Dienstag, 22. Oktober 2024

Berechnete Zeit

Bien­‍ve­nue auf den Sei­ten des di­‍gi­ta­‍len Log­‍buchs ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­‍te­‍rin. Was Dol­‍met­‍sche­‍rin­‍nen und Über­‍set­‍ze­‍rin­‍nen (und Dol­‍met­‍scher und Über­‍set­‍zer) ma­‍chen, wie sie bzw. wir ar­‍bei­‍ten, be­‍schrei­‍be ich hier. Fran­‍zö­‍sisch ist mei­ne zwei­‍te Ar­‍beits­‍spra­‍che, Eng­lisch die so­ge­nann­te "pas­si­ve" Spra­‍che. Heu­‍te folgt ein Mi­‍ni­‍rück­‍blick.

Ein mehrtägiger Ein­satz auf ei­ner De­le­ga­tions­reise im Duo, wir be­su­chen ver­schie­de­ne für un­se­re Gäs­te re­le­van­te Be­hör­den, spre­chen dort mit den Gast­ge­bern, be­sich­ti­gen di­ver­se In­sti­tu­tio­nen. Am letz­ten Tag spre­chen die ein­zi­gen Gast­ge­ber des Ta­ges sehr gut Fran­zö­sisch, denn sie sind oft auf Fa­mi­li­en­be­such in Frank­reich. Ich bin über ei­ne Stun­de vor Ar­beits­be­ginn vor Ort und wer­de an dem Tag nur das ei­ne oder an­de­re feh­len­de Fach­wort souf­flie­ren so­wie kur­ze Zu­sam­men­fas­sun­gen für ei­nen Spon­tan­gast lie­fern. Auch die Gäs­‍te sind schon vor dem of­‍fi­‍ziel­‍len Start­‍zeit­‍punkt da, also le­‍gen wir los. In ei­‍ni­‍gen Stun­‍den ist das Haus wie­‍der für Pub­‍li­‍kums­‍ver­‍kehr ge­‍öff­‍net.

Oldtimer und moderne Autos, Bäume, niedrige Gebäude
An­‍geb­‍lich ein Auto in Berlin (2024) 
Die Kol­le­gin, die kurz da­‍rauf vor der Tür steht, wird da­‍her, kurz ab­ge­nickt vom End­kun­den, ei­ne Text­nach­richt von mir er­hal­ten, dass sie nicht zu kom­men braucht.
Zwi­schen dem End­kun­den und mir ste­hen zwei Rei­se­agen­tu­ren. Und drei Ar­beits­ta­ge nach Rei­se­en­de kommt von ei­ner die­ser Agen­tu­ren ein: "Die­se Ab­sa­ge hät­te ab­ge­spro­chen wer­den müs­sen, wir be­zah­len der Kol­le­gin den Tag nicht, sie ist nicht er­schie­nen".
Ich so: Wir Dol­metscher:innen stel­len nicht die ge­leis­te­ten Mi­nu­ten oder Stun­den in Rech­nung, son­dern gan­ze re­ser­vier­te Tage, ganz gleich, ob wir am En­de null, zwei oder sechs Stun­den ein­gesetzt wur­den. Ich muss­ nicht mit der Agen­tur ab­spre­chen, ob die Kol­le­gin kom­men und vor Ort selbst fest­stel­len muss­, dass nichts zu tun ist, oder nicht.
Di­e­se Um­stän­de ha­ben die ver­trag­li­che Grund­la­ge un­se­rer Ar­beit nicht be­rührt.

Und dann fällt mir ei­ne Ana­lo­gie ein: "Wenn Sie für drei Ta­ge ein Au­to mie­ten, es aber nur zwei Ta­ge lang nut­zen, weil Sie am drit­‍ten Tag fest­‍stel­‍len, dass Sie das Au­‍to nicht brau­‍chen, wird die Auto­ver­mie­tung Ih­nen na­tür­lich drei Ta­ge in Rech­nung stel­len, es sei denn, Sie ge­ben das Auto am zwei­ten Tag zu­rück UND die Auto­ver­mie­tung fin­det ei­nen an­de­ren Mie­ter für den drit­ten Tag. 

Bei uns Dol­metsche­rin­nen und Dol­metschern ist es das Glei­che."

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Foto: Pixlr.com (Zu­falls­fund)

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