Montag, 31. Dezember 2018

Jahresende, elefantös

Wel­come, gu­ten Tag, bon­jour ... auf den Blog­­seiten, die in der Dol­­­­met­­­­scher­­­ka­bi­ne und am Übersetzer­­schreibtisch entstehen. Ich arbeite in den Be­rei­chen Po­li­tik, Kul­tur, Wirt­­­schaft und So­ziales. Meine Arbeits­­sprachen sind Deutsch, Fran­zö­sisch (Ausgangs- und Ziel­­­spra­che) und Englisch (über­wiegend Aus­­gangs­­­spra­che).

Hölzerner Elefant
Spaziergang
Neulich, in der Über­set­zer­werk­statt: Natürlich kennt das Diktier­pro­gramm vie­le Wörter nicht, die eher dem Alltag zu­zu­ordnen sind. Aber bei einer Film­über­setzung, in der es um einen Zirkus geht, schreibt der kleine Schreib­­drache stän­dig "Brüssel" statt "Rüs­­sel". Na klar, "Dragon Na­tu­ral­ly Spea­king" wurde zu­nächst für Ju­ris­ten und Ärzte ent­wickelt.

OK, lass ich erstmal so, weil ich die Anleitung zum Trai­nieren der Soft­ware nicht auf meiner Rei­se da­bei habe. Am Ende macht copy & paste aus Brüs­sel wieder einen Rüs­sel.

10.000 new tricks
Werbung der Zeit
Zu Weih­nach­ten gab es "un­ka­putt­ba­res Spiel­zeug von der Jahr­­hun­dert­wende. Mit sol­chen "Humpty Dumpty"-Holz­tie­ren des ameri­ka­ni­schen Spiel­zeug­kla­­vier­­her­­stel­lers Schoenhut hat einst einer meiner Groß­­vä­ter gespielt und mein Vater dann spät­er auch. Diese Zirkus­fi­gu­ren, die Ge­lenke haben und damit als das erste be­weg­­li­che Spiel­zeug sei­ner Art gel­ten, sind im Zweiten Welt­krieg ver­­lo­­ren­­ge­­gan­gen. Im welt­­wei­ten Netz fand sich indes solch ein Dickhäuter an.

Ver­lo­ren­ge­gan­gen ist auch einer der äl­tes­ten Ani­­mations­­filme, wenn nicht sogar DER älteste. Das Bild unten könnte ein Stand­bild davon sein.

Der Film "The Hump­ty Dump­ty Cir­cus" aus dem Jahr 1897 oder 98 wurde per Stop-Motion-Anima­tion rea­li­siert. Hier werden Hunderte von Fotos von Objekten oder Gra­fik­bestand­tei­len ge­macht, die immer wieder ein wenig bewegt werden. (Mit Grafik­ele­men­ten heißt das dann 'Le­ge­trick­ani­ma­tion'.) Als Film montiert wirken die Aufnahmen so, als wären die Objekte lebendig. Pro­duk­tion und Regie: J. Stuart Black­ton und Albert E. Smith, des­sen Toch­ter für den Dreh monatelang auf ihr Spiel­zeug ver­zich­ten muss­te.

Zirkuszelt mit Holztieren und -clowns
Frühes veränderbares Kinderspielzeug der Firma Schoenhut
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Fotos: C.E., Schoenhut, Wikimedia (von mir
bearbeitet. Ja, ich weiß, falsche Perfo...)

Freitag, 28. Dezember 2018

Plus tard!

Wie Dol­met­scher leben und ar­beiten, be­schrei­be ich hier. Wir Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­bei­ter müs­sen stets voraus­denken, dabei auch gerne um die Ecke. Und wer auf sich hält, hat auch pri­vat mit baby­lo­ni­scher Sprach­ver­wir­rung zu tun. 

Topfdeckel aus Glas im Licht
Stilleben in der Küche
Das kann amüsant werden. Hier eine Notiz dazu.

Inter­kul­tu­relles Paar beim Geschirrspülen:
— Plus tard, ist das nicht auch ein Schimpf­wort?
— Du meinst putain?
— Wie auf Spa­nisch de puta madre ( = "geil")?
— Nee, nicht ganz ...  putain de merde, ver­dammte Hacke oder mit K anstatt H!

Persian woman with hookah (qalyan)
Persian woman with hookah (qalyan),
1900, Iran, by Antoin Sevruguin

Zur Ver­voll­komm­nung des Dialogs fällt uns sogar noch eine eng­li­sche Va­riante dieser Antwort ein: Damn hit … or with an S in front of it!
— OK, und putain ohne alles?
— Auf Eng­lisch ist es a hooker.
— Hookah wie Shisha?

Plus tard heißt üb­ri­gens "später".


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Fotos: C.E. /Wikimedia Com­mons/Public Domain

Montag, 24. Dezember 2018

Schöne Feiertage und auf ein gutes Neues!

Seit fast zwölf Jahren ver­su­che ich hier, meinen Alltag zu beschreiben. Ich bin Kon­fe­renz­dol­metscherin und Übersetzerin, arbeite mit der fran­zö­sischen Sprache (und aus dem Englischen).

Allen Leserin­nen und Lesern, die dieser Ta­ge eine Pau­se vom Al­ltags­trubel ein­le­gen, wün­sche ich schöne Tage im Krei­se von Fa­mi­lie und Freun­den. Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende ent­ge­gen: Auf ein gutes Neues!

Schwarz-Weiß-Bild mit Weihnachtsbaum und Wohnzimmer
Licht!
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Foto: C.E. (Archiv)

Samstag, 22. Dezember 2018

Donnerwetter, die Eisenbahn!

Was Dol­met­scher und Über­setzer so er­le­ben, be­schrei­be ich hier in loser Folge. Ich arbeite mit den Sprachen Deutsch, Französisch (Ausgangs- und Ziel­spra­che) und Engl­isch (nur Ausgangssprache) in München, Berlin, Paris und dort, wo meine Kunden mich brauchen. Zu Jah­re­sen­de sind et­li­che Rei­sen privat mo­ti­viert. So auch an die­sem Re­gen­tag ...

Reisender mit Maske im Zug
Alle schlafen, eine darf noch lektorieren
Lan­ge vor der Stun­de des Auf­ste­hens legt der Zug in Stutt­gart ab. Nach jedem Halt wird der Fahr­plan run­ter­­ge­­rat­tert. Dann folgt der Hin­weis auf Nicht­gül­tig­keit von DB-Tickets, denn wir sind in ei­nem "Pri­vat­zug". Vor jeder Station werden die Reisen­den über­schwäng­lich ver­­ab­­schie­det. Dann kommt jeweils die An­sa­ge, an wel­cher Seite des Zuges der Ausstieg ist.

Das ist viel zu viel, viel zu oft, viel zu laut, viel zu wach. Und das ist wirk­lich rein gar nichts für die Art von Reisenden, die der Privat­zug befördert: Stu­den­ten, junge Leute, Berufstätige, Familien. Ich habe Bau­­ar­bei­­ter­ohr­stöpsel in den Lauschern und bekom­me trotz­dem alles wörtlich mit. Die gro­ßen Städte werden dann auch noch zwei­spra­chig angesagt.

"Next stop/nächs­­ter Halt: Frankfurt/Main" würde kom­plett aus­reichen. Wundervoller Minimalismus.

Kind schläft im Zug
Müder kleiner Reisender
Als jemand, die ihre Ohren zur Arbeit nutzt, bin ich akus­tisch hoch­em­pfind­lich. Aber auch für Normalhörer ist das hier anstrengend: Am Bahn­hof pfeift der Zug sehr laut und hoch. Folgen­de Va­ri­an­te ist in Zeiten des Feier­tags­rei­sens ex­trem ner­vig: Mit einem akus­tisch eben­so em­pfind­sa­men Klei­nkind einen Platz zu suchen und durch Pfeifzonen hin­durch­zu­müs­sen.

Und wohin mit dem trop­fen­den Schirm? Da fehlt der Be­gleit­person der Dritt- und Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebt­arm: Schirm, Kindes- und eigene Ohren zu­hal­ten, Kin­der­wa­gen kutschieren, Koffer hinter­her­schlei­fen, Ver­bin­dungs­tü­ren mit zwei Händen aufreißen, denn der Privat­zug ist ja ein ausrangiertes Modell der eins­ti­gen Bundes­bahn und entsprechend hartgängig ...)

Solche Reisen sind echt kein Spaß. Und dann an jedem Halt gehen die An­sa­gen von vorne los. Wieso tu ich mir das an? Die Bahn hat schlicht eine falsche Preis­po­litik. Nicht das Flug­zeug, für dass ich drei Mo­na­te vor Abflug günsti­ger Ti­ckets be­kom­men kann, ist ihr direkter Kon­kurrent, sondern das Privat-, Car­sha­ring- oder Miet­auto. Ganz zu schweigen von den ewigen Verspätungen, die keine gute Werbung sind!

"Alle reden vom Wetter. Wir nicht." (*)
OK, Ver­spä­tun­gen kennt die Straße auch, die Stau­zo­nen mehren sich. Neuer­dings gibt es eben auch diese Pri­vat­­zü­ge als Kon­kur­renz, deren teu­ers­tes Ticket oft die Hälf­te des­sen kostet, was der deut­­sche Kon­zern normalerweise ver­langt. An­ge­sichts der Rolle für die Umwelt, die das Staats­un­ter­neh­men spie­len müss­te, ist das eine Un­ver­ant­wort­lich­keit. Das war jetzt mein Don­ner­wet­ter.

Und das Wort "Eisenbahn" hat immer meine Oma gesagt. Im allgemeinen Sprach­ge­brauch ging das "Eisen" verloren.
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Foto: C.E. (Archiv)
(*) historischer Werbeslogan der Bahn

Donnerstag, 20. Dezember 2018

Ach, ach, Bach!

Bon­jour, hel­lo und gu­ten Tag! Was Sprach­arbeiter wie Dol­met­scher und Über­setzer so umtreibt, können Sie hier mitlesen, im Frühjahr und Herbst nor­ma­ler­wei­se in meh­reren Bei­trägen pro Woche, der­zeit aber weniger, weil so viel los ist. Ich ar­bei­te neben Deutsch mit der fran­­zö­­si­­schen und der eng­li­schen Sprache.

Pariser Fassade
Haus, Mansarden und Himmel in Paris
In einem französischen Ton­studio, ein Film wird ver­tont. Die Dol­metscherin, die mit­un­ter als Sprecherin ar­beitet, also ich, war­tet auf ihren Einsatz.
Dann erwähnt der Filmkom­men­tar einem der größ­ten deut­schen Kom­po­nis­ten. Zum Glück bin ich geistes­ge­gen­wärtig genug, den fol­gen­den Austausch auf­zu­schrei­ben. Denn es gibt ein Problem.

Bei dem, was folgt, schaue ich zwischen­durch immer wieder die Regis­seurin an, die auch zurückieht. Zur Einstim­mung: Es ist dunkel, alle sprechen nur über Mi­kro­fon miteinander (mit den üblichen Ver­zer­rungen) und die Schaum­stoff­schall­iso­lie­rung müffelt auch noch in diesem nicht mehr ganz neuen Studio. Zu­rück zur Barock­mu­sik.

Der Sprecher spricht ei­nen Namen aus, den ich ihn hier mit Jean-Sébastien BASCH transkribiere [Vornamen auf FR, Nachnamen auf DE].
Die Regisseurin sagt (übersetzt): Das heißt Joann-Sébastien BACK!
Sprecher: Bist Du sicher?
Regisseurin: Beim BACK auf jeden Fall, wie man die Vor­namen auf Deutsch aus­spricht, da bin ich mir nicht so sicher.
Die Ton­in­ge­nieurin: Die Deutschen sagen BARRRRR.
Regisseurin: Aber wenn wir nicht BACK sagen, ver­steht es in Frank­reich nie­mand.

Die Regisseurin ist während der Aufnahme nicht auf die Idee gekommen, mich mal kurz zu fragen. Komisch, ich darf heute doch Zitate auf Französisch UND auf Deutsch sprechen. Ich frage mich bei solchen An­lässen, in welchem (hof­fentlich nicht allzu fernen) Jahr­zehnt ich ein­greifen darf.

Buchauslage im Schaufenster
"Die Wissenschaft vor dem Unbekannten" (Fensterauslage)
Zum Glück musste ich keinen deut­schen Eigen- oder Orts­namen aus­sprechen. Ich hätte ver­mut­lich auf der deutschen Aus­spra­che be­stan­den. Und dann fiel mir ein, dass man in Deutsch­land ja auch PariS sagt und nicht wie die Fran­zosen "Parih" oder aber Mai­land nicht Milano.
Gar nicht so ein­fach, dieses Interkulturelle als Haupt­ge­schäfts­feld!

P.S.: In der Kaffeepause wird es immerhin zum Gesprächsthema. L'interculturel comme fonds de commerce ...

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Fotos: C.E.

Sonntag, 16. Dezember 2018

Dunkle Jahreszeit

Bonjour, hello, guten Tag. Hier bloggt im 12. Jahr eine Dol­met­sche­rin, übli­­cher­­wei­se mehr­mals die Woche. Gegen Ende der Herbst­sai­son sind wir noch viel unter­wegs, unter an­de­rem in Stutt­gart, Pa­ris, Ham­burg und Dres­den. Zum Schrei­ben kom­me ich nicht oft, daher ab und zu eine kurze Zwischenmeldung.

Einer der letzten Ein­sätze des Jahres brachte mich nach Dresden. Nach dem Dol­metsch­ter­min hatte ich noch einen halben Tag für Touris­mus. Ich kenne die Stadt seit Kindertagen, durfte daher auf einen Weih­nachts­floh­markt gehen. Dort habe ich schöne glä­serne Kugeln aus der So­wjet­union entdeckt. Sie waren beim Ab­zug der Trup­pen in den 1990-er Jahren in "Elbflorenz" geblieben und in Privatbesitz gelangt. Und so landeten sie einige Jahrzehnte später wieder auf dem Markt ... und in meinem Gepäck zurück nach "Spreeathen".

Mich er­reichen reli­giöse Themen eher nicht. Aber ich feiere gerne Feste, die von den Kul­turen, mit denen ich lebe, angeboten werden. Also gibt es einen Ad­vents­tee ... mit russischen Glas­ku­geln aus der Nach­kriegs­zeit, so jedenfalls der Floh­markt­ver­käufer, ergänzt durch Be­stands­kugeln aus der Jahr­hun­dert­wen­de.

Nicht Religio­nen erreichen mich, ich bin eher eine Kan­di­da­tin für eine Winter­de­pre­ssion, genannt SAD, Sea­so­nal Af­fec­tive Dis­order, eine jahres­zeit­lich be­ding­te emotio­na­le Stö­rung, weshalb mir die gesamten Lichter­feste der dunklen Mo­na­te buch­stäblich ein­leuch­ten. Dazu passt der hölzerne Weih­nachts­baum, der niemals nadeln wird, aufs Aller­schönste. Das ist mein heutiges Sonntagsfoto! Und vielen Dank an Tim aus Dresden für die Kekse und an Elke aus Berlin für die Scho­ko­trüf­fel.

Kerzenleuchter, Holzbaum mit Glaskugeln, Tee, Naschereien etc.
Schönes Licht!

Gegen SAD hilft auch "hoch­pro­zentiges" elektri­sches Licht. Mein bewusster Umgang mit Hellig­keit hat übri­gens dazu geführt, dass ich meine Lichtlampe nur noch sel­ten ver­wen­de, weil ich gerne mittags spa­zieren­gehe. Und es ist gut, sie ein­satz­be­reit in der Kam­mer zu wissen. Über diese Lampe habe ich hier ge­schrieben: Link zu "mehr Licht".

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Foto: C.E.

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Er ist on air

Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­­ta­­ge­buch hinein­­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­­schen, Über­­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, München, Cannes und dort, wo Sie mich brauchen.

Der Redner hat uns keinen Text vorab gegeben, wir kennen nur den An­kün­di­gungs­text seines Bei­trags auf einer internen Tagung. Et­liches war direkt auf Eng­lisch disku­tiert worden sein, vieles aber auch auf Deutsch. Es gibt zwei Kabi­nen, die die Sprachen DE, FR und EN bedienen.

"On Air" als Schild bei einem Tonstudio, "er" von einem Ladenschild
Zwei Sprachen, ein Klang (*): air/er
Der Sprecher ist Deutsch-Mut­ter­sprach­ler. Immer wieder rutscht er ins Englische ab, weil er sich zwi­schen­durch auf Eng­lisch mit ei­ni­gen Kollegin­nen und Kollegen unter­halten hat und diese direkt anspricht. Allerdings ist sein Eng­lisch nicht wirk­lich mut­ter­sprach­lich und wir dürfen um die Ecke denken, um mögliche falsche Be­grif­fe in der Ziel­sprache nicht zu verwenden. Manch­mal wissen wir es aber auch nicht sofort, müssen länger zuhören.
Obwohl er mit zwei Sprachen jong­liert, macht er uns nicht die Freu­de, wenigstens langsam zu spre­chen.

Das erhöht den Schwierigkeitsgrad für uns. Wir müssen also immer erst hinhören, welche Sprache er gerade spricht, bevor wir beim deutschen Englisch eigentlich drei Grammatiken parallel denken müssen. Gelegentlich baut er ein Wort aus der anderen Sprache in seine Sätze ein, weil ihm das Gesuchte nicht gleich einfällt.

Das Fotobeispiel ist hingegen vermeintlich einfach: Wir können schlichte Wörter sehen, Einsilber, die wir rasch erfassen, weil sie bekannt sind. Das scheint so schwer nicht zu sein. Wir müs­sen aber kom­plexe Sach­ver­halte rein akus­tisch erfas­sen.

Am Ende sind wir so müde wie nach fünf Rednern. Hier die Gründe:
1. Der Inhalt war für uns free style ohne Vorbereitungsmaterial zu verdolmetschen (unsere Arbeit besteht zum Großteil aus Vorbereitung). Sowas fühlt sich gerne mal wie Arbeitsverhinderung an;
2. Hohes Sprechtempo plus Stolperer plus Nuschelei;
3. Normales Dolmetschen ist ermüdend genug;
4. Die dritte Sprache und Grammatik;
5. Das Ärgern über die Missachtung unserer Arbeit, die wir nicht zulassen dürfen, die wir währenddessen verdrängen müssen, weil wir sonst nicht dolmetschen könnten.

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Foto: C.E.
(*) ... wenn ein Deutscher spricht ;-)

Dienstag, 4. Dezember 2018

Bewaffneter Beton

Hallo! Ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig ha­ben Sie die Sei­ten einer Kon­fe­renz­dol­metscherin an­ge­steu­ert. Hier schreibe ich über meinen vielseitigen Alltag. Ich dol­met­sche (münd­liche Über­tra­gung) und übersetze (schrift­liche Über­tragung) vor allem Fran­­zö­­sisch und aus dem Eng­lischen. Heute folgt ein Praxisbeispiel für AT, automatic trans­lation, computer­ge­ne­rierte Über­setzung.

Betonwand mit Zahlen und Zeichen
Notizen auf Beton
"Nur mit dem Füller und mit dem ein­spra­chi­gen Wörter­buch bewaffnet, ging er in die Klausur." Solche Sätze gibt es im Leben der Menschen, sogar auf Fran­zö­sisch, wo das être armé de quelque chose im gleichen Sinn verwendet wird. Ist di­gi­ta­le Übersetzung schon für diverse Be­waff­nungen ... ge­wapp­net?

Zum Beispiel hier: Eine Stahl­beton­­mauer konnte nicht ge­gen die Bande junger, be­waff­neter Gangs­ter schützen.

Der Satz stammt von einer Kollegin. Im Französischen Original war zu lesen: Un mur de béton armé n'a pas pu protéger contre le gang armé de jeunes gangsters.

Die "Übersetzungs"software hat daraus gemacht: "Eine bewaffnete Betonwand konnte sich nicht vor der mit jungen Gangstern bewaffneten Bande schützen."

(Stahl)armierter Beton heißt Stahlbeton auf Französisch. OK, und ich bewaffne mich demnächst mit jungen Gangstern gegen diese Agenturen, die uns solche Texte zum "Korrekturlesen" für Bruchteile der eigentlichen Übersetzungsbudgets zusenden. Das ist schon kriminell.

95 % der Agenturen in unserer Branche sind wie Discounter im Lebensmittelhandel: Die drücken die Lieferanten im Preis, reißen Kartons auf, investieren in Werbung, mieten Raum an und bezahlen die Kassiererinnen schlecht.

Der Premiummarkt sind wir, die erfahrenen Freiberufler mit Direktkunden.
 
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Foto: C.E.

Sonntag, 2. Dezember 2018

Wasser marsch!

Was Über­set­zer und Dol­metscher be­schäf­tigt, können Sie hier mit­lesen. Seit vie­len Jahren be­richte ich über den Beruf und meinen sprach­be­tonten Alltag. Sonn- und feiertags wer­de ich privat: Sonntags­fotos!

Gemaltes Wasser mit Lichtreflexen und Pflanzenschatten
Lichtspiele in Öl und Fensterglas
Am Sonn­abend war es son­nig, am Sonn­tag­abend dafür nicht schon wieder nur werk­tags­grau, sondern nass. Es reg­net in Ber­lin in diesen Ta­gen im­mer wieder. In ande­ren Jahr­zehn­ten hätte das kei­nen Nach­rich­ten­wert gehabt. Aber wir hatten sowas seit Mo­na­ten nicht mehr. Wie schnell man sich an ein bei­na­he regen­loses Le­ben ge­wöh­nen kann. Wo wurden die Re­gen­schir­me gleich noch hin­ge­räumt?

So, das war jetzt mal eine lang­wei­li­ge Ein­lei­tung. Ich habe eine Wet­te verloren, hier­mit ist der dafür zu zahlende Preis ent­richtet. Da­mit Sie mir bei der Stan­ge bleiben, liefere ich alsdann und subito die span­nen­de Ein­lei­tung nach.

Heute geht es um Kör­per­flüs­sig­keiten. Ja, Sex sells! Und um eine Fest­stel­lung: Die Berliner, arm und sexy, sind in der Regel nicht auf den Mund gefallen. Kostet ja die gleiche Miete. Wieso sich lang­wei­len im Leben, wenn es auch unter­halt­sam geht.

Einen Sinn für geist­volle Antwor­ten haben sie hier auch, la répartie auf Fran­zö­sisch, und das färbt ab. Aber auch nur in Gren­zen, was ich gleich be­wei­sen werde.

Regen war das Stich­wort. Im Sprüh­regen stehe ich Sonntag­abend an einer Berliner Am­pel und nie­se. Ein Frem­der: “Ge­sund­heit, junge Frau!” Ich: “Danke! Danke! Er: “Einmal be­dankt reicht oooch!” Ich: “Ein­mal war fürs Ge­sund­heit­sa­gen, einmal für die junge Frau!” Er: „Ich dacht schon, sie bedanken sich fürs Wetta!“, sagt er und grinst mich an. Ich schütt­le mich kurz. Er: „Aba det Wet­ta is doch wun­der­baaa!“ Ja, endlich Regen, denke ich, und schiele durch die Bril­le: „Mit Schei­ben­wi­scher auf den Glä­sern hätte ich mehr davon!“ Er: „Dafür ist der Re­jen wat janz be­son­de­ret! Det is nämlich Engels­schweiß! Schön‘n Abend noch!“

Die Ampel springt auf Grün, er geht vor­aus. Wer das letzte Wort hat, hat in diesem Spiel gewonnen.

Gemalte Figuren auf einem Berliner Stromkasten
Berliner am Wegesrand
Mir fällt darauf nichts mehr ein. Schach­matt schlurfe ich hin­ter­her. Mit meiner Ant­wort würde er nicht viel an­fan­gen können: Dieser reg­ne­ri­sche „Engelsschweiß“ heißt auf Französisch le crachin. Klingt wie cracher, ‚spucken‘. Ist al­so Spuck­regen. Und sein En­gels­schweiß würde über­setzt zu la sueur des anges. Klingt wie­de­rum nach la part des anges.

So heißt der Teil des Weins, der beim Aus­bau im Ei­chen­fass ver­duns­tet. Und so rat­tert mein Hirn und ich kann dem Mann, der sich kurz um­dreht und jo­vial winkt, nichts mehr ent­ge­gen­schleu­dern. Pech ge­habt. Meine Schlag­fer­tig­keit ha­ben die fremd­spra­chi­gen Assoziationen gekapert.

Und wie heißt dieser Re­gen auf Englisch? Um­gangs­­sprach­­lich wohl sprink­ling, miz­zle und mists, me­teo­ro­lo­gisch drizzle, spray, fine rain und spit! Ha, da ha­­ben wir ihn wie­der, den Spuck­­re­gen, denn to spit heißt ja auch spucken. So viele Wör­­ter für eine Sa­­che, das er­zählt seine ei­gene (Wet­ter-)Ge­­schich­te.

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Fotos: C.E./Moritz

Freitag, 30. November 2018

LinguiSticks (3)

Hier bloggt eine Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Sprache. Nor­ma­ler­wei­se schreibe ich meh­rmals die Woche kurze Epi­soden. Weil ge­ra­de Hoch­sai­son ist, sind die Episoden jetzt noch kürzer ge­wor­den. Kleine Stück­chen, ähhh, Stöck­chen: "Lin­gui­Sticks".

Ab jetzt werfe ich gelegentlich ein Sprach­stöckchen in die Run­de. Die lang­e Fas­sung des Titels heißt "Get the good end of the lingui­Stick". Dahinter steckt ein Wort­spiel: Hold of / get the wrong end of the stick be­deutet 'etwas falsch ver­ste­hen'.

Alles auf Grün! Wir sind in einem Sitzungsraum des Bundestags, die Box steht oben auf der Be- suchertribüne. Unten wird heftig debattiert.  Ein Redner bringt Fußballmetaphern ins Spiel.  Die rote Karte — le carton rouge [FR] wird ge- zeigt. Dann muss der Torwart ran (le gardien /  le goal). Später zeigt einer die grüne Karte.  Die Übertragung pelzt merkwürdig auf der Zunge.  Die Kollegin schaut mich fragend an. Ich frage  den Liebsten per SMS. Er antwortet prompt:  „Grün ist nur der Rasen!“ Es folgen weitere  ‚grüne Karten‘. Wir verbessern sanft. Später  folgt uns die Runde unten, gibt „grünes Licht“  (donner le feu vert). Wir fühlen uns wie Fuß- balltrainerinnen. | Get the good end of the linguiStick (3) | (c) Caroline Elias dolmetscher-berlin.blogspot.com

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Illustration: C.E.

Mittwoch, 28. November 2018

LinguiSticks (2)

Willkommen auf den Seiten meines digitalen Logbuchs aus der Dolmetscherkabine. Was ich beruflich anbiete, Dolmetschen und Übersetzen, beschäftigt mich täglich.

Auch heute werfe ich ein kleines Sprach­stöckchen in die Run­de. Die Lang­fassung der neuen Reihe lautet "Get the good end of the lingui­Stick". Dahinter steckt ein Wort­spiel: Hold of / get the wrong end of the stick be­deutet 'etwas falsch ver­ste­hen'.

To taste [EN]. Berlin, hier ist es chic, Fremdländisch zu sprechen. Ausländische  Gäste hören einen Vortrag. Der Sprecher ist Deutscher: The blind people have  developed other senses. They have been  trained to detect breast cancer early.  That‘s because blind people taste better than other people. Dann verabschiedet er uns in die Mit- tagspause. Bon appétit !  Und ja, als Dolmetscherin EN>FR habe ich meine liebe Mühe, ernst zu bleiben. | Get the good end of the linguiStick (2) (c) Caroline Elias | dolmetscher-berlin.blogspot.com

Für alle, deren Englisch eingerostet ist: to taste heißt 'schmecken' im Sinne von 'gutes Aroma'.

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Illustration: C.E.

Dienstag, 27. November 2018

LinguiSticks (1)

Bonjour, hello, guten Tag. Hier bloggt im 12. Jahr eine Dolmetscherin, übli­cher­wei­se mehrmals die Woche. Derzeit sind wir al­ler­dings gut be­schäf­tigt, zum Hoch­la­den kom­me ich oft nicht, des­halb die neue Reihe "Lin­gui­Sticks".

Ab jetzt werfe ich gelegentlich ein Sprach­stöckchen in die Run­de. Die Lang­fassung des Titels heißt "Get the good end of the lingui­Stick". Dahinter steckt natür­lich ein Wort­spiel. Hold of / get the wrong end of the stick be­deutet 'etwas falsch ver­ste­hen'.

Sustainable chocolat [EN] -> chocolat  durable [FR]. Durable ist das franzö- sische Wort für „nachhaltig“. Wörtlich  übersetzt bedeutet der Begriff aller- dings „dauerhaft“.  Oh ... dauerhafte Schoki!? Hmmmm, nee,  eher nicht. Wie kann Schokolade von  Dauer sein? In welchem „soziokulturel- len Ökosystem“ soll das bitteschön  möglich sein!?  Get the good end of the linguiStick (1) | (c) Caroline Elias | dolmetscher-berlin.blogspot.com

Die Lösung des Problems lautet übrigens chocolat équitable — faire Schokolade.

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Illustration: C.E.

Mittwoch, 7. November 2018

Generationswechsel

Hier bloggt eine Kon­­fe­­renz­­dol­­met­­sche­rin und Über­­set­ze­rin mit den Ar­beits­­spra­­chen Fran­zö­­sisch, Deutsch und Eng­lisch (das Idiom Shakes­peares in vie­len The­­men­­fel­dern nur als Aus­­gangs­­­spra­­che). Was wir im Alltag leisten, haben wir auf den Bänken der Uni oft nicht bis ins letzte Detail gelernt. Man­ches ver­dan­ken wir trotz­dem der Uni­ver­sität. Aber über­ras­chend anders.

Lampe, Tischuhr, Mini-Eiffeltum
Auf dem Sekretär
Bei einigen un­serer Dau­er­kun­den ist ge­ra­de Ge­nera­tions­wechsel an­gesagt. Wir wer­den gebucht, standen oben auf der Liste der externen Mit­arbei­terinnen, die Über­ga­be hat gut geklappt, die erste Zusam­men­arbeit mit den Neu­en verläuft prima, die Endkunden sind happy. Aber der Ge­ne­ra­tions­wechsel be­deu­tet Mehrarbeit, für das Fin­ger­spitzen­gefühl nötig ist.

Rück­sprung: Anfang der 1990-er warte ich mit einigen jungen Frauen und einem nicht mehr ganz so jungen Mann auf dem Flur einer deutschen Universität. Der Haus­meister kommt, schließt auf. Es ist der erste Tag im neuen Semester. Wir ge­hen in den Raum, alle zusammen. Vorher hatten wir einander vor­sich­tig ge­mus­tert. Wer ist das wohl, den ich da kennen­lernen werde, sind künftige Freun­de da­bei, Leidens­ge­nossen, was wird mir das Se­mester bringen.

Alle sind irgendwie gleichalt, plus oder minus zehn, fünfzehn Jahre, nur der Mann sieht deutlich älter aus. Man­che halten ihn für den Dozen­ten. Eine Stu­dentin sagt zur anderen: "Nein, es ist eine Frau, Madame Elia'!" Sie spricht das S nicht aus, was gram­ma­ti­kalisch korrekt ist. Eigen­namen folgen nicht immer der Gram­matik. Mar­gue­rite Duras wird auch DuraS ausge­sprochen, den Kom­mentar verkneife ich mir. (Noch bin ich Teil der Menge. Und zwei Studen­tinnen werden sich neben dem Mann später als älter als ich heraus­stellen.)

Und dann kommt auch schon der Moment: Wir gehen in den Seminar­raum, alle su­chen sich in den Reihen ihren Sitzplatz, ich nehme vorne Platz. Atme durch. Schaue mich freund­lich um. Lege los: "Bonjour ! Comment allez-vous ?"

Warum ich der erzähle? Die olle Kamelle, an die ich mich noch sehr lebendig er­in­ne­re, ist ja bald 20 Jahre alt. Die Stu­den­tinnen von einst sind längst im Beruf, schicken Sendungslinks und Babyfotos. (Es gab später dann auch mehr Studenten, die sind weniger kommunikativ.) Ich erinnere mich vermutlich heute so genau daran, weil ich dieses Unter­richten sehr bewusst angefangen habe. Als ein Sich-Lösen von der Menge, als Teil der Menge und dann doch eben als diejenige, die vorne Platz nimmt. Für mich waren Studis immer Mitlerner, jüngere Kol­legin­nen und Kol­legen, Men­schen mit Sorgen und Nöten und eben einem Aus­tauschprojekt. Das war und ist meine Grund­haltung.

Die­ser Tage habe ich Leute an der Strippe, die Mitte, Ende 20 sind. (Sie könnten meine Kinder sein.)

Lesesessel als Lehnstuhl und als Liege, der Lampenarm muss mitschwenken
Lesearbeitsplatz: Der Lampenarm muss mitschwenken
Sie sind neu im Job. Sie rufen die Dienst­leisterin an. Ei­gent­l­ich sind sie hier die Che­fin­­nen und Chefs. Ich will ihnen dieses Gefühl nicht neh­men, muss aber, um die Qua­li­tät unserer künf­ti­gen Ar­beit si­cher­stel­len zu kön­nen, vor­sichtig ihr Wissen ab­fra­gen und sie infor­mie­ren. Schulen oder nach­schulen, egal, wie man es for­mu­lieren möchte.

Ich bin wieder die Do­zen­tin. Frage vorsichtig, frage, ob sie einen Moment Zeit ha­ben, steuere das Ge­spräch ein wenig, bringe Witze rein, erzähle von eigenen Un­si­cher­heiten und Fragen.

"Klasse, wie Sie das machen! Vielen Dank für diese Hin­ter­grund­in­for­mationen!", habe ich eben ge­hört. Es ist die dritte Nach­wuchs­kraft dieses Jahr bei diesem guten Kunden, der ein großes Haus dar­stellt. Ich hab aber auch Glück mit meinen Ge­sprächs­partnern, da hat die Per­so­nal­ab­tei­lung gute Arbeit geleistet!
 
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Fotos: C.E. (Die Leselampe ist nicht ideal, denn
ich muss immer eine Schraube drehen!)

Montag, 5. November 2018

Halt in Göttingen

Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hinein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Toulouse, München und dort, wo man mich braucht.

Große Palmen stoßen im Warteraum-Glaskasten am Bahnsteig an die Decke des Raumes
Beste Wartestimmung
Einen Teil der Arbeits­zeit ver­brin­gen wir nicht sel­ten un­ter­wegs. Wir rei­sen in ganz Eu­ro­pa von Kon­fe­ren­zen und Euro-Be­triebs­rats­sit­zungen zu Vor­trä­gen und Diskus­sionen, von Schu­lungen, Debat­ten und zu Dreh­ar­bei­ten zu Hin­ter­grund­gesprächen, ge­hen mit auf Interview- und Re­cher­che­tou­ren.
Nicht alle, aber viele von uns sind des­halb Viel­reisende.

Manch­­mal geht es sogar ins außer­­eu­ro­pä­ische Aus­land. Und ja, ich träume von der nächsten Rei­se nach Af­ri­ka oder vielleicht auch nach Canada. Meistens ist es aber eher Göttingen.

Also es ist dann so, dass mir nach einem Dutzend Mal des Vor­bei­fah­rens in Göt­tin­gen und drei­ma­li­gem dort Umsteigen bin­nen we­ni­ger Monate auffällt, dass hier Bahn­mit­­ar­bei­ter einen be­son­ders grünen Daumen haben und diesen Spaß am Grün zur Freu­de aller am Arbeits­platz ausleben dürfen! Wun­derbar!

Heute konnte ich es mir vor Ort anschauen. Da durfte ich nicht nur in Göt­tin­gen um­stei­gen, sondern auch dort warten. Das war ein schöner Moment. Das mei­ne ich ganz ernst, ich sollte der­lei ab­sicht­lich verlängern. Ich könnte auf ei­ner Rück­reise einfach für einen Besuchs­tag meine Fahrt unterbrechen und mir etwas ansehen gehen. Göt­tingen ist die Stadt, der ich meine Existenz ver­dan­ke, hier haben sich meine Eltern ken­nen­ge­lernt.

Und natür­lich ist diese Stadt in die deutsch-franzö­sische Ge­schich­te eingegangen, die Sängerin Bar­bara hat sie verewigt. Leider ist das Chanson nicht dau­erhaft im Inter­net aufzu­finden, der Link unten sieht viel­leicht bald grau aus (oder hier mal schauen: Link). Dort, was Wiki­pedia darüber schreibt: Klick!




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Foto: C.E.

Freitag, 2. November 2018

Runde Sachen

Welcome, guten Tag, bonjour ... auf den Blogseiten, die in der Dol­­met­­scher­ka­bi­ne und am Übersetzerschreibtisch entstehen. Ich arbeite in den Bereichen Politik, Kultur, Wirt­schaft und Soziales. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch (Ausgangs- und Ziel­spra­che) und Englisch (meistens nur Aus­gangs­spra­che).

Neulich ging ich mit einem männ­li­chen Min­der­jäh­ri­gen spa­zie­ren. Er hat­te die gan­ze Zeit nur Fuß­ball im Kopf.

Da fiel mir auf, dass ich über alles schon geschrie­ben habe, oder fast. Also über run­de Gefäße und Augäpfel, schmückende Radkappen bei Autos (enjoliveurs), run­des Lampenglas, Schnee­bälle, die Zeit, den bedrohten Glo­bus und Men­schen, die von einem Teil dieser Kugel auf die andere migrieren müssen, Zirkelschlüsse und sogar darüber, dass das Runde ins Eckige muss.

A propos Mi­gra­tion, Verb "migrieren" ... eine Art von Wanderung: Daten von einem Träger auf den an­de­ren zu über­tra­gen heißt auch 'migrie­ren'. Die­ser Ta­ge ha­be ich nicht nur mal wieder den Inhalt von zehn Akten­ordnern in den Schredder mi­grie­ren las­sen (in Vor­be­rei­tung einer Mö­bel­wan­de­rung in­ner­halb der Wohnung), son­dern auch Fotos von einem Spei­cher­me­di­um zum nächs­ten.

Formal ist mir dabei was aufgefallen. Ich hab das hier mal reinkopiert.
Runder Esstisch: Draufsicht - Passionsblume, ein gezackter Kreis - Stecklinge, die im Runden Glas wurzeln
Was die Dolmetscherin privat so macht
Und mit dem Teen­ager bin ich eine große Runde gelaufen. Musste ich jetzt er­wäh­nen, um diese Zei­len hier "rund" zu machen.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 25. Oktober 2018

Fahrradkurier

Was Über­set­zer und Dol­metscher be­schäf­tigt, können Sie hier mit­lesen. Seit vie­len Jahren versuche ich hier, meinen Alltag einigermaßen nachvollziehbar zu machen.

Koffer mit Kopfhörern, Batterien, Ladegerät und Batterien
Schön leicht
Noch nicht erzählt habe ich diese Episode: Wir sind in Berlin, der Techniker kommt und bringt leichte Kon­fe­renz­tech­nik. Er ist nicht mehr ganz jung. Seit einiger Zeit trägt er immer öfter sport­liche Klei­dung. Frü­her brach­te er die Ar­beits­ma­te­rialien in Auto oder Klein­trans­por­ter, vor allem dann, wenn ganze Kabinen von A nach B zu brin­gen waren.

Erst wur­den ihm Bü­ro und La­ger in zen­traler, he­run­ter­ge­kom­me­ner La­ge un­ter dem Hin­tern weg­spe­ku­liert, jetzt beschreibt er die Einschränkung der Fahrzonen, also die Einführung von Fahrverboten, als eine Form der Enteignung des Mit­tel­stan­des.

Na­tür­lich hat er seinen Klein­trans­por­ter vor et­li­chen Jah­ren ge­kauft, als noch nicht die Rede von Fahr­ver­bo­ten war. Na­tür­lich ist damit die Kalkulation fürs Ab­stot­tern des Kauf­prei­ses hinfällig. Natürlich freut ihn Mi­niatu­ri­sie­rung der Tech­nik, die hof­fent­lich bald wieder einen Schub be­kommt. (Der­zeit wird die Technik noch im­mer grö­ßer, vor allem ihre Ver­packung; was er uns bringt ist best­er­hal­te­ne Wa­re aus dem letzten Jah­rhun­dert.)

Neuerdings ist unser Technikanbieter sein eigener Fahrradkurier.

Im Be­spre­chungs­raum arbeiten fünf Men­schen plus zwei Dol­met­sche­rin­nen, die Sit­zung dau­ert un­ter drei Stun­den. Wie wird un­sere Tech­nik beim nächs­­ten grö­ße­ren Ein­satz ge­bracht werden, wenn es wie­der um Ta­ge und um Ka­bi­nen geht?

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Foto: C.E.

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Machine Translation (10)

Was wir Dol­met­scher (in meinem Fall Fran­zö­sisch und Eng­lisch) und Über­set­zer so er­le­ben, kön­nen Sie hier lesen. Mei­nen heu­ti­gen Ar­beits­tag be­schließt ein klei­ner Ver­gleich. Ich durf­te die Über­set­zung ei­ner Web­sei­te kor­rek­tur­le­sen. Die Vorl­age war stel­len­wei­se ... aber le­sen Sie selbst. Es geht um eine Web­sei­te, die sich an Teens wen­det, das Gan­ze sollte etwas mar­keting­mä­ßi­ger aus­fal­len.

Quelle: "Übelsetzer" (oder eine Gratis-Übersetzungssoftware?)
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Der sogenannte Schachtürke, ein vermeintlicher Apparat mit menschlichen Zügen
The Mechanical Turc
Quelle: Die etwas bessere Übersetzungssoftware
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Quelle: Die Profiübersetzerin
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Illustration: Wikicommons

Wasser!

Was Über­set­zer und Dol­metscher be­schäf­tigt, können Sie hier mit­lesen. Seit vie­len Jahren be­richte ich über den Beruf und meinen sprach­be­tonten Alltag. Der hat natürlich meinen Sinn für Begriffe geschärft.

Gestern hat es genieselt. Das ist be­merkens­wert, denn es kam länger als vier Stun­den lang Was­ser vom Him­mel, zum ersten Mal seit Mo­na­ten. Aus­gie­bi­ger Niesel al­so. Diese Re­de­wen­dung gab es vor ei­ni­gen Jahren noch nicht.

Durch eine nasse Glasscheibe hindurch zeichnet sich ein Kirchturm ab
Sankt Marien in Stralsund
Am Vor­abend hatte ich mich mit einem Be­kannten aus Afri­ka, genauer: aus Niger, über Regen- und Trocken­zeiten un­ter­hal­ten. Da gab es auch über­ra­schen­de Wör­ter. Er hat über seine Flucht über das Mittel­meer berichtet. Er, Sohn der Sahara und Teil des Hir­ten­volks Fulbe (auf Fran­zösisch Peul) sprach in folgenden Worten über seine Perspektive vom Boot aus: Le bateau marchait, il marchait comme ça tranquillement sur la mer! (Das Boot marschierte, es mar­schierte ruhig über das Meer.)

Der Voll­stän­digkeit halber: Der Be­tref­fen­de hat­te jemals zu­vor weder ein Meer ge­se­hen, noch konnte er schwim­men.

Oder wie klingt das gleich noch? "Er­giebiger Land­regen!" Lange nicht gehört, we­der in den Nachrichten, noch in der Re­gen­rin­ne! Brauchen wir, braucht die Natur, auch wenn nach über einem halben Jahr niemand mehr zu wissen scheint, wie man bei hoher Luftfeuchtigkeit vor die Tür kommt.

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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 23. Oktober 2018

Biolandbau

Im 12. Jahr bloggt hier eine Fran­zö­sisch­dol­metscherin (die auch aus dem Eng­li­schen arbeitet). Für uns Ex­trem­sportler des Ge­hirns ist es wichtig, was wir essen. Ent­spre­chen­de Nach­rich­ten beob­ach­te ich mit gro­ßer Auf­merk­sam­keit. 

Kartoffel in Herzform, Marillen
Essen mit Herz
Bioladenkunden mit verringertem Krebsrisiko
Am Montag wurden die Er­ge­bnis­se einer fran­zö­si­schen wissenschaftlichen Studie bekannt, nach der Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten, die sich re­gel­mä­ßig mit Bio­le­bens­mit­teln versorgen, im Vergleich zu "Nor­mal­­essern" ein um 25% verringertes Risiko haben, an Krebs zu erkranken.

Die Studie untersuchte über sieben Jahre lang die gesund­heitliche Entwicklung von knapp 70.000 Freiwilligen. Eine Pariser Forschergruppe, die Univer­sität Sorbonne Paris 13 war beteiligt, gab weitere Einzel­heiten bekannt. 68.946 Menschen nahmen an der Studie teil, 78% Frauen, das Durch­schnittsalter lag bei 44 Jahren.

Im Beob­achtungs­zeitraum zwischen Mai 2009 und November 2016 wurden bei den Probanden 1.340 neue Kreb­ser­krankungen dokumentiert. Das verringerte Krebs­ri­si­ko bei Menschen, die regelmäßig Biolebens­mittel konsumieren, war be­­son­­ders auf­fäl­lig bei Brust­krebs von Frauen nach der Menopause, sie wiesen ein um 34 Prozent re­duziertes Risiko auf, sowie bei Lympho­men (Blutkrebs der weißen Blut­kör­per­chen), hier ist das Risiko um 76 Prozent verringert.

Gruppentypische Ausreißer rausgerechnet
Gefragt wurden die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer danach, wie oft Le­bens­mit­tel von 16 unterschiedlichen Gruppen verzehrt wurden (Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier etc.) und wie oft diese aus dem Biolandbau gestammt haben. Außerdem dokumentierten die Wissenschaftler sozio­de­mo­grafische Angaben ihrer Kohorten, um soziali­sations­bedingte Ver­zer­rungen aus den Ergebnissen he­raus­zu­rech­nen. (Es ist bekannt, das Menschen mit höheren Bil­dungs­­ab­­schlüssen mehr Sport treiben, seltener rauchen und stärker auf ihr Gewicht achten als die Durch­­schnitts­­be­­völ­­kerung. In der Regel verfügt diese Gruppe auch über ein hö­he­res Ein­­kom­men, was ihr den zumeist höherpreisigen Einkauf ihm Bioladen ermöglicht.)

In Interviews wurden die Gründe für diese Er­näh­rungsweise erfragt. Neben ethi­schen Er­wäg­ungen wurde oft genannt, das Lebensmittel aus kon­ven­tio­nel­lem An­bau Rück­stände synthetischer Pflan­zen­schutz- und Dünge­mit­tel aufwiesen. Eine Mitautorin der Studie, Em­ma­nu­elle Kesse-Guyot, wird entsprechend von der Pariser Tageszeitung „Le Monde“ mit der Vermutung zitiert, dass mehr Pes­ti­zid­rück­stän­de in konventionellen Landwirtschaftsprodukten für dieses Ergebnis verantwortlich gemacht werden könnten.

Salat im Sieb
Wildkräutersalat
Parallelen zu Bau­ern­ge­sund­heit
Die gleiche Zeitung zitiert den amerika­nischen Epi­de­mio­­lo­gen Philip Landrigan, der hervohebt, dass "eine der großen Stär­ken" der Stu­die darin bestünde, dass ihre Ergebnisse "weit­ge­hend mit den Er­geb­nis­­sen von For­schungen über Men­schen über­­ein­­stim­­men, die be­ru­lich Pes­ti­­ziden aus­ge­setzt sind“.

Seit ei­ni­gen Jahr­zehn­ten zäh­len Lym­pho­me zu den häufigsten Krebs­­ar­ten bei Bauern in der konventionellen Landwirtschaft.

Zur Gruppe der regel­mäßigen Verbraucher von Bio­le­bens­mit­teln wurden übrigens alle gezählt, die für mehr als 50% ihrer Nahrungs­mittel in den Bioladen gehen.

Weitere Fragen, nächste Studien
In Frankreich berichten dieser Tage alle Medien darüber. Kri­ti­sche Stim­men er­wä­gen die Fra­ge, ob nicht Mikronähr­stoffe, die in Biolebens­mitteln in hö­he­ren Men­gen vor­kom­men, dem menschlichen Organismus möglicherweise dabei helfen, Er­kran­kungen im Früh­stadium erfolgreicher zu bekämpfen. Die Ergebnisse dieser Studie warten nun darauf, durch ähnliche For­schungsar­bei­ten in anderen Län­dern bestätigt zu werden.

Mehr dazu in der Fachzeitschrift „JAMA Internal Medicine“ (Link)

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Foto: folgt

Montag, 22. Oktober 2018

Lachs

Willkommen auf den Seiten eines digitalen Logbuchs aus der Dolmetscherkabine. Was ich beruflich anbiete, Dolmetschen und Übersetzen, beschäftigt mich täglich, manch­mal so­gar am Abend.

Salmon with Spinach
Weiß- oder Rotwein zum Lachs?
Beim Abend­es­sen mit Kun­den, Be­triebs­­rä­ten aus der In­dus­trie, wird uns eine deutsch-eng­li­sche Spei­se­­kar­­te ge­reicht. Das ist ganz nor­mal in Ber­lin. Lus­tig war die Esels­brücke der Fran­zo­sen für Lachs, the sal­mon, le sau­mon. 

Einer frag­te näm­lich ganz un­be­fan­gen, was das Ge­mü­se sei, das es bei den "Sal­mo­nel­len" gebe. Un­be­zahl­bar, sol­che Sze­nen, die kann nie­mand er­fin­den!

(Ich stelle kurz eine Fra­ge, wer­de aber nicht aus­führ­li­cher, ein Hin­weis muss rei­chen. Dann ge­nie­ße ich lie­ber ein Ge­mü­se­cur­ry ... aus Grün­den. Vor Zucht­lachs wird ge­warnt: Stern-Link.)

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Foto: C.E.

Sonntag, 21. Oktober 2018

Autumn l♥ve

Bon­jour, hel­lo, gu­ten Tag! Fran­zö­sisch­dol­met­scher und -übersetzer haben ver­mut­lich einen eigenen Blick auf die Welt, und meiner ist nochmal anders. Ich schreibe hier mein subjektives Arbeitstagebuch und sonntags folgt (manchmal) das Sonn­tags­foto ...
 
Das ist mein Herbst: Die letzten Male die Tou­ris­ten­schif­fe vor dem Fens­ter vor­bei­brum­men hören, Morgennebel am Kanal und fla­schen­grü­nes Was­ser (dunk­les Glas mit Bor­deaux drin), Farb­wechsel der Blät­ter, Jog­ger mit kleinen Wölk­chen vor den Mün­dern, Nach­barn von der anderen Ufer­seite, die ich plötzlich wieder ahne und bald wieder rich­tig sehen kann, Tea time genießen, wie­der Wol­le auf der Haut.

Balkonblick: Pflanzen, Bäume, Himmel, Wolken, Dachfirst
Finde die zehn Unterschiede!
Das ist auch mein Herbst: Viel unter­wegs sein, den Kof­fer eine Num­mer größer wäh­len, weil die Out­fits wärmer wer­den und ihn zwi­schen­durch nicht mehr in die Kof­fer­ab­la­ge packen, da er fast ständig in Benut­zung ist, froh sein über Mit­men­schen, die gut mit den Pflan­zen können, Fahr­karten online nahezu "stapelweise" buchen, Vokabel­listen über­ar­bei­ten, abheften, ers­te Ge­schen­ke fürs Jahres­ende finden.

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Fotos: C.E.

Freitag, 19. Oktober 2018

Reichhaltiges Essen

Hier bloggt im 12. Jahr ei­ne Dol­met­sche­rin für Fran­zö­sisch und Über­set­zerin, in die­sem Falle meis­tens in die deut­sche Spra­che. Neu­lich habe ich lang­wei­lige Meetings ver­dol­metscht und fand es schade, nichts Be­rich­tens­wer­tes zu er­leben. Und dann, buch­stäb­lich in der letzten Minute ...

Tisch in der Pause
"Die Dolmetscherin braucht eine Pause!"
"Mangez bien gras !", sagt der fran­zösische Kunde zum Ab­schied. Gras bedeutet auf Fran­zösisch "fettig", hm, ich soll also fettig essen? Meint der, dass ich zu wenig Speck auf den Rippen habe?

Nein, er, den man grob als den krea­tiven Kopf eines Teams beschreiben könnte, hat mich nur einige Tage ar­beiten se­hen.

Kleine Runde, viele Dis­ku­tan­ten, die sich auf Eng­lisch die Köpfe heiß­geredet ha­ben, aber nur für ei­nen ein­zi­gen war ich zu­ständig — seinen Fi­nan­zier.

Es ging lo­gi­scher­weise um was Kre­atives und um Geld, mehr darf ich nicht sagen, ich habe sogar als Dol­met­scherin zum ersten Mal eine Schwei­ge­­ver­pflich­tung un­ter­schreiben müssen.

Gläser, Besteck, Hände
Mittags"pause"
Nor­ma­ler­weise versteht sich das mit dem Klap­pe­hal­ten bei unsereinem von selbst, wir sind da wie die Ärzte, aber gut, alle bekamen so einen Wisch hin­ge­legt, ich war am schnells­ten fertig. Querlesen ist ja eine der leich­tes­ten Übungen in meinem Be­ruf.

Was dann kam, heißt unter Dol­met­schern "Be­gleit­dol­metschen".

Kurz gesagt war ich dafür zu­stän­dig, dass es eine zweite "Ton­spur" der Meetings auf Fran­zö­sisch gab. Zwei Tage lang ging das so.

Und dabei hat mich der Kre­ati­ve rich­tigg­ehend be­ob­achtet, wie ich nach meinen Be­dürf­nis­sen Pausen aus­ge­rufen habe —"The inter­preter needs a break! — und schon im Vorfeld im Restaurant eine sahnehaltige Kürbissuppe zum Trinken vor­ab b­e­stellt hatte, weil ich natürlich auch beim Essen ein wenig gedolmetscht habe. Und wie ich mir am Ende des Es­sens vom Nach­spei­sen­tel­ler noch Kuchen­teile ein­ge­steckt und zwischendurch die Box mit den Nüs­sen aus­gepackt habe.

Dunkles Tischholz mit Papier, Bierfilzen, Mikro, Kopfhörer
Gleich kommen neue Getränke
Er hat auch Fragen gestellt. Ich konnte ihm erzählen, wie wich­tig guter, mög­lichst langer Schlaf für unsereinen ist, Sozial­leben und aus­glei­chende Hobbies, in meinem Fall Garten, Schmuck­ge­stal­tung, Sport.

Also kam ein: "Schla­fen Sie gut, erho­len Sie sich gut und essen Sie gut und reichhaltig!"

So würde ich das gras eher über­setzen. So hät­te er es auf Deutsch ge­sagt, wenn er denn Deutsch spre­chen wür­­de.

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Fotos: C.E.

Donnerstag, 18. Oktober 2018

Direktübersetzer

Bon­jour, hel­lo und gu­ten Tag! Was Sprach­arbeiter wie Dol­met­scher und Über­setzer so umtreibt, können Sie hier lesen. Ich ar­bei­te neben Deutsch mit der fran­­zö­­si­­schen und der eng­li­schen Sprache.

Und "Direktübersetzer" sitzen auch direkt mit im Raum
Von der letzten Kon­gress­rei­se habe ich ei­ne neue Bezeich­nung un­se­res Be­rufs mit­ge­bracht: die "Di­rekt­über­set­zer". Mit die­sem Wort wur­­de vor­­ges­tern am Ran­de einer Ta­gung über uns ge­spro­chen.
Der Be­griff erklärt sich wie folgt: ÜBER... wie "Über­win­dung von Sprach­bar­rie­ren", SETZER wie sitzen oder "die sit­zen die ganze Zeit in den Kabinen rum".

Last but not least DIREKT, das ist wie "geht di­rekt ins Blut", was der Wer­be­slo­gan für ein Me­di­ka­ment ist, und wir sind sicher so nütz­lich wie Aspirin plus Vitamin C.

Ja, so ließe sich das sehen. Für al­le an­de­ren: Über­setzer schrei­ben, Dol­met­scher reden. Über­setzen ist Hand­werk, Dol­met­schen ist Mund­werk.

Hektik auf weniger als einem Quadratmeter
Wir saßen wieder in den wun­der­ba­ren Halb­ka­bi­nen, die Fish Bowl oder Aqua­rium ge­nannt werden. Die akus­tische Ab­schir­mung ist sub­op­ti­mal, dafür sind die Sau­er­stoff­ver­hält­nisse her­vor­ra­gend, das ist nicht zu leugnen.
Das Di­rekte klappt zudem nur, weil wir die Tech­nik haben. Zwei­mal war ich alles andere als direkt. Da blie­ben die Kopf­­hö­rer stumm.

Es geschah beim fünften Spre­cher­wechsel. Die Kol­legin hat spon­tan weiter­ge­dol­metscht. Sie war zwar gerade vor der Kaf­fee­pau­se dran ge­wesen, hat­te sich aber in der Pau­se erholen kön­nen. Der Tech­ni­ker hat dann im lau­fen­den Be­trieb ein zwei­tes Pult rein­ge­quetscht und an­ge­schlos­sen, das genau einen Tag funktioniert hat.

Wir sitzen ja sonst schon beengt.
Ist aber steigerbar ...
Denn am nächs­ten Tag hat auch das zwei­te Pult ge­streikt. Der Tech­ni­ker hat dann noch ver­sucht, das Ding durch wie­der­holte Schal­terei zum Lau­fen zu kriegen, aber es war und blieb tot.

Wir haben dann bei­de mit dem Pult der Kol­le­gin gearbeitet. Der Stress­fak­tor für diese zu­sätz­li­chen Schwie­rig­keiten war hoch. Kos­ten­ein­spa­run­gen in der Tech­nik wir­ken sich manch­mal di­rekt auf un­sere Ar­beit aus.




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Fotos: C.E.

Freitag, 5. Oktober 2018

Deadline

Herzlich willkommen auf den Blogseiten einer Spracharbeiterin. In den ver­gan­ge­nen Monaten war hier nicht so wenig los. Manches trage ich hier als meinen Rück­blick auf den Som­mer nach.

Neulich bei über 30 Grad Celsius: Kreative Arbeits­ruhe, plötzlich sehe ich das da:
fovr f rtsg hmrtd'bmur mtd r am Mnsntstad und schwarze Kästen
Verschobener Handlungsbogen
Was war da los?  Über einige Tage hatten wir auf eine Deadline hingearbeitet und dabei Dateien in einem Umfang bewältigt, für die eine Einzelperson Wochen ge­braucht hätte. Das geschah fabrikartig in verschie­denen Räumen. Ich saß bei der Katze in der Küche und habe übersetzt und fertige Über­setzungen korrigiert. Es ging überwiegend zwischen Apple-Rechnern hin und her.

Ziel war die Erstellung eines För­der­an­trages und einer Bewerbung um die Teil­nah­me an einem  Pitching. Wir waren zu mehreren beschäftigt, zu Word und Pages, Ent­spre­chung für Mac, kam noch Linux hinzu, die Sache dauerte länger, wir haben oft zu­hau­se noch wei­ter­ge­ar­bei­tet. Am Ende waren fünf Rechner, vier Menschen, drei Orte und zwei un­ter­schied­liche Dossiers im Spiel gewesen.

Und dann haben wir ein mas­sives Problem. Einer der Rechner war gehackt worden. Die beschädig­ten Textseiten brauchen Dutzende von Minuten, bis sie aufgerufen sind. Andere Textstellen vorher und nachher bereiten keine Probleme. Wir müssen um die Schad­stellen he­rum­ar­beiten, bauen eines der An­trag­dos­siers neu aus den ge­schrot­te­ten Dateien zusammen, aus Kor­rek­tur­vor­stufen und zuvor ab­ge­nom­menen Versionen. Notiz an mich selbst: Die verschie­denen Fas­sungen immer erst gaaaanz am Ende löschen, nie zwischen­durch schon mal, weil gerade eine Pause im Ablauf entsteht.

Arbeitsstimmung mit Bürokatze
Und wenn sie trotzdem im Papier­korb lan­den sollten, dann erst gaaaanz am Ende den Papier­korb löschen. Und ja, manches mussten wir schlicht und er­grei­fend dop­pelt machen.

Fünf Minuten vor Mit­ter­nacht am Ab­gabe­tag ging die Mail raus. Und das Projekt wurde an­ge­nom­men und wird dem­nächst beim Pitching in Form einer Kurz­prä­sen­tation potentiellen Geld­gebern, Re­dak­teu­ren und Film­för­der­ern vorgestellt! Wir sind sehr froh! Und wir wissen: Ohne die wich­tigste Mitar­beiterin, die Beauftragte in Sachen Stress­reduktion, wäre diese Punkt­lan­dung nicht mög­lich gewesen.

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Fotos: C.E.

Donnerstag, 4. Oktober 2018

Lifelong learning

Bonjour, hier bloggt eine Fran­zö­sisch­­dol­­met­sche­rin und -über­setzerin. Dol­­met­scher und Über­setzer übertragen münd­lich und/oder sinn­­getreu, sie pla­nen Rei­sen, machen Buch­­­haltung und helfen Kol­­le­gen beim Bü­ro­­ma­­na­­ge­ment, sie müssen sehr viel le­sen und ständig weiterlernen.

Vor Jahren sagte mal jemand zu mir: „Dolmetscherin, was für ein an­spruchs­vol­ler Beruf! Da haben Sie im Studium wohl sehr viel lernen müssen! Aber später können Sie den Lohn für Ihre Mü­hen einfahren und sich ausruhen!“

Ein geruh­samer Beruf ist diese Dol­metscherei nicht. Diese Person war höchst über­rascht, dass ich wei­ter­hin jeden Tag neue Wörter lerne. Einerseits verändert sich Sprache, entwickelt sich weiter, Mode­begriffe tauchen auf und ver­schwin­den oder Wörter, die mit einem Zitat in Zu­sam­menhang stehen, bekommen eine neue Be­deu­tungs­ebene. Weitere Lern­felder sind die "Schnacks" bestimmter Gruppen, also Soziolekte, und irgendwie alle The­men­be­reiche des Lebens. Wir Sprach­ar­bei­ter dürfen buch­stäb­lich alles lesen, was immer wir möchten.

Vor Einsätzen pauken wir Fachbegriffe, von denen wir nicht alle ständig brauchen, Details geraten an­schließend in Ver­ges­sen­heit, werden vor dem nächsten Einsatz wieder aufge­frischt. Was langfristig hängenbleibt, erweitert die All­ge­mein­bildung.

Alte Kindermöbel: Sofa mit Schlafhasen drauf
Alte Möbel
Vor drei Wochen ging es um alte Mö­bel, ver­zier­te Da­men­se­kre­täre nach fran­zö­si­schem Vor­bild, die Bonheur du jour heißen, wört­lich: "Glück des Ta­ges".
Der Be­griff bezeich­net aber auch zierl­iche Schreib­tisch­lein ohne Aufsatz, die in den 1760-er Jahren in Frank­reich auf­ka­men und im 18. Jahr­hun­dert zu den belieb­tes­ten Möbeln überhaupt zählen.

Solche Mö­bel weisen gerne In­tar­sien auf. Dieses Wort liest sich für Lai­en­augen, als wäre es ein Fran­zö­sisches, aber auch hier musste ich erst lernen, dass es nicht irgendwas mit intars... ist, son­dern l'incrus­ta­tion heißt, in manchen Fällen auch la mar­que­terie, ein Begriff, der auch in Deutsch­land be­kannt ist und, wie Wikipedia im Ar­ti­kel "Marketerie" warnt, keinesfalls als Synonym für 'Intarsie' verwendet werden darf. Soviel zum Versuch einer Klarstellung. Um solche "Fallen" muss ich wis­sen und ge­ge­be­nen­falls nachfragen.

Gerne wird für diese Holz­ein­le­ge­ar­bei­ten be­son­de­res Holz verwendet. In einem Fall ist von acajou moucheté die Rede. Ich sehe wun­der­schön rot­brau­nes Ma­ha­goniholz mit dunklen Flecken, das meint wohl das mouche­té, von la mouche - die Fliege. Ich suche im Netz nach der Ent­sprechung. Was da ein Antiquitä­ten­händler anbietet, ist sicher nicht die Übersetzung, wird hier doch acajou mouche­té mit "ma­ha­go­ni­fur­nierter Eichenholzkorpus" wiedergegeben (Mahagoni­furnier heißt pla­cage d'aca­jou).

Auf Englisch geht es schneller, fündig zu werden, und mein Misstrauen der oben­ste­hen­den "Übersetzung" gegenüber findet ihre Bestätigung: Acajou moucheté wird von Oxford re­fe­rence als fiddle-back ma­ho­ga­ny geführt, was mich ratlos zu­rück­lässt, ein "Zurückfiedel-Mahagoni"? Ich suche dieses fiddle-back per Foto­suche und freue mich, dass ich keine Spinnen­phobie habe, denn mich springen förmlich Dut­zende von norda­me­ri­ka­nischen Braunen Ein­sied­ler­spinnen an. Es sind also tat­säch­lich die Flecken gemeint.

Ich suche nach einer Bestätigung. Grinsen durfte ich, als ich für das gleiche Holz plum-pudding mahogany) fand: Dieser "Pflau­men­pudding" ist DER englische Weih­nachts­kuchen schlecht­hin aus heller Masse mit dunklen Flecken.

Kurz: Fein gema­sertes und ge­flecktes Ma­hago­ni wird auch in deutsch­spra­chigen Fachkreisen schlicht Acajou moucheté genannt, hier gibt es keine Über­setzung. Das ist auch eine Erkennt­nis!

Die Themen der letzten und kom­men­den Wochen: Men­schen­rechte, Musik­wirt­schaft, Wirt­schafts­för­der­ung für Start­ups, Energie­dächer, Krypto­wäh­rungen und Bergbau. Das Wort life­long lear­ning be­schreibt un­se­ren Sprach­ar­beiter­alltag wun­derbar!

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Foto: C.E.