Donnerstag, 24. Oktober 2024

Warum nicht?

Hier schreibt eine Sprach­ar­bei­te­rin über den All­tag der Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen. Ich habe eine Wet­te ver­lo­ren. An­lass war eine Fort­bil­dung in Sa­chen Text­ar­beit. Der Preis fürs Wet­ten­ver­lie­ren, den ich jetzt zu zah­len ha­be: Ich muss eine neue Ka­te­go­rie auf­ma­chen. War­um nicht?

Mam­ma mia, ich wet­te ja nur sel­ten, weil ich un­gern ver­lie­re. Jetzt war ich bei einer Fort­bil­dung in Sa­chen Text­ar­beit, die ich als Do­zen­tin be­sucht ha­be. An­schlie­ßend durf­te ich in einem an­de­ren Se­mi­nar bei einem Wis­sens­quiz mit­ma­chen. Jede von uns muss­te im Vor­feld schät­zen, wie viel Pro­zent rich­ti­ge Fra­gen wir denn ab­zu­lie­fern ge­däch­ten, wo­bei im Vor­feld klar­ge­stellt wur­de, dass es kei­ne Fra­gen zu den The­men Ma­the­ma­tik, Sport oder Schla­ger ge­ben wür­de.

Mei­ne Schät­zung: 80 Pro­zent. Mein Er­geb­nis wa­ren 79 Pro­zent, knapp vor­bei, nun muss ich lie­fern. Ich neh­me eine Kar­te aus einem an­de­ren Spiel (... des­sen Ti­tel oben steht).

Öhm. Weil ir­gend­wel­che KI-Nerds un­se­ren Zweit­be­ru­fe ka­pern möch­ten, das Über­set­zen, und ei­nen zum "Auf­räu­mer" in Sa­chen au­to­ma­tisch über­tra­ge­ner Vor­la­gen de­gra­die­ren möch­ten zu einem Bruch­teil der al­ten Ho­no­ra­re, was je nach Art des Aus­gangs­texts mal klappt, mal nicht, also meis­tens nicht, denn hier wird nur aus­ge­spuckt, wie es mit rein ma­the­ma­tisch höchs­ter Wahr­schein­lich­keit wei­ter­geht, was bei we­ni­gen, hoch­gra­dig nor­mier­ten und for­ma­li­sier­ten Text­for­men hin­hau­en mag, meis­tens aber stel­len­wei­se da­ne­ben­geht — bis ganz grund­sätz­lich am Ziel vor­bei­schießt, al­so des­we­gen könn­te ich schon meckern.

Und die­se Nerds for­dern von den Kol­le­gen und­ Kol­le­gin­nen, dass sie un­be­zahlt die Tor­hü­te­rin­nen für die­se Mons­ter sind, al­so oh­ne Be­zah­lung bei hell­wa­chem Geist und mit dem Hin­ter­grund jah­re­lan­ger Er­fah­rung Satz für Satz, Wort für Wort kon­trol­lie­ren, was har­te Ar­beit ist, da sich der Flow nicht ein­stellt und meh­re­re Durch­gän­ge er­for­dert, um die 20 Pro­zent größ­ten Bull­shit zu fin­den und zu rich­ten.

Fürs Dol­met­schen gilt das Glei­che, nur dass die ma­schi­nel­len Feh­ler­ein­fall­to­re "Spra­che zu Text" und "Text zu Spra­che" noch hin­zu­kom­men.

Ist das An­mer­ken die­ser feind­li­chen Über­nah­me­ver­su­che ei­gent­lich meckern? Ich glau­be nicht. Es ist eher eine Fest­stel­lung, ge­paart mit Selbst­ver­tei­di­gung.

Al­so ja. Nun bin ich in so vie­len Be­rei­chen un­ter­wegs, ar­bei­te als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin über Wis­sens­ba­sier­tes, dass ich eben auch sehr vie­le Lö­sun­gen se­he, die der Um­set­zung har­ren. Al­so ich muss fest­stel­len, dass das al­les sehr lan­ge dau­ert. Ers­te Kon­fe­renz über Mi­kro­plas­tik und ih­re Ge­fah­ren: 2008. Die ers­ten An­fän­ge, dass das ins kol­lek­ti­ve Be­wusst­sein kommt, Mi­kro­plas­tik in Was­ser, Luft, Fi­schen, so­gar in der Na­bel­schnur von Neu­ge­bo­re­nen ist ein The­ma seit: 2023 viel­leicht?

Fest­stel­lun­gen al­so.

Da ich zum Team Fa­mi­li­en­pfle­ge ge­hö­re, und wir Pfle­gen­den uns ziem­lich vom Staat al­lein­ge­las­sen füh­len, na­ja, nun ja, sind mei­ne Er­fah­rungen dann Mec­ke­rei?

Da ich alle drei Wo­chen zur Pfle­ge pen­dle (oder öf­ter), da­zu die Bahn nut­ze ...

Ich lie­fe­re noch rasch den Un­ter­schied zwi­schen Be­schwer­de, knapp, tro­cken, be­rech­tigt, und nör­geln und me­ckern, mög­li­cher­wei­se auch be­rech­tigt, aber raum­grei­fend, de­tail­liert, meis­tens auch be­rech­tigt, aber vor al­lem ei­nes: an­stren­gend.

Und nun, ta­daa: Hier­mit ver­ord­ne ich mir eine Wo­che Nör­gel­fas­ten, das Wort ha­be ich auch vom Se­mi­nar mit­ge­bracht. Ach was, zehn Ta­ge! Ich wer­de be­rich­ten.


P.S.: Dem Kar­ten­spiel, dem ich leicht­fer­ti­ger Wei­se den Ti­tel ent­nom­men ha­be, wer­de ich dem­nächst einen ei­ge­nen Bei­trag wid­men. Es han­delt sich um ein Zeit­do­ku­ment aus brau­nen Jah­ren, das die deut­sche Le­bens­wirk­lich­keit in der 1. Hälf­te der 1940-er Jah­re wi­der­spie­gelt, und es ist ein Bei­spiel für Fra­ming, Ma­ni­pu­la­tion und Ideo­lo­gi­sie­rung der Frei­zeit. Ich ha­be es zu­fäl­lig beim Tröd­ler ent­deckt.
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Foto: C.E.

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