Freitag, 2. September 2011

Nuklear

gesehen in Marseille
Eins hab ich nie richtig verstanden an meiner Wahlheimat: die in Frankreich sehr weit verbreitete unkritische Haltung dem Nuklearen gegenüber.

Mit Grausen erinnere ich mich an die TV-Elefantenrunde zwischen Nicolas Sarkozy und Ségolène Royale im letzten Wahlkampf ums Präsidentenamt, wo beide nach der Atomenergie gefragt wurden und ähnlich unrealistische Zahlen zur "friedlichen Nutzung des Atoms" brachten — "irgendwas im Bereich von 20 %" sagte sie und er fiel mit gestrenger Mine ein: Non, Madame, c'est 35 % ! (Zahlen aus der Erinnerung wiedergegeben, sie spiegeln nur die Größenordnungen wider.)

In Wirklichkeit sind es erschreckende knapp 80 %, denn in Frankreich gibt es so viele Kernkraftwerke wie sonst nirgendwo in Europa. Nach Fukushima wächst auch in Frankreich die kritische Haltung an dieser gefährlichen Art der Energiegewinnung.

Noch findet man dort Schilder wie dieses hier von einer Zeitarbeitsfirma. Und ja, Arte brachte vor einiger Zeit dazu einen Film von Alain de Halleux, der auf Französisch "R.A.S. nucléaire, rien à signaler" heißt (*), aus dem hervorging, dass ein Großteil der Wartungskräfte in Frankreich wandernde Zeitarbeiter sind. (Leider war der Film zweisprachig nur sieben Tage im Netz sichtbar, ich hätte ihn gerne für meine Vokabellisten ausgewertet.)

Ich bin mal gespannt, wie sich die Dinge entwickeln. Und über die Ursachen der grundlegend technikeuphorischen Geisteshaltung vieler Franzosen werde ich weiter nachdenken.


(*) etwa: "Nukleares, nichts zu vermelden", bei Arte unter "Alles im Griff? —Arbeiten im Atomkraftwerk" ausgestrahlt. Hinter dem französischen Titel verbirgt sich das Datenblatt in deutscher Sprache des DVD-Händlers, der den Film in der Originalfassung vertreibt. Hier die französischsprachige Arte-Ankündigung des Films. Auf Deutsch gibt's den Film (unter dem deutschen Titel) derzeit bei YouTube.
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Foto: C.E.

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