Sonntag, 30. Mai 2021

COVIDiary (319)

Sie sind auf den Seiten eines Blogs aus der Welt der Spra­chen gelandet. Wir Dol­met­scher:innen arbeiten täglich, sogar an offiziell arbeitsfreien Tagen. Beim Pikieren höre ich ei­nen Podcast zu ökologischen Themen. Sonntagsbilder!

Heute sind Arbeit und Freizeit iden­tisch. Ich lerne zum Thema urban gar­de­ning und urban farming, Garten- und Gemüse­anbau in der Stadt. Zwischen­durch habe ich die Hände in der Blumen­erde. Mein Balkon mit seinen Kräu­tern und Sa­lät­chen, Fotos folgen, sobald es etwas zu sehen gibt, zählt auch dazu.

Mich freut beim Spazier­gang jede Baum­scheibe, die ihr Team gefunden hat. Durch den stän­digen Regen dieses Jahr ist das Grün derzeit wirk­lich tiefgrün.
        Berliner Stadtnatur

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Fotos:
C.E.

Donnerstag, 27. Mai 2021

COVIDiary (317)

Will­kom­men auf den Seiten meines digi­talen Arbeits­ta­ge­buchs aus der Welt der Über­setzer und Dol­met­scher. Täglich ar­beite ich in mei­nen Spra­chen, lese, schrei­be, höre, den­ke auf Deutsch, Franzö­sisch und Eng­lisch — und arbeite immer öfter nicht mehr von zu Hause aus.

Ähnlichkeit mit dem Stadtwappen ist rein zufällig
Kleiner Piks, große Wirkung: Gestern Abend habe ich 19.30 Uhr eine Mail ge­schrie­ben, eine Minute später kam der Rückruf, kurz nach acht war ich ge­impft. Mittwochs und freitags er­hal­ten die Berliner Haus­arzt­pra­xen den be­gehr­ten Stoff, noch ist es ins­ge­samt zu we­nig. Ver­tre­te­rin­nen man­cher Be­ru­fe mit Pub­li­kums­­kon­takt zäh­len zu den erst später hin­zu­ge­füg­ten Prio­ri­sie­rten, darunter An­wält*innen, Erzie­her*innen und auch wir Dol­­met­­scher*innen (*). Was vom Tag liegenbleibt, wird kurz­­fristig ver­impft.

Ich bin sehr dankbar für die Coronaschutzimpfung, zumal wir die ersten Ein­satz­an­fragen er­hal­ten haben, in dem das Wörtchen "geimpft" vorkam.

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Illustration:
Frei gestaltetes Impfsymbol
(*)
... wenn ich das richtig verfolgt habe

Mittwoch, 26. Mai 2021

COVIDiary (316)

Herz­lich will­kom­men auf den Blog­sei­ten ei­ner Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­metscher und Übersetzer machen, wie sie arbeiten, wie sie leben, ist hier seit 2007 re­gel­mä­ßig Thema. Außerdem denke ich über un­sere Arbeits­be­din­gungen nach. Der Corona­virus hat aus dem Arbeits­ta­ge­buch ein subjekti­ves COVIDiary gemacht.

Nächster Halt: Bibliothek
Es ist kalt in der Stadt, nur das Licht ist frühlingshaft und das satte Grün überall.  Heute habe ich schon wieder nicht gegen Honorar gearbeitet, sondern un­sere künftigen Ar­beits­be­din­gun­gen verbessert.

Neulich hat­ten wir ei­ne An­­frage zu einer hy­bri­den Konferenz. Bis zu zehn Men­schen sollen sich bald in einem Kon­fe­renz­saal be­fin­den, der Rest per Zoom zu­ge­schaltet, bei insgesamt drei Spra­chen arbeiten wir zu viert in vier Kabi­nen, zwei sind vor Ort fest ver­­baut, zwei werden hin­zu­­ge­­stellt.

Jetzt also der Vor-Ort-Termin. Wie lösen wir das, wenn die Vortragenden sich an ein- und demselben Rednerpult abwechseln sollen, auf das eine Kamera gerichtet ist, außerdem gibt es eine Kamera, die den gesamten Raum aufnimmt, sowie eine weitere, vor­zugs­wei­se automatisierte Kamera, die drei antwortende Wis­sen­schaft­ler*innen vor Ort filmen soll?

Und wie ändern wir für die Zukunft Dolmet­scherkabinen, in denen wir künftig wohl wieder zu zweit sitzen dürfen, wenn ein Teil der Konferenz­teilnehmer aber fortge­setzt über Zoom zuge­schaltet werden wird? Einige bauliche Ideen hatte ich sofort, andere werden folgen, Ideen, über die sich alle Betei­ligten im ersten Moment ge­freut, im zwei­ten Moment indes gewundert haben.

Und jetzt wundere ich mich, dass sich alle darüber wundern, dass eine aktive Dol­met­sche­rin gute Ideen zur Gestaltung des eigenen Arbeitsplatzes hat. Es ist oh­ne­hin ver­wun­derlich, dass das Heer von Architekten, deren gebaute Vor­stel­lungs­kraft wir regelmäßig an Arbeitstagen inspizieren dürfen, so wenig ausreicht, um die ei­ge­nen Grenzen zu erkennen. Will sagen: 99 % der neu­ge­bau­ten, fest in­stal­lier­ten Dolmetscherka­binen außerhalb der interna­tionalen Institutionen zeugen von ab­so­lut totaler und kompletter Ignoranz dessen, was wir Dolmetscher*innen be­ruf­lich so machen. In dieser Architektur gewordenen Ah­nungs­lo­sig­keit lässt sich nur be­dingt professionell arbeiten, weshalb ich etliche dieser Orte im Re­gie­rungs­­vier­tel bereits als Stuhl­lager oder teurer Putzmit­telschrank gesehen habe.

Hiermit präsentiere ich einen neuen Punkt in meinem Portfolio: Beraterin für die archi­tek­tonische und technische Umsetzung von Konferenz­orten und hybriden Kon­ferenz­settings, ab jetzt auf Honorarbasis, die Höhe ist Verhandlungs­sache.

Auf der Rückfahrt dann Lesende in der Hochbahnstation, eingemummelt, als wäre noch Winter: Ich liebe den Anblick lesender, informationssüchtiger Menschen, ich kann nicht anders.

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Foto: C.E.

Sonntag, 23. Mai 2021

COVIDiary (313)

Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­terin können Sie hier erhalten. Das zweite Pfingsten in Pandemie­zeiten: Wegen nicht komplett funktionsfähiger Fahrräder ist unser Radius gerade begrenzt. Sonntags poste ich private Sonn­tagsbilder.

"Es ist so kalt, daß die Elster auf dem Zaun flötet", weiß das Sprichwort. Pfingsten mit April­wetter, sagt meine Schwester (in der Ferne). Als es mal für Stunden wär­mer wird, hän­gen die Men­schen draußen in Trauben zusam­men. Moment mal, der Coronavirus ist noch nicht am Ende, möchte ich ihnen fast zu­ru­fen. Wir umlau­­fen sie in gro­ßen Bö­gen. Ins­ge­samt hilft das kühle Frühjahrs­wetter wahr­schein­lich bei der Pan­de­mie­be­käm­pfung, die Leute sind unter freiem Himmel mehr in Be­we­gung und at­men bei Still­stand nicht die Atemwölkchen der Mitmenschen ein.

Das blaue Sofa
Der Stehgeiger des Grauens, der sonst den Markt beschallt, seit auf Betreiben mancher An­woh­ner die echten Musiker leider von der Aussichts­ter­rasse am May­bachufer vertrie­ben worden sind, nämlicher Steh­geiger des Grauens stresst uns Nach­barn jetzt sogar das Wochen­ende hindurch mit seinem ta­lent­­losen Gefiedel. Er ist auf dem Foto ganz links oben zu sehen. We­nigs­tens wech­selt er ab und zu seinen Standort.
In seiner Gegenwart zu schla­fen, kann ich mir allerdings ganz und gar nicht nicht vor­stel­len.

Das akkurat hinzuge­stellte blaue So­fa zeigt hier zwei Probleme der deutschen Haupt­stadt auf einmal auf. Weil Berlin sich zu fein ist, Sperrmüll­ta­ge zu ver­an­stalten, wird ständig die gute Stube vollgerümpelt. Bevor das Sofa nass­regnet, schenkt es wenigstens einem Men­­schen etwas Ruhe. 

Die blaue Taschenlampe

Mich nervt, dass die Politik For­schungs­er­gebnisse in so vielen Feldern nicht wahr­nehmen will. Warum gibt es in Deutschland immer mehr Obdachlose? Seit 1966 (1976) ist Wohnen ein verbrieftes Menschenrecht

In Deutsch­land ist die vergeigte Wohn­politik das eine, die Ver­achtung der Armen das andere. Dabei gibt es schon lange Pro­gram­­me wie Housing First, die gesamtgesell­schaft­­lich weniger kosten, als die Men­schen in der Ob­dach­lo­sig­keit zu belassen. Schon 2013 hat die EU dazu eine Studie kofinanziert. 

Warum wurden nach 2015 die Not­quartiere für die Ge­flüch­tete nicht gleich so ge­baut, dass aus ihnen mit we­ni­gen Zusatz­investitionen echte Woh­nungen hätten werden können, kleinere Ein­hei­ten zu günstigen Preisen, ge­mischt mit Mehr­gene­ratio­nen­ein­hei­ten und auch ganz han­dels­üb­li­chen Wohnungen, um Ghettobildung zu vermeiden?

Tagsüber die Hände in Gartenerde gehabt; abends langanhaltendes, großes Staren- und Elstergeschrei über dem Dachfirst; wer hat hier wessen Gelege ausgehoben?

Am Wochenende gelesen:
Bode, Thilo: Die Essensfälscher: Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller legen, Frankfurt, Fischer, 2010
Haldimann, Urs u.a.: Unser täglich Fleisch: So essen wir die Welt kaputt, Zürich Unionsverlag, 1992

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Fotos:
C.E.

Sonntag, 16. Mai 2021

COVIDiary (309)

Was Dol­met­scher und Über­setzer umtreibt (hier: eine Dol­met­sche­rin­ und Über­set­ze­rin­), beschreibe ich seit 2007 an dieser Stelle. Der Sonntag gehört den privaten Sonntagsfotos.

Zwei junge Damen beim konzentrierten Zuhören aus der Frühzeit des Rund­funks: Damals war Radiohören noch spannend für alle (heute ist es das leider nur noch für wenige, woran auch viele Redak­tionen und Sender­leitungen schuld haben). Schön, wie Freunde das Bild, das ich anderswo schon gezeigt habe, kom­men­tieren. Klaus Peter aus Halle schreibt: "Inte­res­sant, vor allem der Lautstär­ke­reg­ler am Män­tel­chen."

Das Bild wurde August 1925 in Berlin aufgenommen. Ich habe es mit einfa­chen Mit­teln grob "res­tau­riert", einige Schäden kor­rigiert und es koloriert. Das Ori­gi­nal­for­mat ist rechteckig und wird bei Gelegen­heit in hoher Auf­lösung gescannt und noch gründ­licher bear­beitet.

Nach einer Woche in der Un­ter­ti­tel­werk­statt darf ich über einen Kurz­film nach­denken, es wird ein Foto­film im eigenen Auftrag und mit eigenen Mit­teln werden.

"Ich dreh mal lauter!"






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Foto: Eigenes Archiv

Sonntag, 9. Mai 2021

COVIDiary (305)

Was und wie Über­setzer und Dol­met­scher arbeiten, können Sie hier mitlesen. Die meis­ten von uns sind selb­stän­dig. Co­ro­na stellt auch un­sere Exis­tenzen auf tö­ner­ne Füße. Eine Entlastung ist die Freude über die Natur. Sonn­tags­bild!

Als es im März schon mal eine Woche warm war, hock­te ich mal wieder in Qua­ran­tä­ne. Für mich ist heute der erste warme Tag des Jahres. Allerdings strengt ein Tem­pe­ra­tur­sprung von 20 Grad binnen zwei­er Tage ziemlich an. Wet­ter­fühlig mit Mi­grä­ne bin ich leider seit mei­ner Covid-19-Er­kran­kung geworden. Ich hoffe, das ebbt lang­sam ab. Mor­gen sollen es sogar 30 Grad in Berlin wer­den!

Die gute Nach­richt: Die Mauer­seg­ler sind zurück. Oder sie wa­ren schon früher da. In Ber­lin kom­men sie sonst immer am 27. April an. Vielleicht war ihnen auch nur zu kalt, um laut auf In­sek­ten­fang zu gehen.

Frühling am Kanal
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Foto:
C.E. (Gesichter mit Photoshop verändert)