Sonntag, 23. März 2025

Bonjour

... und herz­lich will­kom­men auf mei­ner Blog­sei­te! Was Dol­met­scher und Dol­met­scherin­nen be­schäf­tigt, kön­nen Sie hier seit 2007 mit­le­sen.

Treppe, Jalousien, Fenster, Garten
Win­ter­lich im Win­ter­licht
Sie su­chen Kom­mu­ni­ka­tions­pro­fis für die Sprach­kom­bi­na­ti­on Fran­zö­sisch und Deutsch so­wie aus dem Eng­li­schen oder für Über­set­zun­gen ins Deut­sche und Lek­to­rat? Dann sind Sie hier rich­tig!

Seit 2005 er­leich­te­re ich in­ter­na­tio­na­le Kom­mu­ni­ka­ti­on an vie­len Stel­len. Wenn Sie ei­ne (oder mehr als ei­ne) ver­si­er­te Dol­met­scherin für Ihre Kon­fe­renz, Ver­hand­lung oder De­le­ga­ti­ons­rei­se su­chen, dann fre­ue ich mich auf Ihre Mail! Wir können auch ein Te­le­fo­nat ver­ein­baren. Ich be­ra­te ger­ne.

Dol­met­schen ist Team­ar­beit, das Gros der Kol­le­gin­nen (und Kol­le­gen!) ken­ne ich seit Jahr­zehn­te­n. Wir sor­gen da­für, dass Ihre Bot­schaft klar, prä­zi­se und wir­kungs­voll an­kommt!

Ein­satz­ge­bie­te
­✅ In­ter­na­tio­na­le Kon­gres­se, Kon­fe­ren­zen & Se­mi­na­re
✅ Hoch­ka­rä­ti­ge Ver­hand­lun­gen & po­li­ti­sche Ge­sprä­che
✅ De­le­ga­ti­ons­rei­sen & Werk­s­be­sich­ti­gun­gen
✅ Wirt­schaft & Land­wirt­schaft, Ge­sell­schaft & So­zia­les, Ur­ba­nis­mus, Ar­chi­tek­tur, 
Kul­tur, Me­di­en, Ki­no, Eu­ro­be­triebs­rats­sit­zun­gen usw.

Es geht um Fach­kom­pe­tenz, Hin­ter­grund­wis­sen und um Er­fah­rung! Ger­ne bin ich Ih­re Brü­cke zwi­schen der deutsch- und fran­zö­sisch­spra­chi­gen Welt — fle­xi­bel, zu­ver­läs­sig und punkt­ge­nau! Vor Ort und auch mit On­line-Ex­per­ti­se: Mein Ein­satz ga­ran­tiert Ih­nen Ver­ständ­lich­keit oh­ne Miss­ver­ständ­nis­se.

Jetzt pla­nen  Er­folg si­chern!
Dol­met­schen ist mehr als Spra­che. Es ist Prä­zi­si­on, Kon­text, Wis­sen um Sprech­ab­sich­ten, Hin­ter­grund, Takt­ge­fühl und Er­fah­rung. Si­chern Sie sich mei­ne oder un­se­re pro­fes­sio­nel­le Un­ter­stüt­zung! Schrei­ben Sie an 📩 ca­ro­li­ne@ada­zylla.de. Ich pfle­ge in Teil­zeit eine An­ge­hö­ri­ge und rei­se auch für man­che Kun­d:in­nen. So kann ich zu­sa­gen, bin­nen zwölf Stun­den zu ant­wor­ten.

Mei­ne Ex­per­ti­se für Sie
🔹 Weil Ihre Ge­sprä­che per­fekt lau­fen müs­sen
🔹 Weil KI kei­ne kom­ple­xen Nu­an­cen ver­steht
🔹 Weil ich Fach­wis­sen mit sprach­li­cher Prä­zi­si­on kom­bi­nie­re
🔹 Weil lang­jäh­ri­ge Be­rufs­er­fah­rung ein Plus ist
🔹 ... und weil eine aus­ge­bil­de­te Spre­che­rin­nen­stim­me gut an­kommt

Ich freue mich auf Ih­ren An­ruf!
Herz­li­che Grü­ße,
Ca­ro­li­ne Eli­as

P.S.: Wir sind nicht nur Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­bei­ter, son­dern be­ob­ach­ten auch die Welt. Hier dür­fen Sie in mei­nem Ar­beits­ta­ge­buch mit­le­sen. Die­se Sei­te ist für das Web­la­y­out op­ti­miert — sonst dro­hen  Text­pas­sa­gen hin­ter den Fo­tos zu ver­schwin­den.

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Fo­to: C.E.

Donnerstag, 20. März 2025

Nur kurz gegenlesen

Meine Haupt­arbeits­sprache beim Dolmet­schen ist Fran­zösisch, denn ich dol­met­sche in beide Rich­tungen (oder aus dem Eng­li­schen ins Fran­zö­si­sche). Deutsch ist meine Mut­ter­sprache und schrift­lich die Ziel­sprache. Die Büro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­li­sche. Über­setzen er­fordert viel Wis­sen, Hin­gabe und Ge­duld, denn gu­te Über­set­zun­gen brau­chen ih­re Zeit.

Je­mand von einer Fir­ma ruft an, die Über­set­zungs- und Dol­metsch­dienst­leis­tun­gen ver­kauft. Ich habe heu­te Nach­mit­tag nichts mehr zu tun und da­her Zeit, zu­zu­hören und mich viel­leicht darauf ein­zu­lassen. Die Da­me am Te­le­fon sagt: „Ich habe das schon mal vor­über­setzt, Sie müss­ten nur ein­mal kurz ge­gen­le­sen!“


Sprach­ar­beit ist Team­ar­beit!
Das klingt so, als wür­de eine Über­set­ze­rin mit einer an­de­ren Über­set­ze­rin spre­chen und um ein Kor­rek­torat bit­ten, klas­sisches Über­setzen im Vier-Au­gen-Prin­zip: Zwei Fach­leute küm­mern sich um den ers­ten und den zwei­ten Schritt, am En­de nimmt die Erst­über­set­ze­rin die An­mer­kun­gen ent­ge­gen und baut sie ein. Nichts Neu­es un­ter der Früh­jahrs­son­ne Ber­lins.

Vier-Augen-Prinzip
Ich er­bit­te Ein­blick in die Da­tei um zu se­hen, ob mir die Auf­tei­lung des Hono­rars passt: 20 Cent pro Wort für die Erst­über­setzung waren es das letz­te Mal, fünf fürs Korrek­torat sol­len es die­ses Mal sein.

Ein­schub: In Deutsch­land ist das Ab­rech­nen nach Wort weni­ger üblich und nicht so prak­tisch, denn die deut­sche Spra­che neigt ja zu sehr lan­gen Wörtern, aber mit­un­ter kom­men Texte aus Frank­reich, dem Land mit den Ein-bis-zwei-Buch­sta­ben-Wör­tern.

Um­rech­nen von Wort­preis zu Zei­len­preis
Die Über­set­zer­norm­zei­le (ÜNZ) ist genau 55 An­schläge lang, das stammt noch aus den al­ten Zeiten des Blei­sat­zes und ist ein ge­mit­telter Durch­schnitts­wert. Ich rech­ne mit ei­nem zwei­ten Durch­schnitt, näm­lich der Wort­länge eines Wor­tes, im Deut­schen ist diese Zahl 6,8 Buch­staben, im Fran­zö­sischen 5,4. Da­für ist fol­gen­de For­mel prak­tisch: 0,24x55/6,8=2,02 Euro. Damit kä­me ich auf den Preis von 2,02 Euro bei der Ab­rech­nung nach Norm­zeile, und zwar für ei­nen leich­ten bis mit­tel­schwe­ren Text. Ein­schub­ende.

Ein sat­tes Plopp kün­digt die Mail im elek­tro­ni­schen Brief­kasten an. Ich öffne die Da­tei. Was ich se­he, ist ein krea­ti­ver Mar­ke­ting­text, die deut­sche Fas­sung klingt schwer nach KI. Es dauert nicht lan­ge, bis ich seuf­ze. Wer bei neu­er Tech­nik Wun­der auf Knopf­druck er­wartet, wird mal wie­der ent­täuscht. Die KI hat nicht „vor­über­setzt“, sie hat Wör­ter an­ein­ander­ge­reiht, oft Ge­gen­satz­paare zur Aus­wahl. Die KI kann keine Kom­mu­ni­kation, sie si­mu­liert Kom­mu­ni­ka­tion. Und es klingt so ele­gant wie ein kaput­tes Navi: „In 200 Metern bie­gen Sie links rechts ge­ra­de­aus ab.“ Und natür­lich ha­ben sich wie­der­holt false friends in den Text ge­schli­chen: „Un­se­re Fir­ma ist enga­giert im Be­reich ...“ ... Be­trug, bin ich ge­neigt zu er­gänzen.

Hier: nur zwei Augen, denn die KI ist blind
Ich bit­te die Da­me um ein Te­le­fo­nat. Ich fra­ge nach. Sie druckst am Te­le­fon he­rum und gibt am En­de zu: Ja, die KI ha­be die ers­te Fas­sung er­stellt, aber das sei ei­ne KI, die Zu­griff auf Da­ten­bänke und frü­here Tex­te der Fir­ma ha­be, das sei al­les „sehr, sehr or­dent­lich!“ Und wei­ter, dass die fünf Cent ei­gent­lich über­be­zahlt seien, „so viel Geld nur fürs Le­sen ...!“, ent­fährt es der Da­me noch.
 
Meine Ant­wort ist, dass sie nie­man­den zum „Gegen­lesen“ brau­che, son­dern für eine Ret­tungs­aktion. Bis auf zwei Sät­ze ist al­les zu kor­ri­gieren, um­zu­stellen, neu zu über­setzen.

Ich rech­ne laut noch ein­mal nach und kom­me auf min­des­tens zwei Stun­den für die Ar­beit. Ich könn­te pro Stun­de ab­rech­nen oder 20 Cent pro Wort für die Neu­über­setzung. Doch die Da­me fin­det den Vor­schlag nicht gut. Ich wür­de über­treiben, meint sie. Dan­ke, dann ma­che sie das eben rasch selbst. In­zwi­schen ist Fei­er­abend, ich ver­ab­schie­de mich aus dem Bü­ro. Abends um neun, so wer­de ich es am Frei­tag­mor­gen sehen, al­so nach vier (!) Stun­den, kommt der Text er­neut bei mir an, recht or­dent­lich über­setzt, mit der Bit­te, nach den be­kann­ten Kon­di­tio­nen kor­rek­tur­lesen zu wol­len.

Siehs­te, geht doch. Lei­der nicht im­mer.
Ich freue mich über die Ein­sicht der Da­me, die an die­sem Tag et­was ler­nen durf­te. Ich fürch­te al­ler­dings, dass sie es schon vor­her ge­wusst hat. Es ist lei­der ein weit­ver­brei­te­tes Ge­schäfts­mo­dell, den Be­rufs­ethos von Frei­be­ruf­ler:in­nen aus­zu­beu­ten.

Gerne be­ar­beite ich Tex­te von Men­schen, die wis­sen, dass Spra­che mehr ist als ein Algo­rith­mus vol­ler Wort­bau­steine, der dann al­les so aus­wirft, dass es der Wahr­schein­lich­keits­rech­nung ent­spricht.

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Bild:
Fotoar­chiv Elias Lossow

Mittwoch, 19. März 2025

Was die KI nicht kann

Wie Über­set­ze­rin­nen und Übersetzer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier im 19. Jahr. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch; mei­ne Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet als Über­set­ze­rin, al­so schrift­lich, mit Eng­lisch als Ziel­spra­che. Heu­te: KI-Mitt­woch.

Kopf und Netz
Mensch oder Maschine?

„Künst­liche Intel­ligenz“: Das Wort hat einst ein Infor­matiker er­fun­den, um Ven­ture Ca­pi­tal an­zu­locken. Intel­ligence wird hier im Sinn von Infor­ma­tions­samm­lung und Daten­bank ver­standen. 

Darauf zu warten, dass die KI künf­tig ein „Be­wusst­sein“ er­langt, ist der schiere Ani­mismus. Ohne Ner­ven, Or­gane, Krank­heits­an­fäl­lig­keit, Familie und Liebste so­wie ohne Sterb­lich­keit wird die KI nie­mals ein men­schen­ähn­liches Be­wusst­sein er­lan­gen.

Die KI si­mu­liert Kom­muni­ka­tion mit Bau­stei­nen, Flos­keln und Steh­satz. Ihr Aus­wurf ist der sta­tis­tisch wahr­schein­lichs­te Durch­schnitt. Exakt darum geht es in meinem Be­rufs­kon­text nicht — Kon­fe­renzen, Dreh­bücher, Preis­reden, Gedenk­ver­an­stal­tungen, inno­vative Texte, Nach­rufe, Ver­hand­lungen sind Aus­nah­men, kei­ne Durch­schnitts­fälle.

Iro­nie, Sar­kas­mus, Wort­spie­le, kul­tu­relle An­spie­lungen und sozio­kultu­rel­les Hinter­land bleiben der Ma­schi­ne ver­bor­gen. Sie er­kennt kei­ne Into­na­tion, sieht nichts zwi­schen den Zeilen, hört kei­ne „Un­ter­töne“. Un­voll­stän­dige Sät­ze er­gänzt das Sys­tem ei­gen­mächtig, hallu­ziniert, er­findet Infor­ma­tionen, ver­mischt sie mit Ge­sagtem oder be­haup­tet das Ge­gen­teil.

Kom­muni­ka­tion ist mehr als Wör­ter: Vor­träge und De­batten, Pub­likums­rück­fragen, an­ge­regte bis hitzige Ge­spräche, spon­tane Pro­gramm­ab­weichungen über­fordern die KI. Sie igno­riert Kon­text, Kör­per­sprache, Sprech­ab­sichten und Ver­hand­lungs­stra­tegien.

Poin­tierte Un­ter­titel der KI an­zu­ver­trauen ist ebenso riskant wie krea­tive Texte. Finger­spitzen­gefühl kann nur je­mand haben, der/die Finger­spitzen und Ge­fühle hat. Sinn­volles Kürzen setzt Wis­sen vor­aus, das Ge­stri­chene muss leise mit­schwingen. Das Tem­po und der Zus­chnitt der Titel hän­gen von der je­wei­li­gen Dich­te der Spra­che ab so­wie von den Lese­ge­wohn­heiten der Ziel­grup­pe.

Schlech­te Ton­tech­nik, leise, dia­lek­tale Stim­men — was falsch trans­kri­biert wird, wird falsch von Text-to-Speech ver­tont. Auch Sprech­feh­ler über­for­dern die KI. (In­klu­sion?)

Die Qua­lität des KI-Aus­wurfs hängt vom In­put ab. Englisch ist die Mut­ter­sprache von 18,2 Pro­zent der Welt­be­völ­kerung, aber 49 Pro­zent der Web­seiten im Netz sind An­fang 2025 auf Eng­lisch. Für kleine Spra­chen gibt es kaum Trai­nings­mate­rial. Eine do­mi­nie­rende Sprache in der Hand ei­ner do­mi­nie­renden Person, siehe Trumps Ver­bots­liste vom 8.3.25, dar­unter auch Be­griffe wie „Frauen“ und „stil­len“, führen zu Ver­zer­run­gen. Die KI hat in den USA neulich eine Seite über Trans­plan­ta­tions­medizin ab­ge­schal­tet, geht halt mit Trans… los.

Struk­tur­schwa­ches Land? Netz­ausfall? Kei­ne KI! Das wird struk­tu­relle Un­gleich­heit ver­stärken.

Bei "Dol­metsch­tests" hat die KI oft pau­siert, dann In­halt in der fünf­fachen Sprech­ge­schwin­digkeit „ab­ge­spult“. Profis würden inter­ve­nieren, wenn etwas unklar ist, und wir spre­chen auch nicht sooo schnell. Bei Texten sind wir Sprach­ar­bei­te­r:innen die ersten, die etwas kritisch gegenle­sen, Feh­ler fin­den und zu­rück­mel­den.

Neben der er­wähnten Be­griffs­zen­sur sind KI-Sys­teme auch für An­griffe von au­ßen an­fällig. Stra­te­gien, Film­kon­zepte, Pa­tente etc. schützen mensch­liche Kom­mu­ni­ka­tion, die weiß, wie sie un­ge­betene Zu­hörer ver­meidet.

Die KI ist ein Tool. An­gehende Me­di­ziner:in­nen wird aktu­ell nicht vom Stu­dium ab­geraten, an­ders als Lin­guist:in­nen. Fach­kräf­te­man­gel ist pro­gram­miert.

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Zufallsfund)

Montag, 17. März 2025

Montagsschreibtisch (82)

Bon­jour oder bon­soir auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen in der Wo­che mit­le­sen, wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Zu­nächst, was die­se Wo­che an­steht.

Wer so lan­ge wie ich sein di­gi­ta­les Ar­beits­ta­ge­buch führt, los ging's im Jahr 2007, er­lebt Wie­der­ho­lun­gen. Bes­ser noch, aus län­ge­ren Pro­jek­ten wer­den Spe­zia­li­sie­run­gen!

Symbolbild Klapprechner
Vor­be­rei­tung im­mer am Rech­ner
Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Ak­tu­el­le po­li­ti­sche La­ge
⊗ Agraröko­lo­gie: Mal wie­der Bo­den­ge­sund­heit und Was­ser
⊗ Ter­min­pla­nung
⊗ Kor­rek­to­rat Hör­film­fas­sung

Im Früh­jahr sind noch Ter­mi­ne frei, ger­ne auch Kurz­be­spre­chun­gen per Zoom.

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Illus­tra­ti­on:
pixlr.com (Zu­falls­fund)

Freitag, 14. März 2025

Motivation

Aus dem Ar­beits­all­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­rich­te ich hier, ge­nau­er: Hier schreibt ei­ne Dol­met­sche­rin mit Mut­ter­spra­che Deutsch. Ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Ne­ben Po­li­tik und Wirt­schaft, Kul­tur und So­zia­les ha­be ich mich auch auf Ur­ba­nis­mus und Bau spe­zia­li­siert.

Neu­lich ste­he ich mit einer In­nen­ar­chi­tek­tin in einer frisch ge­kauf­ten Ber­li­ner Alt­bau­woh­nung. Der Be­sit­zer, ein Fran­zo­se, wünscht sich Um­bau- und Ein­rich­tungs­vor­schlä­ge. 

Weiße Dielen, weiße Wand
Eine "weiße Leinwand" (white canvas)
Ich dol­met­sche. Mon­sieur als Auf­takt­sta­te­ment: „Ich hät­te das hier ger­ne sehr ber­li­nisch. Eine ech­te Ber­li­ner Woh­nung.“
 
Die In­nen­ar­chi­tek­tin: „Gut. Was stel­len Sie sich vor?“
Er (au­gen­zwin­kern­d): „Qua­dra­tisch, prak­tisch, gut. Ge­nau so se­he ich Deutsch­land.“
Sie nickt: „Krie­gen wir hin.“

Er zeigt auf den Bo­den, wo die Die­len un­ter­schied­li­che Far­ben ha­ben, hier ist eine brei­te Li­nie aus hel­ler Fich­te ne­ben satt oran­ge­far­be­ne Fich­te. „Was ist denn hier pas­siert?“ Sie sieht ge­nau hin. „Hier stand mal ei­ne Wand. Da war die Toi­let­te …“ und sie zeigt auf zwei schma­len, über­ein­an­der an­ge­ord­ne­te Fens­ter. „Von Spei­se­kam­mer und Toi­let­te.“ Er über­legt und fragt: „Und wo war die Kü­che?“

Sie atmet tief durch und zeigt, wo frü­her die Küche war und wo das hand­tuch­schma­le Klo. Heute gibt es ein fens­ter­lo­ses Bad, das vom Flur ab­geht, die Küche wur­de ver­klei­nert. Die Ar­chi­tek­tin er­klärt ihm, dass es zu­vor kein Bad in der Woh­nung ge­ge­ben ha­be.

Er nickt lang­sam. „Hm, könn­ten wir den Flur­an­teil et­was ver­klei­nern? Und wo sind die Ein­bau­schrän­ke ge­blie­ben?“ Ich über­tra­ge. Die In­nen­ar­chi­tek­tin blin­zelt. Nicht nur ich weiß genau, was er meint. In Frank­reich zäh­len Ein­bau­schrän­ke zur Grund­aus­stat­tung.

Sie so: „Nun, wir kön­nen ja etwas Frank­reich rein­brin­gen …“, und sie schlägt vor, den ent­stan­de­nen zwei­ten klei­nen Flur, den Durch­gang zur an der Fens­ter­sei­te ge­le­ge­nen Küche, mit Wand­schrän­ken zu ver­se­hen und ein Stück Wand weg­zu­neh­men: „Zum Glück ist hier kein tra­gen­des Mau­er­werk.“

„Wie soll denn die Grund­stim­mung sein?“, möch­te sie wis­sen. Mon­sieur dar­auf: „Ich wün­sche mir eine war­me, ge­müt­li­che At­mo­sphä­re.“ „Kein Pro­blem“, meint die In­nen­ar­chi­tek­tin. „Wel­che Far­ben stel­len Sie sich denn vor?" und zückt ei­nen Farb­fä­cher. Er ist schnel­ler: „Son­nen­gelb, Fla­min­go­rot und La­ven­del­blau!“ Ma­da­me: „Wie schön, ich woll­te Ihnen auch gera­de vor­schla­gen, lie­ber Pro­ven­ce­bunt als Ber­lin­grau zu wäh­len. Ber­li­ner Win­ter kön­nen lan­ge dau­ern!“

Wir ge­hen ins Bad. Er zeigt auf die Du­sche. „Könn­te die grö­ßer wer­den? Und mit Re­gen­du­sche?“ Die In­nen­ar­chi­tek­tin mus­tert die Flä­che. „Dann müss­ten wir die Wasch­ma­schi­ne in die Küche ver­la­gern.“ So soll es sein. „Und wa­rum gibt es in deut­schen Woh­nun­gen kei­ne Bi­dets?“ Die In­nen­ar­chi­tek­tin macht sich No­ti­zen, ver­schiebt die Ob­jek­te in Ge­dan­ken, fin­det die per­fek­te An­ord­nung, zeich­net. Al­le lä­cheln.

Dann geht es ins Wohn­zim­mer und das da­hin­ter­lie­gen­de Schlaf­zim­mer. Mon­sieur be­zeich­net das alles als „nackt“. "Ich brau­che prak­ti­sche Lö­sun­gen“, sagt er. „Wie in Paris!“ Die In­nen­ar­chi­tek­tin nickt. „Al­so kom­pak­te Mö­bel?“

„Ja, genau!“, sagt er, „Stau­raum!“. Sie schlägt vor, ein Bett mit viel Stau­raum da­run­ter ein­zu­bau­en und de­cken­ho­he Schrän­ke, dazu eine Lei­ter, um oben noch Sa­chen ver­stau­en zu kön­nen.“ Er strahlt: „Ja, das habe ich letzt­ens in Vogue Li­ving ge­se­hen, so­was ist gut!“ Ma­da­me strahlt zu­rück.

Er: „Ich möch­te mög­lichst viel Platz spa­ren.“ Sie schaut sich im 30-Qua­drat­me­ter-Wohn­zim­mer um, auch hier wurde eine Wand ent­fernt, und auch das Schlaf­zim­mer ist über 20 Qua­drat­me­ter groß. „Das müs­sen Sie doch gar nicht!“

Er wirkt un­si­cher. „Aber ich möch­te den Platz ef­fi­zi­ent nut­zen! Schön wä­re auch ein klei­nes Ar­beits­zim­mer, so eine Art Box, gerne mit Bett da­rü­­ber für meine Gäste. Nicht so ein Mö­bel­haus­hoch­bett, son­dern mit ech­ten Trenn­wän­den und Fens­tern en se­cond jour, mit in­di­rek­tem Licht, hier hin­ten in der Ecke.“ Er greift zum Stift und zeich­net es auf: „Glau­ben Sie, dass so etwas mög­lich ist?“

Die In­nen­ar­chi­tek­tin macht gro­ße Augen. „Ja, das ist mach­bar, und so würde ich es ver­bes­sern“, sagt sie und zeich­net es fer­tig. „Wun­der­bar!“, dar­auf Mon­sieur. Mein Kopf ist ir­ri­tiert, weil in Paris sol­che Lö­sun­gen an der Ta­ges­ord­nung sind.

Nach zwei Stun­den ist er zu­frie­den. Als wir gehen, sagt er zu mir: „Ber­lin ist an­ders als Paris, da muss mehr er­klärt wer­den.“

Ver­mut­lich habe ich ihn ver­wun­dert ge­nug an­ge­se­hen. Prompt lädt er mich zum Essen ein. Ich er­fah­re, dass er sich im Grun­de seine Pa­ri­ser Woh­nung hier nach­bau­en lässt, denn er pen­delt, um in Ber­lin sei­nen klei­nen Sohn zu be­su­chen, der mit sei­ner Mut­ter nach Ber­lin ge­zo­gen ist.

Ich fra­ge ihn, wa­rum er am An­fang et­was von „Ber­li­ner Stil“ ge­sagt ha­be. Er grinst. „Jetzt hat die In­nen­ar­chi­tek­tin das alles mit­ent­wi­ckelt und wird per­fekt sein als Bau­lei­te­rin ih­rer ei­ge­nen Ide­en“, sagt er au­gen­zwin­kern­d.

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Foto: pixlr.com (Zu­falls­fund)

Montag, 10. März 2025

Montagsschreibtisch (81)

Seit 2007 schrei­be ich hier als Dol­met­sche­rin über mei­nen All­tag in der Bran­che. Was und wie Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, ist kaum be­kannt. Dies möch­ten vie­le von uns än­dern. Mei­nen Teil tra­ge ich mit die­sem Blog bei.

"Fenster" auf dem Computer mit verschiedenen Tastenfeldern für Onlinegespräche
✆ +49 (0) 1523 168 4558
Der März­an­fang war bis­lang über­schau­bar. Die Früh­jahrs­sai­son des Kon­fe­renz­we­sens hat noch nicht be­gon­nen. In Ber­lin war es aber ei­ni­ge Ta­ge lang früh­lings­haft warm. Jetzt ist es wie­der kühl.

Für mich ist das wich­tig, denn seit Mo­na­ten ist un­se­re Hei­zung ka­putt. (Und die Haus­ver­wal­tung lässt uns frieren. Ab und zu den­ke ich, ich soll­te hier ihren Na­men nen­nen.)

Auch in der Po­li­tik schüt­te­le ich oft den Kopf, vor al­lem bei ban­gen Bli­cken in die USA. Und ich über­le­ge mir, wo auch ich mei­ne Kom­fort­zo­ne ver­las­sen muss, um zur Stär­kung der De­mo­kra­tie bei­zu­tra­gen.

Auf dem Schreib­tisch die­se Wo­che:
❊ Wirt­schafts­po­li­tik, Hin­ter­grund und
❊ Vo­ka­bel­lis­ten auf­be­rei­ten
❊ Nach­be­rei­tung Kun­den­ter­min mit In­nen­ar­chi­tek­tin
❊ Kos­ten­vor­an­schlä­ge und Ter­min­pla­nung
❊ On­line-Team­be­spre­chung zur Kon­fe­renz­pla­nung (sie­he Fo­to)

Bald wird hier die Zeit wie­der knapp. Als Teil ei­nes Dol­metsch­teams be­glei­te ich seit über 20 Jah­ren in­ter­na­tio­na­le Ter­mi­ne, hoch­ran­gi­ge Dis­kus­sio­nen, Fach­kon­fe­ren­zen und öf­fent­li­che Ge­sprä­che als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin für Fran­zö­sisch ⇔ Deutsch.

In den letz­ten Jah­ren ha­be ich mein Tä­tig­keits­feld er­wei­tert und mo­de­rie­re zu­neh­mend auch Ver­an­stal­tun­gen. Los ging es vor ei­nem Vier­tel­jahr­hun­dert mit Film­ge­sprä­chen der Ber­li­na­le, dann ka­men Li­te­ra­tur­prä­sen­ta­tio­nen und Pres­se­kon­fe­ren­zen hin­zu, in­zwi­schen ha­be ich auch die ers­ten ge­sell­schafts­po­li­ti­schen De­bat­ten als Mo­de­ra­to­rin be­treut. Die Kom­bi­na­ti­on aus sprach­li­cher Prä­zi­si­on und Ge­fühl für die in­halt­li­chen Fein­hei­ten liegt mir sehr.

Dass ich im ers­ten Be­rufs­le­ben Jour­na­lis­tin und im zwei­ten Hoch­schul­do­zen­tin war, hilft mir bis heu­te in der In­for­ma­ti­ons­be­ar­bei­tung und -struk­tu­rie­rung. Ziel und Mit­tel sind im­mer ein- und die­sel­ben: kla­re und le­ben­di­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on.

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Fo­to: C.E.

Samstag, 8. März 2025

Frauentagsgrüße aus Washington

Hal­lo! Hier bloggt eine Sprach­arbei­ter­in. Was Fran­zö­sisch­dol­met­sche­rin­nen und -über­set­zer um­treibt, wenn sie Schwer­punk­te wie Film, Wirt­schaft, Po­li­tik, Kul­tur und So­zia­les ha­ben, le­sen sie hier. Da­ne­ben ar­bei­te ich auch mit der eng­li­schen Spra­che. Der Blick in die USA wirkt im­mer wie­der ver­stö­rend.

Pas­send zum Frau­en­tag: Hier die Black­list mit den ver­bo­te­nen Wör­tern in Trum­pel­tiers be­gin­nen­der Dik­ta­tur, daran halten sollen sich zu­nächst Wis­sen­schaft­le­r:in­nen. Ver­öf­fent­licht hat sie The New York Times. Es gibt auch ei­ne Buch­lis­te, der­zeit wer­den dort Bi­blio­the­ken ge­säu­bert. Die­se Lis­ten soll­ten für uns in Eu­ro­pa als Emp­feh­lungs­lis­te gel­ten.

„Frau“ und „un­ter­re­prä­sen­tiert“ ge­hört eb­en­so zum Ver­bots­wort­schatz wie „zu­gäng­lich“, „Un­ter­schied­lich­keit“, „Ver­tei­di­ger“, „Ba­by stil­len“, „Un­ge­rech­tig­keit“, „Golf von Me­xi­ko“, „aus­ge­schlos­sen“, „his­pa­ni­sche Min­der­heit“, „mar­gi­na­li­siert“, „schwarz“, „LGBTQ“ „trau­ma­tisch“, „Pro­sti­tu­ier­te“, „Un­ter­drüc­kung“, „Bio­di­ver­si­tät“ „Pri­vi­le­gien", „per­so­nen­be­zo­ge­ne Pfle­ge“, „Mi­gran­ten“, „Sex“, „In­klu­si­on“, „ge­fähr­de­te Be­völ­ke­rungs­grup­pen“, „so­zia­le Ge­rech­tig­keit“, „Viel­falt“, „Hass­kom­men­ta­re“ und vie­le mehr.

Das Dol­met­sch­büro wün­scht all­seits ei­nen schö­nen, kämp­fe­ri­schen, son­ni­gen Frau­en­tag!
ac­ces­si­ble, ac­ti­vism, ac­ti­vists, dis­cri­mi­na­ted, dis­cri­mi­na­tion, ad­vo­ca­cy, ad­vo­cate, dis­cri­mi­na­to­ry, dis­pa­ri­ty, di­ver­se, in­clu­si­ve, in­clu­si­ve lea­der­ship, in­clu­si­ve­ness, in­clu­si­vi­ty, in­crease di­ver­si­ty, pri­vi­le­ge, pri­vi­le­ges, pro­mo­te di­ver­si­ty, pro­mo­ting di­ver­si­ty, pro­noun, ad­vo­ca­tes, di­ver­se back­grounds, af­fir­ming care, di­ver­se com­mu­ni­ties, in­crease the di­ver­si­ty, in­di­ge­nous com­mu­ni­ty, pro­nouns, pros­ti­tu­te, all-in­clu­si­ve, di­ver­se com­mu­ni­ty, in­equa­li­ties, race, al­ly­ship, di­ver­se group, in­equa­li­ty, race and eth­ni­ci­ty, an­ti-ra­cism, an­ti­ra­cist, di­ver­se groups, in­equi­ta­ble, ra­cial, di­ver­si­fied, in­equi­ties, ra­cial di­ver­si­ty, as­si­gned at birth, as­si­gned fe­ma­le at birth, as­si­gned ma­le at birth, di­ver­si­ty, di­ver­si­fy, in­equi­ty, ra­cial iden­ti­ty, di­ver­si­fy­ing, in­jus­ti­ce, in­sti­tu­tio­nal, en­han­ce the di­ver­si­ty, in­ter­sec­tio­nal, at risk, bar­ri­er, bar­ri­ers, be­long, bi­as, en­han­cing di­ver­si­ty, en­vi­ron­men­tal qua­li­ty, key groups, e­qual op­por­tu­ni­ty, key peo­ple, e­qua­li­ty, key po­pu­la­tions, bi­a­sed, bi­a­sed to­ward, bi­a­ses, e­qui­ta­ble, La­tinx, e­qui­ta­ble­ness, LGBT, e­qui­ty, LGBTQ, bi­a­ses to­wards, eth­ni­ci­ty, mar­gi­na­li­ze, bio­lo­gi­cal­ly fe­ma­le, ex­clu­ded, mar­gi­na­li­zed, bio­lo­gi­cal­ly ma­le, ex­clu­si­on, men who have sex with, in­ter­sec­tio­na­li­ty, ra­cial in­equa­li­ty, ra­cial jus­ti­ce, ra­cial­ly, ra­cism, se­gre­ga­ti­on, sen­se of be­lon­ging, sexua­li­ty, so­cial jus­ti­ce, so­cio­cul­tu­ral, so­cio­eco­no­mic, sta­tus, sex, BIPOC, ex­pres­si­on, men, ste­reo­ty­pe, Black, fe­ma­le, men­tal health, ste­reo­ty­pes, breast­feed + peo­ple, fe­ma­les, mi­no­ri­ties, sys­te­mic, breast­feed + per­son, fe­mi­nism, mi­no­ri­ty, sys­te­mi­cal­ly, chest­feed + peo­ple, fos­te­ring in­clu­si­vi­ty, most risk, they/them, chest­feed+per­son, GBV, MSM, clean ener­gy, gen­der, mul­ti­cul­tu­ral, cli­ma­te cri­sis, cli­ma­te sci­ence, com­mer­cial sex wor­ker, com­mu­ni­ty di­ver­si­ty, com­mu­ni­ty e­qui­ty, con­fir­ma­ti­on bi­as, cul­tu­ral com­pe­tence, cul­tu­ral dif­fe­ren­ces, cul­tu­ral he­ri­ta­ge, cul­tu­ral sen­si­ti­vi­ty, gen­der-ba­sed, gen­der-ba­sed vio­lence, Gulf of Me­xi­co, ha­te speech, health dis­pa­ri­ty, Mx, Na­ti­ve A­me­ri­can, trans, trans­gen­der, trans­sexual, trau­ma, gen­der di­ver­si­ty, non-bi­na­ry, trau­ma­tic, gen­der iden­ti­ty, non­bi­na­ry, tri­bal, gen­der ideo­lo­gy, op­pres­si­on, un­con­scious bi­as, gen­der-af­fir­ming care, op­pres­si­ve, gen­ders, o­ri­en­ta­ti­on, peo­ple + ute­rus, peo­ple-cen­te­red care, per­son-cen­te­red, per­son-cen­te­red care, un­de­rap­pre­cia­ted, un­der­pri­vi­le­ged, un­der­re­pre­sen­ta­ti­on, un­der­re­pre­sen­ted, un­der­ser­ved, cul­tu­ral­ly ap­pro­pria­te, health e­qui­ty, un­der­va­lued, cul­tu­ral­ly re­spon­si­ve, his­pa­nic mi­no­ri­ty, po­la­ri­za­ti­on, vic­tim, DEI, DEIA, DEIAB, DEIJ, his­to­ri­cal­ly, po­li­ti­cal, vic­tims, i­den­ti­ty, pol­lu­ti­on, im­mi­grants, preg­nant peo­ple, di­sa­bi­li­ties, di­sa­bi­li­ty, im­pli­cit bi­as, im­pli­cit bi­a­ses, in­clu­si­on, preg­nant per­son, preg­nant per­sons, pre­ju­di­ce, vul­ne­ra­ble po­pu­la­tions, wo­men, wo­men and, un­der­re­pre­sen­ted
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Lis­te zi­tiert nach: New York Ti­mes

Freitag, 7. März 2025

Men on fire

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­setze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, na­türlich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Ich be­ob­ach­te von Be­rufs we­gen un­se­re Zeit sehr ge­nau, denn ich muss ja von jetzt auf gleich im­stan­de sein, alle mög­li­chen Men­schen mit den ent­spre­chen­den Vo­ka­beln "zu ver­to­nen".
Männer mit Feuerhaar
Wer hat die bloß al­le an­ge­zün­det?

Sich zu bil­den ge­hört zu mei­nem Be­rufs­all­tag. Mei­ne Quel­len sind: in­ter­na­tio­na­le Pres­se (meh­re­re Abos, z.T. on­li­ne), aus­län­di­sche Rund­funk­me­di­en, Pod­casts, Vor­le­sungs­reihen, Hoch­schul­kon­fe­ren­zen, die im Netz zu­gän­glich sind, Bi­blio­the­ken. Ich ge­he re­gel­mä­ßig auch zu di­ver­sen Ver­an­stal­tung­en. Und ich schrei­be Vo­ka­beln auf und über­le­ge mir Über­tra­gun­gen.
"Der wahr­schein­li­che Bald-Bun­des­kanz­ler" höre ich in den Nach­rich­ten. Schla­ge eine Ab­kür­zung vor: der WBBK.

In mei­nem Freun­des- und Kol­le­gin­nen­kreis wächst die Un­mut über den Wahl­au­s­gang und die 180-Grad-Wen­de des WBBK. Ein Haupt­kri­tik­punkt ist der, dass das Per­so­nal, das mit dem Akro­nym­mann kom­men soll, sich wie­der­holt durch sub­op­ti­ma­le Ver­wen­dung von Geld­mit­teln aus­ge­zeich­net hat, um das De­sas­ter nur an­zudeu­ten, ich sa­ge nur Au­to­bahn­maut, und dass die an­de­ren Par­tei­en Per­so­nal ge­habt hät­ten, das deut­lich sel­te­ner 'schrä­ge' Schlag­zei­len lie­fert. Vor al­lem ha­ben auf­grund der Knapp­heit, mit der die Wahl an­be­raumt wur­de, sehr vie­le Aus­lands­deut­sche nicht mit­wäh­len kön­nen: Die Wahl­un­ter­la­gen ha­ben es nicht recht­zei­tig hin- und wie­der zu­rück­ge­schafft.

Die Zei­ten sind er­schre­ckend. Zum drit­ten Mal seit 1945 und '89 knallt die Welt­ord­nung des Wes­tens aus­ein­an­der, zum ers­ten Mal seit '45 die Si­cher­heits­ar­chi­tek­tur. Mi­l­itärische Be­dro­hung do­mi­niert die Schlag­zei­len, ag­gres­sive Clowns sind in wich­ti­gen Staa­ten an der Macht. Das Aus­maß konn­ten in­for­mier­te Men­schen ab­se­hen, aber auch die ha­den die Aus­wir­kun­gen und das Tem­po un­ter­schätzt.

Vor al­lem er­schreckt mich, dass die dräng­ends­te Fra­ge der Mensch­heit nie­mand mehr im Blick zu ha­ben scheint, als da wä­ren: die Kli­ma­ka­tas­tro­phe, das Ar­ten­ster­ben, die in­dus­triel­­le Zer­stö­rung der Bio­di­ver­sität, de­ren Teil wir sind und von der wir le­ben, so­wie die im­mer größer wer­de­nde so­zia­le Un­gleich­heit, gras­sie­rende Ar­mut, aber auch Bil­dungs­armut in sämt­li­chen Schich­ten der Ge­sell­schaft, was die Pro­pa­gan­dis­ten der Ex­tre­me stärkt und die La­ge wei­ter zu ver­schlim­mern droht.

Und ko­misch: Seit Mag­gie That­cher hat­ten wir kei­ne Frau mehr un­ter den Kriegs­trei­bern. Was ist mit den Ker­len los?

Wort­feld ak­tu­el­le Po­li­tik
la dis­sua­sion ato­mi­que — die ato­ma­re Ab­schre­ckung
le pa­ra­pluie ato­mi­que (... les pays qui sont do­tés d'un p.a.) — der ato­ma­re Schutz­schirm (... Län­der, die über ei­nen a. S. ver­fü­gen)
ogi­ves nu­clé­ai­res  — Atom­spreng­köpfe dé­clen­cher
dé­clen­cher le feu ato­mique, 1ère frappe nucléaire  — Erst­schlag (wörtlich: das ato­ma­re Feu­er)
sous-marins plus fur­tifs  —  be­weg­li­cher und ge­hei­mer na­vi­ge­ren­de U-Boote (wört­lich: "flüch­ti­ge")
le brouil­lard stra­té­gique  —  stra­te­gisch mo­ti­vier­te Un­klar­hei­ten (wört­lich: "Ne­bel")

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Fo­to: pixlr.com (Zu­falls­fund) 

Dienstag, 4. März 2025

Verwaltung

Meine Haupt­ar­beits­spra­che ist Fran­zö­sisch, ich dol­met­sche in bei­de Rich­tun­gen (oder aus dem Eng­lischen ins Fran­zö­sische). Deutsch ist mei­ne Mut­ter­spra­che und bei Tex­ten meis­tens auch die Ziel­spra­che. Die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­lische. Wir le­ben in Deutsch­land, des­sen Re­gie­run­gen, so die of­fi­zi­el­le Le­se­art, den Bü­ro­kra­tie­auf­wand re­du­zie­ren möch­te.

Lernsituation
Tja, Deutsch­land er­säuft in Do­ku­men­ta­tions­pflich­ten und der Ver­wal­tungs­an­teil wird im­mer grö­ßer. Da­für ha­ben wir Ge­set­ze mit schö­nen Na­men wie "Bü­ro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz", Num­mer vier­t ist im Ja­nu­ar in Kraft ge­tre­ten.
Man­che Än­de­rung ist äl­ter. Aus dem Steu­er­bü­ro kam die Mit­tei­lung über die Ge­set­zes­än­de­rung zu Ar­beits­zim­mern: Das Ge­setz hat sich in Be­zug auf das Ar­beits­zim­mer geän­dert: die be­schrän­k­te Ab­zugs­mög­lich­keit bis zu 1.250,00 € ist ab 2023 ent­fal­len.

Sie kön­nen nun die Home-Of­fice-Pau­schale in Hö­he von 6,00 € pro Tag, an dem Sie im Home-Of­fice ge­ar­bei­tet ha­ben, gel­tend ma­chen, egal, ob Sie an die­sem noch zu Dol­met­sch­kun­den ge­fah­ren sind oder nicht. Die­se Pau­schale ist auf 210 Ar­beits­ta­ge, max. 1.260,00 € ge­deck­elt. Bit­te tei­len Sie uns mit, an wie vie­len Ta­gen Sie im Home-Of­fice ge­ar­bei­tet ha­ben.


Ich ar­bei­te je­den Tag, den ich in Ber­lin bin, ei­nige Stun­den lang dort, auch sams­tags, sonn­- und fei­er­tags. Dann gibt es Pfle­ge­wo­chen, in de­nen ich nicht ein­mal in Ber­lin bin, son­dern in je­der auch noch so kur­zen Pau­se am Schreib­tisch bei mei­ner Mut­ter sitze. Und dann gibt es Mo­na­te wie die­se, in de­nen mei­ne Haus­ver­wal­tung es nicht ge­ba­cken be­kommt, so was Ein­fa­ches wie ei­ne Hei­zungs­rei­ni­gung, -re­pa­ra­tur bzw. -er­neu­e­rung durch­zu­füh­ren, so war die Ent­wick­lung über fünf Mo­na­te, in de­nen es mir oft zu kalt ist, um mich dort län­ger auf­zu­halten. Ich ho­le also Bü­cher, Ak­ten, Schreib­ma­te­rial ... und sit­ze dann in der Küche oder hin­ten in der Kam­mer, die leich­ter mit Herd oder E-Lüf­tern zu hei­zen sind. Wie dem auch sei, das Ar­beits­zim­mer kann ich trotz­dem nicht ein­fach "weg­zau­bern".

Sorry, aber die­se neue gesetzliche Pflicht ist be­scheu­ert. Hier wird un­nö­ti­ger Da­ten­müll ge­schaf­fen, der oh­ne­hin kei­ner Über­prü­fung stand­hält. Na gut. Ich le­ge mir ei­ne neue Ka­len­der­über­sicht an. Är­ger­lich fin­de ich es trotz­dem.

Er­in­nert mich va­ge an die­se Sa­che mit der An­rech­en­bar­keit ei­nes Kin­der­zim­mers bei ei­ner an Long Covid er­krank­ten Ma­ma mit ge­teil­tem Sor­ge­recht. Sie be­kam Un­ter­stüt­zung für ih­ren Le­bens­un­ter­halt, ich weiß nicht mehr, ob es hier um die Kran­ken­kasse, die BfA oder das Ar­beits­lo­sen­amt ging. Plöt­zlich woll­te ihr die Be­hör­de den Miet­an­teil für das Zim­mer ih­res Soh­nes nicht mehr für je­ne Ta­ge über­wei­sen, an de­nen das Kind beim Va­ter war (oder die Mut­ter im Kran­ken­haus bzw. zur Kur). Sie kann doch das Zim­mer bzw. die Kos­ten für das Zim­mer nicht ein­fach so weg­zau­bern?

Wie war das doch gleich noch mit der Ver­rin­ge­rung der Bü­ro­kra­tie?

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Zu­falls­fund) 

Montag, 3. März 2025

Montagsschreibtisch (80)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Mei­ne Spra­chen sind Fran­zö­sisch und Eng­lisch (das Idi­om Shakes­peares nur als Aus­gangs­spra­che).) 

Mon­tag­mor­gen mit Son­ne, Piep­matz­ra­batz, aber auch mit kal­ten Tem­pe­ra­tur­en: Das Früh­jahr mit ech­tem Früh­jahrs­wet­ter wird drin­gend her­bei­ge­sehnt, vor al­lem bei die­sem dro­hen­den kal­ten Krieg 2.0. Wenn denn Wün­schen hel­fen wür­de ...

Ruhigs­ter und kleins­ter Ar­‍beits­‍platz im Haus
Erst­mal lüf­ten und küh­len Kopf be­wah­ren. Ich sit­ze im kleins­ten Raum, noch im­mer oh­ne Hei­zung, weil vorne mal wieder ge­baut wird. Was steht die Wo­­che an?

❦ – Kostenvoranschläge
❦ – Korrektorate Drehbuch und Filmförderantrag

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Foto: C.E. (Archiv)

Samstag, 1. März 2025

Diplomatisches Fiasko

Hal­lo! Sie ha­ben zu­fäl­lig oder be­wusst ei­ne Sei­te mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs auf­ge­schla­gen. Ich bin Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin für Po­li­tik, Wirt­schaft und Land­wirt­schaft, Me­di­en, So­zia­les und Kul­tur.

Ei­gent­lich hat­te ich uns ein lang­wei­li­ges Jahr ge­wünscht, wohl ah­nend, dass es da­zu nicht kom­men wür­de.

Gespräch vor Kamin, zwei Männer
Ein Bild für Lehr­bü­cher (ver­frem­det)
Jetzt reiht sich ein his­to­ri­scher Tag an den nächs­ten. Ge­fühlt ist 2025 schon so viel pas­siert wie sonst in ei­nem Jahr ... oder in fünf.
Dass mit "DDT" in Über­see ei­ne tox­i­sche Per­sön­lich­keit an der Macht ist, dürf­te spä­tes­tens jetzt al­len klar sein.

Of­fen­sicht­lich legt er und sei­ne En­tou­ra­ge auch kei­nen Wert auf di­plo­ma­ti­sche Ge­pflo­gen­hei­ten. Auch wenn der ukrai­ni­sche Prä­si­dent durch­aus gut Eng­lisch spricht, so wä­re hier der Ein­satz von Dol­met­scher:in­nen ein Dämp­fer ge­we­sen, hät­te Raum für Be­denk­zeit ge­schaf­fen, Zeit, Mimik und Ge­bär­den zu ana­ly­sie­ren und ei­nen Plan B für die Au­ßen­wir­kung zu ent­wi­ckeln. Hier wur­de ge­gen üb­li­che Ge­pflo­gen­hei­ten ver­sto­ßen. (Beim Tref­fen mit dem fran­zö­si­schen Staats­chef wa­ren Kol­leg:­in­nen an­we­send.)

Das Set­ting war von An­fang an (be­wusst) falsch ge­wählt. Im nicht ganz run­den Büro (ich las­se den Na­men be­wusst weg, um den Tä­tern nicht noch mehr Reich­wei­te zu ver­schaf­fen) wer­den nor­ma­ler­wei­se kei­ne Pres­se­kon­fe­ren­zen ab­ge­hal­ten. In die­sen Raum ha­ben TV-Ka­me­ras ei­gent­lich nur zu zwei Zwe­cken Zu­tritt: für die Auf­zeich­nung von An­spra­chen oder ei­nes kur­zes Hand­shakes, das mehr oder we­ni­ger wort­los ge­schieht. Für Pres­se­kon­fe­ren­zen gibt es ei­nen ge­son­der­ten Raum. Dort wird ver­laut­bart, was im Vor­feld ab­ge­spro­chen wor­den ist.

So läuft die Ent­schei­dung, hier vor der in­ter­na­tio­na­len Pres­se zu ver­han­deln (und sich spä­ter zu strei­ten), von An­fang an den di­plo­ma­ti­schen Ab­läu­fen zu­wi­der. Es sieht aus, als sei al­les so or­ga­ni­siert wor­den, um den Gast mög­lichst stark zu ver­un­si­chern. Auch das un­ge­wöhn­lich hohe Auf­ge­bot an Ver­tre­tern des Gast­ge­ber­lan­des ge­gen­über ei­ner ein­zel­nen Per­son ist auf­fäl­lig: Dass der Vi­ze­prä­si­dent, der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter und aus­ge­wähl­te Pres­se an­we­send wa­ren, ent­spricht nicht der üb­li­chen Pra­xis.

Wir se­hen hier deut­lich, wohin es führt, wenn ein Land wie ei­ne Fir­ma ge­führt wird, mit ei­nem Chef, der zu­dem ein ver­ur­teil­ter Straf­tä­ter ist und frü­her ei­ne TV-Show mo­de­rier­te, in der es dar­um ging, Men­schen ein­zu­stel­len oder aus­zu­sor­tie­ren. In bester Ma­fia-Ma­nier wur­de hier je­mand ab­ge­kan­zelt, laut­stark ver­bal ge­nö­tigt, kör­per­lich be­drängt. Sol­che Sze­nen sind aus der der west­li­chen Welt noch nie in den Nach­rich­ten zu se­hen ge­we­sen, seit es Fern­se­hen gibt.

"You are fired!" hat DDT nach dem Mee­ting zwar nicht ge­sagt, aber die Welt­öf­fent­lich­keit dürf­te ge­nau das ge­dacht ha­ben, vor al­lem, als er die La­ge am En­de mit "This is going to be great te­le­vi­sion" kom­men­tier­te. Er­schwe­rend kommt hin­zu, dass auch sein Vis-à-vis kei­ne klas­si­sche po­li­ti­sche Kar­rie­re von der Pi­ke auf ge­macht hat, son­dern zu­nächst als Schau­spie­ler vor Ka­me­ras stand. Mit der Här­te in­ter­na­tio­na­ler Po­li­tik war er kon­fron­tiert, als plötz­lich der Nach­bar krie­ge­risch in sein Land ein­fiel.

Als Dol­met­sche­rin wer­te ich nicht, son­dern ha­be ei­ne pri­va­te Mei­nung. Und wenn ich wie­der Zeit ha­be, wer­de ich mir das knapp ein­stün­di­ge Tref­fen in vol­ler Län­ge an­se­hen (Link hier). Wer je­doch S. heu­te für sein Ver­hal­ten kri­ti­siert (wie Tei­le der bür­ger­li­chen Pres­se und ei­ni­ge Po­li­ti­ker), über­sieht, dass T. die un­an­ge­mes­se­ne und völ­lig un­pas­sen­de Si­tua­ti­on erst her­beig­e­führt hat. (Es wirkt wie ein schlech­tes Film­script.)

Und ich stel­le fest, dass hier zu­nächst bran­chen­frem­de Per­so­nen die Rol­le von Po­li­ti­kern über­neh­men und dass sich Po­li­ti­ker, seit TV-De­bat­ten all­abend­lich über die Bild­schir­me flim­mern, im­mer mehr zu Show­fi­gu­ren ent­wi­ckelt ha­ben. Changing times — mit Fol­gen, die sich be­reits er­ah­nen las­sen. Ich hat­te uns ein lang­wei­li­ges Jahr ge­wünscht.

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Il­lus­tra­ti­on: Pixlr.com

Donnerstag, 27. Februar 2025

Telefonbetrug

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen ar­bei­ten ist kaum be­kannt, und ja das gilt auch für Dol­met­scher und Über­set­zer, die we­ni­gen Män­ner im Be­ruf. Des­halb blog­ge ich hier seit 2007. Oft er­le­be ich da­bei sehr prak­ti­sche Prob­le­me.

Der Be­am­te auf der Wa­che war vol­ler Mit­ge­fühl, denn so eine Sa­che sei auch sei­ner ei­ge­nen Mut­ter neu­lich pas­siert, ver­trau­te er uns an.

Rotes Telefon
Ein fran­zö­si­sches Te­le­fon
Zu­sam­men mit ei­ner Pri­vat­kun­din war ich zur Po­li­zei­wa­che ge­gan­gen. Sie war Op­fer ei­nes die­ser be­trü­ge­ri­schen Te­le­fon­an­ru­fe ge­wor­den, bei de­nen ein harm­los wir­ken­des "Ja" als Zu­stim­mung für du­bio­se Ver­trä­ge aus­ge­legt wird.

Der gan­ze Är­ger ging mit ei­nem schein­bar be­lang­lo­sen Ge­spräch los.

Das Te­le­fon klin­gel­te. Am an­de­ren En­de ei­ne Stim­me: "Sind Sie Frau So­und­so?" Mei­ne Kun­din war miss­trau­isch und frag­te zu­rück: "Mit wem spre­che ich?" Der An­ru­fer re­agier­te hek­tisch, es pieps­te und knis­ter­te in der Lei­tung, dann kam ein: "Hal­lo! Haaall­looo! Die Ver­bin­dung ist so schlecht! Kön­nen Sie mich hö­ren?" Mei­ne Kun­din blieb skep­tisch, sag­te aber in­stink­tiv "Ja" – und ge­nau dar­auf hat­te der An­ru­fer es ab­ge­se­hen!

Der Trick mit der Ton­auf­zeich­nung
Was wie ein harm­lo­ses Tech­nik­pro­blem klang, war in Wirk­lich­keit ein ge­plan­ter Be­trug. Die An­ru­fer zeich­ne­ten das "Ja" auf und schnit­ten es in den spä­ter er­folg­ten Aus­tausch hin­ein. Am En­de hat die Auf­nah­me wie ei­ne Ver­trags­zu­stim­mung ge­klun­gen. Denn der An­ru­fer ver­such­te ihr nach den "Stö­rungs­ge­räu­schen", ihr ein Zeit­schrif­ten­abo zu ver­kau­fen, und pro Heft wür­den X Euro an "Brot für die Kin­der" gehen. Mei­ne Kun­din spricht nur schlecht Deutsch, das Ge­spräch wur­de auf Eng­lisch fort­ge­setzt und fand rasch ein En­de.

Da­mit war es aber nicht vor­bei. We­ni­ge Ta­ge spä­ter kam die Rech­nung ei­nes an­geb­lich ab­ge­schlos­se­nen Abon­ne­ments. Als sie nicht zahl­te, folg­ten Mah­nun­gen, dann In­kas­so­an­dro­hun­gen.

So schüt­zen Sie sich vor Te­le­fon­be­trug
Sol­che Ma­schen sind nicht neu, doch sie ent­wi­ckeln sich wei­ter. Um nicht in die Fal­le zu tap­pen, hel­fen ein paar ein­fa­che Re­geln:

✿ Nie­mals un­be­dacht mit "Ja" ant­wor­ten. Statt­des­sen neu­tral re­agie­ren: "Ich kann Sie hö­ren" oder "Wer spricht da, bit­te?"
✿ Kei­ne per­sön­li­chen Da­ten am Te­le­fon her­aus­ge­ben
✿ Bei un­be­kann­ten Neu­gie­ri­gen auf­le­gen
✿ Und wenn je­mand In­for­ma­tio­nen oder Geld im Na­men ei­ner na­he­ste­hen­den Person ha­ben will: Im­mer vor­ab ein Pass­wort ver­ein­ba­ren!
✿ Auch dann miss­trau­isch sein, wenn ei­ne Stim­me be­kannt vor­kommt, die künst­li­che In­tel­ligenz "kann" in­zwi­schen gut "imi­tie­ren"

Sollte der Scha­den schon pas­siert sein
Wer spürt, in die Fal­le ge­tappt zu sein, soll­te schnell han­deln:
▸ Num­mer no­tie­ren und Ge­sprächs­ver­lauf als Ge­dächt­nis­pro­to­koll fest­hal­ten
▸ Po­li­zei und Ver­brau­cher­zen­tra­le in­for­mie­ren
▸ In­kas­so­schrei­ben wi­der­spre­chen und per Ein­wurf­ein­schrei­ben zu­rück­wei­sen

Ge­setz­li­che Än­de­run­gen zum Schutz der Ver­brau­cher
Im­mer­hin hat sich in den letz­ten Jah­ren et­was ver­bes­sert. Seit Mai ver­gan­ge­nen Jah­res gilt ei­ne neue Re­ge­lung: Un­ter­neh­men müs­sen nach­wei­sen, dass Kun­din­nen und Kun­den ak­tiv in Wer­be­an­ru­fe ein­ge­wil­ligt ha­ben. Zu­dem wur­den die Stra­fen für un­se­riö­se Call­cen­ter er­höht. Doch trotz stren­ge­rer Ge­set­ze bleibt Vor­sicht der bes­te Schutz.

Te­le­fon­be­trug ist oft schwer nach­zu­wei­sen, doch wer in­for­miert ist, kann sich weh­ren. Al­so: lie­ber ein­mal zu viel auf­le­gen als auf ei­nen Trick her­ein­fal­len!

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Fo­to: C.E. (Ar­chiv)

Montag, 24. Februar 2025

Montagsschreibtisch (79)

Wie Über­set­ze­rin­nen und Übersetzer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier im 19. Jahr. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch; mei­ne Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet als Über­set­ze­rin, al­so schrift­lich, mit Eng­lisch als Ziel­spra­che

Tische und Stühle im Schnee
Nur eine Illustration
Jeden Mon­tag brin­ge ich hier ei­ne kur­ze Über­sicht über die Wo­che. Und ich habe noch Ter­mine frei!

Auf dem Schreib­tisch für die nächs­ten Ta­ge:


⊗ Bau und Raum­akus­tik (Le­xik mit knapp 600 Ein­trä­gen durch­se­hen, neu­e Be­grif­fe ler­nen)
⊗ Kor­rek­to­rat Film­skript (von ei­nem Ber­li­na­le-Ter­min)
⊗ Zwei Kos­ten­vor­an­schlä­ge
⊗ Haus­ver­wal­tung zu­rück­ner­ven. Seit dem 16.10. ist das Bü­ro oh­ne Zen­tral­hei­zung! Es reicht! Zum Glück wird's lang­sam wär­mer.
⊗ For­tbil­dung

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Fo­to: C.E. (Bild vom Sam­stag)

Sonntag, 23. Februar 2025

Wahltag (II)

Was Dol­met­sche­rin­nen und Über­setze­rin­nen tag­ein, tag­aus be­schäf­tigt, wie wir ar­bei­ten, na­tür­lich auch Dol­met­scher und Über­set­zer, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Ich be­ob­ach­te von Be­rufs we­gen un­se­re Zeit sehr ge­nau, denn ich muss ja im­stan­de sein, alle mög­li­chen Men­schen "zu ver­to­nen".

Hand an der Urne
Wahltag ist Zahltag
Heute ist Wahl­tag in Deutsch­land. Es ist keine Wahl wie die an­de­ren zu­vor. In den let­zten Re­gio­nal­wah­len im Os­ten des Lan­des ha­ben die Rechts­ex­tre­men enor­me Zu­wäch­se er­lebt. Ich weiß, wie sie spre­chen, was sie schrei­ben. Als Dol­met­sche­rin habe ich mich, als ich für Jour­na­lis­ten aus Frank­reich tätig wurde, län­ger da­mit be­fasst.
Ich kenne den Ost­en gut. Ich weiß, mit wel­cher Ar­ro­ganz und Ver­ach­tung nach 1990 viele aus dem West­en dort­hin ge­gan­gen sind, um schnell Kar­riere und Geld zu ma­chen. Garan­tiert nicht alle, aber zu viele. Men­schen, die im West­en eta­bliert und in so­zia­le Ge­füge ein­ge­bun­den wa­ren, blie­ben meistens im West­en — auch sol­che, die ur­sprüng­lich aus dem Ost­en stamm­ten. Das weiß ich aus ers­ter Hand: Mein Va­ter, in Sach­sen ge­bo­ren und von dort ver­grault, be­kam für die letz­ten fünf bis zehn Be­rufs­jahre eine in­te­res­san­te Stel­le in Sach­sen an­ge­boten. Meine Ge­schwis­ter wa­ren da­mals Teen­ager.

Er hat­te schon ein­mal mit­er­lebt, was es macht, wenn Teen­ager aus ih­rem an­ge­stamm­ten Um­feld ge­ris­sen wer­den. Das wol­lte er nicht wie­der­ho­len.

Ich kürze ab. Eine Ge­ne­ra­ti­on spä­ter ge­hö­ren die meis­ten Lie­gen­schaf­ten in der ehe­ma­li­gen DDR West­lern. Das hat meh­re­re Grün­de. Der West­en kauf­te, Steu­er­spar­mo­del­le lock­ten, Geld war an­ge­spart, der gut­do­tier­te Job, der ei­nen Kre­dit er­mög­lich hat, vor­han­den. Die an­de­ren West­ler sind zwar dort so­zi­a­li­sier­te Men­schen, die aber man­gels Per­spek­ti­ve über die Jah­re den Ost­en ver­las­sen ha­ben. 
Da­mals ka­men viele west­li­che Un­ter­neh­mer in den Ost­en, ich kürze wei­ter ab, ver­meint­lich mit viel Geld und bes­ten Ver­bin­dun­gen, in­ves­tier­ten viel­leicht so­gar, schlimms­ten­falls nur in ei­ne "Pin­sel­sa­nie­rung", trenn­ten Firma und Pa­ten­te von Grund und Bo­den, ver­kauf­ten wei­ter. Das Wort as­set strip­ping habe ich da­mals ge­lernt. Der Ost­en war an Köp­fen so klein, dass er mit der zu­vor un­ge­nutz­ten Pro­duk­ti­vi­täts­mar­ge spie­lend mit­ver­sorgt wer­den konn­te.

Eine Zeit­lang wur­den Ar­beits­plät­ze "ge­si­chert", die Fol­ge­kos­ten trägt die All­ge­mein­heit bis heu­te. Ich ver­ein­fa­che. Aber die­ses Sche­ma wurde zu oft an­ge­wandt, als dass es nicht die Be­fin­d­lich­keit ge­prägt hät­te. Gu­te Pro­jek­te, Kauf und Über­nah­me durch die Be­legschaft, In­ves­ti­tio­nen in Neu­es, ech­ter Auf­bau Ost, wird vor dem Hin­ter­grund als Aus­nah­me wahr­ge­nom­men. Lei­der gibt es auch im West­en viele, die um ih­re so­zia­le La­ge, ih­ren klei­nen Wohl­stand und die (bit­ter nö­ti­gen) Re­for­men be­sorgt sind und be­fin­den: Es soll al­les wie­der so wer­den, wie es "früh­er" mal war.

Und al­so jetzt die "Ra­che" der klei­nen Leu­te, die mit dem Fuß auf­stamp­fen und je­nen ih­re Stim­me schen­ken, die ih­nen ein neu­es Selbst­be­wusst­sein ge­ben und gro­ße Ver­spre­chung­en ma­chen. Ich habe die Pros­pek­te selbst ge­se­hen – was da ge­druckt steht, wider­spricht zu 90 Pro­zent dem Par­tei­pro­gramm. (Wä­re künf­tig nicht auch hier an­zu­set­zen? Wahl­wer­bung muss mit dem Pro­gramm über­ei­nstim­men. Wahl­dis­kus­si­onen wer­den vor­auf­ge­zeich­net, die Fak­ten­check­er ma­chen sich so­fort an die Ar­beit und sen­den leicht zeit­ver­setzt mit Un­ter­ti­teln bzw. kur­zen Erklär­fil­men, die ein­ge­blen­det werden. Dann müs­sten sich alle Par­tei­en am Rie­men reißen.)

Dass weder die Ost­zeit noch die Wen­de­jah­re nicht gut auf­ge­ar­bei­tet wur­den, ist der Boom­e­rang, der uns heu­te ein­holt. Vie­le Ost-West­ler, In­tel­lek­tu­el­le und Psy­cho­lo­gen ha­ben ge­warnt. (Auch ich ha­be ver­sucht, mei­ne Er­fah­run­gen als WOs­si mit ein­zu­brin­gen. Aber wer glaubt in die­sem Land jen­seits von Fra­gen der Mo­de schon jun­gen Leu­ten?)

Be­find­lich­kei­ten spie­len ei­ne gro­ße Rol­le in Deutsch­land, au­ßer­dem Res­sen­ti­ments, die schwe­rer wie­gen als Fak­ten.

Politi­sche Bil­dung bei Er­wach­se­nen und bei Men­schen, die oh­ne gro­ße Be­rufs­per­spek­tiv­en in struk­tu­rell ver­nach­läs­s­ti­ge Ge­gen­den hin­ein­ge­bo­ren wur­den, ist schwer zu ma­chen, zumal die­se Leu­te auf­grund ih­rer Er­fah­rung im­mer gleich "In­do­k­trination" mut­ma­ßen, wenn man ih­nen an­de­re Per­spek­ti­ven auf­zeigt. Hier ging es von An­fang an um die oft lang nicht ge­mach­ten Er­fah­run­gen mit Men­schen aus an­de­ren Län­dern, was Fre­m­den­feind­lich­keit wach­sen ließ. (… be­son­ders ho­he Ab­leh­nungs­wer­te ha­ben Re­gio­nen, in de­nen fast nie­mand oder kei­ner zu­ge­zo­gen ist.) Die­ses Misstrauen ge­gen­über dem An­der­sein hat sich rasch aus­ge­wei­tet. Es fo­kus­siert sich in­zwi­schen auf an­de­re Welt­an­schau­un­gen oder Ori­en­tie­run­gen, auf ei­ne ge­wis­se Welt­läu­fig­keit, auf an­de­re Le­bens­wei­sen und Ein­flüs­se.

Aus Miss­trauen wur­de Angst, aus Angst Wut, aus Wut Hass. Das Gan­ze ist und bleibt mit ei­ner gro­ßen Por­tion Selbst­mit­leid grun­diert. Ge­füh­le sind leicht zu ma­ni­pu­lie­ren, und der ver­dräng­te kol­lek­ti­ve Min­der­wertig­keits­kom­plex wird um­ge­dreht und als spit­ze Pfei­le nach au­ßen gerichtet.

Dann sind plötz­lich Schick­sa­le "selbst ge­macht" und "ver­dient". In den USA hat sich, so schaut es in­zwi­schen aus, ein eben­falls emo­tions­ge­stör­ter, ver­ur­teil­ter Ma­fio­si mit IT-Un­ter­stüt­zung an die Macht ge­putscht. Er ak­zep­tiert die Ge­wal­tent­ei­lung zwar nicht, hat aber schon per Ge­setz vor­ge­sorgt, dass die USA-Wäh­ler­schaft so bald kein zwei­tes Mal an die Wahl­ur­nen ge­ru­fen wird. Und was höre ich von so ei­ner de­pri­vier­ten Ost­see­le? Sät­ze wie: "Da sind die Amis selbst dran schuld, hät­ten sie mal nicht Jahr­zehn­te­lang die Welt mit ih­rem Im­pe­ri­al­is­mus und ih­ren Krie­gen über­zo­gen." (Da scheint so­gar noch der ML-Un­ter­richt durch.)

Ähn­liche Kom­men­ta­re gibt es zur Ukrai­ne und zu Is­ra­el. De­tails er­s­pa­re ich uns jetzt hier.

Die Ki­ste ist ver­fah­ren. Mir ma­chen da in­zwi­schen auch bür­ger­li­che Po­litiker Angst, die selbst het­zen, denn wenn sie in die­ses Wut­horn bla­sen, ver­bar­ri­ka­die­ren sie aus Wahl­kal­kül für län­ger den Weg der emo­tio­na­len Auf­ar­bei­tung – die na­tür­lich auch mit kol­lek­ti­ven, ma­teri­ellen Ent­schei­dun­gen ver­bun­den sein muss. Milli­ar­dä­re tun de­mo­k­ra­ti­schen Ge­sell­schaf­ten nicht gut, auch zu ho­he Mi­lio­nen­ver­mö­gen sind schon kon­trapro­duk­tiv. Al­lein die Tat­sa­che, dass keine Sta­tis­tik mehr über die Rei­chen und Ul­tra­rei­chen ge­führt wird, seit un­ter Hel­mut Kohl die Ver­mö­gens­steu­er ab­ge­schafft wurde, ist mit de­mo­k­ra­ti­schen Grund­sät­zen nicht ver­einbar.

"Vom Te­ller­wä­scher zum Mil­lio­när" war mal ein ame­rika­ni­sches Ver­spre­chen, das dort auf­grund der schie­ren Be­völ­ke­rungs­grö­ße bei zün­den­den Ide­en manch­mal noch auf­geht ist. Bei uns, im klei­n­tei­ligen, kul­tur­di­ver­sen Eu­ro­pa, sieht es an­ders aus. Wir müs­sen bei uns an­fan­gen. Wir brau­chen ei­nen neu­en Ge­sell­schafts- und Ge­ne­ra­ti­ons­ver­trag. Un­klar, wann wir so weit sind.

Jetzt droht ers­t­mals ein ab­so­lu­tis­ti­scher Tech-Feu­da­lis­mus mit or­well­schen Kon­troll­me­ch­a­nis­men, ge­steu­ert aus Über­see.

Was der­zeit in den USA statt­fi­ndet sind so gra­vie­rend wie das deut­sche 1989. Da­mals ha­be ich al­les in ei­ner Art schlaf­wan­de­ri­schem Tau­mel er­lebt, da­bei mit ständi­ger Angst vor den let­zte­n Schlä­gen der Sta­si. Heute ist Wahl­tag. Mir sitzt ein Kloß im Hals. Un­gut für ei­ne Dol­met­sche­rin.

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Illustration: pixlr.com (Zufallsfund)

Mittwoch, 19. Februar 2025

Fortschritte der KI-Forschung

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier mit­le­sen. Heu­te ist KI-Mitt­woch.

Eine Art Ritterfigur vor blutrotem Hintergrund
Es feh­len Bil­der für die Ge­fahr
Die US-ame­ri­ka­ni­sche Fir­ma Me­ta (Facebook, In­sta­gram, Whats­App) be­haup­tet, mit FAIR eine Künst­li­che In­tel­li­genz ent­wi­ckelt zu ha­ben, die in der La­ge sei, Spra­che di­rekt aus Hirn­ak­ti­vi­tä­ten zu ent­schlüs­seln. Die For­schen­den ha­ben da­bei Ma­gne­to­en­ze­pha­lo­gra­phie (MEG) ge­nutzt, um die elek­tri­schen Si­gna­le des Ge­hirns zu er­fas­sen.

Der Hin­ter­grund der For­schung sei na­tür­lich streng wis­sen­schaft­lich: Man wol­le bes­se­re In­ter­faces für Men­schen mit Kom­mu­ni­ka­tions­stö­run­gen schaf­fen. Neu ist da­bei, dass die KI Spra­che hier­ar­chisch ana­ly­siert. Sie zer­legt Ge­dan­ken in Grund­struk­tu­ren, er­kennt se­man­ti­sche Mus­ter und Hier­ar­chie, und kann das Ti­ppen von Buch­sta­ben aus­le­sen, bis­lang mit ei­ner Ge­nau­ig­keit von bis zu 80 Pro­zent. Das be­deu­tet, dass ge­dach­te Wör­ter in ih­rer Ab­fol­ge er­kannt wer­den kön­nen. (Hier ein Hei­se-Ar­ti­kel dazu, ge­schrie­ben von Eva-Maria Weiß.)

Ge­nannt wird die Ent­wick­lung AMI (Ad­van­ced Ma­chi­ne In­tel­li­gence). Da­mit rückt ein Sys­tem in Reich­wei­te, das Ge­dach­tes auf­zeich­net, noch be­vor es ge­spro­chen oder nie­der­ge­schrie­ben ist.

Die­se Ent­wick­lung wirft neue Fra­gen auf: Ist es denk­bar, dass Sprach­mo­del­le künf­tig in Echt­zeit un­se­re Ab­sich­ten deu­ten, noch be­vor wir sie aus­spre­chen? Bis­her gibt es noch Gren­zen: Das Sys­tem kann nicht ein­zel­ne Wor­te exakt re­kon­stru­ie­ren, son­dern eher Be­deu­tun­gen und Kon­zep­te ab­leiten. Wer al­so an ei­ne Gi­raf­fe denkt, be­kommt wo­mög­lich ei­ne va­ge Be­schrei­bung von "groß­em Tier mit lan­gem Hals" statt des ex­ak­ten Wor­tes.

Was wir se­hen: Die Ent­wick­lung geht ra­send schnell. Die wis­sen­schaft­li­che For­schung, die Zi­vil­ge­sell­schaft, die Par­la­men­te und Ka­bi­net­te der ver­schie­de­nen Län­der müs­sen jetzt sehr schnell da­rin übe­rein­kom­men, wel­che Gren­zen sie der Ent­wick­lung set­zen möch­ten und wie da­mit um­ge­gan­gen wer­den soll. Denn bis­lang ist un­klar, wer die­se Tech­no­lo­gie kon­tro­lliert, wer ent­schei­det, wie sie ge­nutzt wer­den darf. Wir brau­chen Me­cha­nis­men, die si­cher­stel­len, dass un­ser In­ners­tes pri­vat bleibt?

Die Gren­ze zwi­schen Le­se­hil­fe und Über­wa­chung wird da­bei im­mer dün­ner. Wenn KI nicht nur Spra­che ver­steht, son­dern auch un­aus­ge­spro­che­ne Ge­dan­ken in­ter­pre­tiert, ge­ra­ten wir in ei­ne neue Ära der Da­ten­ver­ar­bei­tung — mit un­ab­seh­ba­ren Kon­se­quen­zen. Wir spre­chen dann nicht mehr über per­so­nali­sier­te Wer­bung ba­sie­rend auf Such­an­fra­gen oder Ge­sprä­che in der Nä­he des Smart­pho­nes, son­dern über ge­zi­el­te Be­ein­flus­sung, noch be­vor das ge­spro­che­ne Wort fällt. Denn wenn Ma­schi­nen un­ser Den­ken er­ra­ten kön­nen, dann kön­nen sie es auch len­ken.

Ganz klar zeich­net sich hier Größe­res ab, ana­log zum di­gi­ta­len Coup ei­nes Elon Musk in den USA, der kom­plett un­kon­trol­liert und von der Ver­fas­sung nicht ab­ge­sichert, Da­ten­men­gen er­fasst, um­lei­tet und dann von den Ser­vern der Ver­wal­tun­gen löscht, die er zu schlie­ßen oder zu schrum­pfen ge­denkt. Das ist ei­ne d­sy­to­pi­sche Macht­über­nah­me durch Drit­te der wirt­schaft­li­chen Grund­la­gen aber­tau­sen­der Exis­ten­zen, des Funk­tio­nie­rens des Staa­tes und eine Ge­fähr­dung der Volks­ge­sund­heit. Musk schließt gan­ze Ver­wal­tun­gen, Um­welt, Ver­brau­cher­schutz, ato­ma­re Sicher­heit (sic!), Pan­de­mie­mo­ni­to­ring (sic!).

Bei der Ent­wick­lung ums Ge­hirn geht es nun ums Al­l­er­in­ners­te un­se­rer Exis­ten­zen. Das Gan­ze ist so abs­trakt, daher kommt es im Be­wusst­sein vie­ler noch nicht an. Deutsch­land steckt mit­ten im Wahl­k(r)ampf. Die­se The­men müs­sen an­schließend schnell­stens aufs Ta­pet.

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Il­lus­tra­tion: www.pixlr.com (Zu­falls­fund)

Dienstag, 18. Februar 2025

Leben im Wartestand

Hal­lo! Sie ha­ben zu­fäl­lig oder ab­sicht­lich ei­ne Sei­te mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs auf­ge­schla­gen. Ich bin Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin für Po­li­tik, Wirt­schaft und Land­wirt­schaft, Me­dien, So­zia­les und Kul­tur. Der­zeit bin ich auf der Ber­li­na­le un­ter­wegs und wun­de­re mich mal wie­der.

dorisch, ionisch, korinthisch
Säulenordnung mit Lerntipp
Lu­xus­ho­tels sind Nicht­or­te, Film­ku­lis­sen oh­ne Dreh­buch. Ich war­te, mein Blick schweift ab. Do­ri­sche, io­ni­sche und ko­rin­thi­sche Ka­pi­tel­le wur­den hier wild auf Säu­len aus Be­ton­guss ver­klebt, als hät­te ein Bau­herr zu tief in den Mus­ter­ka­ta­log ge­schaut.

Den Fuß­bo­den müs­sen sie in den letz­ten Jah­ren er­neuert ha­ben. Die Säu­le da­run­ter wur­de im Fuß­bo­den­be­reich ei­nige Zen­ti­me­ter tief ein­ge­schnit­ten und hängt in der Luft. Das Gan­ze wirkt wie ein Sym­bol der La­ge: Viel De­ko, viel Schein, aber an Stand­fes­tig­keit man­gelt's. Was nach Kul­tur aus­sieht, ist ren­di­te­op­ti­mier­ter Bil­lig­bau mit zu viel dran­ge­klatsch­tem Or­na­ment.

Kultur zur Um­satz­stei­ge­rung
Ich ver­sen­ke meine Nase in meine Un­ter­la­gen: Sich­tungs­no­ti­zen, Re­cher­chen zum Film­team, Vo­ka­beln, Pro­duk­tions­hin­ter­grü­nde, po­li­ti­sche As­pek­te und Kon­flik­te.

Zwei Kell­ner be­we­gen sich ma­xi­mal­ver­huscht durch die Gän­ge, ba­lan­cie­ren Ta­bletts auf den Ar­men, die Sil­ber­löf­fel klir­ren lei­se an zar­tem Por­zel­lan, je­de Be­we­gung sitzt.

Es riecht nach Par­füm. Über al­lem liegt ein gleich­för­mi­ger Klang aus klas­sisch an­mu­ten­den Tonfolgen, die sich nicht auf­drängen, nicht exis­tieren, aber doch prä­sent sind. Mu­sak heißt die­ser Sound­track von Ho­tel­lob­bys, Fahr­stüh­len und Kauf­häu­sern, gro­ße Be­lie­big­keit, in No­ten ge­gos­sen.

Millimeterarbeit
Ne­ben mir der Tee­wa­gen, da­rauf Pe­tit fours und Schnitt­chen, pas­send zum Am­bi­en­te – klein, mil­li­me­ter­ge­nau ka­riert, wie aus ei­nem Ku­li­na­rik-Stock­fo­to. Den Kell­nern und den Bäckern füh­le ich mich ge­ra­de am nächs­ten, reelles Handwerk. Ich war­te auf die Gäs­te. TV-Leu­te, für die wich­tig ist, dass je­des Wort sitzt. Sie ar­bei­ten für die News, al­les eilt.

Drin­nen war­tet der Film­star, der gleich in­ter­viewt wer­den wird. Die Pres­se­da­me ist nicht auf­ge­taucht. Ich bin ge­spannt, ob die Fra­gen der TV-Leu­te über­ra­schend sind oder das Pres­se­haft spie­geln. Ich ken­ne den ro­ten Fa­den lei­der nicht, ob­wohl ich im Vor­feld freund­lich da­rum ge­be­ten hat­te.

Ber­li­na­le im Wan­del
Das Team ver­spä­tet sich. Die Ber­li­na­le war ein­mal ein Ort, an dem vie­le Spra­chen auf der Büh­ne ge­spro­chen wor­den sind, aber auch bei den Pres­se­ter­mi­nen, bei der Kul­tu­ren und Un­ter­schie­de selbst­ver­ständ­lich ih­ren Raum hat­ten. Das galt als un­ver­meid­lich, war schön, manch­mal ein we­nig chao­tisch. Heu­te er­lebe ich einen Rest da­von.

Denn meis­tens wird in­zwi­schen ver­ein­facht und ver­flacht. Fast al­le Ge­sprä­che fin­den in­zwi­schen auf sim­pli­fied Eng­lish statt – was zunächst in­ter­na­tio­nal klingt, zer­stört in der Pra­xis aber die Kom­ple­xi­tät. Fra­gen sind ver­schlich­tet, Ant­wor­ten kür­zer, die Ge­sprä­che ver­lie­ren an Tie­fe. Es betei­li­gen sich auch nicht mehr so vie­le Men­schen wie früher. Groß­ar­ti­ge Fra­gen stel­len noch ei­ni­ge Mut­ter­sprach­ler (oder Leu­te, die so klin­gen) – aber es sind we­ni­ger ge­wor­den. Die Zu­rück­hal­tung vie­ler, die ihre ei­ge­nen Sprach­kennt­nis­se als un­zu­rei­chend ein­stu­fen, ist nach­voll­zieh­bar.

Ich er­le­be das je­des Jahr aufs Neue. Die Q&A-Run­den nach den Fil­men sind kür­zer, sie fin­den nach den Wie­der­ho­lun­gen nicht mehr sys­te­ma­tisch statt. Es ist, als hät­te nie­mand aus der Pan­de­mie ge­lernt: Live und vor Ort er­öff­net ein Fes­ti­val Ge­le­gen­hei­ten, die di­gi­ta­le Kom­mu­ni­ka­tion ein­fach nicht bie­ten kann.

So­lan­ge sich zu wenige be­schweren, läuft das mun­ter so wei­ter; die Hin­wei­se Ein­zel­ner wer­den mun­ter weg­ge­lä­chelt. 

Qua­li­tät, die nie­mand will
Die ein­zi­gen, die sich heu­te für Exakt­heit in­ter­es­sie­ren, sind eben die TV-Leu­te und et­li­che an­de­re Jour­na­lis­ten. Sie brau­chen kla­re In­fos, ein­deu­ti­ge Über­set­zun­gen, Zäh­ler­stän­de (Time­codes). Das Team heute hat kaum Zeit für den Schnitt, vor Ort wird das Ge­dreh­te gleich aus­ge­wer­tet, ich darf unter­stüt­zen.

Heute ist auch wieder ein guter Ho­no­rar­tag. In Zei­ten der geo­po­li­ti­schen Kon­flik­te, der neuen Prio­ri­tä­ten und des Macht­va­ku­ums, das uns das vor­zei­ti­ge En­de der Koa­li­tion be­schie­den hat, herrscht har­ter Kon­kur­renz­kampf um die we­ni­gen Dol­metsch­ein­sät­ze. Die Ho­no­ra­re wur­den ge­drückt, die Kund­schaft nutzt un­se­re Not aus, und ja, auch da schrum­pfen Bud­gets, und "Neh­men Sie das bit­te nicht per­sön­lich!" ...

Grund­sätz­lich in War­te­hal­tung
Jen­seits der Ber­li­na­le schei­nen vie­le Pro­gram­me, für die wir sonst dol­met­schen, ein­ge­fro­ren zu sein, bis es wie­der neu­e Fach­mi­nis­ter und -mi­nis­te­rin­nen gibt. Al­most every­thing is on hold.

Dass an dem Gan­zen Men­schen hän­gen, die da­von le­ben, scheint ähn­lich wie in der Pan­de­miezeit, in der wir So­lo-Selb­stän­di­gen über­wie­gend von Luft und Lie­be (und den Rück­lagen fürs Al­ter) le­ben durf­ten, kaum zu in­te­res­sie­ren.

Alles chic, von au­ßen be­trach­tet
Was sicht­bar ist: Gro­ße Na­men, ro­ter Tep­pich, zu dün­ne Kleid­chen fürs Win­ter­wet­ter, Ka­me­ras, Licht. Was nicht sicht­bar ist: Die Sub­stanz brö­ckelt. In alt­mo­di­schen Be­grif­fen: Das Kul­tur­ver­stän­dnis ist im Kern an­ge­grif­fen, wie die­se Säu­le, die hier vor mei­nen Augen in der Luft schwebt.

Was ich oben schrieb, gilt für die Pub­li­kums­ge­sprä­che nach den Fil­men. In­zwi­schen greift das „Wir ma­chen al­les auf EN und brau­chen kei­ne Pro­fis mehr“-Prin­zip an ei­ni­gen Stel­len lei­der auch auf die Pres­se­ar­beit über, be­son­ders bei den jun­gen Pres­se­leu­ten. Ich hoffe, sie ler­nen in der Pra­xis hinzu!

Und jetzt? Neue Chan­cen ...
Was macht das mit mir? Ich bin un­ge­dul­dig und warte nicht gerne. Ab und zu scrol­le ich zu­hau­se oder im Zug durch Stel­len­an­zei­gen. Ei­ne hal­be Stel­le wä­re ide­al. Ich muss fle­xi­bel sein, An­ge­hö­ri­gen­pfle­ge lässt sich nicht im­mer pla­nen.

Ich ha­be mir mei­ne Kund­schaft schon be­wusst weit ge­streut aus­ge­sucht: Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit, Kul­tur, Bil­dungs­rei­sen, Agrar-Öko­lo­gie, Ur­ba­nis­mus, Di­plo­ma­tie. Und doch wächst die Furcht, dass die­se The­men bald als "Schön­wet­ter­lu­xus" de­fi­niert zu­sam­men­ge­stri­chen wer­den könn­te, Kri­se und Po­pu­lis­mus haben Fol­gen. (Ich be­ob­ach­te, was in den USA pas­siert.)

Die Furcht ist das ei­ne. Zum Glück ha­be ich viel ge­lernt, stu­diert und ei­ne brei­te Be­rufs­er­fah­rung. Ich müss­te ver­schie­de­ne Op­tio­nen ha­ben. Bald ge­he ich zur Be­rufs­be­ra­tung. Ich füh­le mich zwi­schen­durch wie mit zar­ten 17 Len­zen. Ich bin neu­gie­rig und of­fen und hof­fe, dass die­se deut­sche Men­ta­li­tät, dass die Be­wer­be­rin zu 100 Pro­zent 'pass­ge­nau' sein muss, end­lich pas­sé ist. Wir ha­ben Fach­kräf­te­man­gel. Das Wort "über­qua­li­fi­ziert" möch­te ich nie wie­der hö­ren.

Kalt­start, wie oft
Ich bli­cke er­neut auf die Uhr. Dann wieder auf den Gang zum Fahr­stuhl. End­lich kommt das TV-Team mit sei­ner gan­zen Tech­nik an­ge­schleift, leicht au­ßer Atem. Das In­ter­view geht in we­ni­gen Mi­nu­ten los. Drei, vier Wor­te mit dem Re­dak­teur ge­wech­selt, dann los! Kein Pro­blem. Kalt­start kann ich.

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Foto: Lehr­buch­sei­te (mit Mne­mo­trick)

Montag, 17. Februar 2025

Montagsschreibtisch (78)

Wie wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ar­bei­ten, ist hier im neun­zehn­ten Jahr Ge­gen­stand die­ses Web­logs. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, und die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Hier folgt der mon­täg­li­che Blick auf den Schreib­tisch.

Sekretärdetails: Stifte, Locher, Schubladen
Zwi­schen­durch war's son­nig
Zwi­schen Welt­po­li­tik und Sor­gen um An­ge­hö­ri­ge hin- und her­ge­ris­sen, kann ich ei­nes sa­gen: mit Le­bens­er­fah­rung und his­to­ri­schem Be­wusst­sein er­wach­sen zu sein und viel mitzu­be­kom­men ist nichts für Feig­lin­ge.

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Ber­li­na­le-Film­sich­tun­gen
⊗ Ko­pro­duk­tions­be­ra­tung dol­met­schen
⊗ EBR-Be­triebs­rat: Vor­be­rei­tung on­line

Ei­ne ver­kürz­te Bü­ro­wo­che. Die Ar­beits­zim­mer­kol­le­gin, die bei sich zu­hau­se we­gen drei­er Kin­der und Mann in El­tern­zeit bzw. hal­btags im Ho­me­of­fice nicht ru­hi­g ar­bei­ten kann, heizt hier ei­ni­ge Stun­den mit Er­satz­ge­rä­ten, spä­ter über­neh­me ich. Wir wol­len nicht noch Schim­mel oben­drauf.

Hin­ter­grund: Bei uns ist jetzt seit vier Mo­na­ten die Hei­zung aus­ge­fal­len. Das Bau­amt ist in­for­miert, die Klemp­ner ge­ben sich die Klin­ke in die Hand, na­ja, im Drei-Wo­chen-Ab­stand. Ei­ne neue Hei­zung steht jetzt in Aus­sicht. Wet­ten lau­fen, ob die HV das vor dem En­de der Heiz­pe­rio­de schafft, al­so in­ner­halb von neun Wo­chen.

Wir sind so­ge­nann­te "Alt­mie­ter". Ei­nem neu­en Nach­barn mit sehr ho­her Mie­te wur­de die Heiz­an­la­ge in­ner­halb ei­ner Wo­che re­pa­riert. Ber­li­ner Zu­stän­de.

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Foto: C.E. (Archiv)

Sonntag, 16. Februar 2025

Der 18. Bloggeburtstag!

Aus dem Ar­beits­all­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen be­rich­te ich hier, ge­nau­er: Hier schreibt ei­ne Dol­met­sche­rin mit Mut­ter­spra­che Deutsch. Ich ar­bei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che.

Kann ein Ding voll­jäh­rig wer­den? Si­cher nicht. Kann ein Ding, das nur vir­tu­ell exis­tiert, voll­jäh­rig wer­den? Erst recht nicht ... oder ge­ra­de des­halb?

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Hochgradig amüsierte Dolmetscherin mit rot-weißem Schal und rotem Füller
Caroline Elias (beim Dolmetschen von Claude Chabrol)
Die­ser Web­log hier "fei­ert" heu­te sei­nen 18. Jah­res­tag. Glück­wunsch dem Ding und ein biss­chen auch mir. Fürs Durch­hal­ten. Vor 18 Jah­ren wa­ren Blogs "der neue heiße Scheiß". Jetzt sind sie fast alt­mo­disch. Ja, auch im "neu­ar­ti­gen" In­ter­net gibt es Alt­mo­di­sches.

Um die Zeit ein­zu­ord­nen: Als die­ser Blog ge­bo­ren wur­de, wa­ren An­ge­la Mer­kel (DE), Jac­ques Chi­rac (FR) und Ge­or­ge W. Bush (USA) an der Re­gie­rung. Mo­bil­te­le­fo­ne hat­ten damals noch Tas­ta­tu­ren und kein In­ter­net, Blogs wa­ren so neu, dass sie noch "das Blog" hie­ßen.

Wä­re mein Blog ein ech­ter 18-Jäh­ri­ger, wür­de er sich seit Jah­ren ge­gen mich auf­leh­nen, un­ver­ständ­li­chen Slang be­nut­zen und Tik­Tok vi­ral ge­hen las­sen, um mir zu zei­gen, dass ich alt bin.

War­um ich blog­ge:
⊗ Um noch­mal über das Er­le­bte nach­zu­den­ken
⊗ Um dem Nach­wuchs et­was an die Hand zu ge­ben
⊗ Um skur­rile Mo­men­te auf­zu­zei­gen
⊗ Um Kun­din­nen und Kun­den zu war­nen
⊗ Um Wort­fel­der nach­zu­be­reiten

Be­ein­flusst wur­de sei­ne Gründung von vie­len Schüler- und Stu­den­tin­nen­an­fra­gen nach Prak­ti­kums­plät­zen. In die Ka­bi­ne neh­me ich, weil es an­ders kaum geht, nun In­te­res­sier­te per Web­log mit. Un­ver­ges­sen der Mo­ment, als ei­ne lang­jäh­rige Le­se­rin, in­zwi­schen Kol­le­gin, vor mir stand und mir strah­lend be­rich­tet hat, wie sehr ihr der Blog im Stu­di­um Ein­sich­ten und Fra­gen ge­ge­ben ha­be, von de­nen sie vie­le gleich im Se­mi­nar an­brin­gen konn­te. Ich weiß von Do­zen­t:in­nen, die mei­ne Er­fah­rungs­be­rich­te als Quel­le mit hin­zu­ge­zogen ha­ben, als es um die Er­stel­lung von Hoch­schul­lehr­plä­nen ging.

Und ich muss die Es­senz des­sen, was wir be­ruf­lich ma­chen, nicht je­den Tag aufs Neue er­klä­ren. In den Grund­la­gen­tex­ten des Blogs le­sen je­den Tag im Schnitt zwei Men­schen zehn bis 20 Mi­nu­ten lang. Das er­spart nicht nur mir viel Er­klär­zeit, auch den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen.

Der in ei­ner Dol­met­sch­ka­bi­ne auf der Ber­li­na­le ge­bo­re­ne Web­log (Link hier) hat im­mer wie­der das The­ma Film­dreh, Me­di­en und Fes­ti­vals zum Ge­gen­stand. Aber nicht nur. Ich dol­met­sche z.B. auch für Po­li­tik, Wirt­schaft, So­zia­les, Bau, zum The­ma Land­wirt­schaft oder auch Raub­kunst, ...

Im Detail: Be­rich­tet ha­be ich über die Schul­den­brem­se, Attentate, Rei­se­cha­os, lus­ti­ge Dol­metsch­ka­bi­nen, un­freie Sicht und hun­der­te an­de­rer The­men. 1,2 Mil­lio­nen Mal wur­de der Blog an­gek­lickt, 163 Klicks am Tag, den An­teil von Fehl­klicks und Bots schät­ze ich auf zwei Drit­tel. Neu­er­dings muss ich hier oft über die Künst­li­che In­tel­li­genz schrei­ben, die un­se­re be­ruf­li­che Exis­tenz zu be­dro­hen scheint. (Die KI kann's al­ler­dings nicht. Wir war­ten aufs Plat­zen der Bla­se.) Was wird die Zu­kunft brin­gen? Wer­de ich den Blog ei­nes Ta­ges ver­er­ben? Oder wird der Blog irgend­wann mit mir in Ren­te ge­hen?

Ei­ne Fra­ge an Euch: Was war Euer lieb­ster Blog­ein­trag der letz­ten 18 Jah­re? Oder gibt es ein The­ma, das ich un­be­dingt erst­ma­lig oder er­neut mal auf­grei­fen soll­te?

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Foto: C.E. (Archiv, 2009)

Donnerstag, 13. Februar 2025

Begriffe sind alles ...

... oder fast. In Sachen Po­li­tik kann ich dieser Tage nicht mehr ganz so zu­rück­hal­tend sein, wie ich es im Be­rufs­all­tag als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin bin, vor allem dann, wenn es um Be­grif­fe und Sprach­miss­brauch geht.

Meine Haupt­ar­beits­spra­che ist Fran­zö­sisch, ich dol­met­sche in bei­de Rich­tun­gen (oder aus dem Eng­li­schen ins Fran­zö­si­sche). Deutsch ist mei­ne Mut­ter­spra­che und bei Tex­ten meis­tens die Ziel­spra­che. Die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­li­sche. Das hat in den letz­ten Jah­ren mei­nen Blick auf die eng­lisch­spra­chi­ge Welt er­wei­tert. Aber nicht nur das.

Sym­bo­lic po­li­tics could not be more sym­bo­lic. The mo­dern dic­ta­tor sets new stan­dards. 

In future, these great achie­ve­ments will be the cen­tral de­fi­ni­tion of sym­bo­lic po­li­tics.

Following his ex­ecu­ti­ve order, Goo­gle Maps has of­fi­cial­ly re­na­med the Gulf of Me­xi­co to the "Gulf of Ame­ri­ca." This way, T. pro­vo­kes a fu­ro­re to dis­tract from the abo­lish­ment of the se­pa­ra­ti­on of powers. Flood the zone with bull­shit, is the mot­to. Mean­while, a new Re­pu­bli­can bill pro­po­ses al­lo­wing T. to re­na­me Green­land "Red, White, and Blue­land."

And Bill Cl­in­ton's Se­cre­ta­ry of La­bour Ro­bert Reich com­ments on this in­for­ma­ti­on with "Still no word on lo­we­ring the cost of gro­ce­ries, ho­we­ver."

Sym­bo­li­scher kann Sym­bol­po­li­tik nicht sein. Der Neu­zeit­dik­ta­tor setzt neue Maß­stä­be. 

Vor fünf Jah­ren ge­se­hen: ei­ne Welt
Künf­tig wer­den die­se gro­ßen Er­run­gen­schaf­ten den Be­griff sym­bo­li­scher Po­li­tik de­fi­nie­ren.

Ge­mäß seines De­krets hat Goo­gle Maps den Golf von Me­xi­ko jetzt in „Golf von Ame­ri­ka“ um­be­nannt. Da­mit pro­vo­ziert T. Auf­re­gung, um von der Ab­schaf­fung der Ge­walt­en­tei­lung abzu­len­ken. Flood the zone with bull­shit, so das Motto. Zu­gleich schlägt ein neu­er Ge­set­zes­ent­wurf der Re­pu­bli­ka­ner vor, T. zu erlauben, Grön­land in „Rot-Weiß-Blau-Land“ um­zu­be­nen­nen.

Cl­in­tons Ar­beits­mi­nis­ter Ro­bert Reich kom­men­tiert: „Die Sen­kung der Le­bens­mit­tel­prei­se bleibt in­des un­er­wähnt.“

Hier noch das Po­si­ti­ve: Ges­tern gab es end­lich mal wie­der Son­ne in Ber­lin, die passt zum Schnee! Ein Freund hat für den gan­zen Mo­nat Ja­nu­ar 39 Son­nen­stun­den ge­zählt, seit­her war es wei­ter dunkel. Dann, end­lich, Son­ne. Der Win­ter in der Haupt­stadt ist eine Her­aus­for­de­rung.

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Foto: C.E.