Samstag, 8. November 2014

25

Bonjour, guten Tag! Hier schreibt eine Dol­met­scher­in und Über­setzerin für die fran­zösische Sprache. Themen, die mit deutscher Geschichte zu tun haben, be­ar­bei­te ich meistens gerne. Das hat seine Gründe.

September vor 25 Jahren war ich mit meinem Vater zu Besuch in Berlin, wir mach­ten einen langen Spaziergang die Mauer entlang. Er erzählte mir von seinem Ber­liner Leben, das Jahrzehnte zurücklag, er hatte den Mauerbau in Berlin erlebt; ich war damals erfüllt von meinen Anfängen im Hörfunk. Als blutjunge Studentin hatte ich das Glück gehabt, ein Praktikum beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu er­gat­tern und anschließend frei weiterarbeiten zu dürfen. So pendelte ich in diesem Jahr 1989 viel vom Studienort Paris zum Sender Freies Berlin.

Die Westberliner sahen die Mauer damals kaum noch; sie schien sie auch nur wenig oder gar nicht zu bedrücken. Für das Gros der Westdeutschen gehörte die DDR längst nicht mehr zu Deutschland, und das nach dem Mauerfall schnell aufgelöste "Bun­des­mi­nis­te­ri­um für innerdeutsche Beziehungen" war weit von den ost­deut­schen Realitäten ent­fernt.

Zwei Filme habe ich damals belichtet. Einer ging verloren, weil das Fo­to­fach­ge­schäft, das den zweiten Film zur Entwicklung angenommen hatte, nach dem 9. November geschlossen war. Der andere zeigt nur Mauerabschnitte auf unserem Weg durch Kreuzberg und fremde Menschen auf einem Hochstand. Meinen Vater habe ich nicht portraitiert, und er auch mich nicht.


Ohne die Verquickung meiner Familie mit der deutschen Teilung und wenn ich nicht in der Nacht des Mauerfalls in Berlin gewesen wäre, würde ich heu­te in Frankreich oder Spanien leben. Mit meiner gesamtdeutschen Identität war ich im alten Westdeutschland immer ein wenig fremd, was mir das Auswandern nach Frankreich und das Ankommen in Paris erleichtert hatte. Heute wundere ich mich manchmal, wieviel Ignoranz mich in Deutschland fortgesetzt umgibt. (Wenn die aus dem Ausland kommt, tut es zwar weh, ist aber weniger überraschend.) 


Hier (fast) die gleiche Stelle, aber 25 Jahre später: klick.
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Foto: C.E. (Archiv)

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