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| Abwarten und Tee ... |
Also: Vor der Pandemie hat uns im Schnitt jeder dritte Kostenvoranschlag einen Auftrag eingebracht. Wir haben erst ausgiebig beraten, dann veranschlagt. Nach 2021 war’s schon nur noch jeder achte. Inzwischen sind wir bei jedem zwölften. Das sagt einiges über den Wandel unserer Branche, der Wirtschaft und der Umgangsformen ganz allgemein.
Oder liegt es am Generationswechsel, wie die Kollegin vermutet?
Dann, liebe Gen Z, ist das Posting für Euch: Wir beraten im Vorfeld diejenige Person, die alle möglichen nötigen Informationen zusammengetragen hat oder ohne Zeitdruck weiter zusammenträgt. Wir unterstützen ab dem Erstgespräch, das wir per Mail vereinbaren, und das wir anschließend per Mail oder Sprachnachrichten fortsetzen, bis wir gemeinsam zum besten Ergebnis kommen.
Heute sind Kostenvoranschläge oft nervig. Dieses Jahr haben wir uns im Team schon zigfach die Finger wundgetippt. „Freitags nach eins macht jeder seins“, den Spruch kennt das ganze Land. Und doch trudeln freitagsmittags kurz vor unserem Feierabend (um vier oder um fünf) gerne noch Anfragen ein mit der Bitte um eine Übersetzung oder ein Kostenangebot, Liefertermin der Übersetzung: Montag, Liefertermin des Angebots: Wie wär's mit gestern?
Unrealistische Deadlines sind jetzt eher die Regel als die Ausnahme, dabei sind wir Menschen, keine Maschinen. Zu viele potenzielle Kund:innen fallen mit der Tür ins Haus bzw. dem festgelegten Dumpingpreis unter dem Arm. Da passt was nicht zusammen: Low budget, high expectations.
Das andere Spannungsfeld ist kostenlose Beratung. Es wird erwartet, dass wir uns Zeit nehmen. Das machen wir eigentlich gerne.
Eigentlich. Rücksprung: Vor acht Tagen ist ein „kurzes Kennenlerngespräch“ von 20 Minuten verabredet, es werden 60 daraus. Denn es ruft eine Praktikantin an, die das noch nie gemacht hat. Erst frage ich den Bedarf ab, dann sortiere ich mit ihr zusammen die Posten, schließlich beschreibe ich den Aufwand, und endlich erstelle ich mit ihr gemeinsam die künftige Excel-Tabelle mit den Posten für die Planung. Als Bonus werfe ich noch neue, wichtige Fragen auf.
Sie könne leider mit niemandem Rücksprache halten, sagt sie, denn von den anderen sei niemand mehr ansprechbar. (Schon im Wochenende? Beim Feierabendbier? In der Klausurtagung? Die Prakti im Home Office? Was es auch sein mag, mir ist's egal!)
Aber die junge Dame ist ja gar nicht meine Praktikantin! Es missfällt mir, dass hier Arbeit ausgelagert wird an eine „unbekannte, unbezahlte Mitarbeiterin“: mich. Zähneknirschend nehme ich mir Zeit, erkläre und berate, rechne am Ende unser eigenes Angebot als Entwurf durch. In meiner Antwortmail reiße ich kurz meine geleistete Beratungsdienstleistung an, nenne vage eine „Von-bis-Hausnummer“ und erläutere, warum der Preis nicht einfach pauschal bezifferbar ist und wo noch Klärungsbedarf besteht.
Exakt eine Woche später, wieder am Freitag, allerdings jetzt kurz vor eins, kommt von der festangestellten Stelleninhaberin eine halbe Mailzeile zurück: „ ... haben uns für ein passgenaueres Angebot entschieden.“ Das ist unfair, zumal auf meine Nachfragemail am Dienstag niemand reagiert hat.
Wie würden Sie sowas empfinden? Ich freue mich über ehrliche Antworten, gern auch mit eigenen Erfahrungen aus Ihrer Teeküche. Und ich hätte den ganzen Sermon hier nicht geschrieben, wenn es sich um einen bedauerlichen Einzelfall handeln würde.
Mit verbindlichen Grüßen zum WE,
CE
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Foto: eigenes Archiv
Dann, liebe Gen Z, ist das Posting für Euch: Wir beraten im Vorfeld diejenige Person, die alle möglichen nötigen Informationen zusammengetragen hat oder ohne Zeitdruck weiter zusammenträgt. Wir unterstützen ab dem Erstgespräch, das wir per Mail vereinbaren, und das wir anschließend per Mail oder Sprachnachrichten fortsetzen, bis wir gemeinsam zum besten Ergebnis kommen.
Heute sind Kostenvoranschläge oft nervig. Dieses Jahr haben wir uns im Team schon zigfach die Finger wundgetippt. „Freitags nach eins macht jeder seins“, den Spruch kennt das ganze Land. Und doch trudeln freitagsmittags kurz vor unserem Feierabend (um vier oder um fünf) gerne noch Anfragen ein mit der Bitte um eine Übersetzung oder ein Kostenangebot, Liefertermin der Übersetzung: Montag, Liefertermin des Angebots: Wie wär's mit gestern?
Unrealistische Deadlines sind jetzt eher die Regel als die Ausnahme, dabei sind wir Menschen, keine Maschinen. Zu viele potenzielle Kund:innen fallen mit der Tür ins Haus bzw. dem festgelegten Dumpingpreis unter dem Arm. Da passt was nicht zusammen: Low budget, high expectations.
Das andere Spannungsfeld ist kostenlose Beratung. Es wird erwartet, dass wir uns Zeit nehmen. Das machen wir eigentlich gerne.
Eigentlich. Rücksprung: Vor acht Tagen ist ein „kurzes Kennenlerngespräch“ von 20 Minuten verabredet, es werden 60 daraus. Denn es ruft eine Praktikantin an, die das noch nie gemacht hat. Erst frage ich den Bedarf ab, dann sortiere ich mit ihr zusammen die Posten, schließlich beschreibe ich den Aufwand, und endlich erstelle ich mit ihr gemeinsam die künftige Excel-Tabelle mit den Posten für die Planung. Als Bonus werfe ich noch neue, wichtige Fragen auf.
Sie könne leider mit niemandem Rücksprache halten, sagt sie, denn von den anderen sei niemand mehr ansprechbar. (Schon im Wochenende? Beim Feierabendbier? In der Klausurtagung? Die Prakti im Home Office? Was es auch sein mag, mir ist's egal!)
Aber die junge Dame ist ja gar nicht meine Praktikantin! Es missfällt mir, dass hier Arbeit ausgelagert wird an eine „unbekannte, unbezahlte Mitarbeiterin“: mich. Zähneknirschend nehme ich mir Zeit, erkläre und berate, rechne am Ende unser eigenes Angebot als Entwurf durch. In meiner Antwortmail reiße ich kurz meine geleistete Beratungsdienstleistung an, nenne vage eine „Von-bis-Hausnummer“ und erläutere, warum der Preis nicht einfach pauschal bezifferbar ist und wo noch Klärungsbedarf besteht.
Exakt eine Woche später, wieder am Freitag, allerdings jetzt kurz vor eins, kommt von der festangestellten Stelleninhaberin eine halbe Mailzeile zurück: „ ... haben uns für ein passgenaueres Angebot entschieden.“ Das ist unfair, zumal auf meine Nachfragemail am Dienstag niemand reagiert hat.
Wie würden Sie sowas empfinden? Ich freue mich über ehrliche Antworten, gern auch mit eigenen Erfahrungen aus Ihrer Teeküche. Und ich hätte den ganzen Sermon hier nicht geschrieben, wenn es sich um einen bedauerlichen Einzelfall handeln würde.
Mit verbindlichen Grüßen zum WE,
CE
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Foto: eigenes Archiv

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