Der Sound klingt nach Spätherbst: Graugänse, Silberreiher und Kraniche schnattern in V-Formation durch die Lüfte. Sie fliegen in ihr südliches Winterquartier. Um die 150.000 Zugvögel sollen im Großraum Berlin halt machen, um sich hier für den Weiterflug zu stärken. Neulich hat mir ein Vogelkundler erzählt, dass dabei immer mehr Kraniche in der kalten Jahreszeit in Berlin hängenbleiben.
20 Grad an einem 20. Oktober, sowas nennt sich Klimawandel. An der Südwand unseres Hofgartens sind die Passionsfrüchte so gereift, dass wir jetzt viel Saatgut fürs nächste Jahr ernten konnten. Die Zucchini blüht noch ein wenig, die letzten Tomaten reifen, eine der Pflanzen hat sogar neue Blüten ausgebildet.
Sehr aufmerksam beobachtet das Gartenteam das Wetter. Bislang hatten wir nur eine einzige Frostnacht, da ging das Thermometer nur kurz unter Null, aber irgendwann muss unser botanischer Garten ins Foyer. Außerdem habe ich zwei Olivenbäume in Schöneberg entdeckt, die herrenlos vor einem seit Monaten geschlossenen Geschäft stehen. Ich war schon einige Male zum Gießen dort, habe Müll aus den Töpfen gesammelt, mit Komposterde gedüngt. Wenn das so weitergeht, werden wir die retten müssen.
Reifung und Ernte von fast 100 Samen |
Sonntag bedeutet, mit der Nachbarin in der Spätvormittagssonne zu klönen und sich Gedanken übers Hofgrün des nächsten Jahres zu machen, die Essensreste des Vortags aufzuessen, Mittagsschlaf zu halten, auf den Uferflohmarkt zu gehen und dort zwei, drei Bücher zu adoptieren. Dann im Café zu lesen und die Sonne zu genießen, bis sie um die Ecke biegt. Zwischendurch wie jeden Tag zwei Mal zwei Stunden Vokabeln zu pauken, ein bekanntes Wortfeld zu beackern.
Irgendwie mutet das alles sehr dörflich an. Aber in einem echten Dorf könnte ich wohl nicht mehr gut leben. Das Hinterland meines direkten Umfeldes hat es mir erlaubt, unterschiedliche Berufe auszuüben und mich regelmäßig neu zu erfinden, ohne umziehen zu müssen. Darin ähneln sich übrigens Berlin und Paris, wo ich ja meine zweite Heimat habe.
Die Samen sind geschält und getrocknet. Wer ein beheizbares (Fensterbank-)Gewächshaus sein eigen nennt und mir einige Zeilen darüber schreibt, wie er/sie Dolmetscher erlebt hat (mit möglicher Veröffentlichung, wenn's passt), bekommt von mir zehn Samen per Post zugeschickt. (Solange der Vorrat reicht.) Für die Aussat in der Zeit, wenn wir an die Rückkehr der Zugvögel denken ...
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Foto: C.E.
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