Französische Kinder kennen keine Schultüte. Und in Deutschland hingegen ist la rentrée so gut wie unbekannt.
Der französische Bücherherbst 2010 |
La rentrée heißt übersetzt "Rückkehr" oder "Nachhausekommen". Los geht es Anfang September, wenn alle Schüler an ein- und demselben Datum wieder in die Stätten ihrer Bildung zurückkehren. Dem gehen natürlich die grandes vacances voraus, die "großen Ferien", die zurecht so heißen, weil sie in Frankreich zwei Monate dauern. Anders als bei den kürzeren Ferien gibt es im Sommer keine Staffelung der Schulferien je nach Region. In Frankreich gilt seit Menschengedenken: Juli und August sind Sommerferien, viele Betriebe und Behörden verbinden damit ihre congés annuels, den Jahresurlaub, und machen einfach dicht.
Franzosen verbringen anscheinend ihre Ferien am liebsten gemeinsam im Stau, an überfüllten Stränden und Restaurants. Parisbesuchern bietet sich im August hingegen eine nahezu himmlische Stille, wenn nicht überall die viele Touristen wären. Dass die Stadt wie ausgestorben wirkt, schließt stundenlange Wanderungen auf der Suche nach einer geöffneten Bäckerei ein.
Wie gesagt, Anfang September ist das alles zuende. Dass infolgedessen auch das Jahr häufig als "Saison" gedacht wird, also die rentrée wie ein kleines Sylvester, überrascht viele Deutsche.
In Deutschland gibt's zu diesem Zeitpunkt etwas, das anders ist als in Frankreich, und es ist sogar sichtbar: Die Schultüte. Und weil dieses bewährte und beliebte Einschulungsmöbel in Frankreich unbekannt ist, bietet das digitale Wörterbuch LEO auch mehr eine Erklärung als eine Übersetzung an: cornet offert aux enfants qui rentrent à l'école primaire, rempli de sucreries et de petit matériel scolaire, zu Deutsch: "Eine spitze Tüte, die Kinder geschenkt bekommen, die in die Grundschule eintreten, gefüllt mit Süßigkeiten und kleinerem Schulmaterial." Und offensichtlich, siehe Foto, gibt's in Deutschland die Schultüte auch noch nicht lange für alle Kinder.
(Noch) Schultütenlose Deutsche vom Beginn des 20. Jahrhunderts |
Dies nicht nur als landeskundlicher Beitrag, sondern etwas für die Liste im Rahmen der Diskussion, warum in Deutschland Übersetzungen in der Regel nicht mit dem Wortpreis, sondern entsprechend der Zahl der Anschläge (inklusive Leerzeichen) berechnet werden.
Und ganz rituell schreibe auch ich im Herbst über die rentrée, hier der Eintrag von 2010.
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Altes Foto: Flohmarktfund, leider ist
das Jahr unleserlich
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