Dienstag, 25. August 2020

COVIDiary (138)

Bon­jour, gu­ten Tag & hel­lo auf den Sei­ten des ers­ten deut­schen Dol­met­scher­blogs aus dem Inneren der Dol­metscherkabine. Corona hat uns monatelang im Büro fest­ge­setzt. Diese Woche darf ich endlich mal wieder reisen.

Beim Groß­un­ter­nehmen "Die Bahn" (im Verbund mit anderen europäischen Bahnen) scheint die Kunde von Covid-19 noch nicht an­ge­kom­men zu sein.

Zeitschrift "Meridian"
Lektüre der ersten Klasse
Wer 1. Klasse reist, bekommt mehr oder weniger automatisch einen reservierten Sitzplatz verpasst. In meinem Su­per­früh­zug Richtung Süden hocken die Menschen brav eng auf eng auf den vor­ge­ge­be­nen Plätzen und füllen so das erste Fünf­tel oder Sechs­tel des Groß­raum­wa­gens. Ich lasse meine Reser­vierung Reservierung sein und setze mich in den nahezu leeren Teil. Dort reist mit mir am Ende noch eine Person.
Nach dem Hände­­waschen laufe ich aus Versehen in die falsche Rich­tung und stol­pe­re in ein leeres Groß­raum­ab­teil. Es bleibt nicht lange leer: We­ni­ge Minuten später sitze ich mit­ten drin und be­wun­de­re den Son­nen­auf­gang. Und nur ich.

Eine Freundin sendet mir einen Link zum Sommer aus den "Vier Jahreszeiten" von Vi­val­di, eingespielt von der Ne­der­land­se Bach­ver­eniging. Ich drehe die Musik auf, höre auf dem Computer für die maximale Laut­stärke. Leider lassen sich bei den Zügen die Fenster nicht mehr öffnen, etwas Fahrt­wind und Geräusche von draußen wären jetzt toll. Die zarten Farben der vor­bei­fliegenden Landschaft entschädigen mich. (Und der Zug fährt eigentlich auch zu schnell.)

Kommt die Schaffnerin rein, sagt, ich müsse leiser stellen. Unfassbar. Ich: "Wenn jemand reinkommt, mache ich es sofort aus!" Sie: "Das stört!" Ich: "Wen stört das? Sie? Aber Sie sind ja hier gleich wieder raus!" Sie: "Wenn jemand reinkommt, ma­chen Sie es sofort aus!"

Moment. Was für Probleme mit dem Zuhören hat die Dame? Ich höre weiter meine Musik, allein mit Vivaldi im modernen Großraumwagen, und lese später etwas über 100 Jahre Spejbl und Hurvinek, die Marionettenhelden meiner Kindheit. Auch das ist Leben in Zeiten des Coronavirus.



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Foto: C.E.

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