Visuell dreht es sich hier derzeit oft um Pflanzen, vor allem um jene aus Balkon- und Hofgarten. Das hat seinen Grund.
Als Spracharbeiterin könnte ich das so erklären: Bildung braucht Zeit für Wachstum, braucht regelmäßige Pflege. Das gilt auch für Kenntnisse in den Bereichen Sprachen und Landeskunde. Darin ähnelt die persönliche und berufliche Bildung dem Gärtnern. Außerdem genieße ich mein Balkonien gerade sehr. Ich freue mich, dass ich schon im Frühsommer im Kurzurlaub war. Volle Autobahnen, Sehenswürdigkeiten und Restaurants sind nämlich nicht so mein Ding.
Ich genieße also unsere Wohnung in Berlin. Die deutsche Hauptstadt ist im Sommer ein sehr angenehmer Ort, und Sommer ist eigentlich die beste Jahreszeit hier. Warum also wegfahren? Ich fahre trotzdem sehr oft weg, mittellange Kurztrips, und überlasse den anderen die Pflanzenpflege. Nicht nur Kinder werden älter, auch Eltern, bis dann die großen Kinder wieder mehr Zeit mit ihnen verbringen dürfen. Und wer öfter zwischen den Städten seiner Kindheit und Jugend und dem eigenen Lebensumfeld wechselt, nimmt Orte plötzlich bewusster war.
Kresseschwein mit Rucolasaat |
Was auch für Gegenstände gilt. Das hier ist ein Kresseschwein. Es ist das Überlebende eines Kresseschweinduos. Es zählt zu meinen frühen Kindheitserinnerungen. Ich verbinde es mit meiner Mutter, die sie einst auf einem Handwerkermarkt erworben hat. Leider haben sie bei ihr nie funktioniert. Sie standen deshalb auf schön dekorierten Fensterbrettern herum.
Kressezoo (Internetfund) |
Und nun, inzwischen riecht es wieder frisch, habe ich das Tontier sogar ausprobiert. Da ich mich des Kressefiaskos meiner frühen Kindheit entsinne, habe ich das Schweinchen vom ersten Tag an in ein Fußbad gestellt. Und siehe da: Es funktioniert doch!
Manche Dinge brauchen Zeit, um uns ihre Geheimnisse zu verraten. Die Berliner Wohnung haben wir auch erst peu à peu eingerichtet. Zunächst muss man sich ja erst mal kennenlernen. Und seine Alltagsgesten am neuen Ort beobachten, die auch die Zuordnung von Stellflächen und das Erkennen von Bedarf erleichtern.
Bei diesem Kresseschwein werde ich mein Leben lang an meine Eltern denken, denn hier verbindet sich Vaters Erbe, der grüne Daumen, mit Mutters Erbe, dem Hang zum Schönen, Ausgefallenen.
Das Hirn sucht weiter nach einer französischen Entsprechung des Worts "Kresseschwein". Beim Suchen im Netz finde ich einen Lieferanten ähnlicher Teile aus Mexiko, der auch Kresselamas und -pilze vertreibt (siehe Fotostreifen). Dabei erfahre ich, dass unser Kresseschwein eigentlich eine Kresseschildkröte ist. Damit sind meine rein formalen Bedenken zu diesem Wesen endlich beseitigt. Und vielleicht bekommt das Überlebende bald wieder einen Partner. Die Viecher sind übrigens Fair Trade. Sehr charmant das alles! Um die Familiengeschichte vollständig zu machen, wäre eine Kresseschnecke perfekt. Ob ich den Hersteller anschreibe? Hier der Link: Tumia/Tumi.co.uk (auch über Ebay erhältlich).
Vokabelnotiz
peu à peu (DE) — in Frankreich würde hier petit à petit vorgezogen
hérisson à cresson — Kresseigel (gefunden im Internet)
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Fotos: C.E. und Tumia (von mir bearbeitet)
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