Samstag, 22. Dezember 2018

Donnerwetter, die Eisenbahn!

Was Dol­met­scher und Über­setzer so er­le­ben, be­schrei­be ich hier in loser Folge. Ich arbeite mit den Sprachen Deutsch, Französisch (Ausgangs- und Ziel­spra­che) und Engl­isch (nur Ausgangssprache) in München, Berlin, Paris und dort, wo meine Kunden mich brauchen. Zu Jah­re­sen­de sind et­li­che Rei­sen privat mo­ti­viert. So auch an die­sem Re­gen­tag ...

Reisender mit Maske im Zug
Alle schlafen, eine darf noch lektorieren
Lan­ge vor der Stun­de des Auf­ste­hens legt der Zug in Stutt­gart ab. Nach jedem Halt wird der Fahr­plan run­ter­­ge­­rat­tert. Dann folgt der Hin­weis auf Nicht­gül­tig­keit von DB-Tickets, denn wir sind in ei­nem "Pri­vat­zug". Vor jeder Station werden die Reisen­den über­schwäng­lich ver­­ab­­schie­det. Dann kommt jeweils die An­sa­ge, an wel­cher Seite des Zuges der Ausstieg ist.

Das ist viel zu viel, viel zu oft, viel zu laut, viel zu wach. Und das ist wirk­lich rein gar nichts für die Art von Reisenden, die der Privat­zug befördert: Stu­den­ten, junge Leute, Berufstätige, Familien. Ich habe Bau­­ar­bei­­ter­ohr­stöpsel in den Lauschern und bekom­me trotz­dem alles wörtlich mit. Die gro­ßen Städte werden dann auch noch zwei­spra­chig angesagt.

"Next stop/nächs­­ter Halt: Frankfurt/Main" würde kom­plett aus­reichen. Wundervoller Minimalismus.

Kind schläft im Zug
Müder kleiner Reisender
Als jemand, die ihre Ohren zur Arbeit nutzt, bin ich akus­tisch hoch­em­pfind­lich. Aber auch für Normalhörer ist das hier anstrengend: Am Bahn­hof pfeift der Zug sehr laut und hoch. Folgen­de Va­ri­an­te ist in Zeiten des Feier­tags­rei­sens ex­trem ner­vig: Mit einem akus­tisch eben­so em­pfind­sa­men Klei­nkind einen Platz zu suchen und durch Pfeifzonen hin­durch­zu­müs­sen.

Und wohin mit dem trop­fen­den Schirm? Da fehlt der Be­gleit­person der Dritt- und Viert-, Fünft-, Sechst- und Siebt­arm: Schirm, Kindes- und eigene Ohren zu­hal­ten, Kin­der­wa­gen kutschieren, Koffer hinter­her­schlei­fen, Ver­bin­dungs­tü­ren mit zwei Händen aufreißen, denn der Privat­zug ist ja ein ausrangiertes Modell der eins­ti­gen Bundes­bahn und entsprechend hartgängig ...)

Solche Reisen sind echt kein Spaß. Und dann an jedem Halt gehen die An­sa­gen von vorne los. Wieso tu ich mir das an? Die Bahn hat schlicht eine falsche Preis­po­litik. Nicht das Flug­zeug, für dass ich drei Mo­na­te vor Abflug günsti­ger Ti­ckets be­kom­men kann, ist ihr direkter Kon­kurrent, sondern das Privat-, Car­sha­ring- oder Miet­auto. Ganz zu schweigen von den ewigen Verspätungen, die keine gute Werbung sind!

"Alle reden vom Wetter. Wir nicht." (*)
OK, Ver­spä­tun­gen kennt die Straße auch, die Stau­zo­nen mehren sich. Neuer­dings gibt es eben auch diese Pri­vat­­zü­ge als Kon­kur­renz, deren teu­ers­tes Ticket oft die Hälf­te des­sen kostet, was der deut­­sche Kon­zern normalerweise ver­langt. An­ge­sichts der Rolle für die Umwelt, die das Staats­un­ter­neh­men spie­len müss­te, ist das eine Un­ver­ant­wort­lich­keit. Das war jetzt mein Don­ner­wet­ter.

Und das Wort "Eisenbahn" hat immer meine Oma gesagt. Im allgemeinen Sprach­ge­brauch ging das "Eisen" verloren.
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Foto: C.E. (Archiv)
(*) historischer Werbeslogan der Bahn

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