Freitag, 15. März 2024

Frei(berufler)tag

Hal­lo! Sie le­sen im Blog ei­ner Über­set­ze­rin und Dol­met­sche­rin. Die meis­ten Dol­met­scher und Dol­met­sche­r:in­nen sind frei­be­ruf­lich tä­tig. Ein be­kann­tes Vor­ur­teil lau­tet: "Frei­be­ruf­ler ha­ben's gut, sie kön­nen sich die Zeit frei ein­tei­len."

Eine Frau sitzt vor dem Fenster und hält ein Blatt Papier in der Hand
Schreib­tisch­ar­beit
Am Don­ners­tag­nach­mit­tag war ich froh, denn ich durf­te mich der Frei­tags­pla­nung wid­men. Frei­tag, die Er­ste: Frei ha­ben und Freun­de tref­fen. Was ist los in den Ber­li­ner Ga­le­rien? Was läuft in den Ki­nos? Thea­ter­kar­ten?

Des ei­nen Pech ist des an­de­ren Glück: ich fin­de schnell, was mich in­ter­es­siert, und da eine Nach­ba­rin lei­der mit Grip­pe im Bett liegt, kön­nen wir Thea­ter­kar­ten über­neh­men.

Dann kommt der An­ruf, der mir für Frei­tag ein Do­kumen­tar­film­dreh­buch von 100 Sei­ten avi­siert, die Film­för­de­rung braucht es am Sound­so­viel­ten, Zeit für die Über­set­zung: sie­ben Tage. Also folgt Frei­tags­pla­nung, die Zwei­te: Ich sage das Ta­ges­pro­gramm ab und bin am acht am Schreib­tisch.

Da das Do­kumen­tar­film­dreh­buch ein his­to­ri­sches Thema zum Ge­gen­stand hat, soll es reich be­bil­dert sein. Ge­gen Mit­tag fra­ge ich vor­sich­tig per Mail nach dem Dreh­buch sowie dem Ver­hält­nis Bild-Text: ... bei sehr vie­len An­schlä­gen müs­sten wir mög­li­cher­wei­se zu zwei­t ran, was au­to­ma­tisch heißt: zu dritt, die drit­te Per­son ver­ein­heit­licht dann den Stil vor dem Erst­lek­to­rat … was am En­de auch auf den Preis Aus­wir­kun­gen hat, weil mehr Per­so­nen un­ter Zeit­druck ar­bei­ten.

Hin­ter­grund: Für 100 Sei­ten Dreh­buch rech­nen wir sonst im Eil­tem­po mit zehn Ar­beits­ta­gen, Nor­mal­tem­po ist 15 in­klu­sive Erst- und Zweit­le­kto­rat. Das ist im­mer für al­le Be­tei­lig­ten am ent­spanntes­ten und gün­stigs­ten.

Frei­tags­pla­nung, die Drit­te: Der Brot­kas­ten hatte heute Mor­gen nur noch ei­nen Knust im An­ge­bot, also ein Brot­end­chen, dazu gab es einen Klacks Müs­li mit ei­nem Schluck Man­del­milch. Zum Glück wa­ren Obst und Tee reich­lich vor­han­den. Ich nut­ze die Zeit für Vor­ar­bei­ten, le­se mich ver­tieft ins The­ma ein ... 15.00 Uhr: Zwei­tes Früh­stück drau­ßen beim Bä­cker. 17.00 Uhr wer­den die Thea­ter­kar­ten für den Abend ab­ge­holt und ich sa­ge "Wo­chen­end­di­ver­tis­se­mangs" ab.

Frei­tags­pla­nung, die Vierte: 19.30 Uhr ploppt die An­t­wort­mail in den Brief­kas­ten rein: "Das Buch kommt spä­tes­tens Mon­tag". Der Hun­ger dik­tiert das wei­tere Vor­gehen: Ko­chen oder Es­sen gehen? Mit wem da­nach spon­tan ins Ki­no? Und was muss ich nächs­te Wo­che al­les an Pri­vat­le­ben zu­sam­men­strei­chen? OK, ru­hig Blut be­wah­ren, das ent­schei­de ich Sonn­tag. Und wir sind jetzt zu dritt und ha­ben zum Ein­le­sen ins The­ma schon mal den Ent­wurf be­kom­men.

So viel zum Vor­ur­teil, wir Frei­be­ruf­ler hät­ten es gut, weil wir un­se­re Zeit frei ein­tei­len kön­nen.

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Il­lus­tra­tion: Dall:e (über­ar­bei­tet)

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