Freitag, 19. Oktober 2018

Reichhaltiges Essen

Hier bloggt im 12. Jahr ei­ne Dol­met­sche­rin für Fran­zö­sisch und Über­set­zerin, in die­sem Falle meis­tens in die deut­sche Spra­che. Neu­lich habe ich lang­wei­lige Meetings ver­dol­metscht und fand es schade, nichts Be­rich­tens­wer­tes zu er­leben. Und dann, buch­stäb­lich in der letzten Minute ...

Tisch in der Pause
"Die Dolmetscherin braucht eine Pause!"
"Mangez bien gras !", sagt der fran­zösische Kunde zum Ab­schied. Gras bedeutet auf Fran­zösisch "fettig", hm, ich soll also fettig essen? Meint der, dass ich zu wenig Speck auf den Rippen habe?

Nein, er, den man grob als den krea­tiven Kopf eines Teams beschreiben könnte, hat mich nur einige Tage ar­beiten se­hen.

Kleine Runde, viele Dis­ku­tan­ten, die sich auf Eng­lisch die Köpfe heiß­geredet ha­ben, aber nur für ei­nen ein­zi­gen war ich zu­ständig — seinen Fi­nan­zier.

Es ging lo­gi­scher­weise um was Kre­atives und um Geld, mehr darf ich nicht sagen, ich habe sogar als Dol­met­scherin zum ersten Mal eine Schwei­ge­­ver­pflich­tung un­ter­schreiben müssen.

Gläser, Besteck, Hände
Mittags"pause"
Nor­ma­ler­weise versteht sich das mit dem Klap­pe­hal­ten bei unsereinem von selbst, wir sind da wie die Ärzte, aber gut, alle bekamen so einen Wisch hin­ge­legt, ich war am schnells­ten fertig. Querlesen ist ja eine der leich­tes­ten Übungen in meinem Be­ruf.

Was dann kam, heißt unter Dol­met­schern "Be­gleit­dol­metschen".

Kurz gesagt war ich dafür zu­stän­dig, dass es eine zweite "Ton­spur" der Meetings auf Fran­zö­sisch gab. Zwei Tage lang ging das so.

Und dabei hat mich der Kre­ati­ve rich­tigg­ehend be­ob­achtet, wie ich nach meinen Be­dürf­nis­sen Pausen aus­ge­rufen habe —"The inter­preter needs a break! — und schon im Vorfeld im Restaurant eine sahnehaltige Kürbissuppe zum Trinken vor­ab b­e­stellt hatte, weil ich natürlich auch beim Essen ein wenig gedolmetscht habe. Und wie ich mir am Ende des Es­sens vom Nach­spei­sen­tel­ler noch Kuchen­teile ein­ge­steckt und zwischendurch die Box mit den Nüs­sen aus­gepackt habe.

Dunkles Tischholz mit Papier, Bierfilzen, Mikro, Kopfhörer
Gleich kommen neue Getränke
Er hat auch Fragen gestellt. Ich konnte ihm erzählen, wie wich­tig guter, mög­lichst langer Schlaf für unsereinen ist, Sozial­leben und aus­glei­chende Hobbies, in meinem Fall Garten, Schmuck­ge­stal­tung, Sport.

Also kam ein: "Schla­fen Sie gut, erho­len Sie sich gut und essen Sie gut und reichhaltig!"

So würde ich das gras eher über­setzen. So hät­te er es auf Deutsch ge­sagt, wenn er denn Deutsch spre­chen wür­­de.

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Fotos: C.E.

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