Sonntag, 30. August 2020

COVIDiary (137)

Bon­jour, gu­ten Tag & hel­lo auf den Sei­ten des ers­ten deut­schen Dol­met­scher­blogs aus dem Inneren der Dol­metscherkabine. Sprachen zu beobachten ist eine der Grundlagen unserer Arbeit.

Wie sich das Hinterland eines Wortes verändert, können wir gerade am Beispiel des Wortes "querdenken" beobachten. Als "Querdenker" bezeichnen sich die Herr­schaf­ten, die dieses Wochenende in Berlin "gegen Corona" demonstrieren.

Ich mochte das Wort immer. Jetzt nicht mehr. 

Wandkritzelei: "Wirr ist das Volk!"
Gesehen in Kreuzberg
Querbeet sich durch Themen zu lesen, ist eine Spezialität aufgeweckter Zeitgenossen. Etwas gegen den Strich zu bürsten, von der Seite her zu betrachten, von Zeit zu Zeit einen größeren Pers­pek­tiv­wech­sel vor­zu­neh­men ist sehr wichtig, um sich selbst von etwas ein umfas­sendes Bild zu machen. Auf Eng­lisch heißt es get the big picture, das große Bild bekom­men.

Wir Dolmet­sche­rinnen machen das regelmäßig, wir klopfen die Themen, zu denen wir arbeiten, auf Widersprüche, weitere Begriffe und angrenzende Theorien ab. Wir werden es weiterhin machen, nur eben anders nennen.

Denn jetzt sind es diese Menschen, die den Begriff okkupieren, die querschießen mit kruden Theorien und mangeln­der Solidarität, denen Fähigkeiten zwischen Abs­trak­tions­ver­mögen, Empathie und Zuversicht auf bedauerliche Weise ab­han­den­gekommen zu sein scheinen, die Quer­köpfe sind im Sinn von Wirrköpfe.

Das Wort "Querdenker" wird für längere Zeit verbrannt sein.

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Foto: C.E.

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