Eine Vorrede ist nötig: Ich arbeite selten für Agenturen. Die meisten arbeiten wie Maklerbüros, verlangen aber keine üblichen Prozentsätze: Für gefühlt drei Telefonate und ein paar Serienmails fordern sie 30, 40 oder 50 Prozent des Honorars. Damit untergraben sie die ökonomische Basis derjenigen, die sie anschließend unterbeauftragen.
Agenturen haben so gut wie nie Dolmetscher:innen
festangestellt, genauso wenig wie Immobilienmaklern die Häuser und
Wohnungen gehören, die sie vermitteln.
Neulich erreicht mich die Mail einer Projektmanagerin, die für eine mir unbekannte Agentur arbeitet: „Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hiermit möchten wir Ihre Verfügbarkeit für folgenden Dolmetschauftrag für EN ↔ ES erfragen: (...) .“ Ich lösche die Nachricht oder leite sie an eine Kollegin weiter, wenn mir jemand einfällt, denn ich arbeite nicht in diesen Sprachen.
Tage später ploppt die nächste Mail in die Postbox: „Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen, unsere Frage von letzter Woche blieb ohne Antwort.
Also erneut: Hiermit möchten wir Ihre Verfügbarkeit für folgenden Dolmetschauftrag erfragen: (…).“
Einschub: Die Unterbrechungen nerven jedes Mal, wenn ich bei einer Routinesache oder in der Vorbereitung bin und auf wichtige Dokumente warte. Die KI macht solche Massenaussendungen noch einfacher; noch erkennen wir das oft an der Anfrage selbst. Einschubende.
Meist reagiere ich auf Massenanfragen nicht. Heute war ich aber ausreichend genervt für eine Antwort: „Sehr geehrte Frau XYZ, Sie wundern sich über mein Schweigen. Ihre Nachricht ging nicht nur an mich, sondern an ca. 200 andere Kolleg:innen, wie ich im Feld Carbon Copy (CC) sehen konnte. Zu Ihrer Information: Erstens antworte ich nicht auf Massenmails. Bei unpersönlicher Ansprache fühle ich mich, dreimal dürfen Sie raten, nicht angesprochen. Zweitens biete ich Ihre gesuchte Sprachkombination nicht an.
Ich bin also von Ihrer Nachricht wirklich nicht gemeint. Drittens haben Sie mit einer Kanone auf Spatzen geschickt, also an hunderte von Kolleg:innen mit den Buchstaben A bis E (und in weiteren Nachrichten dann vermutlich an noch mehr Menschen).
Damit wäre ich ich nun, viertens, bei dem von Ihnen angebotenen Tagessatz. Sie bieten unsere Dienstleistung auf dem Markt an, eine Dienstleistung, die Sie dann bei uns weit unter Preis einkaufen möchten. Eigentlich wäre ein Mindestmaß an Respekt für das, was wir machen, angebracht.
Wie Sie vielleicht (oder auch nicht) wissen, entspricht ein Honorartag im Aufwand meist zusätzlich einem Tag Vorbereitung sowie einem halben Tag Nachbereitung und anderen unkreativen Routinetätigkeiten, so geistig fordernd ist das Dolmetschen.
Durch den großen Anteil, den Sie für Ihre Dienstleistung beanspruchen, zerstören Sie die wirtschaftliche Grundlage meiner Selbständigkeit.
Dolmetschhonorare auf einen Tagessatz zu reduzieren, den Komparsen mit einem kurzen Text beim Film verdienen können, ist leider kein Ausdruck von Respekt. Die Modelle der Hit-and-Run-Ökonomie eignen sich nicht für Spracharbeit." Hier endete meine Antwortmail.
Merke: Manche Agenturen vermitteln Profis, als wären sie Wetter-Apps — viele Benachrichtigungen, wenig Verlässlichkeit. Am Ende bleiben bis auf die Agentur alle im Regen stehen.
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Bildmaterial: Pixlr.com, Dall:e
und eigene Zeichnung
Neulich erreicht mich die Mail einer Projektmanagerin, die für eine mir unbekannte Agentur arbeitet: „Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hiermit möchten wir Ihre Verfügbarkeit für folgenden Dolmetschauftrag für EN ↔ ES erfragen: (...) .“ Ich lösche die Nachricht oder leite sie an eine Kollegin weiter, wenn mir jemand einfällt, denn ich arbeite nicht in diesen Sprachen.
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| Lieber lesen und lernen |
Dieselbe Anfrage, aber dieses Mal sehe ich die angebotene Tagesgage. Sie ist unwürdig.
Ich werde die Mail neulich gelöscht haben. Es landen viele Anfragen dieser Art bei mir im System.
Einschub: Die Unterbrechungen nerven jedes Mal, wenn ich bei einer Routinesache oder in der Vorbereitung bin und auf wichtige Dokumente warte. Die KI macht solche Massenaussendungen noch einfacher; noch erkennen wir das oft an der Anfrage selbst. Einschubende.
Meist reagiere ich auf Massenanfragen nicht. Heute war ich aber ausreichend genervt für eine Antwort: „Sehr geehrte Frau XYZ, Sie wundern sich über mein Schweigen. Ihre Nachricht ging nicht nur an mich, sondern an ca. 200 andere Kolleg:innen, wie ich im Feld Carbon Copy (CC) sehen konnte. Zu Ihrer Information: Erstens antworte ich nicht auf Massenmails. Bei unpersönlicher Ansprache fühle ich mich, dreimal dürfen Sie raten, nicht angesprochen. Zweitens biete ich Ihre gesuchte Sprachkombination nicht an.
Ich bin also von Ihrer Nachricht wirklich nicht gemeint. Drittens haben Sie mit einer Kanone auf Spatzen geschickt, also an hunderte von Kolleg:innen mit den Buchstaben A bis E (und in weiteren Nachrichten dann vermutlich an noch mehr Menschen).
Ein verbindlicher, höflicher Umgang mit Dienstleister:innen sieht
anders aus.
Auf die persönliche Anfrage, ob ich nicht in meinem Umfeld eine
passende Kraft kennen würde, hätte ich vermutlich geantwortet.
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| Sie nennen es Arbeit (wir auch) |
So muss ich bei dieser KI-Massenmail davon ausgehen, dass
der geschäftliche Umgang auch sonst eher unerfreulich ist.
Damit wäre ich ich nun, viertens, bei dem von Ihnen angebotenen Tagessatz. Sie bieten unsere Dienstleistung auf dem Markt an, eine Dienstleistung, die Sie dann bei uns weit unter Preis einkaufen möchten. Eigentlich wäre ein Mindestmaß an Respekt für das, was wir machen, angebracht.
Wie Sie vielleicht (oder auch nicht) wissen, entspricht ein Honorartag im Aufwand meist zusätzlich einem Tag Vorbereitung sowie einem halben Tag Nachbereitung und anderen unkreativen Routinetätigkeiten, so geistig fordernd ist das Dolmetschen.
Durch den großen Anteil, den Sie für Ihre Dienstleistung beanspruchen, zerstören Sie die wirtschaftliche Grundlage meiner Selbständigkeit.
Dolmetschhonorare auf einen Tagessatz zu reduzieren, den Komparsen mit einem kurzen Text beim Film verdienen können, ist leider kein Ausdruck von Respekt. Die Modelle der Hit-and-Run-Ökonomie eignen sich nicht für Spracharbeit." Hier endete meine Antwortmail.
Merke: Manche Agenturen vermitteln Profis, als wären sie Wetter-Apps — viele Benachrichtigungen, wenig Verlässlichkeit. Am Ende bleiben bis auf die Agentur alle im Regen stehen.
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Bildmaterial: Pixlr.com, Dall:e
und eigene Zeichnung


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