Freitag, 26. Juli 2024

Bonjour ...

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäf­tigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­le­sen. Das neu­e Jahr nimmt Fahrt auf!

Dol­mets­chen bei Kon­gres­sen, für den Po­li­tik­be­trieb, auf De­le­ga­tions­rei­sen, bei ad­mi­nis­tra­ti­ven Vor­gängen, in der Kanz­lei oder im Kran­ken­haus, bei Werks­be­sich­ti­gun­gen und Hin­ter­grund­ge­sprä­chen — un­se­re Ein­sät­ze sind über­aus viel­fäl­tig.

Grüne Jalousien, grüne Vase, Garten mit Pflanzen
Endlich Sommer
Da­bei über­tra­gen wir In­hal­te kon­se­ku­tiv (in Sprech­pau­sen hin­ein) oder si­mul­tan (na­he­zu zeit­gleich).
In den letz­ten Jah­ren sind wir im­mer öft­er auch online gefragt. Da diese Über­tra­gungs­art für alle an­stren­gen­der ist, klei­ne Mo­ni­tor­bil­der, ge­stauch­te und damit un­na­tür­liche Stim­men, Rau­schen oder Echos, sind die­se Ein­heiten meis­tens kür­zer als nor­ma­le Ein­sätze.

Zur Pla­nung Ihres Dol­metsch­be­darfs er­rei­chen Sie mich be­quem per Mail an ca­ro­line@adazylla.de. Da ich in Teil­zeit ei­ne An­ge­hö­ri­ge pfle­ge, bit­te ich um schrift­li­che Kon­takt­auf­nah­me.

Es gibt ke­ine Bü­ro­sprech­stun­den!

Wir freu­en uns auf Ihre An­fra­ge!

Bit­te be­ach­ten Sie: Krea­ti­ve Tex­te über­tra­ge ich selbst nur ins Deut­sche; an­de­re Spra­chen deckt un­ser Netz­werk ab. Do­ku­men­te be­ar­bei­ten Kol­le­gin und Kol­le­ge au­ßer­halb Ber­lins (im Post­ver­kehr).

Da wir nicht nur Spra­char­bei­terin­nen und Sprach­ar­beiter sind, son­dern auch Men­schen, die be­ob­ach­ten und Ihre Epo­che do­ku­men­tieren, fin­den Sie auf den fol­gen­den Sei­ten mein mit­un­ter sub­jek­tiv ge­präg­tes Ar­beits­ta­ge­buch.

P.S.: Die­se Sei­te ist für die An­sicht im Web­layout op­ti­miert, weil sonst hin­ter den Fo­tos Text ver­schwin­det.

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Foto: C.E.

Mediendolmetschen (8)

Guten Tag oder gu­‍ten Abend! Sie le­‍sen in ei­‍nem Ar­‍beits­ta­ge­‍buch, das den The­men Spra­‍che, Dol­‍met­schen, Über­‍set­zen und Kul­‍tu­ren ge­‍wid­‍met ist. Als frei­‍be­‍ruf­li­‍che Sprach­‍mitt­le­‍rin ar­‍bei­te ich dort, wo ich ge­‍braucht wer­de, oft in der Dol­‍met­‍sch­ka­‍bi­ne, di­‍rekt bei Kun­den oder am Film­‍set.

Ob ich dem Nach­wuchs emp­feh­len wür­de, Über­set­zen und Dol­met­schen zu stu­die­ren mit dem Ziel, für Me­dien und Film zu ar­bei­ten? Da­rauf ein ganz kla­res Nein.

Dolmetscherin, Funkgerät, Mikro (Mobiltelefonie), 1. Rechner: Material, 2. Rechner: Ton vom Dreh, manchmal Kamerabild
Dolmetschen beim Dreh (vom Nebenzimmer aus)
Die­se Ar­beit geht nicht mit TV-Li­ve­shows los, dort lan­den nur sehr we­ni­ge, wer das ist, hängt letzt­lich vom Wohn­ort, von Zu­fäl­len und per­sön­li­chen Be­kannt­schaf­ten ab. Und na­tür­lich vom Ta­lent, der Flüs­sig­keit der Ar­beit, der Qua­li­tät der Stim­me. Zu­vor ist aber jahr­zehn­te­lan­ge Ba­sis­ar­beit nö­tig, auch auf nor­ma­len Kon­fe­ren­zen, die Gründe sind Geld und Trai­ning. Am häu­figs­ten ist im Be­reich Me­dien­dol­met­schen Ar­beit am Set ge­fragt.

Zu­min­dest war das bis­her so.

Vor­re­de: Vor ei­ni­ger Zeit wa­ren mir be­reits im Ar­te-Pro­gramm Deut­sche auf­ge­fal­len, die bei of­fen­sicht­lich in Deutsch­land ge­mach­ten Film­auf­nah­men Eng­lisch ge­spro­chen ha­ben. Nun wur­de mir ein Dreh­tag mit Dol­met­schen ab­ge­sagt. Die Re­dak­teurin ha­be es für lo­gi­scher ge­hal­ten, dass der Protagonist aus Deutsch­land die fran­zö­si­sche Re­gis­seu­rin in der Spra­che des bis­he­ri­gen Mail­ver­kehrs an­spricht. Pa­ra­dox und neu: Der Protagonist ei­nes Do­ku­men­tar­films, der mit Team und Ka­me­ra durch sein Vier­tel läuft und al­les zeigt, soll Eng­lisch spre­chen. Nur für die In­ter­view­se­quen­zen sei noch Ver­dol­met­schung nö­tig.

Sol­cher Sprach­misch­masch mit dop­pel­tem Fremd­sprach­ge­brauch ist meis­‍tens häss­lich und höl­zern. Hin­zu kommt, dass in bei­den Ver­sio­nen des Do­ku­men­tar­films, der fran­zö­si­schen und der deut­schen, in der je­wei­li­gen Sprach­fas­sung über den Ori­gi­nal­ton drü­ber­ge­spro­chen wer­den wird.

Das ist ein No­vum für den be­lieb­ten deutsch-fran­zö­si­schen Kul­tur­sen­der, bei dem bis­lang die Re­gel galt: Je­de(r) spricht in der Mut­ter­spra­che. Der Vor­gang ist Aus­druck des Miss­trau­ens ge­gen­über uns Dol­met­scher ­nen. Un­ser Ziel und Stolz ist es, das Ge­sag­te auf na­tür­li­che Wei­se zu ver­mit­teln, ei­nen ma­xi­ma­len Fluss zu er­rei­chen, so dass der Aus­tausch di­rekt und so na­tür­lich wird, dass wir als „Stim­me“ ver­ges­sen wer­den. Am En­de ist der Aus­tausch tie­fer und fühlt sich für die Be­tei­lig­ten 'nor­mal' an. Wir sind am bes­ten, wenn nie­mand un­se­re Ar­beit be­merkt.

Viel­leicht hat die Re­dak­teurin auch schlech­te Er­fah­run­gen mit Lai­en ge­macht. Das kommt nicht von un­ge­fähr. Die Sen­der ha­ben Pro­duk­ti­ons­bud­gets ge­kürzt. Heu­te jon­glie­ren vie­le Pro­duk­ti­ons­fir­men mit 70 Pro­zent des­sen, was vor zehn Jah­ren üb­lich war, und al­les wird teu­rer. Die­se Fir­men bie­ten un­se­rem­ei­nen in der lo­gi­schen Kon­se­quenz 20 Pro­zent mehr als die 100 Dol­lar an, die zur Zeit des Mau­er­falls üb­lich wa­ren. Wenn wir am En­de bes­ser be­zahlt wer­den, dann ist das das Er­geb­nis müh­sa­mer Ver­hand­lun­gen.

Wer kei­ne Pro­fis be­zah­len will, be­kommt auch kei­ne. Sehr oft wird auf Lai­en zu­rück­ge­grif­fen, die fünf Mi­nu­ten vor­zeig­bar durch­hal­ten. Dann er­schre­cken sie über das, was sie tun, die Hin­win­dun­gen wer­den zu ei­nem Sa­lat, in dem sie her­um­sto­chern. Oder die Men­ge des pro take Ge­sag­ten ist zu viel. Bei ge­film­ten In­ter­views lässt sich eben nicht Satz für Satz ar­bei­ten.

Dann steht die Sprach­bar­rie­re un­über­seh­bar im Raum. Sie wird auch im ge­dreh­ten Ma­te­ri­al sicht­bar.

Ich bin nicht über­rascht, ich bin scho­ckiert. Die Re­dak­teurin weiß nicht, wie wir Dol­met­scher:in­nen ar­bei­ten. Die Un­wis­sen­heit wird durch haus­ge­mach­te Pro­ble­me ver­schärft, das Bud­get! Da­raus er­gibt sich ei­ne wei­te­re "Er­fah­rung". In Sum­me sind bei ge­na­uem Hin­se­hen aber kei­ne Fach­kennt­nis­se, son­dern lai­en­haf­te Mei­nung. Nur: Wer sagt es ihr?

Vor al­lem aber wur­den Re­geln ge­bro­chen, die im Kul­tur­aus­tausch lan­ge selbst­ver­ständ­lich wa­ren. Es ist ein Akt der Di­plo­ma­tie und der Frei­heit, Men­schen ih­re ei­ge­ne Spra­che spre­chen zu las­sen. Ich muss an Genscher (*) den­ken, den ich 2010 ver­dol­met­schen durf­te. Zi­tat: „Auf Eng­lisch sa­ge ich, was ich sa­gen kann, aber in mei­ner Mut­ter­spra­che sa­ge ich, was ich sa­gen will.“

Und wo wol­len die An­stal­ten in ein paar Jah­ren den gut aus­ge­bil­de­ten, fach­lich spe­zia­li­sier­ten Nach­wuchs her­neh­men, wenn ihm nie­mand mehr die Chan­ce gibt, sei­ne Fä­hig­kei­ten am Set zu ver­tie­fen und zu ver­fei­nern?

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Foto: C. Weißgerber (Archiv)
*:
Hans-Diet­rich Genscher, dienst­äl­tes­ter
deut­scher Au­ßen­mi­nis­ter (1974 bis 1992)

Donnerstag, 25. Juli 2024

Prima Aussichten (2)

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier seit 2007. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch; mei­ne Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet als Über­set­ze­rin, al­so schrift­lich, mit Ziel­spra­che Eng­lisch. Wer so lan­ge wie ich ein di­gi­ta­les Ar­beits­ta­ge­buch führt, kann sich selbst über die Schul­ter se­hen. Ein ko­mi­sches Ge­fühl! 

Im Som­mer ha­be ich kaum Le­se­rin­nen und Le­ser, da kann ich al­te Bei­trä­ge her­vor­kra­men, die sonst viel­leicht als "zu kri­tisch" ins Kreuz­feu­er der Kri­tik ge­ra­ten wür­den. It's throw­back thurs­day!

Vor ziem­lich ge­nau vor zwei Jah­ren (Link) hat­te ich bei der Ar­beit nicht et­wa aus Grün­den der Tem­pe­ra­tur ein Brett vorm Kopf, son­dern ei­ne Säu­le brach­te die Hin­win­dun­gen durch­ein­an­der. Der Stütz­pfei­ler stand fett im Weg rum.

Eine Säule versperrt den Blick auf die Leinwand
Säu­le mit Re­vi­si­ons­klap­pe
Es war bei ei­nem Hoch­som­mer­ein­satz, und Hit­ze kam noch on top. Wir ha­ben bei der abend­li­chen Auf­takt­ver­an­stal­tung so gut es ging ver­sucht, drum­her­um­zu­ar­bei­ten ... bis die Ver­an­stal­te­rin uns zum Glück am nächs­ten Mor­gen ei­ne gu­te Sicht ver­schafft hat. Nein, nicht die Säu­le wur­de ver­scho­ben, auch nicht die schwe­re Ka­bi­ne ver­rückt (ei­ne in ei­ner Rei­he von fün­fen); das Bild da­zu am En­de die­ses Links: klick!

Wenn Sie ei­ne Kon­fe­renz pla­nen und sich fra­gen, ob der Raum ge­eig­net ist: Prü­fen Sie die Lage vor Ort, den­ken Sie in Sicht­ach­sen! Im Zwei­fels­fall dür­fen Sie mich ger­ne an­ru­fen. Ich ha­be schon Mo­na­te vor dem Ein­satz Ka­bi­nen­stand­or­te in Grund­riss­plä­ne ein­ge­zeich­net.

In Ber­lin se­he ich mich auch vor Ort um. Wir ha­ben so­gar ei­nen Ent­fer­nungs­mes­ser mit La­ser im Bü­ro. Ich weiß, wie viel Platz für ei­nen Stuhl, für die Luft da­zwi­schen und für die Gän­ge vor­ge­se­hen ist. Wir sind be­ra­ten­de Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher und wir lie­ben gu­te Ar­beits­be­din­gun­gen!

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Fo­to: C.E. (Ar­chiv)

Mittwoch, 24. Juli 2024

Kreatives Textübersetzen

Bonjour, hello & gu­ten Tag! Auf die­sen Sei­ten er­hal­ten Sie Ein­bli­cke in mei­nen Ar­beits­all­tag als Dol­met­scherin. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, und ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch als Ausgangssprache. Als Dol­met­scherin bin ich al­ler­din­gs bi­la­te­ral tätig, in bei­de Rich­tun­gen, Eng­lisch grund­sätz­lich nur als Aus­gangs­spra­che. Da­für über­setzt mei­ne Büro­kol­le­gin ins Eng­li­sche.

Am Mon­tag er­hielt ich die An­fra­ge, ob ich ein KI-vo­rüber­setz­tes Dreh­buch re­di­gie­ren wol­le. Das an­ge­bo­te­ne Ho­no­rar be­trug nur 20 Pro­zent mei­nes üb­li­chen Sat­zes für ei­nen Text die­ses Schwie­rig­keits­gra­des. Mei­ne Ant­wort war klar: Nein, das will ich nicht. So­fort kam die Rück­fra­ge, ob ich je­man­den emp­feh­len kön­ne. Auch hier: Nein. Der Preis passt nicht zum Auf­trag, und der Auf­trag passt nicht zu ei­nem krea­ti­ven Text, der ei­ne ma­nu­el­le Über­set­zung er­for­dert.

Ich ha­be der po­ten­zi­el­len Kun­din nur kurz ge­ant­wor­te­t, möch­te mich aber hier aus­führ­li­cher er­klä­ren.

Ein Wald ist mehr als die Sum­me sei­ner Bäu­me

Über­tra­gen heißt das: Ein Text ist mehr als die Sum­me sei­ner Wör­ter. Au­tor:in­nen wäh­len be­stimm­te Be­grif­fe be­wusst, spie­len auf kul­tu­rel­le Phä­no­me­ne, Buch­ti­tel oder Film­zi­ta­te an, ver­mei­den ab­ge­nutz­te Be­grif­fe. Sie schaf­fen ein Ge­dan­ken­ge­flecht aus Ide­en und Be­zü­gen. All dies bleibt in ei­ner ma­schi­nel­len Über­tra­gung, die das Er­geb­nis an­ge­wand­ter Ma­the­ma­tik ist, auf der Stre­cke. Wir Men­schen in­des ken­nen das sprach­li­che und his­to­ri­sche Hin­ter­land der Begrif­fe, wir haben As­so­zia­tions­ta­lent, die Ma­schi­ne nicht. So­weit das kul­tu­rel­le Ar­gu­ment. 

Diverse merkwürdige Darstellungen von "Dolmetscher:innen"
Alles verrutscht. So sah 2023 die KI meinen Dolmetscherberuf
Nun zu mei­nem Zeit­bud­get: Beim so­ge­nann­ten Post-Edi­ting muss ich zu­erst den Aus­gangs­text und dann die ma­schi­nel­le Über­set­zung le­sen. Mei­ne Au­gen sind auf ge­druck­te Tex­te trai­niert, und es dau­ert län­ger, bis ich mich von ei­ner vor­ge­ge­be­nen "Über­set­zung" lö­sen kann. Spra­che ist im­mer auch Mu­sik. 

Der Klang der ma­schi­nel­len "Lö­sungs­vor­ga­ben" be­ein­träch­tigt zu­sätz­lich mei­ne Ar­beit. Es ver­geht al­so mehr Zeit, bis ich pro­duk­tiv wer­de.

Wört­er und Pro­so­die er­ge­ben den Stil ei­nes Tex­tes. Beim Auf­pep­pen ei­ner see­len­lo­sen Vor­la­ge kann ich nicht wirk­lich krea­tiv ar­bei­ten. Mein Ge­hirn ist dar­auf trai­niert, schnell aus Ver­si­on A die Ver­si­on B zu ma­chen — nicht um­sonst bin ich seit über 30 Jah­ren Dol­met­scherin und Kul­tur­ver­mitt­le­rin.

Zeit­auf­wand und Er­go­no­mie

Die­ses Hin und Her beim Edi­tie­ren hin­dert mich dar­an, in ei­nen krea­ti­ven Flow zu kom­men. Ich ver­su­che, gleich­zei­tig auf meh­re­ren Ebe­nen zu ar­bei­ten und ver­lie­re da­bei oft den Ge­samt­text aus den Au­gen. Auch die KI über­trägt nur von Satz­an­fang zu Satz­en­de, was zu ei­ner dop­pel­ten Kurz­sich­tig­keit führt. Ich schaf­fe ma­xi­mal die Hälf­te in der vor­ge­ge­be­nen Zeit und bin am En­de wirk­lich er­schöpft. 

Ein sol­cher Auf­trag wä­re al­so ein mehr­fa­ches Pro­blem hin­sicht­lich Zeit­auf­wand, Er­go­no­mie und Ar­beits­zu­frie­den­heit. Soll­te ei­ne Kun­din dar­auf be­ste­hen, dass ich ma­schi­nell vor­ge­wähl­te Be­grif­fe ver­bes­se­re, müss­te ich mehr als das Dop­pel­te mei­nes nor­ma­len Prei­ses ver­lan­gen.

Ein­zel­ne Ma­schen statt kunst­vol­les Text­ge­flecht

Rich­tig übel wird es, wenn ich mir den Aus­gangs­text er­neut in Ru­he vor­neh­me und dem kul­tu­rel­len und sprach­li­chen Hin­ter­land nach­spü­re. Beim ver­ba­len Bal­ken­tur­nen (im­mer der vor­ge­ge­be­nen Li­nie ent­lang) bleibt zu viel auf der Stre­cke. Ich kann mei­ne Kom­pe­ten­zen beim "Edi­ting" von ma­schi­nell "Über­setz­tem" nicht voll ein­brin­gen, weil al­les an der Ober­flä­che bleibt. Ein Text ist eben mehr als die Sum­me sei­ner Wör­ter. 

Kurz ge­sagt: Es fühlt sich an, als wür­de ich mit an­ge­zo­ge­ner Hand­brem­se ein Au­to­ren­nen fah­ren. Ein pas­sen­de­res Bild, da ich kei­nen Füh­rer­schein ha­be: Es ist, als müss­te ein Renn­pferd mit ei­nem al­ten Holz­kum­met ei­nen Acker pflü­gen, da­bei wis­sen wir doch heu­te, dass wir weg­müs­sen vom Pflü­gen, hin zur Di­rekt­saat!

Nach­re­de

Auf mei­ne Kurz­fas­sung ant­wor­tet die Kun­din, dass sich die ma­schi­nel­le Über­set­zung gar nicht so schlecht le­sen wür­de. Es sei recht flüs­sig, man müs­se nur ein paar "Stop­per" aus­tau­schen, den gro­ßen Auf­wand se­he sie nicht. Ich schi­cke ihr ei­nen Ab­satz, den ich von Hand über­setzt ha­be, di­rekt da­vor das ma­schi­nel­le Er­geb­nis und er­klä­re in Kom­men­ta­ren hier und da mei­ne Wort­wahl. Die Kun­din wird nun mit der Fir­men­lei­tung Rück­sprache hal­ten. Drückt mir die Dau­men!

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Fo­to: Dall:e (Vorgaben: realistic, 3D,
french, painting, historic)

Dienstag, 23. Juli 2024

It's hot, baby!

Aus dem Ar­beits­­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin kön­nen Sie auf die­sen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch, ein we­nig mit Eng­lisch. Sehr häu­fig dol­met­sche ich zu Um­welt- und Klima­the­men, Um­welt­tech­nik, Na­tur- und Flä­chen­schutz, Flä­chen­neu­in­an­spruch­nahme (ar­ti­fi­cia­li­sa­tion des sols) und nach­hal­ti­gem Bauen. Für mich ist es manch­mal schwer zu ver­ste­hen, dass nicht längst alle He­bel um­ge­legt wor­den sind ...

Teddybär und Stickdecke beim Trödler: "Schön Wetter"
Klima ist nicht gleich Wetter
Sta­tis­ti­ker ver­mel­den, dass sich die Zahl der jähr­li­chen Hitze­tage in Deutsch­land seit den 1950er Jah­ren bis heute auf neun Tage ver­drei­facht hat. Dem steht ein Rück­gang der "Eis­tage" ge­gen­über. Dazu zäh­len alle Tage, an denen die Luft­tem­pe­ra­tur unter null Grad Cel­si­us liegt. In den 50er Jah­ren waren es noch 28 per annum, heute sind es 19.
Des­halb geht es jetzt da­rum, die Städ­te an­ders zu pla­nen, mehr auf be­reits er­schlos­se­ne Flä­chen zu­rück­zu­grei­fen, den Be­stand klima­gerecht um­zu­bau­en, Stich­wort Schwamm­städ­te, mit Retentions­flä­chen, Zis­ter­nen und viel, viel mehr Grün als heute, auch an den Fassaden, in den Hö­fen und Gär­ten, um das Regen­was­ser dort zu sam­meln, wo Pflan­zen küh­len und Schat­ten spen­den.

Es gibt be­reits wun­der­ba­re Bei­spie­le für ver­ti­ka­le und hori­zon­ta­le Be­grü­nun­gen von Neu- und Alt­bau­ten, von Ab­luft­tür­men als über­di­men­sio­na­le Rank­sys­te­me und von Mikro­wäl­dern, auch Tiny Forest ge­nannt. (Un­se­re Stadt­vä­ter und -müt­ter soll­ten mal ei­nen Ab­ste­cher nach Singapur und Japan ma­chen — oder öfter die ent­spre­chen­den Fach­kon­fe­ren­zen be­su­chen).

Es fällt mir schwer, Men­schen zu ver­ste­hen, die ak­tu­el­le Ent­wick­lun­gen leug­nen oder auf na­tür­li­che Pro­zes­se schie­ben. Im Zug füh­re ich manch­mal sol­che Ge­sprä­che. Ich bin in­zwi­schen zu ei­ner Sa­la­mi­tak­tik über­ge­gan­gen. Ein paar emo­tio­na­le Zu­stim­mun­gen, un­ter­füt­tert mit ei­ge­nen Le­bens­er­fah­run­gen, könn­ten die Leu­te aufs rich­ti­ge Gleis set­zen, um im Bild zu blei­ben. Da war der zu hei­ße Ur­laub in Süd­eu­ro­pa, heute fühlt sich der Ost­see­strand oft an wie Ita­lien, ers­tes Ni­cken. Die Leu­te stim­men wei­ter zu, wenn wir auf die In­sek­ten zu spre­chen kom­men, die wir vor nicht all­zu­lan­ger Zeit im­mer von der Wind­schutz­schei­be krat­zen muss­ten bei län­ge­ren Fahr­ten.

Schmet­ter­lin­ge und Li­bel­len, ken­nen das die Kin­der von heute? Au­ßer dem "Klei­nen Kohl­weiß­ling" se­hen wir heute oft fast nichts mehr flie­gen. Und das Vo­gel­ge­zwit­scher ist lei­ser ge­wor­den. (Klei­ne Bio­lo­gie­stun­de für Lai­en: "Kein Wun­der, die fres­sen ja In­sek­ten!") ...

Irgend­wann den­ke ich laut über die ei­gent­lich lang­sa­me Evo­lu­tion nach, dass Pflan­zen und Tie­re nor­ma­ler­wei­se gar nicht so schnell wan­dern können, es sei denn, sie sind im Ballast­was­ser von Schif­fen ge­fan­gen oder ste­cken zwi­schen Wa­ren, die mit dem Flug­zeug kom­men. Be­vor mein Ge­gen­über auf krude pseu­do­wis­sen­schaft­li­che The­men kommt, len­ke ich das Ge­spräch auf die Ti­ger­mü­cke und die Ge­fah­ren neuer Krank­hei­ten. Oder die Zu­nah­me von Ze­cken, die ge­fähr­li­che Krank­hei­ten über­tra­gen, und das ver­mehr­te Auf­tre­ten von Tro­pen­ze­cken. Heute kennt lei­der je­der je­man­den, der an Bor­re­liose er­krankt ist. Das Ge­gen­über nickt wie­der.

Mir ist es wich­tig, Leug­ner durch sol­che Plaudereien be­hut­sam aus ih­rer ar­gu­men­ta­ti­ven Rit­ter­burg her­aus­zu­ho­len bzw. sie gar nicht erst rein­kom­men zu las­sen in ihr De­bat­tensche­ma mit den Sprach­stan­zen. Ich ma­che das hin und wie­der als Hob­by. Ich füh­re sie von den Tot­schlag­ar­gu­men­ten zu­rück auf den Bo­den ih­rer ei­ge­nen Be­ob­ach­tun­gen. Es geht mir dar­um, ih­re Auf­merk­sam­keit zu schär­fen, da­bei an ih­re Er­fah­run­gen an­zu­knüp­fen, ich brin­ge da­bei auch im­mer ei­nen ge­wis­sen Kon­ser­va­tis­mus ins Spiel. Der Be­griff be­deu­tet ja eigent­lich "be­wah­ren, er­hal­ten", und wir wol­len ja nicht noch mehr Ri­si­ken pro­vo­zie­ren, son­dern wün­schen uns für un­se­re An­ver­wand­ten und Freun­de eine Zu­kunft mit mög­lichst viel Si­cher­heit, oder?

Na­tür­lich ge­hört zur Si­cher­heit auch ei­ne ge­wis­se Be­rech­en­bar­keit. Beim The­ma Schie­ne ist es ähn­lich. Meis­tens sit­zen wir in ei­nem ver­spä­te­ten Zug. Irgend­wann be­nen­ne ich das Bahn­dra­ma als das, was es ist: Fol­ge der ge­plan­ten Pri­va­ti­sie­rung, der un­ter­las­se­nen In­ves­ti­tio­nen in Er­halt und Mo­der­ni­sie­rung, obwohl In­ves­ti­tio­nen in staat­li­che In­fra­struk­tur rech­ne­risch keine Schul­den sind, weil ih­nen ge­bau­te Ver­mö­gens­wer­te ge­gen­über­ste­hen, mit denen wie­der­um ge­ar­bei­tet wird, was Um­satz, Ein­kom­men und Steu­er­ein­nah­men ge­ne­riert.

Ich hoffe, dass In­dus­trie, Ban­ken und Ver­si­che­run­gen lang­sam mehr Druck auf die Po­li­tik aus­üben. In­ves­ti­tio­nen in den Klima­schutz sind bil­lig im Ver­gleich zu den Fol­ge­kos­ten, die sonst in ei­ni­gen Jah­ren und Jahr­zehn­ten auf uns zu­kom­men.

Zum The­ma wer­de ich wei­ter­le­sen und mir auch klei­ne Kärt­chen zum Aus­wen­dig­ler­nen ma­chen. Link zum PIK, für das ich schon ge­dol­metscht ha­be. Ich nen­ne das Ar­beit an der De­mo­kra­tie.

P.S.: Der letz­te Sonn­tag war welt­weit der hei­ßes­te Tag seit Be­ginn der Auf­zeich­nun­gen. Pr­osit!

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Foto: C.E. (ge­se­hen in Sach­sen)

Montag, 22. Juli 2024

Montagsschreibtisch (52)

Kabine, Monitore, Mischpult
Hier links sitzt der Techniker
Bon­jour & hel­lo! Sie lesen hier in einem di­gi­ta­les Tage­buch aus der Spra­chen­welt. Ich über­setze ins Deut­sche und dol­met­sche bi­la­te­ral Fran­zö­sisch und Deutsch so­wie aus dem Eng­li­schen. Die Früh­jahrs­sai­son wur­de vor allem durch Sommer­uni­ver­si­täts­ein­sät­ze ver­län­gert, von denen ei­ni­ge wie in Corona­zei­ten "re­mo­te" statt­fin­den. 

Puh, schon wie­der Mon­tag! Was liegt vor?

⊗ Nach­hal­ti­ges Bauen (Stu­di­en­grup­pe) 
⊗ Spiel­film­dra­ma­tur­gie (Nach­be­rei­tung)  
⊗ Kos­ten­vor­an­schlä­ge schrei­ben 
⊗ Klei­dung durch­sehen und re­pa­rie­ren 

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Foto: C.E. (Archiv)

Samstag, 20. Juli 2024

Elite ist kein Fruchtjoghurt

Bon­jour und herz­lich will­kom­men! Hier bloggt eine Sprach­ar­bei­te­rin. Fran­zö­sisch in Ber­lin, Deutsch in Frank­reich, so geht mit mei­ner Sprach­kom­bi mei­ne De­fi­ni­ti­on für Dol­met­scher los. Wir müs­sen uns im­mer wie­der mit gro­ßer Leich­tig­keit an die Um­ge­bung an­pas­sen, die wir ver­to­nen. Heu­te: Lieb-Link der Wo­che!

Hans Sachs,  Holzschnitt von Michael Ostendorfer (1545)
Der his­to­ri­sche Hans Sachs (Holz­schnitt von 1545)
Schon als Schü­le­rin ha­be ich un­ter­schied­li­che Mi­lieus stu­diert, al­ler­dings eher un­frei­wil­lig. Ein­ge­schult wur­de ich in ei­ner mit­tel­hes­si­schen Uni­stadt, be­such­te die Grund­schu­le in der Nach­bar­schaft mit ei­nem ge­walt­tä­ti­gen Ex-Na­zi als Leh­rer. Als Freun­des­grup­pe wech­sel­ten wir im ers­ten Schul­halb­jahr ge­schlos­sen in ei­ne Grund­schu­le am Stadt­rand. 

Hier, im Neu­bau­ge­biet, lei­te­te ein al­ter, hu­ma­nis­tisch ge­präg­ter Di­rek­tor die Schu­le. Er war in den letz­ten zwei Jah­ren un­ser Klas­sen­leh­rer, er hieß Hans Sachs, ich ver­eh­re ihn bis heu­te.


Er präg­te das Kli­ma in der Schu­le, in der ge­stal­te­ri­sche Früh­er­zie­hung eben­so an­ge­bo­ten wur­de wie Chor­ge­sang. Sol­che kul­tu­rel­len Leucht­tür­me braucht je­der Stadt­teil. Die Nach­bar­schu­le war ei­ne neue Ge­samt­schu­le mit jun­gen Leh­rern, wir wech­sel­ten spä­ter wie­der als Grup­pe, und al­les in al­lem ein­fach toll. Es gab ein Sprach­la­bor, ei­ne Schul­kü­che, Holz- und Me­tall­werk­stät­ten, ein Fo­rum, das für de­mo­kra­ti­sche Pro­zes­se ge­nutzt wur­de und ei­ne sehr gro­ße Sport­hal­le. An der Schu­le tra­fen sich Kin­der aus den un­ter­schied­lichs­ten Schich­ten.

Dann, nach ei­nem Um­zug aufs Land und nach Ba­den-Würt­tem­berg: An ei­nem Pro­vinz­gym­na­si­um traf ich auf al­te Leh­rer­in­nen und Leh­rer mit zum Teil merk­wür­di­gen Me­tho­den. Ei­ner von pre­dig­te uns stän­dig, wir sei­en die Eli­te. Den Be­griff kann­te ich da­mals nur als Mar­ke ei­nes Frucht­jo­gurts, der spä­ter zur Haus­mar­ke ei­nes Dis­coun­ters wur­de.

Heu­te: Ge­dan­ken zu ei­nem um­strit­te­nen Be­griff und der Link zu ei­nem Zei­tungs­ar­ti­kel, der mir aus dem Her­zen spricht. Es fol­gen die Kern­the­sen von "Hilfe, ich bin eli­tär" aus der Fe­der von Georg Se­eß­len, die ta­ges­zei­tung, 17.7.2024. 

Der Be­griff „Eli­te“ wird oft miss­ver­stan­den und miss­braucht. Kei­ne Ge­sell­schaft kann oh­ne Eli­ten aus­kom­men, aber es ist ho­he Zeit, die Eli­ten zu de­mo­kra­ti­sie­ren und gleich­zei­tig der De­mo­kra­tie eli­tä­re Zü­ge zu ver­lei­hen.

Ei­ne Eli­te be­steht aus Men­schen, die über­durch­schnitt­li­che Fä­hig­kei­ten oder Kennt­nis­se ha­ben. Es gibt ver­schie­de­ne Ar­ten von Eli­ten, dar­un­ter be­ruf­li­che, wis­sen­schaft­li­che, po­li­ti­sche und kul­tu­rel­le Eli­ten. Je­de Be­rufs- und Wis­sens­ge­mein­schaft hat ih­re ei­ge­nen Eli­ten, und der ge­gen­wär­ti­ge Fach­kräf­te­man­gel kann auch als ein Man­gel an Eli­ten ver­stan­den wer­den.

Eli­ten sol­len Wis­sen, Macht und Ei­gen­tum kon­trol­lie­ren, aber nicht zu selbst­re­fe­ren­ti­el­len, macht­be­ses­se­nen Sub­sys­te­men wer­den. Rech­te Be­we­gun­gen rich­ten sich nicht ge­gen Eli­ten per se, son­dern nur ge­gen de­mo­kra­ti­sche Eli­ten.

Eli­ten soll­ten mit ih­ren Pri­vi­le­gi­en und ih­rer Macht ver­ant­wor­tungs­voll um­ge­hen und ih­re Ar­beit der Ge­sell­schaft zu­gu­te kom­men las­sen. Die Ge­sell­schaft braucht Eli­ten, aber sie müs­sen de­mo­kra­tisch kon­trol­liert wer­den und ihr En­ga­ge­ment muss al­len zu­gu­te kom­men.

Ei­ne der ers­ten For­de­run­gen muss des­halb lau­ten: Die bes­te Bil­dung für al­le!  Wo­mit ich wie­der bei Hans Sachs wä­re, nicht bei dem his­to­ri­schen Mann, son­dern bei dem Schul­di­rek­tor, über den im Netz lei­der nichts zu fin­den war.

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Il­lus­tra­ti­on (Wi­ki­me­dia): Hans Sachs, 

Freitag, 19. Juli 2024

KI-Murks (3)

Ein­‍blicke in den Ar­‍beits­‍all­‍tag ei­‍ner Dol­‍met­‍sche­‍rin kön­nen Sie hier neh­men. Mei­‍ne Mut­ter­‍spra­‍che ist Deutsch, ich ar­‍bei­te mit Fran­‍zö­‍sich und Eng­‍lisch; die Büro­‍kol­le­‍gin über­‍setzt in die Spra­‍che Shakes­‍peares. Na­tür­‍lich be­‍ob­‍ach­‍ten wir auch im Som­‍mer un­‍ser Ar­‍beits­‍ma­te­‍ri­‍al, die Spra­‍chen.

High-‍Tech-‍Fa­‍ser mal an­‍ders
Die Über­‍set­‍zer:‍in­nen­‍welt freut sich, wenn die KI z.B. aus dem bü­‍gel­‍lo­‍sen BH ei­‍nen draht­‍lo­‍sen BH macht, der dann in der "Übel­‍set­‍zung" zum ka­‍bel­‍lo­‍sen BH mu­‍tiert. Des­‍sous mit Funk­‍ver­‍bin­‍dung, très chic!
An­‍de­‍res Be­‍spiel: Mens­‍tru­‍a­ti­‍ons­‍un­ter­‍wä­‍sche, auf ei­‍ner Mo­‍de­‍web­‍sei­‍te ein­‍so­‍rtiert un­ter Män­‍ner­‍klei­‍dung. Der Grund da­‍für ist ein­‍fach. Die KI hat nur die ers­‍ten drei Buch­‍sta­‍ben "ge­‍le­‍sen", and it's a men's world.

Die all­‍seits be­‍lieb­‍ten "to­‍ten Ta­‍schen" (KI-Schreib­‍wei­‍se) wer­den ger­‍ne von den To­‍te-‍Ho­‍sen-‍Fans ge­‍tra­gen. Ich bin kei­‍ne Fa­‍shio­‍nis­ta und ler­ne: Die "To­‍te Bag" (weil DIE Ta­‍sche), Lang­‍fas­‍sung 'To­‍te Bag Shop­‍per', wird über der Schul­‍ter, am Arm oder als Um­‍hän­‍ge­ta­‍sche ge­‍tra­gen."

Nur die KI zu bas­‍hen ist mir zu lang­‍wei­‍lig. Ich spin­ne das The­‍ma wei­‍ter. Auf Fran­‍zö­‍sisch hieß ei­‍ne grö­‍ßere Hand­‍ta­‍sche einst­‍mals bai­‍sen­‍vil­le.
20 Jah­‍re als Dol­‍met­‍sche­‍rin in der di­‍plo­‍ma­‍ti­‍schen Welt ha­‍ben Spu­‍ren hin­‍ter­‍las­‍sen. Ich ha­‍be Mü­‍he, den Be­‍griff wört­‍lich zu über­‍tra­gen ... aber es wird gleich deut­‍lich.

Es geht al­‍so um das et­‍was grö­‍ße­‍re Ta­‍ges­ge­‍päck, die et­‍was klei­‍ne­‍re Rei­‍se­‍ta­‍sche. Ich habe bai­‍sen­‍vil­le aus der Li­‍te­‍ra­‍tur als ein Uni­‍sex-‍Ac­‍ces­‍soi­re in Er­‍in­‍ne­‍rung, Sei­‍tensprün­ge sind ja nicht vom Ge­‍schlecht ab­‍hän­‍gig, ich habe das Wort ein einziges Mal gehört, das war im Se­‍mi­‍nar an der Uni, viel­‍leicht wur­‍den die ech­‍ten Fran­‍zö­‍sin­‍nen und Franzo­‍sen im Raum aus den glei­‍chen Grün­‍den wie ich oben nicht deut­‍lich. Denn das Netz be­‍steht dar­‍auf, dass es ei­‍ne Män­‍ner­‍ta­‍sche oder ein klei­‍nes Köf­‍fer­‍chen sei, und heu­‍te ein Re­‍vi­‍val er­‍le­‍be.

Le Bai­‍sen­‍vil­le oder le bai­‍se-‍en-‍vil­le, das un­‍ver­‍än­‍der­‍li­‍che männ­‍li­‍che No­‍men geht der Quel­‍le zu­‍fol­ge auf das Jahr 1934 zu­‍rück und sei sehr um­‍gangs­‍spra­‍chlich. Das Ge­‍päck sol­‍le ac­‍cueil­‍lir le strict né­‍ces­‍sai­‍re pour pas­‍ser une nuit hors du foy­‍er, heißt es, al­‍so das Mi­‍ni­‍mum des­‍sen auf­‍neh­‍men kön­‍nen, was für ei­‍ne Nacht au­‍ßer­‍halb nö­‍tig ist (oder si­‍cher auch für ein klei­‍nes "5 à 7", sie­‍he un­‍ten, Links fol­‍gen).

Die Zeit um 1934 in Fran­‍k­reich wird im Netz in fol­‍gen­‍den Kon­‍text ge­‍stellt: C'était une épo­‍que d’o­‍pu­‍len­‍ce qui voit éclore la so­‍cié­‍té de con­‍som­‍ma­‍ti­‍on et avec une nou­‍vel­le ma­niè­‍re de vi­‍vre où il est ques­‍tion de pro­‍fi­‍ter de la vie ! Le cli­‍mat est lé­‍ger et le ba­‍di­‍na­‍ge amou­‍reux, for­‍cé­‍ment de mi­‍se ! Le bai­‍sen­‍vil­le est donc à pren­‍dre au pied de la let­‍tre, il con­‍tient le kit de sur­‍vie né­‍ces­‍sai­‍re à une soi­‍rée de dé­‍couch­‍a­‍ge. Un pas­‍sé sul­‍fu­‍reux très bien as­‍su­‍mé par ces nou­‍veaux por­‍teurs, qui l'ap­‍pré­‍cient pour son as­‍pect mo­‍de mais éga­‍le­‍ment pour son his­‍toire qui en fait sou­‍ri­‍re plus d'un.

Rasch von Hand über­‍tra­gen: "Es wa­‍ren Jah­‍re des Über­‍schw­‍angs und der Fül­‍le, in der die Kon­‍sum­ge­‍sell­‍schaft ent­‍steht und mit ihr ei­‍ne neue Le­‍bens­‍wei­‍se, und zwar das Le­‍ben in vol­‍len Zü­‍gen zu ge­‍nie­‍ßen. Die Stim­‍mung ist leicht und amou­‍rö­‍ses Ge­‍plän­‍kel ge­‍hört ein­‍fach da­‍zu! Die "Bai­‍sen­‍vil­le" ist al­‍so wört­‍lich zu ver­‍ste­‍hen, es ent­‍hält das Über­‍le­‍bens­‍not­‍wen­‍di­‍ge für die lust­‍voll aus­‍häu­‍sig ver­‍brach­‍te Nacht. Über das er­‍neut in Mo­‍de ge­‍kom­‍me­‍ne Ac­‍ces­‍soi­re und die schlüp­‍fri­‍ge Ge­‍schich­‍te, die da­‍bei mit­‍schwingt, wird heu­‍te­‍zu­‍ta­‍ge wis­‍send ge­‍schmun­‍zelt."

Das frag­‍li­‍che Ge­‍päck­‍stück könn­‍ten wir ein Tech­‍tel­‍mech­‍tel­‍täsch­‍chen nen­‍nen. Ich ha­‍be mich für die kur­‍ze Über­‍set­‍zung ein we­‍nig auf dem da­‍zu­ge­‍hö­‍ren­‍den Wort­‍feld um­ge­‍se­‍hen. Wä­‍re das hier ein Über­‍set­‍zungs­‍auf­‍trag, wür­‍de ich Groß­‍stadt­‍ro­‍ma­‍ne der da­‍ma­‍li­‍gen Zeit zur Hand neh­‍men, zum Bei­‍spiel "Das kunst­‍sei­de­‍ne Mäd­‍chen" von Irm­‍gard Keun. Aus den Hirn­‍win­‍dun­‍gen kra­‍me ich ne­‍ben dem Tech­‍tel­‍mech­‍tel noch das Rum­‍pous­‍sie­‍ren her­‍vor. Aber ein Wort für ein ent­‍spre­‍chen­‍des Hand­ge­‍päck ist mir auf Deutsch nicht be­‍kannt.

Okay, Ma­‍da­‍me nimmt al­‍so die to­‍te Ta­‍sche mit zum Stell­‍di­‍chein, sie­‍he den ein­‍gangs rap­‍por­‍tier­‍ten Über­‍tra­‍gungs­‍feh­‍ler durch die KI, und ich sie­‍de­le das Gan­‍ze in Mün­‍chen an und bas­‍te­le ihr ein Gspu­‍si­‍da­‍scherl, Mon­‍sieur kommt mit der Bai­‍sen­‍vil­le, das bi­na­‍tio­‍na­‍le Ren­‍dez-‍vous mit vui Gfui kann be­‍gin­‍nen. So­‍lan­‍ge der Wlan-‍BH dann nicht den Stand­‍ort funkt ...

Ver­‍bun­‍de­‍ne Ein­‍trä­‍ge (z.T. im Netz ver­‍schwun­‍den, Re­‍cher­‍che läuft!)
— Du 5 à sec: Link folgt
— Le lit na­tio­‍nal: 1. Link (ak­‍tiv), 2. Link (folgt)
— Das Ren­‍dez-‍Vous: 1. Link (ak­‍tiv), 2. Link (folgt)

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Fo­‍tos: Netz­‍fun­‍de (be­‍ar­‍bei­‍tet)

Donnerstag, 18. Juli 2024

Prima Aussichten (1)

Guten Tag oder gu­‍ten Abend! Sie le­‍sen in ei­‍nem Ar­‍beits­ta­ge­‍buch, das den The­men Spra­‍che, Dol­‍met­schen, Über­‍set­zen und Kul­‍tu­ren ge­‍wid­‍met ist. Als frei­‍be­‍ruf­li­‍che Sprach­‍mitt­le­‍rin ar­‍bei­te ich dort, wo ich ge­‍braucht wer­de, oft am Film­‍set, bei Kun­den oder in der Dol­‍met­‍sch­ka­‍bi­ne. 

Dolmetscherin im Dunkel der Kabine, gestikuliert, Blick gesenkt
So sieht der Blick IN die Ka­‍bi­‍ne aus
In der Som­‍mer­‍pau­se dür­‍fen wir Dol­‍met­‍scher und Dol­‍met­‍sche­‍rin­nen durch­‍at­men und Mus­‍kel­‍ka­ter ab­‍bau­‍en.

Das Hirn hat manch­‍mal wel­‍chen, aber auch an­de­‍re Mus­‍keln sind ge­‍for­‍dert. Oben ha­‍be ich die Dol­‍met­‍sch­ka­‍bi­nen er­‍wähnt. Nun, es gibt da sol­‍che und sol­‍che Bo­‍xen.

Heu­te bringt uns mein Throwback thurs­day zu ei­‍ner her­‍aus­‍for­‍dern­den Aus­‍sicht! 
Bitte hier ent­‍lang: klick!


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Fo­‍to:  Merci beaucoup à Pierre-Jérôme
Adjedj, Pidji Photography