Freitag, 9. Mai 2025

Die Schildkröte

Seit 2007 be­schrei­be ich hier mei­nen sprach­be­ton­ten All­tag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che (und, sel­te­ner, Eng­li­sch). Ich ar­bei­te in Ber­lin, Pa­ris, Schwe­rin, Mar­seil­le, Lyon, Mün­chen und dort, wo ich ge­braucht wer­de.

Ge­se­hen in Frank­reich
Manch­mal sind Ver­trags­ver­hand­lun­gen ein we­nig he­raus­for­dernd. So war es bei Klaus. Wir sind ein­an­der beim Yoga im Kurz­ur­laub be­geg­net und ha­ben beim Ver­ren­ken ge­merkt, dass wir ei­nen ähn­li­chen Hu­mor ha­ben. Am Abend haben wir bei ei­nem Drink über Gott und die Welt ge­quatscht. Vor dem Auf­bruch war kurz die Ar­beit un­ser The­ma (die sonst in Deutsch­land im­mer an ers­ter Stel­le steht).

Mon­sieur ist als Deut­scher in ei­nem Eu­ro-Be­triebs­rat tä­tig, darf ge­le­gent­lich auch Ver­an­stal­tun­gen in Frank­reich pla­nen, ich bin Dol­met­sche­rin. Fünf Mi­nu­ten Ge­schäfts­talk, uns per Lin­kedIn ver­netzt, dann wie­der auf Ur­laubs­mo­dus ge­schal­tet.

Fast zwei Jah­re spä­ter kam ei­ne An­fra­ge. Klaus' Ton war fort­ge­setzt hu­mor­voll. Es geht um ei­ne ein­wö­chi­ge De­le­ga­tions­rei­se durch Süd­frank­reich mit kon­se­ku­ti­vem Dol­met­schen. Er hat mich ge­fragt, ob für die Rei­se­ta­ge Mit­te Ju­ni auch groß­zü­gig re­du­zier­te Ho­no­rar­sät­ze mög­lich sei­en.

Mei­ne Ant­wort:

Lie­ber Klaus,

das Pro­gramm liest sich groß­ar­tig, die Kon­di­tio­nen ge­hen klar — bis auf ein Häk­chen: das hal­be Ho­no­rar an den Rei­se­ta­gen. In der Haupt­sai­son ist das für uns wie bei ei­nem Ho­tel am Meer: Ob sich je­mand da tags­über auf­hält oder nicht, ist egal, denn das Zim­mer ist blo­ckiert. Und un­ser Ka­len­der eben auch.

Im letz­ten hal­ben Jahr gab es in mei­nem Be­reich oh­ne Par­la­ments­mehr­heit kaum Auf­trä­ge, kaum Um­satz, dies­mal lei­der oh­ne Co­ro­na-Hil­fen (die oh­ne­hin für So­lo-Selbst­stän­di­ge nur ein Schlag aus der Gu­lasch­ka­no­ne wa­ren). Nach dem Im­plo­die­ren der Re­gie­rung wur­de al­les, was fix war, noch ab­ge­ar­bei­tet, da­nach war Funk­stil­le.

Die Ver­gleichs­rei­se, die Du er­wähnst, fand im De­zem­ber statt, und ihr hat­tet ei­ne Agen­tur be­auf­tragt, die am Preis „ge­dreht“ hat, um die Frei­be­ruf­ler:in­nen zu un­ter­bie­ten. Der­zeit ho­len al­le auf, was im Win­ter lie­gen blieb — pa­ral­lel zum Früh­jahrs­pro­gramm. Und lei­der kann ich mich ge­nauso we­nig zwei­tei­len, wie mir beim Yo­ga die Schild­krö­te ge­lingt (Spoi­ler: noch im­mer nicht).

Kurz: Ich selbst wä­re viel­leicht in Ra­batt­lau­ne, nicht et­wa weil’s locker läuft, son­dern weil mich die Pfle­ge­si­tu­a­tion in mei­ner Fa­mi­lie zu­sätz­lich fi­nan­zi­ell her­aus­for­dert. Die Kol­le­gin, die ich für die an­de­re Spra­che und die Vor­stands­ter­mi­ne vor­ge­schla­gen ha­be, ge­hört zu den Top 5 in Ber­lin. Sie hat Al­ter­na­tiv­en, auch mit an­de­ren Spra­chen. Ich lie­ge viel­leicht in den Top 10 und ar­bei­te nur bi­la­te­ral Fran­zö­sisch–Deutsch. Bei mir ist die Wo­che noch un­an­ge­foch­ten frei.

Sor­ry für den Text­block am frü­hen Mor­gen. Ich ha­be die letz­ten zwei Wo­chen durch­ge­ar­bei­tet, auch übers Wo­chen­en­de, plus Dol­metsch­ein­satz und Be­erd­i­gung ei­ner Freun­din. Kaf­fee hilft heu­te nur be­grenzt.

Für die Tech­nik­bu­chung ge­be ich Dir gern Na­men und Kon­takt. Die Fir­ma ist mit Groß­kun­den un­kom­pli­ziert.


Mal se­hen, wann wel­che Reak­tion kommt. Fort­set­zung folgt.

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Fo­to: C.E.

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