Freitag, 24. März 2023

Bonjour ...

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäftigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­lesen. Auch Winter 2022/23 fin­den auf­grund ver­schie­des­ter HNO-Erkran­kun­gen we­ni­ger Prä­senz­ver­an­stal­tun­gen statt. Die Ar­beit än­dert sich.

Solidaritaet ist mehr als Haendewaschen (Plakat)
Am Maybachufer in Berlin

Herbst 2022 kam es zu den berühm­ten "Nach­hol­ef­fek­ten", auch wenn die Co­vid-19-Ge­fahr nicht vor­bei sind: Vor al­lem Long Covid ist die Seu­che in der Seu­che. Ich war auf ei­ni­gen De­le­ga­tions­rei­sen, aber auch bei vielen On­line-Kon­fe­renzen tätig. Prä­senz­ver­an­stal­tun­gen sind seltener und kürzer geworden. Als Team von Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­schern, mehr­fach ge­impft oder/und ge­ne­sen, hel­fen wir Ihnen gerne bei Pla­nung und Um­set­zung, vor Ort, dig­ital aus dem Dol­metsch­stu­dio heraus, aus dem Hub oder im Hy­brid­for­mat.

Bei Bedarf stehen wir Ihnen auch bei ad­mi­nis­tra­ti­ven Vor­gängen zur Seite, sind im Kran­ken­haus tä­tig, bei Werks­be­sich­ti­gun­gen und Hin­ter­grund­ge­sprä­chen sowie in An­walts­kan­zleien.

Auch in der kom­men­den käl­te­ren Jah­res­zeit fin­den wir ge­mein­sam mit Ihnen die pas­sen­de Lö­sung fürs Ferndol­met­schen via In­ter­net: kon­se­ku­tiv (in Sprech­pau­sen hi­nein) oder si­mul­tan (na­he­zu zeit­gleich). Weil diese Über­tra­gungs­art für alle an­stren­gen­der ist, klei­ne Mo­ni­tor­bil­der, ge­stauch­te und damit un­na­tür­liche Stim­men, Rau­schen oder Echos, sind die­se Ein­heiten meis­tens kür­zer als nor­ma­le Ein­sätze.

Wir bieten keine Bü­ro­sprech­stun­den an, kön­nen uns aber für Kurz­be­spre­chun­gen in den Hof­gar­ten setzen. Wir freuen uns auf Ihre An­fra­ge!

Da wir nicht nur Spra­char­bei­terinnen und Sprach­ar­beiter sind, son­dern auch Men­schen, die beobach­ten und die Zeit do­ku­men­tieren, in der wir leben, finden Sie auf den fol­gen­den Seiten mein mitunter sub­jek­tiv ge­präg­tes Ar­beits­ta­ge­buch.
Stay ne­gative, be positive!

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Foto: C.E.

Montag, 13. März 2023

Montagsschreibtisch (7)

Wie Über­setzer:in­nen und Dol­met­scher:in­nen ar­bei­ten, erfahren Sie hier. Meine Arbeits­sprachen sind Fran­zö­sisch und Deutsch (Mutter­sprache) sowie Eng­lisch (als Aus­gangs­spra­che). Ich bin Teil eines Netzwerkes.

Arbeitsplatz um 1900
In der Dol­metscher­kabine sind wir meis­tens zu zweit. Auch au­ßer­halb der Kon­fe­renz­ka­bine set­zen wir auf Ko­ope­ra­tion. So ist über die Jah­re ein Netz­werk ent­stan­den, durch das wir auch Kol­leg:in­nen mit an­de­ren Sprach­kom­bi­na­tionen und Fach­ge­bie­ten ver­mit­teln können, so­dass wir meis­tens in der Lage sind, für jede Ver­an­stal­tung das pas­sen­de Team zu­sam­men­zu­stel­len.

Auf dem Schreibtisch daher: Terminplanung.

Gesund­heit wurden in den letzten Jah­ren aus aktu­el­lem An­lass zu einem wich­ti­gen Teil unse­rer Fach­be­reiche. Über zwei Jahr­zehn­te haben wir uns auf ver­schie­dens­te Themen speziali­siert, da­run­ter Poli­tik und Wirt­schaft, Kultur und Land­wirt­schaft, Ent­wick­lungs­zu­sam­men­arbeit, Wissen­schaft und Forschung, Ener­gie und Sozia­les.

Dabei arbeiten wir für regie­rungs­amt­liche Stel­len in Berlin-Mitte wie diver­se Mi­niste­rien, Behörden und Bot­schaften, For­schungs­zen­tren, Medien, Unter­nehmen der Pri­vat­wirt­schaft, Kul­tur­ein­rich­tun­gen, Hoch­schulen und Privat­kunden.

Über die Jahre sam­melt sich bei uns viel Fach­wis­sen an. Die Er­fah­rung, auch schwie­rige Mo­mente zu meis­tern, hat uns routi­niert gemacht.

Zurück zum Aktu­ellen. Die Covid-19-Pan­de­mie ist noch nicht vor­bei. Einige Kolleg:­innen ha­ben mit Long Covid zu kämpfen. Die eine wartet auf einen Re­ha­platz, die andere kehrt vor­fris­tig aus der Kur­klinik zurück, denn dort gab es keine Schutz­maß­nah­men mehr, und prompt kam es zu einem größeren Aus­bruch unter den Pa­tien­t:in­nen.

Daher nutzen jetzt die an­de­ren häu­fig wieder die Maske bei der Ar­beit. Denn für uns Frei­be­ruf­le­rin­nen ist die Ge­sund­heit eines der wich­tigs­ten Themen.

Sie er­reichen uns am besten per Mail an info@adazylla.de. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!


Hin­ter­grund­in­for­mation: Auf­grund des Kran­ken­stan­des wurden we­sent­liche Be­stand­teile die­ses Bei­tra­ges von ChatGPT er­stellt und leicht bear­bei­tet.
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Foto: Fotoarchiv Elias Lossow

Montag, 6. März 2023

Montagsschreibtisch (6)

Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines di­gi­talen Ta­ge­buchs aus der Welt der Spra­chen ge­lan­det, das es seit knapp 16 Jah­ren gibt. Der­zeit stehen Kurz­ein­sätze im Vor­der­grund. In der Haupt­sache kümmere ich mich um meine Gesund­heit.

Computer mit Landwirtschaftsvokabular, Wasserkaraffe in Fischform, Tasse mit Aufschrift "home office"
Home office (EN): Innenministerium
Mon­tag­mor­gen mit Schnee­flocken in Ber­lin, die nicht liegen­blei­ben. Alle sehn­en sich die­sen Win­ter zu­ende. Wenn denn Wün­schen hel­fen würde ...

Auf dem Schreib­tisch:

⊗ Rech­nungen schrei­ben
⊗ End­lich wieder richtig in die Buch­über­setzung rein­fin­den
⊗ Nachbe­rei­tung Öko­land­bau und Ge­nos­sen­schafts­we­sen
⊗ Kurz­termin Woh­nungs­re­no­vie­rung in der Nach­bar­schaft


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Foto: C.E.

Montag, 13. Februar 2023

Montagsschreibtisch (5)

Bon­jour & hel­lo! Sie lesen hier ein di­gi­ta­les Ta­ge­buch aus der Welt der Spra­chen, das es nun­mehr seit 16 Jah­ren gibt. Ich dol­met­sche bila­te­ral Franzö­sisch/Deutsch. Der­zeit bin ich im win­ter­lichen Zwi­schen­stop im El­ternhaus.

Hier wird gearbeitet
"Wir werden uns vieles zu ver­zei­hen haben nach der Pan­de­mie", sagte un­längst ein be­kann­ter deut­scher Po­li­ti­ker mit un­ge­klär­ten Reich­tums­ver­hält­nis­sen. Er ging davon aus, dass der Po­li­tik alles verziehen wird.

Das ist eher nicht der Fall. Der­zeit er­wecken zu viele Politiker den An­schein, die Pan­de­mie lä­ge be­reits hin­ter uns.

Auch das ist falsch.

Wer genau hin­sieht, kann es wahr­neh­men: Wei­ter­hin lei­den Men­schen an Covid-19, man­che ster­ben daran, an­dere schlep­pen sich mit Langzeit­fol­gen dahin.

Ich war letzten Herbst auf einem Fes­ti­val zum Ein­spre­chen von Filmen, die bislang nur engl­ische Unter­titel haben. Diese Un­ter­titel wurde zu deut­scher Spra­che mit meiner Stimme.

Dazu saß ich in einer Dolmetschkabine. In einem winzigen, geschlos­senen Raum, in dem zu­vor jemand mit ei­nem "Schnup­fen" ge­ses­sen hatte. Nur, dass der Schnup­fen das Corona­virus war, ich die Krank­heit bekam und seitdem huste, oft KO bin und der­glei­chen mehr. Da der "Schnup­fen" des Kollegen/der Kollegin nicht als C-19 ak­ten­kundig wurde, habe ich kei­nen "Ar­beits­un­fall" erlit­ten, was schlecht ist für die Be­hand­lung, den Status als Gene­sen­de, im Hin­blick auf ei­ne Kur. Ein Ar­beits­un­fall wäre weit­aus bes­ser ab­ge­si­chert, die Ver­sor­gung viel ent­spann­ter als bei ei­ner zur "Pri­vat­sache" er­klär­ten Er­kran­kung.

Die Ba­na­li­sie­rung der Krank­heit durch die Poli­tik hat hier ihren Anteil. Uns wurde schnell klar: Meine Kur, sofern ich rasch ei­ne an­tre­ten möch­te, muss ich selbst be­zah­len. Nicht das erste Mal, dass wir Frei­be­ruf­ler:in­nen in der Pan­demie hän­gen­ge­las­sen werden.

Auf dem Schreib­tisch also: Papier­krieg.

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Foto: C.E. (Archivbild)

Montag, 6. Februar 2023

Montagsschreibtisch (4)

Über den Ar­beits­all­tag einer Dol­met­scherin können Sie auf diesen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Meine Mut­ter­sprache ist Deutsch, ich arbei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, die Büro­kol­le­gin über­setzt in die engli­sche Spra­che. Das neue Jahr im Bü­ro nimmt ganz lang­sam Fahrt auf.

Manch­mal ist das Licht mor­gens schon wun­der­bar. So wie zu­nächst am Wo­chen­en­de, dann schlägt prompt wieder der Win­ter zu.

Win­ter­land­schaft vor dem Büro­fenster
⊗ Was­ser­stoff: An­ge­bot für einen Vor­trags­zyklus er­stel­len, es ist eine Kon­fe­renz mit Zwei-Stun­den-Events, die sich on­line über ein Vier­tel­jahr hin­zieht
⊗ Lernen: Aktu­el­le Agrar­the­men
⊗ Weiterübersetzen: Buch
⊗ Vorbereiten: Schau­spie­ler­coaching da­rü­ber, was unseren Be­ruf aus­macht
⊗ Ab­rech­nun­gen
⊗ Abla­gen


Und, last but not least, prak­ti­sche Reise­vor­bereitung: Ele­gan­te Win­ter­klei­dung für einen mehr­tä­gi­gen Ein­satz mit Frei­luft­ter­mi­nen fin­den (vor De­zem­ber 2022 nicht nö­tig, weil die Haupt­sai­son vor­co­ro­nös im Früh­jahr oder im Herbst lag).

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 25. Januar 2023

Montagsschreibtisch (3)

Bon­jour & hel­lo! Sie lesen hier ein digitales Ta­ge­buchs aus der Welt der Spra­chen, das es seit 15 Jah­ren gibt. Ich über­setze ins Deutsche und dolmetsche bila­te­ral Franzö­sisch/Deutsch. Gerade befinde ich mich im winter­lichen Bo­xen­stop. Und es bremst mich nicht nur der Winter aus.

Altes Büro mit Tisch am Fenster und Hermes auf dem Sockel
Hermes wacht (also eigentlich ...)
Heute ist schon wieder Mon­tag! Also nach der Menge des Schief­ge­lau­fe­nen geurteilt, schon. Her­mes, der Göt­terbote und Schutz­patron der Händler, Reisen­den und Kauf­leute, aber auch der Diebe, der Rhetorik und der Magie ist sicher auch für unser­einen zuständig. Offenbar hat­te er mit seiner anderen Kund­schaft heute so viel zu tun, dass für mich nichts blieb.

Erst brach der Rech­ner zu­sam­men, dann musste ich mein Mail­pro­gramm wieder zu­sam­men­frickeln, dabei fiel mir ein bislang unbekanntes, extrem großes Spam-Post­fach in die Hand, in dem sich auch Nach­richten ernst­zu­neh­men­der Kund:innen be­fan­den, das war dann per Hand zu sor­tie­ren, dann lackierte jemand in der Nach­bar­schaft per elektrisch betriebener Spritzpistole ein Regal mit acht­hundert Fä­chern, mein ganzes Büro stank so nach Lack wie eine Chemiebude, dass ich ab­bre­chen musste. (Wir haben alte Fenster mit von mir rein­ge­kleb­ter Dichtung, Alt­bau.)

Eigentlich hätte ich, à propos Lackierungs­arbeit, heute irgendwo außerhalb Berlins dol­met­schen sollen. Am Telefon war alles klar, Kun­den­besuch aus Frankreich, die tech­ni­schen Probleme, die sprach­lich zu bewältigen sein würden, waren an­ge­ris­sen, erste Begriffe notiert. Dann kam eine schrift­li­che Absage: "Mein Kollege hat in der Zwi­schen­zeit einen Freund an­ge­fragt, der uns helfen wird."

Klasse Berufsqualifikation: Freund. Ich empfahl nachzufragen, wie gut der Be­kann­te Französisch spricht und wo erlernt. Mancher Laie schiebt mit Talent Begriffe hin und her und hält auch fünf, zehn Minuten durch. Fremd­spra­chen­kennt­nisse ma­chen in unserem Beruf allerdings maximal die Hälfte aus, der Rest ist Dol­metsch­tech­nik, Ausdauer, Be­rufs­er­fah­rung und Recherche­methoden, diploma­ti­scher Um­gang und derlei. Einen pro­fes­sio­nellen Austausch ermöglichen nur Pro­fis. (Die Aus­nahme, die die Regel bestätigt, liegt im Promil­lebereich.)

Die Lackier­firma würde sicher kein Schulkind an ihre Geräte lassen, weil es sich im poly­tech­nischen Unterricht oder im Fach „Werken“ recht ge­schickt ange­stellt hat? Oder das Kran­ken­haus die Ände­rungs­schnei­de­rin an den OP-Tisch, weil sie mit Sche­re, Nadel und Faden umgehen kann?

"Und wie war das nochmal mit dem 'Montag'?", höre ich jeman­den laut rein­rufen, "... das verstehen doch nur Mut­ter­sprach­ler:innen! Erklär das bitte noch­mal!"

"Mon­tags­pro­duktion" beschreibt ein Objekt, das dauer­kaputt ist, wie lieblos an ei­nem Montag gefertigt, die Ge­dan­ken des Arbeiters oder der Arbei­terin sind noch in Themen des Wochenendes gefangen, vielleicht fehlt Schlaf, ist Rest­al­ko­hol im Blut.

Beispiel: Ich bekam mal einen Foto­ap­pa­rat zum Ge­burts­tag, der mir leider kaum Freude bereitet hat. Er fiel wiederholt gröblich aus, wurde zwei Mal eingeschickt, kam dann angeb­lich repariert zurück. Nach dem Abitur, von dem Alter hatte ich es ja eben erst, wur­de ich mein Ju­gend­zim­mer foto­gra­fiert, bevor ich es leer­ge­räumt und meiner kleinen Schwester über­ge­ben habe. Als die Fotos aus dem Labor ka­men, saß auf jedem Bild ein per­fektes schwar­zes Quadrat in der linken oberen Ecke. "Mon­tags­pro­duktion", sagte darauf­hin der Mensch vom Foto­fach­ge­schäft.

Auf dem Schreibtisch an diesem Tag, der eine Mon­tags­pro­duk­tion ist: Nachrich­ten durch­sehen, alte Nachrichten löschen, Kos­ten­vor­an­schlä­ge schreiben. Dann weiter: siehe Montag.

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Foto:
Fotoarchiv Elias Lossow

Montag, 23. Januar 2023

Montagsschreibtisch (2)

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ich bin Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che mit Deutsch als Mut­ter­spra­che und blogge hier seit 2007. Ich über­set­ze auch aus dem En­g­li­schen, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Sprache. Hier folgt der 72. Blick auf den Schreib­tisch.

Reise reise!
Seit 1963 haben fast zehn Millionen Ju­gend­li­che und jun­ge Er­wach­se­ne an einem Aus­tausch­programm des Deutsch-Franzö­sischen Jugendwerks teilge­nommen, ver­melden die Me­dien gestern. Das Jugend­werk wurde ge­grün­det, um mög­lichst viele Men­schen fürein­ander zu öffnen, zu interes­sieren und damit den Stand­punkt der an­de­ren zu ver­mit­teln.

Ich selbst bin ein Kind des dfjw, hier habe ich Land und Leute sowie im Kurs für Grup­pen­sprach­mit­tler meinen Beruf kennen- und liebengelernt. Also: Ich bin Fan des dfjw.
Doch ha­be ich so­fort eine Fra­ge: Stellt diese Zahl die Anzahl sämt­li­cher Teil­neh­men­den an Begeg­nungen dar oder wurde be­achtet, dass viele mehr­fach dabei waren?

Diese Frage habe ich jetzt dem dfjw ge­stellt. Denn zehn Millionen in knapp sechzig Jahren über­rascht mich ange­sichts der Mil­lionen, die in den Jahren auf dem deutschen Terri­torium gelebt haben, ich hatte mit mehr ge­rech­net. Die Zahl wird verkürzt, wenn Mehr­fach­teil­nahmen raus­genom­men werden. Ich selbst habe an etwa 20 Begeg­nungen teil­ge­nommen, die gleiche Zahl oder mehr durfte ich als Teamerin und Dolmetscherin betreuen. (Und warum rechnen Jour­nalist:innen nicht nach?)

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Nachbe­reitung der Debat­ten zum Thema Land­wirt­schaft und Tran­si­tion der­sel­ben, die ich online verfolgen durfte, um auf dem Stand der Dinge zu sein
⊗ Wieder richtig in die Buch­über­setzung reinfinden
⊗ Wohnung für die Ber­linale-WG vorbereiten
⊗ Kostenvoran­schläge schreiben
⊗ Kleidung durch­sehen, Koffer reparieren lassen, Reise­néces­saire und andere Dinge durch­sehen, reparieren, ergänzen.

Mein Dol­metsch­beruf ist oft mit Reisen verbunden. Noch ist es ruhig. Im Be­darfs­fall bin ich binnen 25 Minuten startklar.

Die BU (Bild­un­terschrift) stimmt so mit dem Klein­buch­staben beim zweiten "reise", denn "Reise reise!" ist ein see­män­ni­scher Weckruf, der aus dem Nie­der­deut­schen rise rise stammt. Wir kennen den Aus­druck aus dem Englischen: to rise, auf­ste­hen. 

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Foto:
C.E.

Sonntag, 22. Januar 2023

Jubiläum

Seit 2007 geht es hier re­gel­mä­ßig um Themen aus dem Leben von Kon­fe­renz­dol­met­scher:innen und Über­setzer:innen, genauer: über meinen deutsch-fran­zö­si­schen All­tag in der Welt der Spra­chen und der Kom­mu­ni­ka­tion.

Heute vor 60 Jahren wurde der Élysée-Vertrag unterzeichnet. Das deutsch-fran­zö­si­sche Jubi­läum begehe ich dieses Jahr nur privat. Die Fest­akte werden über­wie­gend von den in den Mi­niste­rien fest­an­gestell­ten Kol­leg:in­nen ge­dol­metscht, von denen so viele in der Pan­de­mie­zeit sehr wenig zu tun hat­ten­. Wir ande­ren bege­hen den Tag still und auch mit persön­lichen Erin­ne­run­gen.

An eine Bege­ben­heit wurde ich diese Woche durch die Frage einer Schreib­trai­nerin er­in­nert. Kathrin (Katinka) Kulens-Feistl stammt aus der Film­branche und zählt zu den Mit­be­grün­de­rin­nen von Pro Quote Film, über die ich hier wiederholt ge­schrie­ben habe. Die Regisseurin hat gerade ihr erstes Buch vor­ge­legt, My lovely Shame, und ist als Dozentin aktiv. Sie lancierte in den Sozialen Medien die Frage: "Wie war das, als einmal alles für Dich auf dem Spiel stand?"

Und so fiel mir eine verges­sene Epi­sode ein. Die Vor­ge­schichte: Als deutsche Ober­schülerin habe ich schon vor dem Abitur Hoch­schul­kurse in den Sommer­ferien be­sucht. Im Ende der zweiten "Som­mer­schule" im fran­zö­si­schen Tours durfte ich nicht nur die Abschluss­ga­la mode­rieren, son­dern bekam von der Ins­ti­tutsleiterin einen weiterführenden Termin in Paris 'oktroyiert', den ich auf der Rück­reise wahr­nahm. (Jugend­her­bergs­bett- und Zug­um­bu­chung or­ga­ni­sierte und bezahlte das Ins­ti­tut!) Ich legte damals (ohne es ge­nau zu wissen) den Begab­ten­test "ESEU" für ein Hoch­schul­studium ab, hat­te al­so ein Jahr vor dem Abi­tur schon die Stu­dienplatz­zu­sage und ent­schied mich für die Sor­bon­ne (wo heu­te die Fei­er­lich­kei­ten statt­finden).

Zeit­sprung, ein Jahr später: Die Ankunft in Paris war holp­rig, c'est la grève, es ging mit Streik los. Der Orient-Ex­press, der mich über Nacht nach Paris brin­gen sollte, stand stun­den­lang auf irgend­welchen Gleisen rum und wir mussten sitzen, die Lie­ge­wa­gen­wa­gons fehlten. Die Zimmer­suche in der Stadt meiner Träu­me war quä­lend. Am Ende ent­schied sich alles in ei­nem Augen­blick.

Denn irgend­wann nahte der Rück­mel­dungs­schlus­ster­min an der Uni, dazu brauchte ich aber ein Konto, um mit dem Scheck die Se­mes­ter­ge­bühren bezah­len zu können, sowie eine Wohn­adresse. Auch für die Eröffnung eines Bank­kontos brauchte ich ei­ne Adresse sowie einen Status, z.B. Studentin (bele­gbar durch Ausweis). Es war die perfekte Qua­dra­tur des Kreises.

Ich legte das nochmal in der Filiale am Boulevard Saint-Michel Ecke Saint-Germain dar. Die Dame vom Bank­schal­ter musterte mich kurz und sagte: "Dann, mein Kind, ist die Idee mit dem Studium in Paris vielleicht zu groß für Sie!" und wandte sich brüsk ab. (Auf Französisch: Là, vous avez peut-être visé trop haut, mon en­fant, avec l'idée d'aller étu­dier à Paris. Solche Sätze bren­nen sich einem wört­lich ein.)

Der Blick nach oben
Ich verließ die Fi­lia­le, ließ mich auf der Bank vor der Bank fallen und kämpfte mit den Trä­nen. Neben mir eine Te­le­fon­zelle. Mein Blick wanderte hoch: Im ersten Stock überall die glei­chen Ja­lou­sien, anders als bei anderen Fens­tern, wo unter­schied­liche Vor­hänge hingen. Aha, dachte ich mir, da oben sind also Büros.

Dann hat­te ich eine Ein­ge­bung. Ich ging in die Te­le­fon­zelle und rief in der Bank an. Ich bat mit fester Stimme darum, mit dem Di­rek­tor ver­bun­den zu werden. Ich weiß nicht warum, aber ich wurde ver­mit­telt. Ich sa­gte: "Ich brauche Ihre Hilfe! Von Ihnen hängt ab, ob ich in Paris studieren kann oder nicht!" und er­klär­te die De­tails. Der Bank­­di­­rek­­tor ließ mich aus­re­den und atmete hör­bar aus. "Wo sind Sie jetzt?", fragte er.

"Vor der Bank in der Te­le­fon­zelle", ich da­rauf. Ich hob erneut die Augen, sah, wie in­nen Ja­lou­sie­la­mellen hoch­ge­zogen wur­den.

Ein Kopf erschien, wir tauschten Blicke.

Er nickte.

Eine Stun­de später durfte ich dort das erste Scheck­heft meines Lebens abholen — mit der Adres­se der Ju­gend­her­ber­ge drauf! Ich bin viele Jah­re in Frank­reich ge­blie­ben und bekam ir­gend­wann die fal­schen Kom­pli­men­te: "Ihr Deutsch ist ja her­vor­ra­gend!" Für mich ist die deutsch-fran­zö­sische Freund­schaft ge­leb­ter Alltag, wie es das schon für etliche meiner Vor­fah­ren der Fall war, bis dann die Na­zi­zeit alles zer­schlug ... das aber ist ein an­de­res Ka­pi­tel.

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Foto:
Photomaton, Paris