Dolmetschen ist kein Buch mit sieben Siegeln |
Daher ist der Blog gewissermaßen ein "Beiprodukt", das auch noch von der Vielfalt meiner Einsätze berichtet.
Noch bin ich bei Blogspot.com, kann das Layout aber seit Jahren nicht mehr verändern, alles ist eingefroren. Ich schätze, dass niemand seitens des Anbieters mit einem längeren Nutzungszeitraum gerechnet hat. Die KI könnte das mal reparieren! Ich fürchte, 2025 muss ich umziehen. Und eine kleine Podcast-Unterseite einführen. Bis dahin muss ChatGPT hier unsichtbare Silbentrennzeichen einfügen.
Schluss mit dem Parlando! Heute ist Mittwoch, und in der Mitte der Woche schaue ich gerne nach, was die KI so an Blüten in meiner Branche treibt.
Eigentlich müsste ich nächste Woche zu einem Event der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) reisen um einen KI-Einsatz zu dokumentieren. Die Telekom ist dort aktiv, und sie heftet sich selbst die Medaillen für Innovation und Inklusion an. Sauber, sauber!
Allein: Das Anbieten der Maschine ohne menschliche Fachkompetenz dahinter ist eine Chimäre. Techniknerds versuchen uns glauben zu machen, dass Algorithmen das Gespür und die Tiefe menschlicher Expertise ersetzen könnten. Es ist ganz so, als würden wir ein Metronom als Dirigenten feiern: präzise, ja, aber ohne den Hauch von Leben, Wissen und "Interpretation", die echte Meisterschaft ausmachen.
[Ab diesem Absatz, genauer: ab dem Wort Urheberrecht, hat sich die KI geweigert, den Text mit Silbentrennzeichen zu versehen, siehe mein P.S. unten!]
Dazu ist es wichtig zu wissen, wie die KI arbeitet. Sie greift auf riesige Mengen übersetzter Textfragmente im Internet zurück, die übrigens Urheberrechten unterliegen, worüber sich die KI-Firmen hinwegsetzen, und analysiert dann Formen und Muster. Ohne Kontext und Vorwissen sind indes Fehler programmiert. Denn die Maschine spuckt jene Wörter aus, die statistisch am wahrscheinlichsten auf andere Begriffe folgen würden. Kurz: Die KI friert das mathematische Mittel ein, und wer als Mensch "Mittel..." hört, denkt "Mittelmaß", was hier leider allzu sehr stimmt, denn das ist zugleich auch der Maßstab.
Die Telekom nennt das auf einer anderen Seite sogar kritisch "Fast Food-Wissen". Und ja, oft klingen die KI-Ergebnisse stellenweise gut, was das Gegenlesen übrigens erschwert.
Nur 48 Prozent der Nutzer:innen prüfen gelegentlich, ob KI-Antworten stimmen |
Die Telekom ist ein großes Haus mit verschiedensten Menschen und Meinungen. Was in dem oben verlinkten Beitrag weiter unten steht, kann ich nur unterstreichen. Ich zitiere: "Der Aspekt, KI-Ergebnisse nicht kritiklos hinzunehmen, sollte explizit behandelt werden. Sonst könnten diese Systeme sogar eine Gefahr für die Demokratie werden."
Regelmäßig darf ich im Rahmen der Herstellung von Reportagen und Dokumentarfilmen Zitate vorauswählen, die gedrehtem Material entnommen werden. Dabei wird von der Filmschnittsoftware mit KI-Hilfe eine Transkription mit Zeitstempel (Timecodes) angefertigt. Hier sind allerdings oft nicht nur etliche Begriffe, sondern auch die Satzzeichen falsch, was die Bezüge der Inhalte zueinander verfälscht, bei überlappenden Sprecher:innen versagt das System auch. Was dann "automatisch" in die Zielsprache übertragen wird, ist oft unterhaltsamer Murks. (Das gilt auch für getippte Texte, hier und hier.)
Auch Dolmetschen ist weit mehr als der schlichte Wort-für-Wort-Austausch. Wir vermitteln Inhalte. Diese Arbeit erfordert Verständnis für Hintergründe und kulturelle Feinheiten, die Kommunikationsabsicht muss bekannt sein, ebenso die Erwartungen und bestenfalls auch die Vorkenntnisse der Zuhörenden. Wesentlich auch: Weltkenntnis und Empathie, die es uns helfen, die Informationen richtig einzuordnen. Alles das können die Bits & Bytes nicht leisten, es sind kalte Maschinen ohne jegliche Lebenserfahrung und Vorwissen — Letzteres lässt sich auch nicht simulieren.
Gerne würde ich bei dem Landwirtschaftsevent Mäuschen spielen. Ironie, Schnellsprecher, wilde Akzente und veränderter Abstand zum Mikrofon, Rückfragen, schnelle Sprecherwechsel und derlei bringen das System erst recht aus dem Takt. Die KI weiß das übrigens selbst, wie ich im August berichten durfte.
Ich hoffe immer auf kritische Messebesucherinnen und -besucher, die für ihre Eintrittsgelder auch Qualität fordern! Ach, und da heute auch der World Kindness Day sein soll, der Welt-Freundlichkeitstag, empfehle ich mich jetzt rasch und breche auf zu einer guten Tat.
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Bilder: www.pixlr.com (bear-
beitet); Telekom
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