Und weil ich auch lieber das Leben genieße, als in vollen Eisenbahnzügen zu reisen, fuhr ich dieses Jahr am Morgen des 24. Dezember quer durch Deutschland (während zu Hause meine Untermieterin Palme und Kerzenständer für einen Weihnukkahabend mit Freunden schmückte). Ich hatte viele Bücher im Gepäck, aber trotz leerer Züge fand ich meinen Leseeifer gebremst.
Hallo Bahn, warum gibt es eigentlich die Stillewagons nicht mehr? Was unterscheidet lauthals mobiltelefonierende oder atemlos redende Menschen von solchen, die ihre Beats per minute hochdrehen? Warum dürfen trotz erklärter Tierhaarallergie Mitreisender andere Fahrgäste ihren verschreckten Haustiger am Halsband herumlaufen lassen? Kurz: Ich ging, weil mich das ausführliche Stegreifreferat über die Geschichte des Weihnachtsmanns ebenso wenig interessierte wie die Geschenkabsichten der Dame, ihre Krankenakte oder der Disput mit dem Nachbarn; und der Tischnachbar setzte sich weg, weil sein Niesen nicht nachlassen wollte. "Dank" der blöden Großraumwaggons kommen jetzt mehr Reisende in den Genuss der Logorrhoe Wildfremder als einst im Abteil, was außerdem die Aufmerksamkeit für jegliche verbale Absonderung schärft. Wie die Lautsprecherdurchsage "Wir möchten Sie in unserem BordrestoranT willkommen heißen ... ", das T war unüberhörbar.
Die Freiberufler an den Arbeitstischen, die mit Akten und Laptops dasaßen, stöhnten hörbar auf. Auch in leeren Zügen ist es manchmal schwer, das Reisen zu genießen.
"Ssänkjufoaträfflingwiss Deutsche Bahn äntguttbei."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen