Bonjour, welcome, guten Tag! Hier lesen Sie Notizen aus dem Alltag einer Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin. Ich arbeite mit der französischen Sprache (und aus dem Englischen). Neben Wirtschaft, Politik und Kultur zählen Ökolandbau und Bodengesundheit zu meinen Fachgebieten.
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Blumen stehen Spalier |
"Schön muss es aussehen!", sagt der Ladeninhaber in der West-City, als er die Blümchen gießt, die in Reih und Glied vor seiner Tür stehen. Ich stolpere nach einem Dolmetscheinsatz gerade aus einem benachbarten Büro. Als Naturfreunde kommen wir ins Gespräch. Ich frage ihn, ob er von der Gefahr für die Bienen weiß, die von vielen Gewächshausblumen ausgehen. Seine knappe Antwort darauf ist leider typisch.
Er sagt: "Mir doch egal, Hauptsache, es sieht schön aus!" und geht rein, um neues Wasser zu holen. Ich schaffe es gerade noch, ein freundliches Wort des Abschieds zu sagen. Der Mann meint es ja nicht böse. Er steckt nur wie so viele andere im täglichen Überlebenskampf.
Andere Menschen suchen die Blühpflanzen für die Balkonkästen sorgfältig aus, um bewusst die Bienen zu füttern. Viele wissen nichts von den Kollateralschäden aus den Laboren. Dass sie die Bienen damit möglicherweise gefährden, wissen sie nicht. Gefahr droht aus den meisten gewerblichen Gärtnereien:
2014 waren mehr als 80% der in der Schweiz getesteten Blühpflanzen aus den Gartencentern mit Neonikotinoiden belastet; Agrargifte, die toxisch auf Bienen wirken. Heute (und außerhalb der Schweiz) dürfte es kaum besser geworden sein, der Verbrauch von Umweltgiften steigt.
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Neues Misstrauen gegen Pflanzen von 2018 |
Der Direktor des "
Papiliorama" im Berner Seeland (Schweiz),
Biologe Caspar Bijleveld, erinnert regelmäßig daran, dass diese Pestizide für Insekten drei- bis siebentausend mal giftiger wirken als DDT, von dem sich bis heute Rückstände in den Böden finden.
Die Folgen sind bekannt: 2018 haben 30 Prozent der Bienenvölker Frankreichs den Winter nicht überlebt. (Normal wäre ein Verlust von etwa zehn Prozent.) Die Schmetterlings- und Libellenpopulationen nehmen genauso ab wie die Arten und Populationen der Vögel und der Fische. Neuen Studien zufolge könnten Reste von Neonikotinoiden in Pflanzen
auch für Säugetiere gesundheitlich gefährlich sein.
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Hofgarten mit Giersch (2018) |
Damit bin auch ich wieder mitten im Gartenjahr. Frühling bedeutet, zunächst als Ausgleichssport zu Schreibtisch und Kabine im Hofgarten den Giersch zu entfernen. Giersch hat rhizomartige Wurzeln, die sehr einfach brechen. Es ist eine Aufgabe für künftige Zen-Meister. Und dann heißt es, sich um die eigenen Sämereien und Stecklinge zu kümmern. Ich verwende Biosaatgut aus ländlicher Produktion. Im Internet gibt es Quellen, mancher Biomarkt hat auch Sämereien im Angebot. Da viele Samenarten öffentlich oft nicht verkauft werden dürfen, ohne eine (teure) Lizenznummer zu haben, sind es oft Vereine, die sich des Saatguts annehmen, die Tauschringe organisieren und ihre Mitglieder versorgen.
Erste Menschenpflicht ist daher heute: Aussähen, verschenken, tauschen und pflegen von gesunden, unbehandelten Blühpflanzen. Und wer keine Topfblumen mag oder vielleicht keinen Balkon hat, der kaufe eine mittelgroße Auswahl an Küchenkräutern im Bioladen seines Vertrauens, stelle sie auf die Fensterbank, sichere sie gegen Runterfallen bei starken Windböen ab, gieße gelegentlich ... und lasse sie dann fröhlich ins Kraut schießen!
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Fotos: C.E. (z.T. Archiv)
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