Sorry, ich neige dazu, mich auszubreiten |
Nach den klassischen Regeln unseres Berufs hätten unsere Gastgeber im Ministerium, wenn sie denn gewusst hätten, dass wir zu zweit kommen, also simultan dolmetschen können, einen Sitzungsraum mit Kabine fürs Dolmetschen buchen müssen. Sie wussten es einfach nicht.
Es langweilt mich, die Gründe hier erneut zu nennen. (Siehe die letzten Tage). Wir haben es mit so etwas wie einem Stille-Post-Effekt zu tun, um es mal gaaaaaaaanz höflich zu formulieren.
Mittagssonne fällt hinter meinen Rechner. Das ist schön und erinnert mich bei der Arbeit, dass es eine Welt da draußen gibt! Wir habe einen schönen Blick über den Tisch in die Runde. Wir dürfen heute in der ersten Reihe Platz nehmen, sitzen alle zusammen in einem Raum, und flüstern mit mobiler Technik direkt in die Ohren der Gäste. Genau das wird eigentlich in Ministerien ungern gesehen, völlig zurecht, denn in der Kabine haben wir bessere akustische Bedingungen.
Auf der anderen Seite erweist sich diese |Arbeitserschwerungsmaßnahme|, ähh, die Betreuung von dritter Seite mit Infostau und der daraus folgenden Arbeit inmitten aller sogar als positiv, nämlich immer dann, wenn Fachtermini in den Raum geworfen werden, die nicht einfach so mit einem Begriff zu übersetzen sind, sondern einer Erklärung bedürfen. Rednerin und Redner sind vorbereitet. Da wir schon einmal vor Ort sind, bitten wir darum, einander nicht ins Wort zu fallen und auf uns zu achten und gerne ein kleines Päuschen zu lassen vor dem Sprecher:innenwechsel. Das klappt gut!
Zwischendurch bitten wir zwei Mal um eine Definition. In Frankreich ist einiges anders. Später ergänze ich an anderer Stelle im Nebensatz, was zum Verständnis fehlt, weil hier wirklich nur ein winziger verbaler Umweg nötig ist. Als Ergebnis von Teamwork der beiden aus der Behörde und von uns beiden Dolmetscherinnen, sind Vortrag und Verdolmetschung aus einem Guss.
Und jetzt kommt doch noch ein Mittwochschlenker zum Thema KI! So schnell, wie die verschiedensten Berufsgruppen ihre eigenen Jargons weiterentwickeln, können die Programmierer:innen gar keine Wortschätze 'nachladen', das bezahlt niemand, und schriftliche Quellen dazu (zum "Selbstlernen") sind auch oft rar. Für ambulante Medizin stand plötzlich soins de ville im Raum, und zwar im Gegensatz zu den soins hospitaliers, in der Stadt also und nicht im Krankenhaus. Schön, was DeepL daraus macht. Wir haben sehr gelacht.
Sieht nach Schmutz aus (DeepL) |
Tagesaktueller arbeiten wir selten, denn heute dreht sich alles um die Reform der Krankenhäuser und auch darum, welche anderen Teile der Zivilgesellschaft idealerweise miteinzubeziehen wären. (In der DDR hieß das Ziel die "Volksgesundheit".)
Hörfunktipp zum Thema: Gesundheitsschutz bzw. Krankheitsprävention durch Ernährung, hier kommen auch regionale Landwirte und Bio-Essen zusammen, mein Arbeitsthema der letzten Woche, in Kombination des Programms dieser Woche: "Wie der Bund für gesünderes Essen sorgen will" von Jantje Hannover (Hintergrund), DLF.
Klingt komisch für die Ohren. Der Kopf verdolmetscht die Sendung simultan. [Der ganze Radioabend war super, darunter "Wie gefährdet ist die Demokratie?" (Zur Diskussion) sowie "Emmanuel Peterfalvi alias Alfons" (Querköpfe).
Foto: C.E., Illustration: DeepL (bearb.)
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