Freitag, 6. August 2021

COVIDiary (353)

Bonjour, welcome und hallo beim ersten Blog Deutsch­lands aus dem In­neren der Dol­met­scherkabine. Wie wir arbeiten be­schreibe ich seit 2007 an dieser Stelle. Meine Branche ver­ändert sich gerade, was an Corona liegt. Aber auch die KI, die Künst­liche In­tel­li­genz, spielt eine Rolle. Die allerdings an ihre Grenzen stößt.

DeepL-Fail (4): Ein Privat­kunde bittet mich, einen kurzen Satz für seinen Ar­beit­ge­ber ins Deut­sche zu übertragen. Er arbeitet als frankophoner Mensch in Berlin in einer inter­nationalen Firma, in der Englisch die office language ist. Derzeit ist eine Urlaubs­vertretung am Platz, die alten Regeln gelten nicht un­be­dingt.

Sein Ausgangs­text: Ma femme prendra ce matin les enfants sco­lar­isés pour achat des af­faires scolaires, la petite fille restera avec moi ce qui m'oblige a faire au­jourd'hui le homme office.

Ma femme prendra ce matin les enfants scolarisés pour achat des affaires scolaires, la petite fille restera avec moi ce qui m'oblige à faire aujourd'hui le homme office. // Meine Frau wird heute Morgen mit den Kindern zur Schule fahren, um Schulsachen zu kaufen, die Kleine bleibt bei mir, was bedeutet, dass ich heute das Büro des Mannes erledigen muss.
Quelle: www.DeepL.com





 


Dass da etwas nicht stimmt, erkennt jeder Mensch sofort, der/die über etwas bes­se­re Deutsch­kennt­nisse verfügt. In der Schule gibt es keine Schul­sachen zu kaufen, das ist der erste Fehler. Auf Französisch stand dort: "nimmt heute die schul­pflich­tigen (wört­lich: ein­ge­schul­ten) Kinder für Schul­sachenkauf", was etwas knapp for­mu­liert ist, OK, Tele­gramm­stil, mehr ist aber auch nicht nötig, der Mann ist Ma­nager. 

Dass ein geschie­dener Vater sein Kind über das Wo­chen­ende "nimmt" ist ein Klas­si­ker, dass Eltern sich je Be­darf bei meh­reren Kindern aufteilen, ebenso. Das System hat bemüht auf ein Ziel gewartet, weil es so pro­gram­miert worden ist: Be­we­gun­gen von Zwei­beinern der Spe­zies Homo sapiens sapiens sind zumeist mit einem Ziel­ort verbunden. Also wurde aus ein­ge­schult bzw. schul­pflich­tig eben schnell die Schu­le zum Ziel gemacht. Der Maschine fehlt im­pli­zites Wissen. Wir Men­schen wis­sen, wo wir Schul­sachen kaufen, das bedarf kei­ner wei­te­ren Er­wäh­nung und ist auch nicht wirk­lich wich­tig.

Nun zum zweiten Fehler: "... was be­deutet, dass ich heute das Büro des Mannes er­le­di­gen muss." Nun ist bekannt, dass franko­phone Men­schen oft nicht über großartige Englisch­kennt­nisse ver­fügen. So wurde hier aus dem "Home­office", da das Fran­zö­si­sche rein­gefunkt hat, ein Büro des Mannes oder des Menschen, denn das bedeutet das fran­zö­sische Wort l'homme.

Der dritte Fehler: "Home­office" ist eigent­lich gar kein englisches Wort. Auf Eng­lisch be­deutet home office vor allem "In­nen­mi­nis­te­rium". Der Autor der Zei­len hat, da er schon seit ge­rau­mer Zeit hier lebt, diesen Feh­ler übernommen. Wäre er erst vor kurzem in Berlin ansässig, hätte er noch télé­travail ver­wen­det, wörtlich "Fern­ar­beit". Die Ma­schinen müssten also auch über sämt­liche mög­li­chen Fremd­spra­chenfehler der Zwei­beiner aus den Län­dern der Welt und ihrer diversen sozialen Gruppen "informiert" werden. Und kon­kret in un­se­rem Fall hätte die Maschine "wis­sen" müssen, wie lange der Ma­na­ger schon in Deut­schland lebt.

Die Künstliche Intelligenz (KI) stößt hier er­neut an ihre Grenzen. Der Mensch ist schlicht zu un­perfekt dafür, als dass die KI Auf­ga­ben wie Über­setzen und Dol­metschen allein überneh­men könnte. Sie ist ein Werk­zeug in den Händen von Profis — ver­gleichbar mit dem di­gi­ta­len Se­zier­messer in der Hand von Chirurgen.

Frühere Bei­träge zum Thema KI-Fails hier: "PC", "Ich weise alle Schuld von mir", "Gesetzesvorhaben".

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Illustration:
DeepL

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