Bonjour, welcome und hallo beim ersten Blog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Wie wir arbeiten beschreibe ich seit 2007 an dieser Stelle. Meine
Branche verändert sich gerade, was an Corona liegt. Aber auch
die KI, die Künstliche Intelligenz, spielt eine Rolle. Die allerdings an
ihre Grenzen stößt.
DeepL-Fail (4): Ein Privatkunde bittet mich, einen kurzen Satz für seinen Arbeitgeber ins Deutsche zu übertragen. Er arbeitet als frankophoner Mensch in Berlin in einer internationalen Firma, in der Englisch die office language ist. Derzeit ist eine Urlaubsvertretung am Platz, die alten Regeln gelten nicht unbedingt.
Sein Ausgangstext: Ma femme prendra ce matin les enfants scolarisés pour achat des affaires scolaires, la petite fille restera avec moi ce qui m'oblige a faire aujourd'hui le homme office.
Quelle: www.DeepL.com |
Dass da etwas nicht stimmt, erkennt jeder Mensch sofort, der/die über etwas bessere Deutschkenntnisse verfügt. In der Schule gibt es keine Schulsachen zu kaufen, das ist der erste Fehler. Auf Französisch stand dort: "nimmt heute die schulpflichtigen (wörtlich: eingeschulten) Kinder für Schulsachenkauf", was etwas knapp formuliert ist, OK, Telegrammstil, mehr ist aber auch nicht nötig, der Mann ist Manager.
Dass ein geschiedener Vater sein Kind über das Wochenende "nimmt" ist ein Klassiker, dass Eltern sich je Bedarf bei mehreren Kindern aufteilen, ebenso. Das System hat bemüht auf ein Ziel gewartet, weil es so programmiert worden ist: Bewegungen von Zweibeinern der Spezies Homo sapiens sapiens sind zumeist mit einem Zielort verbunden. Also wurde aus eingeschult bzw. schulpflichtig eben schnell die Schule zum Ziel gemacht. Der Maschine fehlt implizites Wissen. Wir Menschen wissen, wo wir Schulsachen kaufen, das bedarf keiner weiteren Erwähnung und ist auch nicht wirklich wichtig.
Nun zum zweiten Fehler: "... was bedeutet, dass ich heute das Büro des Mannes erledigen muss." Nun ist bekannt, dass frankophone Menschen oft nicht über großartige Englischkenntnisse verfügen. So wurde hier aus dem "Homeoffice", da das Französische reingefunkt hat, ein Büro des Mannes oder des Menschen, denn das bedeutet das französische Wort l'homme.
Der dritte Fehler: "Homeoffice" ist eigentlich gar kein englisches Wort. Auf Englisch bedeutet home office vor allem "Innenministerium". Der Autor der Zeilen hat, da er schon seit geraumer Zeit hier lebt, diesen Fehler übernommen. Wäre er erst vor kurzem in Berlin ansässig, hätte er noch télétravail verwendet, wörtlich "Fernarbeit". Die Maschinen müssten also auch über sämtliche möglichen
Fremdsprachenfehler der Zweibeiner aus den Ländern der Welt und
ihrer diversen sozialen Gruppen "informiert" werden. Und konkret in unserem Fall hätte die Maschine "wissen" müssen, wie lange der Manager schon in Deutschland lebt.
Die Künstliche Intelligenz (KI) stößt hier erneut an ihre Grenzen. Der Mensch ist schlicht zu unperfekt dafür, als dass die KI Aufgaben wie Übersetzen und Dolmetschen allein übernehmen könnte. Sie ist ein Werkzeug in den Händen von Profis — vergleichbar mit dem digitalen Seziermesser in der Hand von Chirurgen.
Frühere Beiträge zum Thema KI-Fails hier: "PC", "Ich weise alle Schuld von mir", "Gesetzesvorhaben".
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Illustration: DeepL
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