Freitag, 29. April 2016

Auf dem Schreibtisch XXX

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was Dolmetscher für Französisch (und Über­­set­zer) möglicherweise so umtreibt, können Sie hier mitlesen. Ich arbeite in Paris, Berlin, Schwerin und dort, wo Sie mich brauchen!

Langsam wird es wärmer, wobei der Kopf das mit der Kühle nicht so gemerkt hat. Die grauen Zellen haben schon jetzt zum Warmlaufen gebracht:

Frühling in Berlin
⊗ Migration, Integration, Gewerkschaften (jetzt steht die Nachbereitung an)
Geplante Obsoleszenz
⊗ Finanzkrise in Europa / Griechenland
⊗ Men­­schen­rech­te in Al­ge­ri­en
⊗ Arbeitsmarkt Frankreich
⊗ Strafrecht: kein schönes Thema
⊗ Französische Startups in Berlin
⊗ Hanf als Baumaterial
⊗ Kinoland Belgien
⊗ Paul Klee

Manche Themen sind (leider) Dauerbrenner, andere nur für den Mai relevant. Ich werde in Botschaften und Kulturhäusern, im Kino, beim Anwalt und in Wirt­schafts­un­ter­neh­men dolmetschen.

Foto rechts in der Mitte: Das neue Berlinsprech, hier wird (falsch ge­schrie­be­nes) Französisch, Deutsch, Italienisch und Englisch wild durcheinandergemischt.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 28. April 2016

Nebenkosten

Bon­jour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin. Mein Kopf ist auf Französisch gepolt, außerdem dolmetsche ich immer wieder aus dem Eng­li­schen. Hier berichte ich über meinen Berufsalltag.

Zimtschnecke
Quelle: The Bread Station
Gestern wurde ich auf einen Job auf­merk­sam ge­macht, bei dem sich mir sämt­li­che Haa­re ge­sträubt ha­ben: Zwei Auf­ga­ben in einer, kei­ne an­satz­wei­se nor­mal ver­gü­tet.

Ge­­bo­­ten wurde ein Sie­ben­tel mei­nes nor­ma­len Stun­den­sat­zes für rei­ne Schreib­­tisch­­ar­­beit. Sowas geht gar nicht. Stun­den­sät­ze sind im­mer Ver­­hand­lungs­sa­che.

Aber ein sol­cher Preis für ei­nen Film­­auf­trag, dessen Ergebnis dann vermutlich kom­plett normal bei Öffent­lich-Recht­li­chens zu sehen sein wird, erfüllt leider den Tat­be­stand der Sittenwidrigkeit (in die hinein die Sender nicht selten den Be­rufs­nach­wuchs nötigen).

Auf Dumpinganfragen antworte ich normalerweise nicht. Das hier war echt zu hef­tig. Meine normale Antwort auf die Ausschreibung gestern wäre gewesen:
Sehr geehrte Damen und Herren, 
der von Ihnen angebotene Stundensatz entspricht meinen Nebenkosten an Ausgaben für schwarze Schokolade, dänische Zimtschnecken, Heizung und gute Musik, für die ich selbstverständlich bezahle. Für Profis mit einschlägiger Vorerfahrung rechnen Sie bitte ab 70 Euro die Stunde vor Steuern. 
Mit vorzüglicher Hochachtung usw.
Die Produktionsfirma ist noch jung, genießt Welpenschutz. Aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Natürlich berate ich auch zu den Kosten, z.B. in Sachen Übersetzung von Filmskripten und -projekten, fremdsprachiger Recherche, Dol­met­schen am Set und im Schnitt, Trans-Ü (statt Transkription gleich die Über­set­zung niederschreiben, siehe Ausschreibung von gestern) sowie Untertitel. Gerade die Übersetzung großer Mengen gedrehten Materials können Übersetzer und Dol­met­scher mit Diktiersoftware beschleunigen.

Am liebsten berate ich im Vorfeld, wenn die Kalkulation entsteht. Ich erledige sol­che Aufträge seit 15 Jahren, Beratung inklusive. Und wir alle haben mal an­ge­fan­gen.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 27. April 2016

Mittelschicht

Willkommen auf den Logbuchseiten einer Französischübersetzerin und -dol­met­scher­in. Hier berichte ich aus Berlin, Paris, Cannes, Marseille, München, Hamburg oder Leipzig unter Wahrung dienstlicher Geheimnisse. Meine gewählte Pers­pek­ti­ve: entweder aus dem In­ne­ren der Dolmetschkabine oder direkt vom Schreibtisch.

Heute komme ich aus dem entsetzten Hechelschnaufen kaum heraus. Ich fühle mich angefasst und künftig in meiner Selbstbestimmung bedroht. Ich erkläre mich.

Kulturhaus A. in der Stadt B., bundesfinanziert, französische Kuratorin, ihr Englisch ist nicht so gut wie ihre Französischkenntnisse, sie lernt fleißig Deutsch. Eine Pres­se­kon­fe­renz steht an. Madame möchte sich in ihrer Muttersprache äußern. Es geht um einen einstündigen Einsatz. Ich biete eine kleine Variation von Honoraren an, wobei ich immer davon ausgehe, dass die Anzahl der Stunden zur Vorbereitung gleichbleibend ist. Ich rechne das transparent auf den Stundensatz runter, der im Durchschnitt bei 80 Euro liegt. Da ich etliche ehrenamtliche Ein­sät­ze im Bereich der Flüchtlingsarbeit habe und ungern ausufernd lange debattiere, bitte ich die potentiellen Kunden immer um die Ansage dessen, was bei ihnen die Schmerz­gren­ze nach oben ist.

Meistens klappt das ganz gut. Mit der Absage, die dann kam, hätte ich allerdings nicht gerechnet. Die Direktion ziehe es vor, dass Madame Englisch spricht. Die in Kulturkreisen lange gültige Regel "jede(r) in seiner/ihrer Sprache" wird langsam aber sicher abgeschafft. Gefällt mir gar nicht.

Dann noch eine "Trans-Ü"-Anfrage. Trans-Ü nenne ich Transkription mit gleich­zei­ti­ger Übersetzung, was ich mit einem Diktierprogramm erledige. So konnte ich in den letzten Jahren die fallenden Honorarsätze ausgleichen und meinen Stun­den­satz (nach Amortisierung der Software) beibehalten.

Zu dem, was ich jetzt lesen muss, fällt mir nichts mehr ein. Gar nichts mehr.

Ungelernte Menschen bekommen in Deutschland den Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde, dann kommen für den Arbeitgeber noch Sozialausgaben und Kosten für den Arbeitsplatz hinzu. Studierte Menschen sind für weniger zu haben. Wenn wir so rech­nen, wie es einem bei der Existenzgründung beigebracht wird, 50 % der Um­sät­ze entsprechen diesen eben erwähnten Nebenkosten, dann haben in Deutsch­land jetzt studierte Menschen bei 5,00 Euro die Stunde keine Problem damit, Ar­beit zu finden.

25.04.2016 Für unsere Doku DIE REISE (AT) suchen wir eine/n zuverlässige/n Übersetzer Französisch-Deutsch. Wir haben ca. 4h Material (Interview, Französisch) das gleich ins Deutsche transkribiert werden soll (tabellarisch, Timecodes IN, Text je ca. 10 Sekunden). Du bekommst 10,- Euro pro Arbeitsstunde und stellst uns eine Rechnung aus. [Name der Firma/Mail]
Crew United hat die Anzeige inzwischen deaktiviert
Im Mediensektor handelt es sich um ein systemisches Problem. Die Sender zweigen immer mehr Geld für Aufgaben ab, die nicht mit dem Programm zu tun haben, die "unabhängigen" Produktionsfirmen kämpfen großenteils ums Überleben. (Außer die Sendertöchter, was ein Teil des Problems ist.) Und wir haben in Deutschland glaube ich inzwischen 1000 Menschen, die vom Vergeben von Filmfördergeldern leben.

Auch in anderen Bereichen beobachte ich im Übersetzungs- und Dolmetschmarkt ähnliche Entwicklungen wie grundsätzlich in der Gesellschaft: Der mittlere Bereich bricht weg. Noch habe ich für die Berühmtheiten und Politiker gut zu tun, hier ver­die­ne ich mein Geld, und den Kontakt zur Wirklichkeit halte ich durch meine eh­ren­amt­li­chen Einsätze. Aber ich spüre, dass ich mich langsam fragen muss, was ich in den kommenden zwanzig Berufsjahren machen möchte.

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Illustration: Netzfund

Montag, 25. April 2016

Stellungnahme zum Masterplan

Hier be­grüßt Sie ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin, auf de­ren Sei­te Sie ge­­plant oder zu­­fäl­­lig ge­lan­det sind. Ob in Berlin, Paris, Schwerin oder Lille, ich mache überall das Glei­che: Ich dolmetsche und übersetze. Dabei sind Französisch oder Englisch die Aus­gangs­spra­chen, Deutsch oder Französisch die Zielsprachen.

Dem Vernehmen nach soll McKinsey für die Endfassung des Masterplans zur In­te­gra­tion von Flüchtlingen in Berlin roundabout 240 Tausend Euro bekommen haben. Also etwas weniger, so dass die Summe gerade nicht europaweit ausgeschrieben werden musste.

Statistics: A survey of available Wohnraum in Berlin and where, in which hands is it
Arbeitsphase: Anmerkungen
Ich gehe die Sache mal kurz als Übersetzerin an: Der Text um­fasst auf 76 Seiten ins­ge­samt 246.343 Zeichen in­klu­si­ve Leer­zeichen, geteilt durch 55 Anschläge er­gibt das 4479 Über­set­zer­norm­zei­len, beim Ge­samt­preis lie­gen die Kosten bei 53,17 Euro pro Über­set­zer­norm­zei­le oder 3131,58 Euro pro Seite. (Dabei hatte die Firma ehrenamtlich an­ge­fan­gen.)

Und im Grunde liegen die Zeilenpreise noch jenseits der 53,17 Euro, denn das Programm hat alle Zeilen- und Sei­ten­zah­len mit­ge­zählt. Zum Vergleich: Pro­fes­sio­nel­le Übersetzungen kosten um die 1,70 Euro bei mit­tle­rem Rechercheaufwand.

Dann schaue ich genauer hin. Als Steuerzahlerin, die lesen kann und sich mit der Materie auf der Basis von einem halben Tag die Woche beschäftigt, muss ich sagen, dass die zusammengestöppelten Ist-Berichte der einzelnen Verwaltungen plus et­li­cher Absichtserklärungen sowie die Zusammenfassung bestehender Programme und das Anreißen eventuell an­vi­sier­ba­rer Möglichkeiten diese Summe nicht im Ansatz rechtfertigen.

Hier die Anmerkungen und Kritikpunkte von Aktiven aus über 60 Initiativen, Ver­ei­nen und sonstigen Trägern, die in Berlin zumeist täglich mit dem Thema zu tun haben: Downloadlink.

Die Stellungnahme zum "Masterplan Integration und Sicherheit" der Stadt Berlin entstand in zweieinhalb Tagen, und es sind einige wichtige Punkte nicht auf­ge­nom­men worden, weil Kürze ein erklärtes Ziel war. Insgesamt kamen über 130 Men­schen zu Wort.

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Foto:

Sonntag, 24. April 2016

Das Atelier

Hallo, hello & bonjour. Was mich als Spracharbeiterin so umtreibt (und auch an­de­re Dol­met­scher und Über­set­zer für Französisch und andere Sprachen kennen), da­rü­ber schreibe ich hier regelmäßig. Auch zeige ich gerne meine Arbeitsplätze vor, dieses Mal liegen sie in Charlottenburg und Schöneberg, Sonntagsbilder!

Tag eins im Rathaus dol­met­schen, es geht um den "Mas­ter­plan Integration und Si­cher­heit" des Senats bzw. der Fir­ma McKinsey, Tag zwei am Protokoll mitschreiben, auch so geht Arbeit. Am zweiten Tag ge­ra­te ich mit Betreten eines "Ateliers" mitten in eine Dis­kus­sion. Wir werden auf den Raum verteilt und fangen an. Irgendwann fallen mir die Lampen auf.
Ich forsche nach einem hö­hen­ver­stell­ba­ren Stuhl. Später werden die ersten Bö­gen der "Mo­de­ra­tions­wän­de" ab­ge­hängt, jemand schiebt einen Besen durch den Raum, das restliche Papier wird ein­ge­rollt, wei­te­re Lam­pen rein­ge­tra­gen. Am En­de sind al­le zu­frie­­den. Plötz­lich ste­he ich in ei­nem Fo­to­stu­dio. Hat­te ich nicht ge­merkt. Sehr lus­tig.

Was drumherum noch geschah, traue ich mich kaum zu schreiben, denn es klingt zu erfunden. Hinter dem grauen Vorhang liegt nämlich ein kunstvoll dekorierter Therapieraum. Am Abend fand hier eine deutsch-arabisch verdolmetschte Ge­sprächs­run­de statt, an der ein Dutzend Menschen aus mindestens sechs Ländern teilgenommen haben, wir Protokollanten zwischendurch auch. Nach dem Ende al­ler Veranstaltungen wurden hinter einem anderen Vorhang Matratzen und Bettzeug hervorgeholt. Hier im Atelier schläft eine Flüchtlingsfamilie, so ähnlich wie in man­chem Theater ... weiterlesen: "Deutsches Theater nimmt Flüchtlinge auf".

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 20. April 2016

Aufgelesen

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was Dolmetscher für Französisch (und Über­­set­zer) möglicherweise so umtreibt, können Sie hier mitlesen. Ich arbeite in Paris, Berlin, Frankfurt, Lyon und dort, wo ich gebraucht werde.

Mein Zitat zum Text von gestern stammt von Camus: "Wer die Dinge beim falschen Namen nennt, trägt zum Unglück der Welt bei."

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Foto: entfällt

Dienstag, 19. April 2016

Sprache und Macht

Hallo, salut, hello! Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was mir aus meinem Leben in der Welt der Übersetzer und Dolmetscher für Französisch (und aus dem Eng­li­schen) auffällt, notiere ich hier.

Worte im Bild
Schreibfehler in der grafischen Umsetzung
Im hessischen Schulbuch eines bekannten Verlages für den Deutschunterricht der 5. Klas­se stand einst eine Ge­schich­te (und steht sie hoffentlich noch heute) von Peter Bich­sel: “Ein Tisch ist ein Tisch“. Auf einer meiner Kin­der­hör­spiel­cas­set­ten, die ich bei zahlreichen bronchialen Er­kran­kungen so oft gehört ha­be, dass ich alles mit­spre­chen konnte, hat dieser Peter Bich­sel seine Geschichte mit seinem gemütlichen Schwei­zer Akzent selbst vor­ge­tra­gen.

(Leider habe ich diese Tonaufnahme im Netz (noch) nicht wiedergefunden.)

Es geht um einen Mann, dem eines Tages einfällt, die Dinge mit anderen Begriffen zu belegen als jene, auf die sich die Allgemeinheit verständigt hat. Das geht eine Zeit lang so, es beschäftigt den Mann, bis er am Ende völlig vereinsamt ist, denn mit niemandem kann er sich mehr austauschen. Er hat sich in seinen verschobenen Begrifflichkeiten eingemauert.

Mich hat das Kind diese Geschichte fasziniert, denn sie geht von anderen Sprachen aus, die für die Bezeichnung ein- und denselben Gegenstands völlig andere Klänge nutzen.  Sie macht in wundervoller Weise die Willkürlichkeit der Laute und Regeln klar, auf die sich die verschiedenen Kulturen verständigt haben.

Jetzt gerade muss sich wieder an diese Geschichte denken, denn sie funktioniert auch in einem größeren Rahmen. Unser Vizekanzler reist nach Ägypten und nennt nach Gesprächen mit dem Präsidenten diesen einen „beeindruckenden“ Mann. Das ist ganz so, als wäre Al-Sisi nicht für Folter, Zensur und Polizeiwillkür bekannt. Denn eigentlich geht es diesem Vizekanzler nur darum, den Ägyptern Geld zu ge­ben, damit diese ihre Grenzen besser überwachen.

Die europäischen Länder haben ihre Grenzen an der Ostseite geschlossen, den Syrien nächstgelegenen Ländern, und es geschieht, womit alle gerechnet haben: Kriegs-, Klima- und Wirtschaftskriegsflüchtlinge brechen in Nussschalen auf die große Mittelmeerüberquerung auf, es kommt erneut zu mindestens 300 Toten, und Europa überlegt sich, wie da­rauf mit einer „Rettungsmission“ zu antworten sei. Reminder: In diesem Bereich des Mittelmeeres starben vor ziemlich genau einem Jahr 700 Flüchtlinge. Als Dol­met­sche­rin erinnere ich mich leider zu gut an Ge­sag­tes. Damals hieß es: So etwas darf nie wieder geschehen.

Echte Rettungsmissionen sehen anders aus. Die Berliner Luftbrücke war mal eine solche. Und wann werden die Regierenden die De-facto-Abschaffung des Asyl­rechts, eine der Lektionen aus dem 2. Weltkrieg, auch de jure abschaffen? Welchen Namen werden sie der Sache geben? Rettung des Hausfriedens?

Ein Fernsehmensch demonstriert etwas mit der Ansage à la Das, was jetzt folgt, darf nicht sein, es ist verboten, denn es ist keine Satire, die anderen Beiträge der Kollegen waren satirisch und sind von der Kunstfreiheit gedeckt. Und die ganze Welt re­agiert so, als hätte es diese Anmoderation nicht gegeben, die Medien über­schla­gen sich, das Thema wird tagelang auf höchster Regierungsebene verhandelt, die wirk­lich wesentlichen Punkte geraten aus dem Blickfeld.

Zum Beispiel scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass die Türkei in Syrien Kriegsteilnehmer ist, indirekt, sie hat strategische Interessen daran, dass Syrien keine Gaspipeline durch sein Land baut, denn damit würde Türkei etwas von sei­nem Alleinstellungsmerkmal verlieren, dass ihm regelmäßig Wegezoll einbringt; außerdem bekämpft die Türkei mit kriegerischen Mitteln ihre kurdische Minderheit im eigenen Land, während die Kurden auf der anderen Seite der Grenze  an der Niederschlagung Daeshs beteiligt sind.

Genau diese Türken werden nun zu unseren „Freunden“ und Geschäftspartnern, wenn sie Lager für syrische Geflüchtete bauen. Währenddessen sollen sie an der ebenfalls scharf überwachten türkischen Grenze auf syrische Flüchtlinge ge­schos­sen haben.

Dem Tisch sagte er Teppich. / Dem Stuhl sagte er Wecker. (Bichsel)

Die Begriffe „Europäische Werte“ und Menschenrechte hatten auf unserem Kon­ti­nent, von dem Menschen wie Stückgut außerhalb der Grenzen verschoben werden, mal einen guten Klang. Wenn das so weitergeht, muss die europäische Union ihren voreilig erhaltenen Friedensnobelpreis zurückgeben.

Weiter geht es auf Französisch mit George Orwell und Victor Klemperer, für mich beides alte Bekannte; ich freue mich, dass Klemperer jetzt auch in Frankreich be­kann­ter wird: www.cincivox.wordpress.com!



Vokabelnotiz
mettre les points sur les i (wörtlich: Die Is mit Punkten versehen)  – die Dinge beim Namen nennen
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Illustration: yowillnevergetme

Montag, 18. April 2016

Themen 2015

Geplant oder ungeplant sind Sie hergekommen und lesen jetzt Seiten meines di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs aus dem Inneren der Dolmetscherkabine! Bonjour! Hier schreibe ich über kleine Beobachtungen des Alltags, über kulturelle Hin­ter­grün­de und war in folgenden Bereichen im letzten Jahr aktiv.

Hier eine Übersicht über die Themen, die ich im letzten Jahr in Bearbeitung hatte:
— Allgemeine Politik, Wirt­schafts- und Finanzkrise, Steuergerechtigkeit
Asylpolitik, Migration und Integration
— Französisches Kino und Film­wirt­schaft: Filmfinanzierung und Aus­bil­dungs­pro­gram­me
— Filmstarts, Castings und Pres­se­hef­te
— EU-Strukturen und -Krisen
— Urheberrecht
— Architektur/Urbanismus: Genossenschaften, Nachverdichtung der Städte
— Architektur: Altbausanierung, Gestaltung von Innenräumen
— Blue Card (Green Card der EU)
— Startups in Berlin
— Baumärkte für Privat-und Industriekunden
— Afrika, besonders Burkina Faso
— Bodengesundheit, Urban Gardening and Farming
Psychologische Krisenintervention
— Krimis mit historischem Hintergrund
— 20-er bis 40-er Jahre des 20. Jahrhunderts
—  Büromöblierung und alte Lampen


Mit diesen Themen habe ich mich im Rahmen von Konferenzen, Delegationsreisen, Arbeit im kleinen Team, Recherche, Dreharbeiten und Beratung beschäftigt. Ich werde tätig für Unternehmen aus der Wirtschaft, politische Stiftungen, NGOs, öf­fent­lich-rechtliche Sender, Filmfestivals und -verleiher, Botschaften, Ministerien und auch für private Kunden.

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Fotos: privat/C.E., mit Sprachen quer durch Europa

Mittwoch, 13. April 2016

Schwein gehabt!

Herz­lich Will­kom­men auf den Blog­sei­ten einer Sprach­ar­beiterin. Hier den­ke ich über den All­tag der Welt der Kon­fe­renz­dol­metscher und Über­setzer nach. Ich arbeite in Paris, Berlin, Köln, Lyon und gerne auch dort, wo Sie mich brauchen.

Meerschweinerich im Käfig
Konrad in Aktion
Ein Französischtrainee von mir neulich: "Auf Französisch ist ja alles anders als auf Deutsch und Englisch! Da muss ich ja alles neu lernen!" Ja, fast alles je­den­falls.

Einen bis drei Kunden betreue ich im Jahr bei ihren Sprachkontakten mit meinen zwei Hauptarbeitssprachen. Es sind meistens Schauspieler oder Me­dien­leu­te, die in kurzer Zeit ihre in der Schule erworbenen Kenntnisse ak­ti­vie­ren möchten.

Neben der Arbeit mit Lehr­buch, Ton- und Textdokumenten verbringen wir einfach nur Zeit miteinander und spre­chen über alles. Auch mit den und über die Meerschweinchen. Les cochons d'Inde, die Schweinchen kommen auf Französisch aus Indien. Dabei stimmt das gar nicht.

Es sind weder Schweinchen, noch kom­men sie aus Indien. Es sind süd­ame­ri­ka­ni­sche Nager, die auch cobaye [kɔ.baj] (m) genannt werden.

Wichtig und das muss in der Tat bewusst gelernt werden: Der Begriff cobaye für die sehr empfindlichen und sozialen Tiere meint auf Französisch auch "Versuchstier" ... entspricht dem deutschen Versuchskaninchen. Schnell das Thema wechseln!

Diese Meerschweinchen werfen übrigens bis zu drei Mal im Jahr. Ich denke an mei­ne Patchworkschwester Annette, die eines Morgens beim In-den-Käfig-Schau­en aus­rief: "Neue Meerschweinchen! Noch Mehrschweinchen!" Da haben sie, ihr Bruder und ihr Vater plötzlich ganz viel Schwein gehabt.

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Fotos: C.E.

Dienstag, 12. April 2016

Deutschnack (I)

Hier bloggt eine Sprach­ar­bei­te­rin. Was Über­set­zer und Dol­met­scher so umtreibt, hier können Sie es verfolgen. Heute beginne ich eine neue Reihe für Deutsch­ler­nen­de, "Deutschnack". "Schnack" ist ein nordeutscher Ausdruck, er kommt von "schnacken", was so viel wie 'sich unterhalten' heißt. Der Schwerpunkt hier liegt also auf gesprochener Sprache.

Wasch- und Klobecken, Duschtasse, alte Fliesen
Badezimmer zu 18 € / m sehen anders aus: so!
Griff ins Klo

Montagmorgen um 8.00 Uhr, irgendwo in der deutschen Hauptstadt. Ein total ab­ge­rock­ter Altneubau, irgendwann aus der Nachkriegszeit, ein halbes Dutzend po­ten­tiel­ler Mieter im Fluchtmodus und ich, die ich den Termin für einen Dol­metsch­kun­den wahrnehme.

Hier wird in Kudammnähe ver­wohn­ter, eilig pinselsanierter oder oder einfach nur hässlich ab­ge­nutz­ter Raum für 480 Euro brutto angeboten, museale 60-er-Jahre-Fliesen, historische Sa­ni­tär­ke­ra­mik­aus­stel­lung, Kochnische und Plas­tik­fuß­bo­den im Wohnbereich inklusive.

Das Zimmer ist weniger als 20 Quadratmeter groß, die Nebenräume sind alles an­de­re als weitläufig.

"Das war ja wohl ein Griff ins Klo", sagt eine der Frauen im Weggehen und meint: Es war ein Fehlgriff, sich aus der Liste möglicher Wohnungsbesichtigungen genau diese ausgesucht zu haben. Auch ich verlasse möglichst rasch den Ort des Ge­sche­hens. Es gibt bessere Wochenanfänge.

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Foto: C.E.

Montag, 11. April 2016

Auf dem Schreibtisch XXIX

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was Dolmetscher für Französisch (und Über­­set­zer) möglicherweise so umtreibt, können Sie hier mitlesen. Ich arbeite in Paris, Berlin, Schwerin und dort, wo ich gebraucht werde.

Berlin ist noch kühl und bewölkt, ansonsten erlebt das Frühjahr schon erste Hö­he­punk­te, der Morgenrabatz der gefiederten Mitbewohner der Stadt ist Teil davon. Zum dritten Monat in Folge habe ich in den ersten zehn Tagen so viel an Über­set­zun­gen auf dem Tisch gehabt, dass es keine Wochenenden gab. Den Rest des Mo­nats gehe ich jetzt ruhiger an.

Verrammelte Tür des Informationsbüros der Europäischen Kommission in Berlin ...
Am Pariser Platz eine Baustelle
Was liegt auf dem Schreibtisch?

Die Situation der Europäischen Union und ihrer Institutionen nach dem Tür­kei-Deal
Judentum in Deutschland
Kinoland Belgien
Paul Klee
Nachbereitung: Auswertungs- und Lizenzvertrag (Film)
In­te­gra­tion von Ge­flüch­te­ten und Mi­gran­ten in die Ar­beits­welt
Men­­schen­rech­te in Al­ge­ri­en
     
Die The­men be­schäf­ti­gen mich im Hin­blick auf Dol­met­sch­ein­sät­ze und Fes­ti­vals in die­sem und im kom­men­den Mo­nat.

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Foto: C.E.

Sonntag, 10. April 2016

Hinterhofsonntag

Hal­lo, bon­jour, hel­lo! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin. Mein Kopf ist auf Französisch gepolt, außerdem dolmetsche ich immer wieder aus dem Eng­li­schen. Hier berichte ich über die Arbeit, und der Sonntag gehört dem Sonn­tags­bild.

Warum ich meinen Kiez und unser Haus so mag, sind Momente wie dieser. Es wird immer frühlingshafter, und auf dem Hof toben die Kinder, die auch in jüngeren Jahren selbstständig runtergehen, eine große, fröhliche Schar aller Altersgruppen.

Manchmal "arbeiten" sie ganz ernsthaft am Sandkasten, sogar die ab­ge­bil­de­ten Pre-Teens (pré-ados). Anstelle von Pre-Teens würde ich gerne "Großkinder" sagen, nach dem Vorbild von "Kleinkinder" gebildet. Für etliche bedeutet "Großkind" al­ler­dings "Enkel".

Luftbild: Hinterhof mit Sandkasten, Bäumen, Büschen, blühenden Blumen, Fahrrädern und bunter Pflastermalerei
Kindheit wie in den 1970ern
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Foto: C.E. (In ein zweites Fenster geladen,
lässt sich ins Bild reinzoomen.)

Donnerstag, 7. April 2016

Alltagsrassismus

Absichtlich oder zufällig sind Sie auf den Blogseiten einer Dolmetscherin und Über­set­ze­rin für die französische Sprache gelandet. Hier berichte ich (unter Wah­rung von Berufsgeheimnissen) über das, was mir in Paris, Berlin und dort, wo mich meine Kunden hinschicken, auffällt.

Chic et choc
Wohnungsbesichtigung in Ber­lin-Wedding mit Dol­metsch­kun­den, die einen ara­bi­schen Nach­na­men haben. Plötzlich ist die Wohnung 25 % teurer.
Es gibt leider keine Zeugen außer uns. Der Makler stellt die Summe aus dem Exposé als einen "be­kla­gens­wer­ten Irrtum" dar.
Erwartet er jetzt einen Um­schlag?, schießt es mir durch den Kopf.

Die Bruttokaltmiete läge dann bei über 18 Euro den Quadratmeter, und das in einer wenig attraktiven Gegend in einem total abgerockten Altbauhinterhaus.

Ich nenne das Alltagsrassismus in Deutschland, einfach nur zum K*!

Vor Ort sind wir ruhig und höflich. Vielleicht sind wir zu gut erzogen. Aber das aal­glat­te Bürschchen von Makler und seine Miss werden wir so schnell nicht bekehren. Ich stelle fest, dass es eine Steigerung zum Begriff "Raubtierkapitalismus" geben muss, ca­pi­ta­lis­me pré­da­teur, und warte mit "Aasgeierkapitalismus" auf, ca­pi­ta­lis­me cha­rog­nard.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 6. April 2016

Prägungen

Klei­ne Be­ob­ach­tun­gen am We­ges­rand von mei­nen Ein­sät­zen als Dolmetscherin und Übersetzerin können Sie hier mitverfolgen, natürlich stets unter Wahrung sämt­li­cher dienstlicher Geheimnisse. Ich arbeite in Ulm und um Ulm herum, in Kottbus (auch ohne Postkutschkästen), in Berlin (aus dem Berliner Slang ins Hoch­fran­zö­si­sche) und Paris (titi parisien → Hochdeutsch). Nebenbei fallen mir immer re­gio­na­le Besonderheiten auf.

Echte Reste einer Restaurantmahlzeit werden nicht nur in den USA immer häufiger eingepackt, die leftovers wandern ins doggy bag. Bei mir im Kiez gibt es Res­tau­rants, die es so gut mit uns Essern meinen, dass es nie zu schaffen ist. Das hat sein Gutes: Nicht der Hund bekommt die Reste, die am Folgetag mit Spiegelei in die Brat­pfan­ne wandern, sondern ich! Deshalb gehe ich dort nur mit der Tupperdose hin, um den Plastik- und Alumüll zu vermeiden.

Nach der Pause
Neuerdings ersetze ich ka­put­te Plastikschüsseln durch Modelle der ECO-Brotbox — aus Edelstahl.
Aber ich will heute auf an­de­re Reste hinaus. Immer wie­der sitze ich mit in­ter­na­tio­na­len Kunden im Restaurant oder im Café. Dabei fällt mir auf, dass bei den anderen im­mer ein Rest bleibt, auch wenn dieser manchmal nur symbolisch ist.

Mir verbietet das meine Prägung. Der zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit hat meinen Eltern noch lange in den Knochen gesteckt, sie haben ihn als Baby bzw. Kind erfahren, meinen Omas und den Ersatzomas in der Nachbarschaft so­wie­so, als da wären Helene Buchmann und Anna-Elisabeth Döhner aus Marburg, die Erste Ehefrau des Theater­in­ten­dan­ten Heinrich Buchmann, die Zweite ihres Zei­chens Ex-Dozentin für Ro­ma­nis­tik an der dortigen Uni und Frau von Dr. Kurt Döh­ner.

Ich bin sehr dankbar für die vielen Anregungen und die Zeit, die mir alle Be­tei­lig­ten geschenkt haben, auch die Ersatzopas — und ich schaue mit liebevollem Grin­sen auf die Sache mit dem Essen.

Immerhin habe ich inzwischen gelernt, NICHT aufzuessen, was mir nicht schmeckt; die ab und zu bei mir verwelkte Möhre tut weiterhin weh.

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Foto: C.E.

Dienstag, 5. April 2016

Was wir machen

Hallo, bonjour, hello! Hier bloggt im neunten Jahr eine Übersetzerin und Dol­met­scher­in aus der Arbeitswelt der Sprachen. Ich arbeite in Ulm, Schwerin, Lyon, Pa­ris, Cannes und Berlin, kurz: dort, wo die Kunden mich brauchen.

Übersetzen ist ein wunderbar mehrdeutiges Wort. Wir übertragen nicht einfach nur Sprache, wir setzen in dem Vorgang von einem anderen Ufer zum anderen über, bringen etwas von hier nach dort und in eine andere Kultur. Damit verbinden wir Welten, erläutern und vermitteln. Hier gleich noch ein schönes Zitat.


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Illustration: Internationales Literaturfestival Berlin

Sonntag, 3. April 2016

Frühjahrswunder

Bien­ve­nue, will­kom­men auf den Sei­ten mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Der Sonn­tag gehört heute der Arbeit, umso wertvoller scheinen mir Fundsachen vom Wegesrand: Mein heutiges Sonntagsbild!

Alle Jahre wieder mei nahezu kindliches Erstaunen, wenn die Natur es überall sprie­ßen und blühen lässt. Besonders begeistert war ich von den Geschossen hier, die einer überbordenden Phantasie entsprungen scheinen. Wunderbar! (Auch wenn ich es nicht benennen kann. In keiner meiner Sprachen.)


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Foto: C.E.