Hier berichtet eine Spracharbeiterin über ihren Berufsalltag. Als Dolmetscher und Dolmetscherinnen schlüpfen wir immer wieder gedanklich in die Schuhe unserer Kundinnen und Kunden, dürfen im Vorfeld verstehen, was sie umtreibt, wie sie denken, um sie anschließend möglichst gut in der anderen Sprache vertonen zu können. Daraus entstehe eine Nähe, die nur eine vermeintliche solche ist, einen aber nicht von jetzt auf gleich wieder loslässt.
Hochwasser in Neuwied (1920) |
dolmetschen, eine sportliche, elegante Mittfünfzigerin mit Pfeffer-und-Salz-Kurzhaarfrisur. Stolz hat sie mir beim Mittagessen auf dem Handy die Fotos von zwei fast erwachsenen Kindern, ihrem Mann und der struppigen Dogge gezeigt. Der Sohn bereite sich gerade darauf vor, vom Vater den Hof zu übernehmen, auf dem schon Großvater und Urgroßvater tätig waren, erzählt sie stolz.
Marie kam mit einer Handelsdelegation aus Frankreich nach Berlin, es ging um ein ganz anderes Thema als Landwirtschaft, denn sie fängt mit ihrer Festanstellung in der Regionalverwaltung bereits die Aufs und Abs des Familieneinkommens ab. Sie hilft nur gelegentlich im Hof aus.
Irgendwann kommen wir auf die Klimakatastrophe zu sprechen und auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Biodiversität und Natur — ein Thema, das in diesen Zeiten immer drängender wird. Marie wird plötzlich still. Ihr Mann hat erst letztes Jahr Vieh verloren, das plötzlich auf offener Weide ersoffen war.
Und wie das manchmal so ist, sprechen wir auch über die Renovierung alter Gebäude, die Weitergabe von kulturellem Erbe, und ehe ich's mich versehe sind wir auf einer diesen "sozialen Netzwerkseiten", wie Facebook, Instagram und Co. genannt werden, als Freundinnen verbunden.
Gestern Abend zeigt sie mir von dort erschreckende Bilder von Weiden unter Wasser, von einem reißenden Strom, der quer über den Hof führt und der das Austraghäuschen, das sie gerade nebenbei renoviert, in seiner Standfestigkeit bedroht. Außergewöhnliche Regenfälle haben gestern den mittleren Osten, den Südosten und angrenzende Gebiete des Landes heimgesucht. In den Medien sehe ich Bilder von dramatischen Rettungsaktionen, wie mehr als tausend Menschen mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden.
Die extreme Wetterlage in Frankreich hat sich über Stunden verschärft.
In manchen Gebieten der Ardèche fallen stellenweise bis zu 700 Liter Regen. An so viel Wasser in kurzer Zeit kann sich dort keine Menschenseele erinnern. Feuerwehr und Rettungsdienste sind rund um die Uhr im Einsatz, viele Straßen, Zuglinien und Autobahnen werden gesperrt, Bewohner fliehen vor einem drohenden Deichbruch. Auch in der Hauptstadt regnet es mehr als sonst. In Paris stürzt ein Baum auf eine Familie, wobei der Vater ums Leben kommt.
Die Ministerin für ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runacher, nannte die Situation als "von einer Gewalt, wie wir das noch nicht erlebt haben", und stuft das Hochwasserereignis als Naturkatastrophe ein. Öffentlich verweist sie auf die Klimaerwärmung als Ursache und unterstreicht, wie sehr Anstrengungen aller europäischer Länder nötig sind, um solchen Klimakrisen in Zukunft besser zu begegnen.
Denn die ökonomischen Schäden solcher Extremwetterereignisse sind immens, und sie werden in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Die Frage, wer für die entstehenden Schäden aufkommen wird, stellt sich immer dringender, insbesondere bei der anstehenden Klimakonferenz in Aserbaidschan. Ärmere Länder fordern verstärkt Unterstützung von den Industriestaaten ein, die in den letzten 1,5 Jahrhunderten einen Großteil der globalen Treibhausgasemissionen verursacht haben.
Dabei wird der Finanzbedarf auf bis zu einer Billion Dollar pro Jahr geschätzt, um den globalen Übergang zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu finanzieren und gleichzeitig die von extremen Wetterereignissen betroffenen Länder zu unterstützen.
Zurück zu Marie, der Bauersfrau aus Frankreich. Ihr Sohn ist bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert und ist derzeit aktiv an der Rettung beteiligt. Er habe sich jetzt entschieden, den Hof der Familie doch nicht zu übernehmen. Er möchte im Bereich der Umweltbildung arbeiten, schreibt sie mir, die aktuelle Notlage habe den Entschluss nur beschleunigt. Ob Marie das kleine Austraghäuschen, traditionell das Haus für das Altbauernpaar, retten kann und renovieren wird, ist unklar.
Auch in Deutschland spricht der Erntebericht Bände: Link zum BMEL. Noch ist die Versorgungssicherheit nicht direkt betroffen.
Vokabelnotizen (vom Zeitunglesen heute)
la crue — das Hochwasser
pluviométrie moyenne — mittlere Niederschlagsmenge
pluies cévenolles — Cevennenregen betrifft vor allem die Cevennen und das Cevennenvorland in Südfrankreich und führt oft zu schweren Überschwemmungen.
Grundsätzlich wird in Frankreich der Niederschlag in der Höhe einer gedachten Wassersäule in Millimetern wiedergegeben, in Deutschland dominiert die Angabe "Regenliter pro Quadratmeter". Dabei entspricht ein Millimeter Niederschlagshöhe im Regenmesser einem Liter Regen pro Quadratmeter. Der Betrachtungszeitraum liegt, sofern nichts anderes angegeben, bei 24 Stunden.
Irgendwann kommen wir auf die Klimakatastrophe zu sprechen und auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Biodiversität und Natur — ein Thema, das in diesen Zeiten immer drängender wird. Marie wird plötzlich still. Ihr Mann hat erst letztes Jahr Vieh verloren, das plötzlich auf offener Weide ersoffen war.
Und wie das manchmal so ist, sprechen wir auch über die Renovierung alter Gebäude, die Weitergabe von kulturellem Erbe, und ehe ich's mich versehe sind wir auf einer diesen "sozialen Netzwerkseiten", wie Facebook, Instagram und Co. genannt werden, als Freundinnen verbunden.
Gestern Abend zeigt sie mir von dort erschreckende Bilder von Weiden unter Wasser, von einem reißenden Strom, der quer über den Hof führt und der das Austraghäuschen, das sie gerade nebenbei renoviert, in seiner Standfestigkeit bedroht. Außergewöhnliche Regenfälle haben gestern den mittleren Osten, den Südosten und angrenzende Gebiete des Landes heimgesucht. In den Medien sehe ich Bilder von dramatischen Rettungsaktionen, wie mehr als tausend Menschen mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden.
Die extreme Wetterlage in Frankreich hat sich über Stunden verschärft.
In manchen Gebieten der Ardèche fallen stellenweise bis zu 700 Liter Regen. An so viel Wasser in kurzer Zeit kann sich dort keine Menschenseele erinnern. Feuerwehr und Rettungsdienste sind rund um die Uhr im Einsatz, viele Straßen, Zuglinien und Autobahnen werden gesperrt, Bewohner fliehen vor einem drohenden Deichbruch. Auch in der Hauptstadt regnet es mehr als sonst. In Paris stürzt ein Baum auf eine Familie, wobei der Vater ums Leben kommt.
Die Ministerin für ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runacher, nannte die Situation als "von einer Gewalt, wie wir das noch nicht erlebt haben", und stuft das Hochwasserereignis als Naturkatastrophe ein. Öffentlich verweist sie auf die Klimaerwärmung als Ursache und unterstreicht, wie sehr Anstrengungen aller europäischer Länder nötig sind, um solchen Klimakrisen in Zukunft besser zu begegnen.
Denn die ökonomischen Schäden solcher Extremwetterereignisse sind immens, und sie werden in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Die Frage, wer für die entstehenden Schäden aufkommen wird, stellt sich immer dringender, insbesondere bei der anstehenden Klimakonferenz in Aserbaidschan. Ärmere Länder fordern verstärkt Unterstützung von den Industriestaaten ein, die in den letzten 1,5 Jahrhunderten einen Großteil der globalen Treibhausgasemissionen verursacht haben.
Dabei wird der Finanzbedarf auf bis zu einer Billion Dollar pro Jahr geschätzt, um den globalen Übergang zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu finanzieren und gleichzeitig die von extremen Wetterereignissen betroffenen Länder zu unterstützen.
Zurück zu Marie, der Bauersfrau aus Frankreich. Ihr Sohn ist bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert und ist derzeit aktiv an der Rettung beteiligt. Er habe sich jetzt entschieden, den Hof der Familie doch nicht zu übernehmen. Er möchte im Bereich der Umweltbildung arbeiten, schreibt sie mir, die aktuelle Notlage habe den Entschluss nur beschleunigt. Ob Marie das kleine Austraghäuschen, traditionell das Haus für das Altbauernpaar, retten kann und renovieren wird, ist unklar.
Auch in Deutschland spricht der Erntebericht Bände: Link zum BMEL. Noch ist die Versorgungssicherheit nicht direkt betroffen.
Und hier noch ein wichtiger Link: "Erderwärmung und Wetterextreme: Die wichtigsten Daten und Zusammenhänge" von Stefan Rahmstorf, Fachgespräch "Bevölkerungsschutz bei Wetterextremen" am 7. Oktober 2024 im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags."
Ergänzung durch ChatGPT: Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der OCDE (organisation für ökonomische Kooperation und Entwicklung) sehen die Lage in den Europäischen Landwirtschaftsregionen bereits als ein Problem für die Nahrungsmittelsicherheit.
Vokabelnotizen (vom Zeitunglesen heute)
la crue — das Hochwasser
pluviométrie moyenne — mittlere Niederschlagsmenge
pluies cévenolles — Cevennenregen betrifft vor allem die Cevennen und das Cevennenvorland in Südfrankreich und führt oft zu schweren Überschwemmungen.
Grundsätzlich wird in Frankreich der Niederschlag in der Höhe einer gedachten Wassersäule in Millimetern wiedergegeben, in Deutschland dominiert die Angabe "Regenliter pro Quadratmeter". Dabei entspricht ein Millimeter Niederschlagshöhe im Regenmesser einem Liter Regen pro Quadratmeter. Der Betrachtungszeitraum liegt, sofern nichts anderes angegeben, bei 24 Stunden.
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Illustration: W. Lang, Wikicommons
Illustration: W. Lang, Wikicommons
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