Bonjour, guten Tag & hello! Der Arbeitsalltag von Spracharbeiter:innen ist Gegenstand des Weblogs. Meine Sprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch. Wie Dolmetscherinnen und Dolmetscher arbeiten, beschreibe ich hier seit 2007. Heute denke ich weiter über unseren Markt nach. (Vorgängertext hier: klick!)
Der Flaschenhals ist ein klares Bild, das leider einen sehr großen Teil des Agenturmarkts in der Sprachbranche abbildet. Die wenigen guten Agenturen sind meist extrem spezialisiert, auf technische, juristische oder medizinische Übersetzungen und dabei auf wenige Sprachen zum Beispiel. Die anderen, die mit viel Geld mit Slogans wie "alle Themen, alle Weltsprachen, sieben Tage die Woche, rund um die Uhr erreichbar" werben, stellen für uns Vollprofis nicht selten ein Problem dar.
Eine bei einem Kolleg:innenstammtisch kennengelernte junge Hochschulabsolventin ist aufgrund der Multikrisen bei einer Agentur gelandet, wo sie als Vermittlerin fungiert. Sie ist also ständig auf der Suche nach Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen.
Doch sie leidet unter einem nicht zu verachtenden "Detail": Die Vergütung, die sie im Namen der Firma den Subunternehmer:innen für hochqualifizierte Arbeit anbieten darf, liegt im Bereich der sprichwörtlichen "Peanuts".
Der Flaschenhals ist ein klares Bild, das leider einen sehr großen Teil des Agenturmarkts in der Sprachbranche abbildet. Die wenigen guten Agenturen sind meist extrem spezialisiert, auf technische, juristische oder medizinische Übersetzungen und dabei auf wenige Sprachen zum Beispiel. Die anderen, die mit viel Geld mit Slogans wie "alle Themen, alle Weltsprachen, sieben Tage die Woche, rund um die Uhr erreichbar" werben, stellen für uns Vollprofis nicht selten ein Problem dar.
Banknoten auf dem Tisch, Münzen in der Flasche |
Doch sie leidet unter einem nicht zu verachtenden "Detail": Die Vergütung, die sie im Namen der Firma den Subunternehmer:innen für hochqualifizierte Arbeit anbieten darf, liegt im Bereich der sprichwörtlichen "Peanuts".
Problem Billig-Agenturen
Die junge Frau ist immerhin vom Fach. Oft sind die Vermittler:innen fachfremd, nicht selten sogar ohne profunde Berufsausbildung, was gerne im Büromanagement anfängt. (Zu oft landen Anfragen per Rundumaussendung in meiner Mailbox; dabei sind alle Empfänger:innen namentlich aufgeführt, Dutzende Spracharbeiter:innen, mit allgemein gehaltener Anrede; eine Mail, die zu versenden nicht viel Zeit in Anspruch genommen haben kann.)
Der Zufall wollte, dass ich die junge Frau, die mir beim Stammtisch gegenübersaß, bereits durch Anfragen in meiner Mailbox kannte: "Dolmetscher:in gesucht ..." und dann so ein Winzhonorar. Ihre Nachfragemails hatten einen immer verzweifelteren Grundton. Auch auf verschiedenen Plattformen war sie mir aufgefallen.
Keine Nachwuchspflege
Einmal hat sie mich sogar angerufen. Ich fragte nach, was denn aus dem kleinen Stamm von Mitarbeitenden der Firma geworden sei. Antwort: "Das Team ist im Umbruch, etliche Kolleginnen sind umgestiegen in andere Berufe oder in die Familienzeit, das mit den Neuzugänge hat nicht so geklappt wie erhofft."
Ich erlaubte mir einen Verweis auf den Preis. Darauf die junge Frau: "Die Budgets sind fest, das Mutterhaus hat sie ausgehandelt. Mit Sprachdienstleistung ist nicht viel Geld zu verdienen."
Damit meinte sie die Perspektive der Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen. Allzu gerne hätte ich widersprochen. Die junge Frau hätte nicht antworten können, sie sitzt im Großraumbüro dieser "Agenturkette", die ähnlich wie mancher Sandwichladen als Kette im Franchising funktioniert. (Andere Agenturen haben echte Filialunternehmen.)
Große Margen
Meistens liegt das Problem bei der Akquise, wo Kunden gelegentlich auch Fantasiepreise angeboten werden, um den Wettbewerb mit uns Freiberufle:rinnen zu gewinnen, sowie am Flaschenhals mit seinen Extrakosten: Werbemaßnahmen, Renommieradresse, teure Messestände, medial sichtbare "Charity-Einsätze" und dergleichen mehr.
Welche Summen da zugleich im Umlauf sein können, wurde Mitte der Zehner Jahre offensichtlich, als sich in den USA das Gründerehepaar einer Riesenagentur in einem dornigen, von Journalisten begleiteten Rosenkrieg scheiden ließ: Es ging um Luxuswohnungen in New York mit Park blick und bestdotierte Aktienpakete, alles durch die Agentur und ihre um die hundert Büros weltweit finanziert.
Welche Summen da zugleich im Umlauf sein können, wurde Mitte der Zehner Jahre offensichtlich, als sich in den USA das Gründerehepaar einer Riesenagentur in einem dornigen, von Journalisten begleiteten Rosenkrieg scheiden ließ: Es ging um Luxuswohnungen in New York mit Park blick und bestdotierte Aktienpakete, alles durch die Agentur und ihre um die hundert Büros weltweit finanziert.
Wettbewerbsverzerrung durch Coronahilfen
Dabei ist wichtig zu wissen, dass hochqualifizierte Dienstleister:innen außerhalb existenzieller Krisen nicht zu lächerlich niedrigen Honoraren arbeiten. Eine angemessene Vergütung unserer Arbeit ist nicht nur gerechtfertigt, sondern einfach notwendig für manchmal tagelange Vorbereitung.
Qualität braucht Zeit, auch in der beruflichen, oft entbehrungsreichen Entwicklung von uns Sprachprofis mit langen Studien- und Auslandsjahren. Das Ergebnis ist nicht billig oder "preiswert", sondern schlicht seinen Preis wert.
Qualität braucht Zeit, auch in der beruflichen, oft entbehrungsreichen Entwicklung von uns Sprachprofis mit langen Studien- und Auslandsjahren. Das Ergebnis ist nicht billig oder "preiswert", sondern schlicht seinen Preis wert.
______________________________
Illustration: Dall:e (bringt wieder Pseudo-
Matisse hervor)
Illustration: Dall:e (bringt wieder Pseudo-
Matisse hervor)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen