Sonntag, 19. Oktober 2025

Auf Schienen

Bonj­our & hel­lo! Ich bin Dol­met­sche­rin Deutsch–Fran­zö­sisch und mit Eng­lisch als Aus­gangs­spra­che. Mei­ne Ar­beit bringt mich in an­de­re Städ­te und Län­der, zu Kon­fe­ren­zen, Kul­tur­events und De­le­ga­tio­nen. In mei­nem Blog le­sen Sie von den klei­nen und gro­ßen Mo­men­ten, die Sprach­ar­beit so span­nend ma­chen. Sonn­tags wer­de ich per­sön­lich.

„Moin, lie­be Fahr­gä­ste im ICE nach Ber­lin! Mein Na­me ist ‚Cem Ir­gend­wa­sio­glu‘ und ich bin heu­te Ihr Zug­be­glei­ter. Sie ha­ben sich rich­tig ent­schie­den, Sie flie­gen heu­te mit uns! … ähhh, rol­len!“

Kurz da­nach ging das Licht aus
Fröh­lich sprach er’s, auch, als der Zug prompt am nächs­ten Halt nicht zur ge­wohn­ten Zeit an­kam: „Wer­te Herrrr­schaf­ten und lie­be Da­men­welt, ei­ne Mi­nu­te vor der Zeit er­rei­chen wir un­se­ren nächs­ten Halt ‚Klein­groß­stadt­hau­sen‘! Ich möch­te Sie bit­ten, die Ver­frü­hung zu ent­schul­di­gen.“

Hübs­cher Auf­schlag, die­ses „Moin!“, es war ein Abend­zug.

Zug­be­glei­ter Cem kam un­über­hör­bar von der Wa­ter­kant und zeig­te sei­nen Hu­mor, der al­le zum Schmun­zeln brach­te.

Zwi­schen­durch: „So, gleich sind wir in ‚Ober­un­ter­heim‘. Für al­le, die jetzt aus­stei­gen müs­sen: Es war schön mit Ih­nen! Be­eh­ren Sie uns bald wie­der!“
Dann, ir­gend­wann: „We­gen ei­nes an­de­ren Zu­ges im Glei­s sind wir kurz zum Still­stand ge­kom­men. Aber das ist ei­gent­lich der per­fek­te Au­gen­b­lick, denn dürf­te ich, ge­schätz­te Rei­sen­de, kurz Ih­re Auf­merk­sam­keit ha­ben? Wenn Sie nach aus dem Fens­ter schau­en, kön­nen Sie Po­lar­lich­ter se­hen. Pas­send da­zu füh­ren wir ei­ne kur­ze tech­ni­sche Übung durch, die Be­leuch­tung wird gleich für ei­ne oder zwei Mi­nu­ten kurz aus­fal­len. Soll­ten Sie ge­ra­de un­ter­wegs sein, set­zen Sie sich bit­te kurz hin, dann se­hen Sie mehr! Vor der Wie­der­an­fahrt mel­de ich mich noch ein­mal.“

Ach, der Kerl hat Spaß ge­macht! Und wisst’er was? Die Mit­rei­sen­den hat das üb­ri­gens ins Ge­spräch ge­bracht, wir spra­chen vom An­lass, ka­men aufs All­ge­mei­ne, wur­den nach­denk­lich, po­li­tisch … lau­ter klu­ge, nach­denk­li­che Köp­fe. In der heu­ti­gen Zeit, wo es so vie­le er­ra­ti­sche Macht­men­schen gibt, war das ein gu­ter Mo­ment.

Die Winz­ver­spä­tung ha­ben wir am En­de üb­ri­gens auf­ge­holt.


Vokabelnotiz
Das Wort „Moin!“ stammt vom frie­si­schen Wort „moi“ ab, was „schön“ be­deu­tet. Er hat also „’n Gu­ten“ ge­sagt.
Bei „im Gleis“ wun­de­re ich mich im­mer ein we­nig. Frü­her hieß es „auf den Glei­sen“. Viel­leicht ist „im Gleis“ ein­fach Bahn­er­jar­gon. Ähn­lich: „Aus Gleis zwei fährt jetzt der Zug nach Ber­lin.“
Frü­her hieß das „ab Gleis zwei“, da war „Gleis“ noch ein Sy­no­nym für „Bahn­steig“.
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Fo­to: C.E.

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