ten. Eine an­ge­mes­se­ne Ver­gü­tung un­serer Ar­beit ist nicht nur ge­recht­fer­tigt, son­dern ein­fach not­wen­dig für manch­mal ta­ge­lan­ge Vor­be­rei­tung.

Qua­li­tät braucht Zeit, auch in der be­ruf­li­chen, oft ent­beh­rungs­rei­chen Ent­wick­lung von uns Sprach­pro­fis mit lan­gen Stu­dien- und Aus­lands­jah­ren. Das Er­geb­nis ist nicht bil­lig oder "preis­wert", son­dern schlicht sei­nen Preis wert.

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Illustration:
Dall:e (bringt wieder Pseudo-
Matisse hervor)

Dienstag, 12. März 2024

Warten auf den Saisonstart

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­sche­rin­nen ar­bei­ten, kön­nen Sie hier seit 2007 er­fah­ren, im ers­ten deut­schen Blog aus dem In­ne­ren der Dol­metsch­ka­bine. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­si­sch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Die Pan­de­mie hat auch un­se­re Bran­che durch­ein­an­der­ge­bracht.

Mikrofon, Kopfhörer, Computer, Papier
Vor dem Kon­se­ku­tiv­ein­satz
Vor je­dem Ein­satz steht die Bu­chung. Nor­ma­ler­wei­se wüs­sten wir jetzt schon, was wir von jetzt an bis An­fang Ju­li ar­bei­ten wür­den, auch ers­te Herbst­ter­mi­ne wären fest ver­ein­bart. Da­bei hät­ten wir in der Sai­son im Schnitt zwei Ein­sät­ze pro Wo­che. Der­zeit ste­hen zwei Ein­sät­ze fürs ge­sam­ten Früh­jahr fest. Die Ter­mi­ne kom­men im­mer sponta­ner rein.
Das ist ein Déjà vu.

Spä­te Bu­chun­gen

Die Haupt­sai­son des Kon­fe­renz­we­sens teilt sich in die Früh­jahr-/Früh­som­mer­wo­chen und den Herbst auf. Schon in den letz­ten Co­ro­na­jah­ren wur­den die Bu­chun­gen da­zu im­mer schlep­pen­der. Die Kund­schaft hat­te Angst vor einem Auf­flam­men der Pan­de­mie. In­zwi­schen bu­chen nur noch die Mi­nis­te­ri­en und For­schungs­ein­rich­tun­gen mit mo­na­te­lan­gem Vor­lauf.

Er­schwe­rend kommt eine mas­si­ve Zu­nah­me der An­fra­gen von Agen­tu­ren hin­zu. Um mit einer weit­ver­brei­te­ten, aber irr­tüm­li­chen An­nah­me auf­zu­räu­men: Agen­tu­ren ha­ben KEINE fest­an­ge­stell­ten Sprach­ar­bei­ter:in­nen im An­ge­bot, sie su­chen auf dem frei­en Markt, wer den Ein­satz mög­lichst güns­tig über­nimmt, also Sub­un­ter­neh­mer­tum wie auf dem Bau.

In­ak­zep­ta­ble Ho­no­ra­re

Da­her ist Dum­ping an der Ta­ges­ord­nung. Agen­tur A bie­tet mir für drei Stun­den Si­mul­tan­dol­met­schen via In­ter­net, was an­stren­gen­der ist als vor Ort, den stol­zen Satz von 350 Eu­ro an. Kun­de: Ein Kon­zern, der ver­mut­lich et­was um die 900 Eu­ro be­zah­len darf. Oh­ne mich.

Dann Agen­tur B, eine kom­ple­xe tech­ni­sche Sa­che ir­gend­wo in Bran­den­burg. Fahr­zeit je Stre­cke: ab zwei Stun­den. Vor Ort: eben­falls zwei Stun­den, die Ar­beit wäre ins­ge­samt in drei Spra­chen zu leis­ten. An­ge­bot der Agen­tur: 375 Eu­ro pro Na­se, Fahrt zu viert im PKW, am Steu­er: der Prak­ti­kant, Ab­fahrt­zeit: sechs Uhr in der Früh in Mit­te, Rück­kehr acht bis zwölf Stun­den spä­ter, z.T. zu­sam­men mit dem Tech­nik­dienst­leis­ter, weil der Mo­de­ra­tor prio­ri­tär im Prak­ti­kan­ten­au­to mit­fahr­en darf.

Auch die­se Fir­ma wird den Ein­satz teu­er an­bie­ten, dazu nicht un­er­heb­li­che Kos­ten für Trans­fer, Bahn­rei­se 1. Klas­se, Ho­tel und Ver­pfle­gung be­rech­nen. Der vor­be­rei­tungs­in­ten­si­ve Ein­satz hät­te mich am Tag selbst in­klu­si­ve Fahrt­zei­ten acht Stun­den ge­kos­tet, da­zu zwei Ta­ge Vor­be­rei­tung, er­gibt 125 Eu­ro pro Tag. So viel be­kommt in der Re­gel auch ei­ne Kom­par­sin/ein Kom­par­se beim Film, wo­für nie­mand stu­die­ren muss.

Gras­sie­ren­des Agen­tur­un­we­sen

Agen­tu­ren ar­bei­ten wie Ma­k­ler. Man­che sind se­ri­ös und neh­men ähn­li­che Mar­gen wie Schau­spiel­agen­tu­ren, al­so 14 bis 18 Pro­zent. Vie­le an­de­re langen je­doch, weil wir es mit einer un­re­gu­lier­ten Bran­che zu tun ha­ben, mit ganz an­de­ren Sät­zen zu und schla­gen noch Neben­kos­ten auf, die es manch­mal gar nicht gibt, sie­he das Rei­se­ne­ben­kos­ten­bei­spiel oben.

Dolmetscherkabine mit Blick in den Raum, besonders: Messer und Gabel. Wir dolmetschen ein Arbeitsessen an einem langen Arbeitstag.
Si­mul­tan­ein­satz im Aus­wär­ti­gen Amt
Schau­spie­ler:in­nen ken­nen das Prob­lem nicht. Gemäß § 301 des So­zial­ge­setz­buchs (III / Ar­beits­för­de­rung) ist so­gar in Deut­sch­land ver­bo­ten, "bei der Ver­mitt­lung von Künst­lern in ein Ar­beits­ver­hält­nis mehr als 18 % Pro­vi­sion (bei der Ver­mitt­lung in ein Ar­beits­ver­hält­nis bis sie­ben Ta­ge), bzw. 14 % (bei der Ver­mitt­lung mit ei­ner Dau­er von mehr als zwölf Mo­na­ten) ab­zu­füh­ren."

Feh­len­de Ge­set­ze

Alle kla­gen über die sprich­wört­li­che Über­re­gu­lie­rung un­se­rer Ar­beits­welt. Im Dol­metsch­bü­ro se­hen wir das auch. Zu­gleich spü­ren wir, was pas­siert, wenn es wie in un­se­rer Bran­che kei­ne Re­ge­lun­gen gibt. Die Ge­set­zes­lü­cke müs­sen wir Dol­met­scher:in­nen teu­er be­zah­len. Wä­ren wir Berufs­sport­ler:in­nen wür­de uns das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ar­beit und So­zia­les per Rechts­ver­ord­nung bes­ser schüt­zen. Auch hier darf die Ge­bühr für die Ver­mitt­lung ma­xi­mal 14 % des Ent­gelts be­tra­gen.

Mo­ment, was sol­len wir ei­gent­lich an­ders sein als Künst­ler:in­nen mit sport­li­chen Qua­li­tä­ten?

(Mor­gen mehr dazu.)

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Foto: C.E. (Ar­chiv)

Montag, 11. März 2024

Montagsschreibtisch (33)

Bon­jour, hier bloggt ei­ne Lin­gu­is­tin. Ich ar­bei­te mit den fol­gen­den Spra­chen: Deutsch (Mut­ter­spra­che), Eng­lisch, Franz­ös­isch, Film. Die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­li­sche. Die Welt­lage be­schäf­tigt und be­las­tet mich sehr. Was steht an?

Sekretärdetails: Stifte, Locher, Schubladen
Zwi­schen­durch war's son­nig
Heu­te ist wie­der be­son­ders von Be­deu­tung, zwi­schen "drin­gend" und "wich­tig" zu un­ter­schei­den.

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Kriegs­vo­ka­bu­lar ler­nen (zu mei­nem Leid­we­sen). Bei je­dem Be­griff, den ich raus­suche, habe ich Er­zäh­lun­gen von An­ge­hö­ri­gen und Zeit­zeu­gen im Kopf, im­mer be­tref­fen die­se die ers­te Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts.
⊗ Über­set­zung eines Ar­ti­kels zur Ukrai­ne
⊗ Wachs­tum dank in­dus­tri­el­ler Schwer­punk­te, Le­xik an­le­gen
⊗ Vor­be­rei­tung ei­nes pri­va­ten Dol­met­schter­mins, ei­ne hei­kle Fa­mi­li­en­sa­che
Last but not least: Kos­ten­vor­an­schlä­ge für die Früh­jahrs­sai­son schrei­ben

Und grund­sätz­lich im­mer von Be­deu­tung:
⊗ Re­si­li­enz er­hö­hen: Yo­ga, Me­di­ta­ti­on, Spa­zier­gän­ge, Li­te­ra­tur, Ko­chen. Als Ex-Jour­na­lis­tin ver­fol­ge ich re­gel­mä­ßig die Welt­nach­rich­ten, als Dol­met­sche­rin muss ich à jour blei­ben. Aber es ist wich­tig, sich selbst Gren­zen zu set­zen.

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Foto: C.E.

Freitag, 8. März 2024

Kämpferischer Frauentagsgruß

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ein­bli­cke in das Le­ben ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin kön­nen Sie hier er­hal­ten. Wie Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen le­ben, be­schrei­be ich hier seit 2007. Dol­met­schen, münd­lich, und die schrif­tli­che Ent­spre­chung, das Über­set­zen, sind Be­ru­fe, die in der über­wie­gen­den Mehr­zahl von Frau­en aus­ge­übt wer­den.

Es ist schä­big, dass wir Frau­en noch im­mer da­für kämp­fen müs­sen, glei­che Rech­te nicht nur auf dem Pa­pier zu be­kom­men, son­dern sie ganz all­täg­lich zu er­le­ben. Dem geht An­er­ken­nung vor­aus, An­er­ken­nung für die Leis­tun­gen, aber auch die selbst­ver­ständ­li­che, an­er­ken­nen­de Ak­zep­tanz des An­ders­seins. Da­zu gehört auch, dass Frau­en ver­gli­chen mit Män­ner­ein­kom­men nicht mehr die ers­ten 66 Tage des Jah­res oh­ne Be­zah­lung ar­bei­ten müs­sen. 2022 und 23 war der Equal Pay Day am 7. März, die­ses Jahr SCHON am 6. März ... aber nicht et­wa des­halb, weil sich die Ein­kom­mens­la­ge von uns Frau­en ver­bes­sert hät­te, nein, wir ha­ben schlicht und er­grei­fend ein Schalt­jahr!

Und so­gar bei uns ei­gent­lich ganz gut be­zahl­ten Dol­met­scher:in­nen gibt es die Fäl­le, dass die we­ni­gen Män­ner im Team bes­ser be­zahlt wer­den als die Frau­en. "Bes­ser ver­han­delt", sa­gen dann et­li­che ach­sel­zu­ckend. Dass oft ver­sucht wird, Frau­en im Preis zu drücken, ist schä­big, aber auch Sät­ze wie: "Er hat ja ei­ne Fa­mi­lie zu ernäh­ren" sind noch nicht aus­ge­stor­ben. Dass viel­leicht ei­ne Kol­le­gin ih­re klei­ne Fa­mi­lie ernährt, scheint noch im­mer nicht selbst­ver­ständ­lich ge­se­hen zu wer­den.

Ein ech­ter Skan­dal in die­sem Zu­sam­men­hang sind die aus­beu­te­ri­schen Hono­rar­sät­ze, die all­zu­oft in den Be­rei­chen Kunst, Kul­tur und Ki­no (Un­ter­ti­tel) auf­ge­ru­fen wer­den. Hier ar­bei­ten ge­fühlt zu 95 Pro­zent Frau­en. Auch hier das glei­che Kalkül: "Die sind ja durch den Gat­ten ver­sorgt!" Ver­schär­fend muss ich hier die man­geln­de So­li­da­ri­tät eben jener ver­sorg­ter Frau­en er­wäh­nen, die die­se Be­schäf­ti­gung für ihr Ego oder das An­ge­ben auf Cock­tail­par­ties brau­chen! Hört auf da­mit! Wer sich mit Pea­nuts ab­spei­sen lässt, darf sich nicht dar­über be­kla­gen, we­ni­ger Re­spekt zu er­fah­ren als Äff­chen im Zoo.

Wir Frau­en möch­ten kei­ne Blu­men­sträu­ße und Gruß­post­kar­ten zum 8. März, ver­bun­den mit ir­gend­wel­chen lee­ren Wor­ten, son­dern nach­hal­ti­ge Än­de­run­gen oh­ne viel Ge­we­se. Am liebs­ten wür­de ich die­sen Tag (ei­nes Ta­ges) ver­ges­sen dür­fen, weil das Mi­tei­nan­der der Ge­schlech­ter end­lich selbst­ver­ständ­lich ge­wor­den sein wird.

Und ab­scheu­lich: Ge­walt ge­gen Frau­en und Kin­der als "Kriegs­hand­lung" wie in Is­ra­el und in der Ukrai­ne löst sel­ten ei­nen kol­lek­ti­ven Auf­schrei aus. Die La­ge der Frau­en in Af­gha­ni­stan, de­nen fast über­all Bil­dung, me­di­zi­ni­sche, ge­sell­schaft­li­che Teil­ha­be ver­wei­gert wird, schon ver­ges­sen nach dem En­de der lan­gen Af­gha­ni­stan-Mis­si­on?

Wie kön­nen sol­che (und an­de­re) Ver­bre­chen und Ver­ge­hen ge­gen die Men­schen­rech­te schnel­ler und ef­fek­ti­ver ge­ahndet wer­den? 

Journée de la femme, c’est le 8 mars! Et le reste de l’année ?
Frau­en­tag, 8. März ... und was ist mit dem Rest des Jah­res?

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Foto:
Netzfund

Donnerstag, 7. März 2024

Zirkuläre Migration

Hal­lo auf den Sei­ten ei­nes Blogs aus der Wel­t der Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher. Was und wie wir auf Kon­fe­renzen und im ei­ge­nen Büro beim Über­set­zen er­le­ben und wie wir ar­bei­ten ist im 18. Jahr Ge­gen­stand von "Dol­met­scher Ber­lin". Mei­nen Be­ruf übe ich mit viel Lei­den­schaft aus. Wirk­lich leid­voll ist nur man­che kul­tu­rel­le Ent­wick­lung.

Dieser Ein­trag hier ist lange über­fäl­lig. Wir müssen über Sa­lah re­den. Sa­lah heißt viel­leicht nicht Sa­lah, aber es gibt ihn. Er ist heute Schul­be­zirks­lei­ter und Ko-Di­rek­tor ei­nes fran­zö­si­schen Gym­na­siums in Nord­afri­ka. Neu­lich schickt er schöne Fotos die zei­gen, wie ihm die Re­pu­blik Frank­reich ei­nen Ver­dienst­or­den ver­lie­hen hat. Herz­li­chen Glück­wunsch!

Portraits der Autorin (Automatenbilder, s/w)
Die Au­to­rin dieser Zeiten in der Zeit ihres Studiums in Paris
Ich ha­be ihn im Stu­di­um ken­nen­ge­lernt, da­mals, in Pa­ris, als ich als West­deut­sche mit ost­deut­schen Wur­zeln in Pa­ris stu­diert ha­be. Sprin­gen wir ge­mein­sam zu­rück in diese Zeit.

Sa­lah ist dun­kel­haarig, mit­tel­groß, hat viel Hu­mor und ge­witzte Au­gen. Sei­ne Mut­ter war Kö­chin, sein Va­ter Bus­fah­rer. Er war gut in der Schu­le, hat dann Fran­zö­sisch und La­tein stu­diert, kam mit Sti­pen­dium nach Frank­reich, wo er in den Se­mes­ter­fe­ri­en schon re­gel­mä­ßig in Ho­tels an der Nacht­re­zep­tion ge­ar­bei­tet hat­te.

Als sein Sti­pen­dium in Frank­reich aus­ge­lau­fen ist, blieb er, kehr­te nachts ins Ho­tel zu­rück und stu­dier­te tags mit uns wei­ter. Das war in­so­fern be­deut­sam, als dass wir an­de­ren ihn ab und zu nach dem Ki­no im Ho­tel be­sucht ha­ben und ihm die Filme er­zäh­len musst­en. Wir hat­ten im­mer et­was zum Trin­ken da­bei, Sa­lah brach­te Glä­ser und be­vor es rich­tig spät wur­de, wa­ren wir wie­der weg. Sa­lah bekam noch an­de­ren Ki­no­film­er­zähl­be­such und war im­mer bes­tens in­for­miert. Ob er es ge­schafft hat­te, die Filme in den Nach­mit­tags­vor­stel­lun­gen noch an­se­hen zu ge­hen, ha­be ich mich nie zu fra­gen ge­traut.

Dann ist da noch Gun­nar. Gun­nar heißt viel­leicht gar nicht Gunn­ar, aber es gibt ihn. Er wur­de in ei­nem skan­di­na­vi­schen Land ge­bo­ren, ist groß, blond mit stahl­blau­en Au­gen und hat da­mals stän­dig Grund­satz­fra­gen zum Le­ben und zur Lie­be ge­stellt. Gun­nar ging wohl nur mir zu­lie­be ins Ki­no. Sa­lah und Gun­nar spra­chen sehr freund­lich mit­ein­an­der. Dass sie sich bei­de um mich als Frau be­müht­en, ha­be ich erst spä­ter ge­merkt. In mei­nen ers­ten Stu­di­en­jah­ren war ich noch nicht so weit.

Gun­nar hat­te im Erst­stu­di­um Natur­wis­sen­schaf­ten stu­diert und wur­de Fach­über­set­zer für na­tur­wis­sen­schaft­li­che The­men, ir­gend­wann be­kam er ei­nen Ruf an die Uni. Auch er hat ei­nen so­zia­len Auf­stieg hin­ge­legt: sei­ne Mut­ter war al­lei­ner­zie­hen­de Grund­schul­leh­re­rin, der Va­ter früh ver­stor­ben. Gun­nar blieb auch län­ger in Frank­reich, pro­mo­vier­te, war als Stadt­füh­rer tä­tig. Über ihn be­kam ich mei­ne ers­ten Jobs als Rei­se­lei­te­rin. 

Für bei­de, Sa­lah wie Gun­nar, wa­ren die Pa­ris­jah­re prä­gend (auch wenn sie ihr Le­ben oh­ne ei­ne Deut­sche aus Frank­reich an der Sei­te fort­füh­ren muss­ten). Bei­de ken­nen die Spra­che bis in ih­re Ver­äs­te­lung hin­ein, ken­nen kul­tu­rel­le Un­ter­schie­de, über­tra­gen In­hal­te und Ver­­hal­tens­wei­sen, sind Kul­tur­mitt­ler. Bei­de ha­ben viel Kom­pe­tenz mit in ihr Land zu­rück­ge­bracht und sind Me­dia­to­ren ge­wor­den. Das gilt ja für uns drei.

Wäh­rend ich nicht Jour­na­lis­tin blieb, son­dern Dol­met­sche­rin wur­de, ge­ben Sa­lah und Gun­nar seit Jah­ren ihr Wis­sen wei­ter, bil­den aus und fort — und sor­gen da­für, dass das Wis­sen in der ME­NA-Re­gi­on und in Skan­di­na­vi­en wei­ter­ge­reicht wer­den kann, zum Bei­spiel an Men­schen, die im Be­reich der wirt­schaft­li­chen und po­li­ti­schen Zu­sam­men­ar­beit tä­tig sind, le­gen Grund­la­gen für neue Sa­lahs und Gun­nars die­ser Welt, auf dass die­se künf­tig auch ih­re zwei, drei und mehr Jah­re in Frank­reich (und an­de­re an­ders­wo) ver­brin­gen kön­nen.

Aber stimmt die letz­te Aus­sage? Gibt es ge­nü­gend Sti­pen­di­en? Dür­fen Kin­der aus der Mi­gra­ti­on län­ger blei­ben, wenn das Sti­pen­dium aus­ge­lau­fen ist und sie ihr bain cul­tu­rel et lin­guis­tique, ihr Bad in der Kul­tur und Spra­che des Gast­lan­des, noch ver­län­gern müs­sen, um wirk­lich sehr gut wer­den zu kön­nen? Wann setz­te die­se Ver­än­de­rung ein? War es schlei­chend oder gibt es Stich­da­ten?

Der Ho­mo sa­pi­ens sa­pi­ens ist des­halb ein Wis­sen­der, weil er reist und lernt. Ir­gend­wann hat die Fes­tung Eu­ro­pas ih­re Mau­ern hoch­ge­zo­gen und lässt nun kaum noch Sa­lahs zu, vor al­lem je­ne nicht, die oh­ne Sti­pen­dium hier sind. Frü­her war das nor­mal: zir­ku­lä­re Mi­gra­ti­on, Wan­de­rungs­be­we­gun­gen auf Dau­er. Statt­des­sen Vor­ur­tei­le und böse Wor­te. Für ei­nen Teil die­ser Men­schen aus der Ge­gend wur­de nach 2015 in Deutsch­land das bö­se "Na­fri" er­fun­den, Nord­afri­ka­ner. Sa­lah, Gun­nar und ich ha­ben uns En­de des 20. Jahr­hun­derts für drei bis sechs Jahre ei­ne neue Hei­mat ge­sucht und sind dann, zum Nut­zen des Gast- UND des Her­kunfts­lan­des, in die al­te Hei­mat zu­rück­ge­kehrt.

Die Gun­nars von heu­te und mor­gen ha­ben kei­ne Prob­le­me, so­lan­ge es Sti­pen­dien für sie gibt. Aber durch un­se­re Ab­schot­tungs­po­li­tik neh­men wir den an­­de­ren, Men­schen aus süd­li­chen Her­kunfts­län­dern, vie­le Chan­cen. Und wir ent­zie­hen auch un­se­ren ei­ge­nen Län­dern da­mit vie­le Chan­cen und stel­len so­gar Pro­ble­me her, die es frü­her nicht gab. Men­schen, die aus die­sen Ge­gen­den ein­mal hier sind, trau­en sich oft gar nicht zu­rück­zu­keh­ren, da ih­nen im Fal­le ei­nes Miss­er­folgs die Rück­kehr ver­baut ist. Und ja, es gibt auch heu­te noch ei­ne Bil­­dungs­mo­bi­­li­­tät, das ist über­wie­gend je­ne, die ich frü­her als DAAD- und spä­ter als Eras­mus­sti­pen­d­ia­ten ge­trof­fen ha­be, da war ich schon Do­zen­tin an der Uni. Vie­le der Stu­die­ren­den ka­men min­des­tens aus der mitt­le­ren Mit­tel­schicht und hät­ten die Sti­pen­di­en gar nicht ge­braucht. Die Aus­wahl­kom­mis­sio­nen er­kann­ten nur Leu­te ih­res Schlags und ih­rer Her­kunft. (Sprich­wört­lich war die DAAD-Sti­pen­dia­tin, der die El­tern ei­nen Klein­wa­gen vor die Tür stell­ten: "Da ja der Staat die­ses Jahr für dich zahlt, woll­ten wir mit dem ge­spart­en Geld dir ei­ne klei­ne Freu­de ma­chen.")

Ohne Sti­pen­dium müs­sen El­tern aus Nicht-EU-Staa­ten heu­te ei­ne hohe Sum­me auf ei­nem Kon­to hin­ter­le­gen, von dem sich hier­zu­lan­de be­quem ein Jahr oder län­ger le­ben lässt. Das kann nicht jede(r). Die Sa­lahs und Gun­nars, die heu­te hier stu­die­ren, stam­men aus an­de­ren Ver­hält­nis­sen als "mei­ne" Her­ren. Sie wer­den künf­tig ih­ren Stu­die­ren­den im­pli­zit an­de­re Din­ge mit­ge­ben, als es frü­he­re Kin­der aus ein­fa­che­ren Ver­hält­nis­sen kön­nen. 

So­zi­al ge­se­hen, aber auch was den Aus­tausch des Wis­sens und die Grund­la­gen für wei­te­re en­ge Zu­sam­men­ar­beit an­geht, sind wir zu­rück­ge­fal­len.

 
Fuß­no­te
Das Wort "Stadt­füh­rer" ist ein west­deut­scher Be­griff, auf Ost­deut­sch hieß das "Stadt­bil­der­klä­rer". Und die­se Zei­len hat ein "Aka­de­mi­ker­kind" ver­fasst, der in die Wie­ge ge­legt wur­de, Din­ge un­ter so­zia­len und so­zio­lo­gi­schen, his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len As­pek­ten zu hin­ter­fra­gen.

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Mittwoch, 6. März 2024

Sprachenlernen (5)

Ob zu­fäl­lig oder ge­plant: Sie sind mit­ten in ei­nem di­gi­ta­len Ta­ge­buch aus der Ar­beits­welt ge­lan­det, das seit 2007 be­steht — in In­ter­net­jah­ren ge­rech­net seit ewig. Ich bin Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che (mit Deutsch als Mut­ter­spra­che und aus dem Eng­li­schen). Heu­te geht es wei­ter mit der Rei­he zum Zweit­spra­cher­werb.

Ferienhausstimmung
Die Fräu­leins, was mei­ne Nich­ten sind, seh­en mich je­den Mo­nat im Schnitt an fünf Ta­gen, wenn ich mei­ne Mut­ter pfle­ge. Oder auch häu­fi­ger, wenn Fa­mi­lien­pro­jek­te an­ste­hen. Dann spre­che ich oft mit ih­nen Fran­zö­sisch und Eng­lisch.

Nor­ma­ler­wei­se sehen wir uns das ers­te Mal am Tag am Mor­gen beim Fer­tig­ma­chen für Ki­ta und Kin­der­gar­ten. Hin­ter­grund: Un­se­re Mut­ter und die Fa­mi­lie mei­ner Schwes­ter woh­nen seit ei­ni­gen Mo­na­ten Tür an Tür. Mor­gens wird kurz nach der Oma ge­schaut, dann wer­den die Schu­he ­an­ge­zo­gen und es heißt: Au revoir !
Hier lau­ern die Fräu­leins vor ei­ner an­de­ren Tür (wie sonst ich auf ih­ren Auf­bruch).

"Neu­lich waren wir in ei­nem Fe­ri­en­haus, und das war sehr schön. Es gab ei­nen gro­ßen Gar­ten und vie­le Kin­der zum Spie­len. Au­ßer­dem viel Frei­heit ...!" Hät­te die Große schon mehr als nur ei­ne Ah­nung vom Frei­heits­be­griff, könn­te so­was in der Art ihr Be­richt sein.

Für uns Er­wachsene war es: Auf- und Aus­räu­men des El­tern­hau­ses auf dem Lan­de, der ers­te gro­ße Schwung. Ein wei­te­rer Über­gangs­ri­tus, rite de pas­sa­ge, auf dem Weg ins wirk­li­che Er­wach­se­nen­wer­den.

Ich flech­te im Laufe der Ta­ge vie­le fran­zö­si­sche Re­de­wen­dun­gen und Wör­ter ein, als da wä­ren: et voilà ! (etwa: Hier, bit­te!), cou­cou ! (Kuckuck!), bon appé­tit !, je t'aime, ma puce (Ich hab dich Floh sehr gern), je t'aime, ma gran­de (Ich hab dich Gro­ße sehr gern), mer­ci beau­coup (vie­len Dank), um nur eini­ge Bei­spie­le zu nen­nen. Am An­fang sage ich bei­de Spra­chen in ei­nem Schwung. Mit der Zeit las­se ich die Über­set­zung weg. Die Si­tua­tio­nen hel­fen beim Ver­ste­hen.

Die Klei­ne ist ein Wun­der­kind, of course, denn mit ih­ren zwei Jah­ren be­nutzt sie sehr häu­fig "dan­ke", "bit­te" und ähn­li­che Aus­drü­cke von Empa­thie und Respekt (oder sie imi­tiert uns ein­fach nur bes­ser als die Gro­ße, die viel öf­ter ih­ren ei­ge­nen Kopf hat). Und so fand ich es auch nicht ver­wun­der­lich, dass der Floh, auf Fran­zö­sisch weib­lich, la puce, sich mer­ci beau­coup so­fort an­ge­eig­net hat.

Und da­mit sie hö­ren, dass ich mir die Spra­che nicht ein­fach nur so aus­den­ke, spre­che ich mit un­se­rem fran­zö­si­schen Nach­barn na­tür­lich nur Fran­zö­sisch, ob­wohl er auch in der deut­schen Spra­che zu­hau­se ist.

Was ich hier ver­fol­ge: Vie­le Be­grif­fe si­tua­tiv bei­brin­gen, die je­weils ih­ren ei­ge­nen Schwie­rig­keits­grad in der Aus­spra­che ha­ben; Fran­zö­sisch als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel glaub­haft ma­chen. (Eng­lisch fiel die­se Wo­che lei­der aus bzw. fand als not in front of the children statt).

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Foto: C.E.