Schreibtischarbeit |
Des einen Pech ist des anderen Glück: ich finde schnell, was mich interessiert, und da eine Nachbarin leider mit Grippe im Bett liegt, können wir Theaterkarten übernehmen.
Dann kommt der Anruf, der mir für Freitag ein Dokumentarfilmdrehbuch von 100 Seiten avisiert, die Filmförderung braucht es am Soundsovielten, Zeit für die Übersetzung: sieben Tage. Also folgt Freitagsplanung, die Zweite: Ich sage das Tagesprogramm ab und bin am acht am Schreibtisch.
Da das Dokumentarfilmdrehbuch ein historisches Thema zum Gegenstand hat, soll es reich bebildert sein. Gegen Mittag frage ich vorsichtig per Mail nach dem Drehbuch sowie dem Verhältnis Bild-Text: ... bei sehr vielen Anschlägen müssten wir möglicherweise zu zweit ran, was automatisch heißt: zu dritt, die dritte Person vereinheitlicht dann den Stil vor dem Erstlektorat … was am Ende auch auf den Preis Auswirkungen hat, weil mehr Personen unter Zeitdruck arbeiten.
Hintergrund: Für 100 Seiten Drehbuch rechnen wir sonst im Eiltempo mit zehn Arbeitstagen, Normaltempo ist 15 inklusive Erst- und Zweitlektorat. Das ist immer für alle Beteiligten am entspanntesten und günstigsten.
Freitagsplanung, die Dritte: Der Brotkasten hatte heute Morgen nur noch einen Knust im Angebot, also ein Brotendchen, dazu gab es einen Klacks Müsli mit einem Schluck Mandelmilch. Zum Glück waren Obst und Tee reichlich vorhanden. Ich nutze die Zeit für Vorarbeiten, lese mich vertieft ins Thema ein ... 15.00 Uhr: Zweites Frühstück draußen beim Bäcker. 17.00 Uhr werden die Theaterkarten für den Abend abgeholt und ich sage "Wochenenddivertissemangs" ab.
Freitagsplanung, die Vierte: 19.30 Uhr ploppt die Antwortmail in den Briefkasten rein: "Das Buch kommt spätestens Montag". Der Hunger diktiert das weitere Vorgehen: Kochen oder Essen gehen? Mit wem danach spontan ins Kino? Und was muss ich nächste Woche alles an Privatleben zusammenstreichen? OK, ruhig Blut bewahren, das entscheide ich Sonntag. Und wir sind jetzt zu dritt und haben zum Einlesen ins Thema schon mal den Entwurf bekommen.
So viel zum Vorurteil, wir Freiberufler hätten es gut, weil wir unsere Zeit frei einteilen können.
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Illustration: Dall:e (überarbeitet)
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