Wir Spracharbeiter:innen leiden täglich darunter, dass manche Nerds die KI als Alleinlösung verkaufen. Die KI ist mit Übersetzen und Dolmetschen natürlich komplett überfordert. Die KI ist ein Tool, das manchmal passt, nicht immer. Die werte Kundschaft lässt ihre Projekte doch auch nicht von der CNC-Fräse ohne Fachmenschen umsetzen oder digitales OP-Besteck ohne Chirurg:innen, n'est-ce pas? Daher warten wir dieses Jahr auf die kleinen Bomben, die losgehen, wenn missbräuchliche KI-Nutzung bekannt wird.
Oft werden die Textauswürfe der KI minimal von Menschen bearbeitet, bei Auktionswebseiten für Billigarbeiten prügeln sich Menschen ohne Arbeit, in Ausbildung oder frühere Callcenter-Mitarbeiter:innen aus dem Ausland um die Jobs. Die Ergebnisse sind am Ende nur geringfügig besser, die Fehler fallen oft nur Profis auf, weil in der Regel der Ausgangstext beim Schleifen keine Rolle mehr spielt. Vergessen wird hier, dass die KI Inhalte auch erfindet, was Profis "Halluzinieren" nennen.
Dänemark zieht jetzt klare Grenzen zwischen Übersetzen und Nachbearbeitung. Der europäische Dachverband der Literaturübersetzer, CEATL, vermeldet einen klaren Kurs der dänischen Verbände in Sachen genauer Bezeichnung von Spracharbeiten: Wer eine KI-Übersetzung nur nachbearbeitet, ist keine Übersetzer:in, so der Verband.
Die Quelle mit Links zu den dänischen Dokumenten findet sich hier: klick.
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| Sommerspaß und Unterhaltung |
Unterstützung finden die Kolleg:innen bei jenen, die die Texte als erste geschrieben haben, bei der dänischen Autorenvereinigung also. In einer gemeinsamen Erklärung schrieben sie bereits im April: "Einige Menschen haben fälschlicherweise öffentliche Gelder für Bücher erhalten, in denen sie als Übersetzer genannt wurden. In diesen Fällen wurde keine echte Übersetzungsarbeit geleistet, sondern lediglich bereits maschinell übersetzter Text bearbeitet."
CEATL zufolge haben die beiden Verbände gemeinsam mit dem dänischen Verlegerverband eine branchenweite Vereinbarung zur Nennung von Übersetzerinnen und KI-Lektorinnen getroffen.
Sie haben sich zudem an die dänische Regierung gewandt, um rechtliche Schritte einzuleiten. Betont wurde dabei, dass die Nachbearbeitung von KI-generierten Übersetzungen nicht dem dänischen Vergütungsrecht für öffentliche Bibliotheksausleihen (PLR) unterliegt. Im Rahmen dieser Regelung erhalten echte Textarbeiter, aber auch Illustrator:innen und Komponist:innen für die öffentliche Ausleihe ihrer Werke durch Bibliotheken Tantiemen ausgeschüttet.
Für die Nachbearbeitung von KI-Auswürfen gibt es künftig keine Urheberrechtsvergütung für die Bearbeiter:innen mehr. Noch ein Punkt: "Die Nachbearbeitung maschinell übersetzter Bücher darf nicht als Übersetzung bezeichnet werden."
Hier wird deutlich, dass es klarer Regeln für KI im Verlagswesen bedarf, insbesondere auf europäischer Ebene. Auch eine Reform des AI-Code of Practice der EU wird angemahnt.
Dieses Verhalten ist nicht technophob, sondern sprachpolitisch zu verstehen, außerdem kennen Profis "ihre Pappenheimer", rechnen mit der oft freidrehenden KI.
Für die Nachbearbeitung von KI-Auswürfen gibt es künftig keine Urheberrechtsvergütung für die Bearbeiter:innen mehr. Noch ein Punkt: "Die Nachbearbeitung maschinell übersetzter Bücher darf nicht als Übersetzung bezeichnet werden."
Hier wird deutlich, dass es klarer Regeln für KI im Verlagswesen bedarf, insbesondere auf europäischer Ebene. Auch eine Reform des AI-Code of Practice der EU wird angemahnt.
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| Buchtipps für den Sommer 25 |
Ach, hätte doch die Chicago Sun-Times, eine gemeinnützige Tageszeitung aus Chicago, Illinois, ihre Texte besser kontrolliert. Hier wurde ChatGPT genutzt, um Lesetipps für den Sommer 2025 zusammenzustellen. Ein freiberuflicher, vermutlich schlechtbezahlter Journalist, er kam von einem externen Zulieferer, sowie die Redaktion hatten vergessen, den Text zu prüfen.
Auf der veröffentlichten Liste stehen die Titel lebender Autor:innen, aber mehr als die Hälfte der empfohlenen Bücher gibt es nicht, dafür stehen hier sogar detaillierte Buchbeschreibungen, darunter für die Titel "Tidewater Dreams" (Gezeitenträume) von Isabel Allende, magischer Realismus meets Klimakatastrophe, oder "The Last Algorithm", der letzte Algorithmus, von Andy Weir. Die Titel sind komplett von der KI halluziniert. Eine andere Zeitung, der Philadelphia Inquirer, hatte die Sonderausgabe ebenfalls ungeprüft übernommen.
Der freie Autor darf nun nicht mehr für die Sun-Times bzw. die Zulieferfirma arbeiten. Dieser Zulieferer erklärte, dass "unsere Mitarbeiter, Karikaturisten, Kolumnisten und freie Autoren strikt gegen den Einsatz von KI zur Erstellung von Inhalten sind." Nun ja.
Die Chicago Sun-Times ist ein gemeinnütziges Blatt, wird indes nicht gratis ausgeliefert. Auf einer Extraseite widmet sich die Redaktion des Vorfalls: klick. Dort steht der Kernsatz: "Wir befinden uns in einer Zeit großer Veränderungen in Journalismus und Technologie, und zugleich steht unsere Branche weiterhin wirtschaftlichen Problemen gegenüber. Dies sollte ein lehrreicher Moment für alle journalistischen Unternehmen sein: Unsere Arbeit wird geschätzt, und sie ist wertvoll, wegen der Menschen, die dahinter stehen." Hoffen wir das Beste. Denn es schimmert ein Geschäftsmodell durch: Immer häufiger sehen sich Medien als Verkäufer von Werbung, die Inhalte sind weniger wichtig. Der größte Meinungsmacher Deutschlands, der Konzern um die BLÖD-Zeitung, macht es vor. Hier ist Regulierung wichtig. Auch, was die Einhaltung journalistischer Standards angeht.
NOTIZ: Früher war ich Journalistin, bis heute prüfe ich meine Quellen gründlich.
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Illustrationen: Chicago Sun-Times
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Illustrationen: Chicago Sun-Times
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2 Kommentare:
Schon krass, wohin Zeitdruck, Sparmaßnahmen und Personalmangel infolge der Unterbezahlung führen. Ich finde es fragwürdig, dass jetzt der freie Autor, der obendrein nicht einmal bei der Redaktion selbst angestellt war, als Bauernopfer herhalten muss. Wo bleibt die Redaktion in der Verantwortungskette? Ein kurzes Gegenlesen hätte genügt, um die erfundenen Buchtitel zu entlarven.
Und dann, avanti dillettanti und heraus mit der Doppelmoral: Die Agentur gibt sich betont anti-KI, aber hat mindestens einen KI-Text durchgewunken. Es folgt die rührselige Selbstreflexion über die „wertvolle Arbeit von Menschen“, während sie gerade diese Arbeit mit Füßen tritt.
Der Spagat zwischen journalistischem Anspruch und wirtschaftlichem Überlebenskampf ist für viele Medien riesig, da die obersten Ebenen nicht auf ihre gewohnt hohen Einkommen und Dividenden verzichten möchten. Wie einfach da Blendwerk durchrutscht, im Namen von Effizienz, Fortschritt oder angeblicher Innovationsfreude, ist ein echtes Problem.
Gruß, B.
So isses leider, liebe Bine. Besonders krass finde ich, dass die populistischen Lügen, die manche Parteien seit Jahren bringen, um die Politik und die Stimmung im Land ins Kippen zu bringen, sogar in den Öffentlich-Rechtlichen ungeprüft verwendet werden (bzw. nicht als Zitat kenntlich gemacht). Das schüttet noch mehr Öl ins Feuer der Populisten und anderer Parteien, die von deren Stimmzuwächsten träumen. Berufsethik müssen wir gesamtgesellschaftlich diskutieren, aber mit Fakten, nicht mit Meinungen. Gruß, c
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