Mittwoch, 13. November 2024

Mittelmaß

Hier ver­öf­fent­licht eine Sprach­ar­bei­te­rin Epi­so­den aus dem All­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen. Heute, so schreibt mir eine Kol­le­gin, die immer wie­der mal ano­nym zum Blog bei­trägt, vor al­lem in mei­ner Long Co­vid-Pha­se, dass heute der bun­des­wei­te Tag des Blog­gens in Deutsch­land sei.

Mikro, Buch (Wissen), Kopfhörer, Preis, Qualität, Netzwerkarbeit, Hintergrundmaterial ...
Dolmetschen ist kein Buch mit sieben Siegeln
Ein Blog sei der­ma­ßen "Ge­ne­ra­tion X", meinte dazu neu­lich meine Ex-Prak­ti­kan­tin, und sie fra­gte, wann ich end­lich mit einem Pod­cast an­fan­gen würde. Na­ja, reden kann ich (Sprech­pro­ben kom­men dem­nächst hier auch, wird mal Zeit), aber mein Kopf denkt gut beim Schrei­ben nach, und oft kne­te ich hier The­men durch, wäh­rend ich sie mir fürs Dol­met­schen an­ei­gne.

Da­her ist der Blog ge­wis­ser­ma­ßen ein "Bei­pro­dukt", das auch noch von der Viel­falt mei­ner Ein­sätze be­rich­tet.

Noch bin ich bei Blogspot.com, kann das Lay­out aber seit Jah­ren nicht mehr ver­än­dern, al­les ist ein­ge­fro­ren. Ich schätze, dass nie­mand seit­ens des An­bie­ters mit einem längeren Nut­zungs­zeit­raum ge­rech­net hat. Die KI könnte das mal re­pa­rie­ren! Ich fürch­te, 2025 muss ich um­zie­hen. Und eine klei­ne Pod­cast-Un­ter­seite ein­führen. Bis da­hin muss Chat­GPT hier un­sicht­ba­re Sil­ben­trennz­ei­chen ein­fü­gen.

Schluss mit dem Par­lan­do! Heute ist Mitt­woch, und in der Mit­te der Woche schaue ich gerne nach, was die KI so an Blü­ten in mei­ner Bran­che treibt.

Ei­gent­lich müsste ich näch­ste Woche zu ei­nem Event der Deut­schen Land­wirt­schafts-Ge­sell­schaft (DLG) rei­sen um ei­nen KI-Ein­satz zu do­ku­men­tie­ren. Die Te­le­kom ist dort ak­tiv, und sie heftet sich selbst die Me­dail­len für In­no­va­tion und In­klu­sion an. Sau­ber, sau­ber!

Al­lein: Das An­bie­ten der Ma­schi­ne ohne mensch­liche Fach­kom­pe­tenz da­hinter ist eine Chi­märe. Tech­nik­nerds ver­su­chen uns glau­ben zu machen, dass Al­go­rith­men das Ge­spür und die Tie­fe mensch­licher Ex­per­tise er­set­zen könn­ten. Es ist ganz so, als wür­den wir ein Met­ro­nom als Di­ri­gen­ten fei­ern: prä­zi­se, ja, aber oh­ne den Hauch von Le­ben, Wis­sen und "In­ter­pre­ta­tion", die echte Meis­ter­schaft aus­ma­chen.

[Ab die­sem Ab­satz, ge­nau­er: ab dem Wort Ur­he­ber­recht, hat sich die KI ge­wei­gert, den Text mit Sil­ben­trenn­zei­chen zu ver­se­hen, siehe mein P.S. unten!]

Dazu ist es wich­tig zu wis­sen, wie die KI ar­bei­tet. Sie greift auf riesige Men­gen über­setz­ter Text­frag­men­te im Inter­net zu­rück, die übri­gens Ur­he­ber­rech­ten un­ter­lie­gen, wor­über sich die KI-Fir­men hin­weg­set­zen, und ana­ly­siert dann For­men und Mus­ter. Ohne Kon­text und Vor­wis­sen sind in­des Feh­ler pro­gram­miert. Denn die Ma­schi­ne spuckt jene Wör­ter aus, die sta­tis­tisch am wahr­schein­lichs­ten auf an­de­re Be­grif­fe fol­gen wür­den. Kurz: Die KI friert das ma­the­ma­tische Mit­tel ein, und wer als Mensch "Mit­tel..." hört, denkt "Mit­tel­maß", was hier lei­der all­zu sehr stimmt, denn das ist zu­gleich auch der Maß­stab.

Die Te­le­kom nennt das auf ei­ner an­de­ren Sei­te
so­gar kri­tisch "Fast Food-Wis­sen". Und ja, oft klingen die KI-Er­geb­nis­se stel­len­wei­se gut, was das Ge­genl­e­sen üb­ri­gens er­schwert.

Fast Food Wissen: Was so eloquent klingt, muss richtig sein
Nur 48 Pro­zent der Nut­ze­r:in­nen prü­fen ge­le­gent­lich, ob KI-Ant­wor­ten stim­men






Die Te­le­kom ist ein gro­ßes Haus mit ver­schie­dens­ten Men­schen und Mei­nun­gen. Was in dem oben ver­link­ten Bei­trag wei­ter un­ten steht, kann ich nur un­ter­strei­chen. Ich zi­tie­re: "Der As­pekt, KI-Er­geb­nis­se nicht kri­tik­los hin­zu­neh­men, soll­te ex­pli­zit be­han­delt wer­den. Sonst könn­ten die­se Syste­me so­gar ei­ne Ge­fahr für die De­mo­kra­tie wer­den."

Re­gel­mä­ßig darf ich im Rah­men der Her­stel­lung von Re­por­ta­gen und Do­ku­men­tar­fil­men Zi­ta­te vor­aus­wäh­len, die ge­dreh­tem Ma­te­ri­al ent­nom­men wer­den. Da­bei wird von der Film­schnitt­soft­wa­re mit KI-Hil­fe ei­ne Trans­kri­p­ti­on mit Zeit­stem­pel (Time­codes) an­ge­fer­tigt. Hier sind al­ler­dings oft nicht nur et­li­che Be­grif­fe, son­dern auch die Satz­zei­chen falsch, was die Be­zü­ge der In­hal­te zu­ein­an­der ver­fälscht, bei über­lap­pen­den Spre­cher:­in­nen ver­sagt das Sys­tem auch. Was dann "au­to­ma­tisch" in die Ziel­spra­che über­tra­gen wird, ist oft un­ter­halt­samer Murks. (Das gilt auch für ge­tipp­te Tex­te, hier und hier.)

Auch Dol­met­schen ist weit mehr als der schlich­te Wort-für-Wort-Aus­tausch. Wir ver­mit­tel­n In­hal­te. Die­se Ar­beit er­for­dert Ver­ständ­nis für Hin­ter­grün­de und kul­tu­rel­le Fein­hei­ten, die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ab­sicht muss be­kannt sein, eben­so die Er­war­tun­gen und bes­ten­falls auch die Vor­kennt­nis­se der Zu­hö­ren­den. We­sent­lich auch: Welt­kennt­nis und Em­pa­thie, die es uns hel­fen, die In­for­ma­ti­o­nen rich­tig ein­zu­ord­nen. Al­les das kön­nen die Bits & Bytes nicht leis­ten, es sind kal­te Ma­schi­nen oh­ne jeg­li­che Le­bens­er­fah­rung und Vor­wis­sen — Letz­te­res lässt sich auch nicht si­mu­lie­ren.

Ger­ne wür­de ich bei dem Land­wirt­schafts­e­vent Mäu­schen spie­len. Iro­nie, Schnell­spre­cher, wil­de Ak­zen­te und ver­än­der­ter Ab­stand zum Mi­kro­fon, Rück­fra­gen, schnel­le Spre­cher­wech­sel und der­lei brin­gen das Sys­tem erst recht aus dem Takt. Die KI weiß das üb­ri­gens selbst, wie ich im Au­gust be­rich­ten durf­te.

Ich ho­ffe im­mer auf kri­tische Mes­se­be­su­che­rin­nen und -be­su­cher, die für ih­re Ein­tritts­gel­der auch Qua­li­tät for­dern! Ach, und da heu­te auch der World Kind­ness Day sein soll, der Welt-Freund­lich­keits­tag, em­pfeh­le ich mich jetzt rasch und bre­che auf zu ei­ner gu­ten Tat.

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Bil­der: www.pixlr.com (be­ar-
bei­tet); Te­le­kom

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