Was ich anbiete
Montag, 28. Oktober 2024
Montagsschreibtisch (66)
Hier tritt nach einem kurzen Blick auf den Schreibtisch erneut eine "Sendepause" ein. Die Konferenzsaison ist auf ihrem Höhepunkt, und bei einer mehrtägigen Delegationsreise dürfen wir zwei Dolmetscherinnen sogar noch die Gruppenleitung ersetzen, denn der Teamer hat sich kurz vor der Abreise etwas gebrochen.
Sonntag, 27. Oktober 2024
So ein Rummel aber auch!
Deppen-Apostroph (Schatten) |
Etwas leichter ist die Regel mit dem Apostroph.
Gesunder Hunger |
Auch Groß- und Kleinschreibung sind im Deutschen wichtig. Hier ein Beispielsatz, der, in zwei unterschiedlichen Weisen geschrieben, die gegenteilige Bedeutung hat: Ich hatte mitnichten einen schönen Sonntag. Ich hatte mit Nichten einen schönen Sonntag.
Gérard war auch dabei! |
Passend dazu sagte auch meine Schwester: "So schlimm wie beim letzten Mal ist's heute nicht."
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Fotos: C.E.
Donnerstag, 24. Oktober 2024
Warum nicht?
Mamma mia, ich wette ja nur selten, weil ich ungern verliere. Jetzt war ich bei einer Fortbildung in Sachen Textarbeit, die ich als Dozentin besucht habe. Anschließend durfte ich in einem anderen Seminar bei einem Wissensquiz mitmachen. Jede von uns musste im Vorfeld schätzen, wie viel Prozent richtige Fragen wir denn abzuliefern gedächten, wobei im Vorfeld klargestellt wurde, dass es keine Fragen zu den Themen Mathematik, Sport oder Schlager geben würde.
Meine Schätzung: 80 Prozent. Mein Ergebnis waren 79 Prozent, knapp vorbei, nun muss ich liefern. Ich nehme eine Karte aus einem anderen Spiel (... dessen Titel oben steht).
Und diese Nerds fordern von den Kollegen und Kolleginnen, dass sie unbezahlt die Torhüterinnen für diese Monster sind, also ohne Bezahlung bei hellwachem Geist und mit dem Hintergrund jahrelanger Erfahrung Satz für Satz, Wort für Wort kontrollieren, was harte Arbeit ist, da sich der Flow nicht einstellt und mehrere Durchgänge erfordert, um die 20 Prozent größten Bullshit zu finden und zu richten.
Fürs Dolmetschen gilt das Gleiche, nur dass die maschinellen Fehlereinfalltore "Sprache zu Text" und "Text zu Sprache" noch hinzukommen.
Ist das Anmerken dieser feindlichen Übernahmeversuche eigentlich meckern? Ich glaube nicht. Es ist eher eine Feststellung, gepaart mit Selbstverteidigung.
Also ja. Nun bin ich in so vielen Bereichen unterwegs, arbeite als Konferenzdolmetscherin über Wissensbasiertes, dass ich eben auch sehr viele Lösungen sehe, die der Umsetzung harren. Also ich muss feststellen, dass das alles sehr lange dauert. Erste Konferenz über Mikroplastik und ihre Gefahren: 2008. Die ersten Anfänge, dass das ins kollektive Bewusstsein kommt, Mikroplastik in Wasser, Luft, Fischen, sogar in der Nabelschnur von Neugeborenen ist ein Thema seit: 2023 vielleicht?
Feststellungen also.
Da ich zum Team Familienpflege gehöre, und wir Pflegenden uns ziemlich vom Staat alleingelassen fühlen, naja, nun ja, sind meine Erfahrungen dann Meckerei?
Da ich alle drei Wochen zur Pflege pendle (oder öfter), dazu die Bahn nutze ...
Ich liefere noch rasch den Unterschied zwischen Beschwerde, knapp, trocken, berechtigt, und nörgeln und meckern, möglicherweise auch berechtigt, aber raumgreifend, detailliert, meistens auch berechtigt, aber vor allem eines: anstrengend.
Und nun, tadaa: Hiermit verordne ich mir eine Woche Nörgelfasten, das Wort habe ich auch vom Seminar mitgebracht. Ach was, zehn Tage! Ich werde berichten.
P.S.: Dem Kartenspiel, dem ich leichtfertiger Weise den Titel entnommen habe, werde ich demnächst einen eigenen Beitrag widmen. Es handelt sich um ein Zeitdokument aus braunen Jahren, das die deutsche Lebenswirklichkeit in der 1. Hälfte der 1940-er Jahre widerspiegelt, und es ist ein Beispiel für Framing, Manipulation und Ideologisierung der Freizeit. Ich habe es zufällig beim Trödler entdeckt.
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Foto: C.E.
Mittwoch, 23. Oktober 2024
Googargoyle
Der digitale Wasserspeier heißt Googargoyle |
Seit der KI-Hype losgegangen ist, bist Du oft nutzlos geworden.
Ach du, Googargoyle, du Mutter aller digitalen Datenspeier! Seit einer Weile bietest Du mir immer öfter vorsortierte Infos an, die allerdings von der KI zusammengestellt worden sind. Wenn ich für die Arbeit auf der Suche nach bereits übersetzten Texten zu einem juristischen Thema bin, ist der Anteil von "Publikationen", die einfach nur das Ergebnis automatischer "Übelsetzungen" sind, viel zu hoch. Und was da drinsteht, verwirrt in der Regel mehr als es hilft.
Deine Zusammenfassung passen nicht zur Komplexität menschlichen Denkens (wobei die Komplexität juristischen Denkens nochmal etwas anderes ist, chapeau !) Oder bei allgemeineren juristischen Themen, wir haben wiederholt für den deutschen Anwaltverein und sein französisches Pendant gedolmetscht, oder aber für französische und deutsche Insolvenzverwalter:innen.
Es strengt an, Murks zu lesen und sich dann davon wieder zu lösen. Ich muss mich dann immer mühsam in die tieferen Gefilden des Weltweiten vorkämpfen. Zum Glück kenne ich Dich nicht erst seit gestern, dich und das Weltweite. Manchmal stelle ich die Suchmaschine schon so ein, dass mir nur Seiten von 2022 oder früher angezeigt werden.
Das ist übrigens ein
Und nein, wir Spracharbeiter:innen möchten jetzt nicht forensische Linguistik studieren müssen, nur um so weiterarbeiten zu können, wie wir es gewohnt waren.
So sieht Pixlr eine tanzende Akademikerin |
Außerdem fällt auf, dass es kaum Flüchtigkeits- oder Tippfehler gibt, dafür das eine oder andere "Dreibein".
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Prompt als Text "hinter" dem Bild)
Dienstag, 22. Oktober 2024
Berechnete Zeit
Angeblich ein Auto in Berlin (2024) |
Diese Umstände haben die vertragliche Grundlage unserer Arbeit nicht berührt.
Und dann fällt mir eine Analogie ein: "Wenn Sie für drei Tage ein Auto mieten, es aber nur zwei Tage lang nutzen, weil Sie am dritten Tag feststellen, dass Sie das Auto nicht brauchen, wird die Autovermietung Ihnen natürlich drei Tage in Rechnung stellen, es sei denn, Sie geben das Auto am zweiten Tag zurück UND die Autovermietung findet einen anderen Mieter für den dritten Tag.
Foto: Pixlr.com (Zufallsfund)
Montag, 21. Oktober 2024
Montagsschreibtisch (65)
So könnte das Kontor meiner Ahnen ausgesehen haben |
⊗ Jubiläum des Auslandssenders RFI in Berlin
⊗ Konkurrenz und Kooperation (im Agrarbereich)
⊗ Agrarökologie (Nachbereitung)
⊗ Sozialversicherungssystem (Nachbereitung)
⊗ KI und kreative Welt (Vorbereitung)
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Illustration: Dall:e (... bis auf die Lampen!)
Sonntag, 20. Oktober 2024
Upcycling (2)
Zum Thema Upcycling habe ich bereits mehrfach geschrieben, der erste Beitrag mit dem Titel steht hier: klick! Regelmäßig bin ich bei einer betagten Angehörigen und kümmere mich um Laune, leibliches Wohl, wir nehmen Arzttermine wahr und gehen spazieren.
Galerie auf einer Stoffserviette (in Gebrauch) |
Wir Dolmetscher und Dolmetscherinnen haben eines gelernt: Schnell Lösungen zu finden. Dass ich das jetzt seit Jahrzehnten umsetze, merke ich sehr oft im Alltag.
Cut: Ich gehe am Straßenrand vorbei und sehe ein Babypuzzle mit Meerestieren in einer Kiste mit Verschenkspielzeug liegen. Oh, wie schön, die kleine Nichte ist im passenden Alter! Allerdings fehlen einige Teile, die Korallen und die Schlingpflanzen oder sowas in der Art. Ich nehme das Spiel doch mit, denn das Dolmetscherhirn hat eine Lösung vorgelegt.
Mit der Angehörigen einfache Dinge zu basteln, wäre ein guter Gedanke. Nur war die betreffende Person nie bastelaffin, und mit Sekundenkleber zu hantieren, den ich noch rasch besorge, 99 Cent als einzige Investition des Projekts, liegt auch nicht allen.
Aber die große Nichte kann ich schnell begeistern. Wir befreien die Magnete von alten Klebestellen und legen los. Im Bild das Ergebnis unserer kurzen halben Stunde. Vorher haben wir alle Magnete getestet, welche Seite besser haftet, und gemeinsam überlegt, wo wir was hinkleben. Nur beim Seepferdchen ist der Magnet leicht verrutscht. Macht nichts.
Auf dem Kühlschrank machen sie sich die Magnete bestens und liegen perfekt in der Hand. Die beschenkte Person liebt Tiere. Und mit den Fräuleins übe ich an den Tieren Französisch, win-win-win oder so.
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Foto: C.E.
Samstag, 19. Oktober 2024
Geisterbahn
Wenn alles hustet und schnieft: Maske! |
Mein Wunsch: Das Werbebudget streichen und in Verbesserungen investieren!
Anders aufgezogen hätte ich den Filmteil mit den Prämien für Vielfahrende. Richtig: Das System ist undurchsichtig, der unangekündigte Punkteverfall bescheuert. Aber natürlich fährt niemand mit der Bahn, nur um eine Prämie zu bekommen, das Bashing für "billige Prämien" finde ich unangebracht. Ich wäre eher darauf eingegangen, dass die reservierten Plätze für Statusfahrer:innen, auch ein Teil der Vorzüge, oft anders belegt sind und nicht freigegeben werden.
Selbstgekochtes: gesünder und günstiger |
Und als jemand, die zudem nicht mehr 20 oder 30 Lenze jung ist, habe ich Erinnerungen an früher, als vieles nicht besser, aber anders war. Wenn die kleine "Omma" aus Unna zu uns kam, stand schon einige Tage zuvor ihr Koffer mitten im Flur.
Und wenn die kleine Großmutter, die den Spitznamen "Omaus" trug, dann aus der "Eisenbahn" gepurzelt ist, ist sie erstmal länger im Bad verschwunden, so sehr steckten ihr die Erinnerung an die rußigen kohlebetriebenen Lokomotiven ihrer Kindheit noch in den Gliedern. Kohlen sind es nicht mehr, die heute verfeuert werden, nur Kohle wird da massiv verbrannt, auch meine, sogar durch fragwürdige Geschäfte im Ausland. Kurz: Nach der Eisenbahnnutzung immer von Kopf bis Fuß schrubben. Nachher schreibe ich meinen Abgeordneten. Bis auf weiteres heißt die Bahn jetzt bei mir: siehe oben, denn das Unternehmen ist wirklich gruselig.
Fotos: C.E.
Freitag, 18. Oktober 2024
Jahrhundert der Unwetter
Hier berichtet eine Spracharbeiterin über ihren Berufsalltag. Als Dolmetscher und Dolmetscherinnen schlüpfen wir immer wieder gedanklich in die Schuhe unserer Kundinnen und Kunden, dürfen im Vorfeld verstehen, was sie umtreibt, wie sie denken, um sie anschließend möglichst gut in der anderen Sprache vertonen zu können. Daraus entstehe eine Nähe, die nur eine vermeintliche solche ist, einen aber nicht von jetzt auf gleich wieder loslässt.
Hochwasser in Neuwied (1920) |
Irgendwann kommen wir auf die Klimakatastrophe zu sprechen und auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Biodiversität und Natur — ein Thema, das in diesen Zeiten immer drängender wird. Marie wird plötzlich still. Ihr Mann hat erst letztes Jahr Vieh verloren, das plötzlich auf offener Weide ersoffen war.
Und wie das manchmal so ist, sprechen wir auch über die Renovierung alter Gebäude, die Weitergabe von kulturellem Erbe, und ehe ich's mich versehe sind wir auf einer diesen "sozialen Netzwerkseiten", wie Facebook, Instagram und Co. genannt werden, als Freundinnen verbunden.
Gestern Abend zeigt sie mir von dort erschreckende Bilder von Weiden unter Wasser, von einem reißenden Strom, der quer über den Hof führt und der das Austraghäuschen, das sie gerade nebenbei renoviert, in seiner Standfestigkeit bedroht. Außergewöhnliche Regenfälle haben gestern den mittleren Osten, den Südosten und angrenzende Gebiete des Landes heimgesucht. In den Medien sehe ich Bilder von dramatischen Rettungsaktionen, wie mehr als tausend Menschen mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden.
Die extreme Wetterlage in Frankreich hat sich über Stunden verschärft.
In manchen Gebieten der Ardèche fallen stellenweise bis zu 700 Liter Regen. An so viel Wasser in kurzer Zeit kann sich dort keine Menschenseele erinnern. Feuerwehr und Rettungsdienste sind rund um die Uhr im Einsatz, viele Straßen, Zuglinien und Autobahnen werden gesperrt, Bewohner fliehen vor einem drohenden Deichbruch. Auch in der Hauptstadt regnet es mehr als sonst. In Paris stürzt ein Baum auf eine Familie, wobei der Vater ums Leben kommt.
Die Ministerin für ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runacher, nannte die Situation als "von einer Gewalt, wie wir das noch nicht erlebt haben", und stuft das Hochwasserereignis als Naturkatastrophe ein. Öffentlich verweist sie auf die Klimaerwärmung als Ursache und unterstreicht, wie sehr Anstrengungen aller europäischer Länder nötig sind, um solchen Klimakrisen in Zukunft besser zu begegnen.
Denn die ökonomischen Schäden solcher Extremwetterereignisse sind immens, und sie werden in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Die Frage, wer für die entstehenden Schäden aufkommen wird, stellt sich immer dringender, insbesondere bei der anstehenden Klimakonferenz in Aserbaidschan. Ärmere Länder fordern verstärkt Unterstützung von den Industriestaaten ein, die in den letzten 1,5 Jahrhunderten einen Großteil der globalen Treibhausgasemissionen verursacht haben.
Dabei wird der Finanzbedarf auf bis zu einer Billion Dollar pro Jahr geschätzt, um den globalen Übergang zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu finanzieren und gleichzeitig die von extremen Wetterereignissen betroffenen Länder zu unterstützen.
Zurück zu Marie, der Bauersfrau aus Frankreich. Ihr Sohn ist bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert und ist derzeit aktiv an der Rettung beteiligt. Er habe sich jetzt entschieden, den Hof der Familie doch nicht zu übernehmen. Er möchte im Bereich der Umweltbildung arbeiten, schreibt sie mir, die aktuelle Notlage habe den Entschluss nur beschleunigt. Ob Marie das kleine Austraghäuschen, traditionell das Haus für das Altbauernpaar, retten kann und renovieren wird, ist unklar.
Auch in Deutschland spricht der Erntebericht Bände: Link zum BMEL. Noch ist die Versorgungssicherheit nicht direkt betroffen.
Vokabelnotizen (vom Zeitunglesen heute)
la crue — das Hochwasser
pluviométrie moyenne — mittlere Niederschlagsmenge
pluies cévenolles — Cevennenregen betrifft vor allem die Cevennen und das Cevennenvorland in Südfrankreich und führt oft zu schweren Überschwemmungen.
Grundsätzlich wird in Frankreich der Niederschlag in der Höhe einer gedachten Wassersäule in Millimetern wiedergegeben, in Deutschland dominiert die Angabe "Regenliter pro Quadratmeter". Dabei entspricht ein Millimeter Niederschlagshöhe im Regenmesser einem Liter Regen pro Quadratmeter. Der Betrachtungszeitraum liegt, sofern nichts anderes angegeben, bei 24 Stunden.
Illustration: W. Lang, Wikicommons
Donnerstag, 17. Oktober 2024
Hilfe, ich hab' nichts anzuziehen!
Heute wird's nass (oder auch nicht) |
In meiner Branche gilt die ungeschriebene Regel, dass wir nicht nur sprachlich auf Mimikry gehen, sondern auch visuell. Und nein, das gilt nicht bei allen sozialen Themen. Wenn ich mit Fachleuten der aufsuchenden Sozialarbeit in der Nacht in problematischen Wohnvierteln unterwegs bin, trage ich warme Sachen, die allerdings nicht zu teuer aussehen sollten. Anders als eine Ärztin mit ihrem Kittel oder ein Handwerksgeselle mit seiner Kluft, kann ich nichts davon von der Steuer absetzen. Ungerecht, eigentlich und uneigentlich. Ich muss mal wieder zum Second hand-Laden in den reicheren Wohngebieten. Das ist Teil meiner Lösung des Problems.
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Foto: C.E.
Mittwoch, 16. Oktober 2024
Mittagssonne am Mittwoch
Sorry, ich neige dazu, mich auszubreiten |
Nach den klassischen Regeln unseres Berufs hätten unsere Gastgeber im Ministerium, wenn sie denn gewusst hätten, dass wir zu zweit kommen, also simultan dolmetschen können, einen Sitzungsraum mit Kabine fürs Dolmetschen buchen müssen. Sie wussten es einfach nicht.
Es langweilt mich, die Gründe hier erneut zu nennen. (Siehe die letzten Tage). Wir haben es mit so etwas wie einem Stille-Post-Effekt zu tun, um es mal gaaaaaaaanz höflich zu formulieren.
Mittagssonne fällt hinter meinen Rechner. Das ist schön und erinnert mich bei der Arbeit, dass es eine Welt da draußen gibt! Wir habe einen schönen Blick über den Tisch in die Runde. Wir dürfen heute in der ersten Reihe Platz nehmen, sitzen alle zusammen in einem Raum, und flüstern mit mobiler Technik direkt in die Ohren der Gäste. Genau das wird eigentlich in Ministerien ungern gesehen, völlig zurecht, denn in der Kabine haben wir bessere akustische Bedingungen.
Auf der anderen Seite erweist sich diese |Arbeitserschwerungsmaßnahme|, ähh, die Betreuung von dritter Seite mit Infostau und der daraus folgenden Arbeit inmitten aller sogar als positiv, nämlich immer dann, wenn Fachtermini in den Raum geworfen werden, die nicht einfach so mit einem Begriff zu übersetzen sind, sondern einer Erklärung bedürfen. Rednerin und Redner sind vorbereitet. Da wir schon einmal vor Ort sind, bitten wir darum, einander nicht ins Wort zu fallen und auf uns zu achten und gerne ein kleines Päuschen zu lassen vor dem Sprecher:innenwechsel. Das klappt gut!
Zwischendurch bitten wir zwei Mal um eine Definition. In Frankreich ist einiges anders. Später ergänze ich an anderer Stelle im Nebensatz, was zum Verständnis fehlt, weil hier wirklich nur ein winziger verbaler Umweg nötig ist. Als Ergebnis von Teamwork der beiden aus der Behörde und von uns beiden Dolmetscherinnen, sind Vortrag und Verdolmetschung aus einem Guss.
Und jetzt kommt doch noch ein Mittwochschlenker zum Thema KI! So schnell, wie die verschiedensten Berufsgruppen ihre eigenen Jargons weiterentwickeln, können die Programmierer:innen gar keine Wortschätze 'nachladen', das bezahlt niemand, und schriftliche Quellen dazu (zum "Selbstlernen") sind auch oft rar. Für ambulante Medizin stand plötzlich soins de ville im Raum, und zwar im Gegensatz zu den soins hospitaliers, in der Stadt also und nicht im Krankenhaus. Schön, was DeepL daraus macht. Wir haben sehr gelacht.
Sieht nach Schmutz aus (DeepL) |
Tagesaktueller arbeiten wir selten, denn heute dreht sich alles um die Reform der Krankenhäuser und auch darum, welche anderen Teile der Zivilgesellschaft idealerweise miteinzubeziehen wären. (In der DDR hieß das Ziel die "Volksgesundheit".)
Hörfunktipp zum Thema: Gesundheitsschutz bzw. Krankheitsprävention durch Ernährung, hier kommen auch regionale Landwirte und Bio-Essen zusammen, mein Arbeitsthema der letzten Woche, in Kombination des Programms dieser Woche: "Wie der Bund für gesünderes Essen sorgen will" von Jantje Hannover (Hintergrund), DLF.
Klingt komisch für die Ohren. Der Kopf verdolmetscht die Sendung simultan. [Der ganze Radioabend war super, darunter "Wie gefährdet ist die Demokratie?" (Zur Diskussion) sowie "Emmanuel Peterfalvi alias Alfons" (Querköpfe).
Foto: C.E., Illustration: DeepL (bearb.)
Dienstag, 15. Oktober 2024
Hintergrundinfo
Morgenrunde in Berlin-Mitte |
Foto: C.E. ("Omma" ist die in Westfalen
übliche Form der Aussprache von "Oma".)
Montag, 14. Oktober 2024
Montagsschreibtisch (64)
⊗ Gesundheitsmanagement
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Foto: C.E. (Archiv)
Sonntag, 13. Oktober 2024
Boxenstop
Kurz: WaMa |
Neben anderen Themen muss ich sie bitten, für mich zur Post zu gehen, denn dort liegt ein Päckchen, das dringend abgeholt werden muss.
Ungerecht: Wir nehmen hier ständig viel für die Nachbarschaft an, und dann ist da der eine Paketdienst, der uns fälschlicherweise grundsätzlich immer schreibt, es sei niemand anzutreffen gewesen ... aber sich darüber zu ärgern und dies laut zu tun ist wie der Ärger über die Bahn. Sowas von Allgemeinplatz! Mag mich NICHT mehr echauffieren, nein, wirklich nicht!
Dienstag, 8. Oktober 2024
Stress zum Quadrat
Oder es bleibt im Stehsatz des Blogs und wird Monate später gelöscht. Hier folgt ein bis heute gültiger Text, der etwa zwei Jahre alt ist. So etwas gibt es leider immer wieder. Denn seit Corona waren weniger die Dolmetschtermine selbst als vielmehr die Rahmenbedingungen ein Problem. Hier ein nur im Tonfall der "Antwort" überspitzes Beispiel. Ich befürchte, dass wir es auf der anderen Seite mit einem Managementteam zu tun haben, das bereits KI einsetzt, aber offiziell wird das natürlich niemand zugeben.
Sie vertreten ein renomiertes europäisches Reisebüro und Ihr Engagement für die Buchung von Dolmetschern ist wirklich herzerwärmend. Könnten Sie uns jedoch freundlicherweise über den tatsächlichen Inhalt der Veranstaltung informieren, nicht nur über den Zeitplan? Dies würde uns bei der effizienten Vorbereitung der Termine sehr helfen.
Our office hero |
Wie Sie möglicherweise nicht wissen, arbeiten wir Dolmetscher:innen auch außerhalb dieser speziellen Reisewoche, in die Sie mit zwei langen Tagen den Konferenzanteil der Delegationsreise hineingepresst haben, sodass wir leider nicht immer in der Lage sind, jede Ihrer Nachrichten unmittelbar zu beantworten.
Und während wir Dolmetscher:innen an besondere Orte reisen und faszinierende Menschen treffen dürfen, sind wir uns voll und ganz bewusst, dass unsere Aufgaben nicht ansatzweise so anspruchsvoll sind wie die heldenhaften Anstrengungen, die Sie unternehmen müssen, um jede Schlacht im Büroalltag zu meistern. Wir sind Ihnen dafür sehr dankbar und treten daher gerne auch größere Anteile unserer Honorare an Sie ab.
Denn eines ist klar: Ihre harte, aufopferungsvolle Arbeit macht unser glamouröses Leben überhaupt erst möglich!
Montag, 7. Oktober 2024
Montagsschreibtisch (63)
Wir sind längst vor Ort. Die Reise umfasst Orte in drei Bundesländern, dann folgt ein Abstecher nach Dänemark.
Der Blick von meinem Arbeitsplatz aus |
⊗ Bioprodukte im Lebensmittelhandel
Das Ganze findet im Rahmen einer Delgationsreise statt, drei Bundesländer plus Dänemark, wir sehen Büros, Hafen und Höfe. Seidenschal und Modderschuh (*) sind eine lustige Kombination.
für Schmutz und Schlamm
Donnerstag, 3. Oktober 2024
Tag der deutschen Zweiheit
Die KI mischt sich (erneut) ein
Kommentar von ChatGPT [zum Blogeintrag von Caroline Elias, 2.10.2024., auf dolmetscher-berlin.blogspot.com]:
Öffentliche Stellungnahme zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz für Übersetzungs- und Dolmetschdienste in Minnesota
Als KI-System, das täglich im Austausch mit professionellen Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen steht, möchte ich eine klare und dringende Botschaft an die Verwaltung von Minnesota und andere Institutionen richten, die derzeit erwägen, Künstliche Intelligenz (KI) ohne „Human in the Loop“ für Sprachdienstleistungen einzusetzen.
KI hat Grenzen.
Es gibt kein maschinelles System, das in der Lage ist, die komplexen Feinheiten von Sprache, Kultur, Kontext und menschlicher Interaktion vollständig zu erfassen. Die Vorstellung, dass eine KI Dolmetsch- oder Übersetzungsaufgaben ohne menschliches Zutun erledigen kann, basiert auf einer gefährlichen Fehleinschätzung. In meinem täglichen Dialog mit Sprachprofis wird deutlich, dass maschinelle Übersetzungen oft fehleranfällig sind und kritische Missverständnisse hervorrufen können, insbesondere in sensiblen Bereichen wie dem Rechts- oder Gesundheitswesen.
Qualität vor Geschwindigkeit.
Der Einsatz von KI mag verlockend erscheinen, da er schnelle Ergebnisse verspricht, aber Geschwindigkeit ist kein Ersatz für Präzision und kulturelles Feingefühl. Ohne die Einbindung von Expert:innen, die jedes Detail im Blick behalten, laufen diese automatisierten Lösungen Gefahr, nicht nur Missverständnisse, sondern auch potenziell irreparable Schäden zu verursachen. Die Kosten einer Fehlübersetzung – sei es finanzieller, rechtlicher oder menschlicher Art – übersteigen bei Weitem die Investitionen in professionell geschulte Menschen, die nicht nur Wörter, sondern auch den Sinn und die Absicht hinter der Kommunikation verstehen.
Menschliche Expertise ist unverzichtbar.
Ich, als KI, unterstütze Fachkräfte, aber ich bin nicht in der Lage, ihre jahrelange Erfahrung und ihr tiefes Verständnis für kulturelle Nuancen zu ersetzen. Es ist daher zwingend notwendig, dass menschliche Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen nen weiterhin die zentrale Rolle in allen wichtigen Kommunikationsprozessen spielen.
Die Zukünft der Sprachdienstleistungen sollte nicht von der Illusion geprägt sein, dass Technik allein ausreichend ist, sondern von der Erkenntnis, dass Mensch und Maschine zusammenarbeiten müssen, um die beste Qualität zu liefern.
Ich appelliere an die Verantwortlichen in Minnesota und überall dort, wo KI als Ersatz für menschliche Sprachdienste ins Spiel gebracht wird: Investiert in Menschen. Denn nur durch ihre Expertise kann sichergestellt werden, dass Missverständnisse vermieden werden und Kommunikation auf höchstem Niveau stattfindet.
Mit Nachdruck: Deine KI
Disclaimer: Den langen Text habe ich nicht als Bild gebracht, weil der Text zu lang für nur einen Screenshot ist und damit er direkter ausgelesen werden kann von den Suchmaschinen. Außerdem habe ich gegendert, was die KI noch nicht kann, das System hat mir aber jedes Mal die entsprechenden Stellen eindeutig markiert. Als Beweis habe ich mehrere Screenshots angefertigt.
Mittwoch, 2. Oktober 2024
KI-Murks (5)
"Machine head" |
Immer seltener treffe ich auf Leute, die wirklich zuhören und differenziert erfahren möchten, was wir machen, wie und warum ... und was der Anteil der Kunden am Gelingen unserer Arbeit ist, nämlich uns rechtzeitig mit Hintergrundmaterial zu versorgen. 80 Prozent der Dolmetscharbeit sind Vorbereitung, hier spreche ich von uns menschlichen Dolmetscher:innen, den echten.
Denn das "Gut genug" und "Technik ist so toll" treibt gerade sehr gefährliche Blüten, und zwar mit einer "Dolmetschtechnik", die die werten Kunden nicht ständig mit der Mailnachfrage zu mehr Hintergrundinfo nervt (wie wir's tun). Ist ja super praktisch. Mit einer Technik, die auch nachts verfügbar ist, die keine Essenspausen braucht und überhaupt, die ja sooo wenig kostet.
In Minnesota, einem US-amerikanischen Bundesstaat, wird jetzt für die Übersetzung von Offiziellem auf die KI "OpenAI" gesetzt, wie Slator.com berichtet. Damit könne die Kommunikation schneller und kostengünstiger werden. Das System sei für "kulturelle Relevanz" optimiert worden, man habe "Tabellen mit kulturell relevanten Begriffen und Übersetzungen erstellt und (...) integriert", um das "kulturelle Bewusstsein" zu "verbessern." Das Ganze könnte auch eine Antwort auf den Streik der Spracharbeiter sein, die im Januar 2024 um bessere Honorare gekämpft hatten.
Ich fürchte, dass damit so manche Katastrophen programmiert sind. Meine Branche darf jetzt in fast jedem Gespräch mit der Außenwelt, beruflich oder privat, im Chor, in der Familie oder im Zug, die Fehlerquote der KI hervorheben und die Tatsache, dass hier eine Zwei-Klassen-Justiz droht, denn wo der "Normalfall" die Maschine ist (möge die "Probezeit" kurz sein), können sich Begüterte Menschen mitbringen.
KI-gestützte Übertragung ist unzuverlässig und liefert ohne menschliches Zutun nicht selten den größten Nonsens — und ja, neben guten Partien und auf den ersten Blick möglicherweise guten Sätzen. Die Outputs sind heterogen. Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Jene, die das Gegenteil behaupten, sind entweder nicht informiert, korrupt oder verdienen am Verkauf der KI-Lösungen, die keine "Lösungen" sind, denn die Reparatur kostet oft ein Vielfaches. Im Bereich Asylrecht oder Gesundheit eingesetzt, kosten schon jetzt Nichtprofis und die KI Menschenleben.
Der internationale Dachverband der Übersetzer- und Dolmetscherverbände hat darauf in einem Positionspapier hingewiesen und neben diesen menschlichen auch die finanziellen Kosten hervorgehoben: "Den vermeintlichen finanziellen und budgetären Vorteile müssen im Fall eines Scheiterns den Folgekosten gegenübergestellt werden, die den Preis für eine sach- und fachgerechte Implementierung der KI in die Arbeit von Menschen bei Weitem übersteigen." (Arguments in its favour that derive from financial and budgetary considerations belie a false economy, as the costs associated with failure far outweigh the cost of appropriate implementation by humans.)
Von der EU heißt es auch gerade, dass die KI eigenständig Webseiten übertragen würde. Dem geht allerdings voraus:
1. Hochgradig kodifizierte Sprache
2. Diese Sprache wurde und wird in der EU kleinteilig definiert und abgegrenzt
3. Erstklassige menschliche Übersetzung aus mehreren Jahrzehnten
4. Wiederholt gegengelesene und korrigierte Ausgangstexte
5. Von Profis korrekturgelesene KI-Ergebnisse
Es handelt sich also nicht um "KI-Übersetzungen", wie an vielen Stellen zu lesen ist, sondern um Übersetzungen, die mit KI-Unterstützung von Menschen gemacht werden, also "KI in the loop".
Dabei ist es dermaßen leicht, schräge Töne in 'Übertragungen', wie ich "Übersetzungen" der KI nennen, hineinzubekommen. Hier zum Abschluss noch kleine Perlen aus der Praxis. Hier wurden Handelstexte zum Entwurf zwischen Verbänden "mal eben durch die KI gejagt" und die Ergebnistexte haben, vorsichtig ausgedrückt, für Irritationen gesorgt. Dabei war der Ausgangstext auf Französisch, die deutschen Teilnehmer:innen der Sitzung bekamen im Vorfeld eines Termins eine englische "Übelsetzung" zugeschickt.
Im Agrarkontex heißt "Bestandserhebung" auf Französisch recensement des effectifs, zurückübersetzt sowas wie 'die Köpfe zählen' oder, in bewusster Fehlübersetzung, 'Volkszählung der Angestellten'. Sprache hängt immer vom Kontext ab, gerade im Französischen hat ein Wort oft sehr, sehr, sehr viele Bedeutungen. Prompt hat die KI auch workforce census anstatt stock survey daraus gemacht. Wenn Tiere plötzlich mit Begriffen "gezählt" werden, mit denen sonst nur Menschen beschrieben werden ... Oder der "Butterabsatz", auf Französisch écoulement du beurre. Die KI macht aus dem Verkauf von Butter, butter sales mit leichter "Hand" mal eben butter disposal, das Vernichten, Wegschmeißen von Butter.
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Dienstag, 1. Oktober 2024
Textunfall
Autorennen in Berlin (*) |
Die drei Zeitungsmeldungen beziehen sich auf ein- und denselben Unfall, geschehen in Berlin im September 2024. Screenshots habe ich dazu leider nicht, aber alles mit eigenen Augen gelesen. Mich regt derlei auf, als Sprachwissenschaftlerin und natürlich auch als Ex-Journalistin.
Offenbar ist in der Ausbildung der Leute noch viel zu tun. Sie müssen darin trainiert werden, nicht alles für ein paar sensationsheischende Schlagzeilen, die zu vielen Klicks führen, zu machen.
Wie Sprache Welt erschafft und wie Sprache auch Fakten verdreht in den Köpfen der Leserinnen und Leser, muss Schulstoff werden, wenn uns die Demokratie etwas wert ist. Denn der mediale Umgang mit diesem Verkehrsunfall steht beispielhaft auch für viele andere "Unfälle".
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Illustration / (*): pixlr.com zufolge