Manchmal geht nichts mehr |
Damals fuhr im Kinderzimmer die Bimmelbahn aus Holz. Und heute spreche ich oft von der Bummelbahn. Ich bin Vielfahrerin. Einerseits reise ich für den Beruf, andererseits aus Kulturinteresse, am häufigsten aber aus privaten Gründen. So ist das, Teil einer Familie zu sein, in der es nicht nur viele Menschen gibt, sondern diese auch schön alt werden.
Jede zweite Verbindung ist fehlerhaft, zu spät, manchmal nur fünf Minuten, nicht selten erheblich längerm, oft klappt auch noch etwas anderes nicht: Mal pfeift die Klimaanlage ohrenbetäubend, mal funktioniert sie gar nicht; die Monate, in denen das nicht auffällt, sind gar wenige, ich würde das eher Tagen beziffern. Nicht selten fehlt im Speisewagen das heiße Wasser, dann bleibt halt die Küche kalt. Passend dazu ist in der Regel auch die eine oder andere Toilette gesperrt. Wer nichts isst, der/die muss auch nicht ...
Scherz beiseite. Neulich hieß es: "Personen im Gleis". Das scheint die pietistische Variation von "Notarzt im Gleis zu sein", was wiederum nicht ganz so schlimm klingt wie "Unfall mit Personenschaden". Ergebnis: Etliche Züge wurden ersatzlos gestrichen. Dumm nur, dass auch der letzte Zug nach Berlin dabei war. Die Auskunft (neudeutsch: "Infopoint") war übervoll; ein Bahner, der am Gleis bestürmt wurde, gab nachweislich falsche Antworten, darunter "Die Bahn muss bei höherer Gewalt nichts zahlen!" Englisch sprach der Betreffende auch nur allzu broken, aber Fehlinfos gehen gar nicht. Vor ausländischen Gästen schäme ich mich immer wieder für die Bahn ... nicht nur Flugscham, jetzt also auch Bahn(fremd)scham.
"Nur schnell raus aus dieser Stadt!", habe ich mir gesagt. Ein Bereich der Gleise des Kopfbahnhofs war noch nutzbar. Es ist die süddeutsche Großstadt, in der man trotz Warnungen Tunnel durch quellfähiges Gestein baut und Bahnsteige, die nicht eben sein werden, also eine Gefahr darstellen für rollendes Material wie Rollstühle, Koffer, Kinderwagen, und die beteiligten Passanten.
Es war durchaus stürmisch am Wochenende. Wenig später stand auch mein Notfallzug. Gestanden hat auch ein Teil der Passagiere. Lang. An Arbeiten war nicht zu denken, es gab natürlich weder Strom noch Wlan. In Richtung Speisewagen war kein Durchkommen, der Zug war wirklich zu voll. Daneben waren prompt alle Toiletten gesperrt, da sie nur elektronisch aufgehen. Irgendwann ging es dann doch weiter. Es gab Hotelvoucher "aufs Haus" ... trotz höherer Gewalt. (Ist auch aktuelles europäisches Recht.) So schnell kann eine Halbtagesreise zur Langstrecke werden, in Zeit gerechnet. Ein Abenteuer, über das sich später den Enkeln berichten lässt. So sorgt die Bahn für Familien! Danke, deutsche Bummelbahn!
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Foto: C.E.
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