Samstag, 19. Oktober 2024

Geisterbahn

Hel­lo, gu­ten Tag oder bon­jour auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. In die­sem di­gi­ta­len Ta­ge­buch kön­nen Sie an ei­ni­gen Ta­gen in der Wo­che er­fah­ren, wie wir Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer und Dol­met­scher ar­bei­ten. Heu­te: Link der Wo­che.

Ärger­nis Bahn, ei­gent­lich woll­te ich nicht mehr viel dar­über schrei­ben, muss es heu­te aber auf­grund ei­ner ZDF-Re­por­ta­ge (aus dem März!), die mich lei­der kaum über­rascht hat: Deut­sche Bahn: Die In­sider — Tricks hin­ter den Ku­lis­sen.

Maske und Frau, im Hintergrund die Rückenlehne mit dem Kopfteil der Bahn. In der Grippesaison ist es sinnvoll, mit Maske zu reisen.
Wenn al­les hus­tet und schnieft: Mas­ke!
Als pfle­gen­de An­ge­hö­ri­ge im long dis­tance care bin ich auf sie an­ge­wie­sen. Der Film von Mar­vin Mohr wid­met sich vie­len The­men, da­run­ter kri­ti­siert er den Abo­fal­len­trick (mei­ne Lö­sung: kurz nach der Bu­chung schon wie­der zum En­de der Lauf­zeit kün­di­gen, da den­ke ich noch dran), be­rich­tet dann, dass Teil­stre­cken güns­ti­ger sind als die ver­gleich­ba­re Lang­stre­cke (das ist auch mir neu), be­schreibt frag­wür­di­ge In­vest­ments der Bahn im Aus­land und das Green­wa­shing dieses grund­sätz­lich um­welt­freund­li­che­n Ver­kehrs­sys­tems. So grün, wie sie ak­tu­ell vor­gibt zu sein, ist die in­des Bahn nicht.
 
Mein Wunsch: Das Wer­be­bud­get strei­chen und in Ver­bes­se­run­gen in­ves­tie­ren! 

Auch das The­ma Hy­gie­ne be­han­delt der Film. Den Spei­se­wa­gen wer­de ich nun mei­den, mehr da­zu in der Re­por­ta­ge. Auch die Sa­che mit den Rück­leh­nen­kis­sen und dem Ober­flä­chen­put­zen in den Zü­gen ist ek­lig. Wer jetzt schnell ist mit Markt­idee und -um­set­zung, bie­tet bald maß­ge­schnei­der­te Hus­sen zum Drü­ber­stül­pen an, de­ren Stoff dicht ge­nug ist und heiß ge­nug ge­wa­schen wer­den kann, er­gänzt durch ein Ex­tra­täsch­chen, um Kon­ta­mi­na­tio­nen zu ver­mei­den.

An­ders auf­ge­zo­gen hät­te ich den Film­teil mit den Prä­mi­en für Viel­fah­ren­de. Rich­tig: Das Sys­tem ist un­durch­sich­tig, der un­an­ge­kün­dig­te Punk­te­ver­fall be­scheu­ert. Aber na­tür­lich fährt nie­mand mit der Bahn, nur um eine Prä­mie zu be­kom­men, das Ba­shing für "bil­li­ge Prä­mi­en" fin­de ich un­an­ge­bracht. Ich wä­re eher dar­auf ein­ge­gan­gen, dass die re­ser­vier­ten Plät­ze für Sta­tus­fah­rer:in­nen, auch ein Teil der Vor­zü­ge, oft an­ders be­legt sind und nicht frei­ge­ge­ben wer­den.

Bento-Box mit eigenem Essen, Stoffserviette und Gabel
Selbstgekochtes: gesünder und günstiger
Au­ßer­dem wä­re es bes­ser, die­se in den Ru­he­be­reich zu ver­le­gen, denn wir Viel­rei­sen­den sind meist zu bes­ter Bü­ro­zeit un­ter­wegs und ar­bei­ten. Dass die Bahn­mit­ar­bei­ter sich zu ver­war­nen wei­gern, wenn Viel­la­be­rer im Ru­he­be­reich kei­ne Rück­sicht neh­men möch­ten, ist wie wa­cke­li­ges In­ter­net und aus­ge­lei­er­te Steck­do­sen noch ein wei­te­res gro­ßes Bahn­är­ger­nis für Men­schen wie mich, die ich zwi­schen 1500 und 3000 Ki­lo­me­ter mo­nat­lich mit der Bahn fah­ren muss.
Und als je­mand, die zu­dem nicht mehr 20 oder 30 Len­ze jung ist, ha­be ich Er­in­ne­run­gen an frü­her, als vie­les nicht bes­ser, aber an­ders war. Wenn die klei­ne "Om­ma" aus Un­na zu uns kam, stand schon ei­ni­ge Ta­ge zu­vor ihr Kof­fer mit­ten im Flur. 

Den hat­te die Bahn vor­ab mit der Bahn trans­por­tiert (und nicht mit ei­nem LKW wie heu­te, was das CO2-Er­geb­nis wei­ter ver­schlech­tert); ich glau­be, dass Ge­päck­auf­ga­be da­mals auch nicht teu­er war.

Und wenn die klei­ne Groß­mut­ter, die den Spitz­na­men "Omaus" trug, dann aus der "Ei­sen­bahn" ge­pur­zelt ist, ist sie erst­mal län­ger im Bad ver­schwun­den, so sehr steck­ten ihr die Er­in­ne­rung an die ru­ßi­gen koh­le­be­trie­be­nen Lo­ko­mo­ti­ven ih­rer Kind­heit noch in den Glie­dern. Koh­len sind es nicht mehr, die heu­te ver­feu­ert wer­den, nur Koh­le wird da mas­siv ver­brannt, auch mei­ne, so­gar durch frag­wür­di­ge Ge­schäf­te im Aus­land. Kurz: Nach der Ei­sen­bahn­nut­zung im­mer von Kopf bis Fuß schrub­ben. Nach­her schrei­be ich mei­nen Ab­ge­ord­ne­ten. Bis auf wei­te­res heißt die Bahn jetzt bei mir: siehe oben, denn das Un­ter­neh­men ist wirk­lich gru­se­lig.

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Fotos: C.E.

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