Eine gewisse Partei vom sehr, sehr rechten Rand wirbt derzeit für sich mit einem Slogan, der "in Deutschland aufräumen" lautet. Das ist alles andere als neutral, sondern geschichtsvergessen und perfide. Schon die NSDAP vermeinte vor über 100 Jahren in Deutschland einen "Saustall" zu erkennen, der endlich "ausgemistet" gehöre.
Die Gemeinschaft müsse, so das verquaste Gedankengut, von "fremden Elementen" "gesäubert" werden, zunächst der Staatsapparat, das Beamtentum, die Lehrer- und Richterschaft, dann die Bevölkerung. Die "Entfernung fremder Schädlinge", immer alles in einem Atemzug, sei die "Lösung".
Wer ein historisches Bewusstsein hat oder vielleicht sogar selbst betroffen ist, weiß zu genau, was diese Kampfbegriffe ankündigen sollen. "Hartes Durchgreifen", "kein Pardon kennen", "Ordnung schaffen" sind schlecht kaschierte Drohungen. Das "Aufräumen" führte, wie wir wissen, zu Überfällen, Gewaltexzessen bis hin zum industrialisierten Massenmord. "Aufräumen" ist ein Kampfbegriff.
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| Sprache des "Dritten Reichs" |
Wir Spracharbeiter:innen können das Wörterbuch der heutigen Unmenschen erstellen und ständig alles übersetzen, ja, wir müssen es sogar. "Remigration" bedeutet Deportation. Wer heute von "Umvolkung" schwafelt, hätte früher "Bedrohung des deutschen Volkskörpers durch fremdes Blut" gesagt.
Versteckt wird die Gewalt hier nur kaum. Etliche Funktionäre der unaussprechlichen Partei treten auf die Bremse und befinden: "Manches kann man in der Öffentlichkeit (noch) nicht sagen."
Versteckt wird die Gewalt hier nur kaum. Etliche Funktionäre der unaussprechlichen Partei treten auf die Bremse und befinden: "Manches kann man in der Öffentlichkeit (noch) nicht sagen."
Aber je häufiger sie ihre Sprache der Menschenfeinde verwenden, desto mehr gewöhnt sich das Publikum dran und übernimmt vielleicht hier oder da Bestandteile. Oder der politische Gegner.
Und auch vermeintlich bürgerliche Parteien verändern unter dem Druck der mantraartig vorgetragenen Lügen von den Barbaren, die uns heimsuchen wollen, nicht nur die eigene Rhetorik, sondern auch Forderungen und Pläne.
Als Teenager habe ich mir bei den Sommerurlauben in der DDR das Buch "LTI" gekauft, die Buchstaben stehen für Lingua Tertii Imperii. Es war 1947 im Osten erschienen und stammt vom Philologen Victor Klemperer. Ich habe dann jedes Jahr ein weiteres Exemplar gekauft und an Schulfreundinnen und -freunde weiterverschenkt.
Als Teenager habe ich mir bei den Sommerurlauben in der DDR das Buch "LTI" gekauft, die Buchstaben stehen für Lingua Tertii Imperii. Es war 1947 im Osten erschienen und stammt vom Philologen Victor Klemperer. Ich habe dann jedes Jahr ein weiteres Exemplar gekauft und an Schulfreundinnen und -freunde weiterverschenkt.
Klemperer analysiert messerscharf die Sprachverhunzung und die Ankündigung der Gewaltakte durch die Sprache. Gleichzeitig ist das Buch das Dokument seines eigenen Überlebens in Dresden. Ich lese nach und stelle fest, dass dies hier der dritter Eintrag ist, in dem ich innerhalb von fast 20 Jahren das Buch "LTI" erwähne (hier die älteren Blogposts).
"Was jemand willentlich verbergen will, sei es nur vor andern, sei es vor sich selber, auch was er unbewußt in sich trägt: die Sprache bringt es an den Tag."
Victor Klemperer (1881–1960)
Ausschreibung: Ich habe im Haus meiner Eltern noch zwei DDR-Ausgaben aus den 1980-ern gefunden und verlose sie. Für das "Los" erbitte ich um die Zusendung eines kurzen Texts oder einiger Sätze darüber, wie Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Dolmetscherinnen oder Dolmetscher (oder nur eine Person von uns) wahrgenommen haben, gerne mit der Erlaubnis, die Zeilen veröffentlichen zu dürfen.
Falten Sie bitte das Blatt, schreiben Sie einen Codenamen auf das zweifach gefaltete Papier, zum Beispiel Mickey Mouse, und dann den Codenamen, den richtigen samt Adresse und Erreichbarkeit auf einen anderen Zettel und falten Sie es, ohne den Codenamen zu wiederholen. Am letzten Augusttag entscheidet das Los.
______________________________"Was jemand willentlich verbergen will, sei es nur vor andern, sei es vor sich selber, auch was er unbewußt in sich trägt: die Sprache bringt es an den Tag."
Victor Klemperer (1881–1960)
Ausschreibung: Ich habe im Haus meiner Eltern noch zwei DDR-Ausgaben aus den 1980-ern gefunden und verlose sie. Für das "Los" erbitte ich um die Zusendung eines kurzen Texts oder einiger Sätze darüber, wie Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Dolmetscherinnen oder Dolmetscher (oder nur eine Person von uns) wahrgenommen haben, gerne mit der Erlaubnis, die Zeilen veröffentlichen zu dürfen.
Falten Sie bitte das Blatt, schreiben Sie einen Codenamen auf das zweifach gefaltete Papier, zum Beispiel Mickey Mouse, und dann den Codenamen, den richtigen samt Adresse und Erreichbarkeit auf einen anderen Zettel und falten Sie es, ohne den Codenamen zu wiederholen. Am letzten Augusttag entscheidet das Los.
Foto: Reclam

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