Donnerstag, 29. Februar 2024

Unterbezahlte Branchen

Ein­bli­cke in den Be­rufs­all­tag von Über­set­zer:in­nen und Dol­met­scher:inn­en be­kom­men Sie hier. Die meis­ten von uns sind selb­stän­dig. Pan­de­mie, Kri­sen und In­fla­tion ha­ben un­se­ren Be­ruf ver­än­dert. Es gibt fort­ge­setzt we­ni­ger in­ter­na­tio­na­le Kon­fe­ren­zen als vor 2020, die dann auch noch kür­zer sind. Über­set­zungs­auf­träge sind wich­ti­ger ge­wor­den.

Auch oft un­ter­be­zahlt: Jour­na­lis­ten
Ein Über­setzer­kol­le­ge be­dau­ert, nicht Gra­fik­de­si­gner ge­wor­den zu sein. Für die Ak­tua­li­sie­rung sei­ner Web­sei­te zahlt er 400 Euro für einen hal­ben Tag Ar­beit.
Er selbst hat­te vor der Ber­li­na­le ein Dreh­buch über­setzt. Das war in ei­ner frü­hen Pro­duk­tions­pha­se, in der es für den Film noch nicht ein­mal den An­fang einer Fi­nan­zie­rung gab. Der Text war hoch­gra­dig li­te­ra­risch und hat nur so von An­spie­lun­gen auf di­ver­se So­zio­lek­te ge­strotzt, hat­te Ele­men­te von Co­me­dy und Satire, be­zog sich auf die po­li­ti­sche Welt­la­ge und kul­tu­relle Dif­fe­ren­zen. Der Kol­le­ge hat ge­schla­ge­ne acht Ta­ge an der Über­setzung ge­ar­beitet — weil er gut und schnell ist. Die Pro­duk­tions­fir­ma hat ge­nau 600 Euro da­für be­zahlt, un­ab­hän­gig von der Ar­beits­zeit.

Er selbst kommt aus dem Be­reich Li­te­ra­tur­über­setzung, einem dau­er­haft un­ter­be­zahl­ten Be­reich in Deutsch­land.

Da­zu mein­te ei­ne Freun­din, dass das ja fast so sei, als wür­den der Über­setzer und sein Com­pu­ter­gra­fi­ker in un­ter­schied­li­chen Län­dern le­ben und als müss­e hier der Über­setzer sein Geld in ei­ner schwa­chen Wäh­rung er­wirt­schaften. Nicht nur Ein­kom­mens­ge­fäl­le wie zwi­schen Nord­af­ri­ka und Pa­ris seien zu beob­ach­ten, son­dern auch noch Kurs­ver­lus­te ... dabei ar­bei­ten beide in Deutsch­land im kreati­ven Be­reich.

Nun, acht Tage für die Sum­me von 600 Euro zu ar­bei­ten, ist al­les an­de­re als die Re­gel. Und auch die­ser De­si­gner wird nicht vol­le Auf­trags­bü­cher für fünf Tage die Wo­che haben. Seit der Pan­de­mie hö­re ich al­ler­dings im­mer öfter von solch ex­tre­mer Un­ter­be­zah­lung. Ei­ni­ge Fir­men ha­ben si­cher durch die Mul­tikri­sen un­se­rer Ta­ge we­ni­ger Geld. An­de­re nut­zen die Not­la­ge rück­sichts­los aus, in der sich viele Men­schen in der Krea­tiv­wirt­schaft be­fin­den. Das finde ich höchst ver­werf­lich.

Wenn ich die Über­set­zung von ge­dreh­tem Ma­te­rial ins Dik­tier­pro­gramm spre­che, in Sechs-Stun­den-Tagen, es eilt, der Schnei­de­raum ist schon ge­bucht, be­rech­ne ich den nor­ma­len Ta­ges­satz ei­ner Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin. Ähn­lich bei Presse­in­ter­views vor dem Film­start, das sind zu­meist sehr lan­ge Nach­mit­tage, die aber sehr erfül­lend (und im Nor­mal­fall gut be­zahlt) sind.


Und ja, es kommt vor, dass ich na­he­zu für lau un­ter­ti­t­le, weil es bei ei­nem Film­start kaum Bud­get gibt, der Film groß­ar­tig ist, weil er ohne mein En­ga­ge­ment nie ins Ki­no kom­men wür­de, aber das ist die gro­ße Aus­nah­me, so­was geht im Lock­down oder zur Ur­laubs­zeit oder im zu ru­hi­gen Win­ter — ist also die be­rühm­te Aus­nahme von der Re­gel. Ar­beit in der Frei­zeit darf gern Hob­by ge­nannt wer­den. Die an­de­re Zeit ist Ar­beits­zeit, da be­ste­he ich auf an­ge­mes­se­ne Ver­gü­tung.

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Foto: C.E. (Archiv)

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