Freitag, 30. August 2024

Telefonscam

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, aber auch Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, be­schrei­be ich hier im 17. Jahr in mei­nem di­gi­ta­len Ta­ge­buch. Es geht um Dol­met­schen (münd­lich) und Über­set­zen (schrift­lich).

Mit­hör­mu­schel an der Rück­seite
Wie Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen ar­bei­ten ist kaum be­kannt, und ja das gilt auch für Dol­met­scher und Über­set­zer, die we­ni­gen Män­ner im Be­ruf. Ne­ben der Sprach­ar­beit müs­sen wir (in der Mehr­zahl) So­lo­selb­st­stän­di­gen al­les sel­ber ma­chen, auch wach­sam sein und uns zu Gefah­ren fort­bil­den. Be­trü­ge­r:in­nen gibt es im Netz an al­len Ecken und En­den.

Vor­hin klin­gelt mein Mo­bil­te­le­fon, auf der an­de­ren Sei­te ist eine Da­me dran mit einer Fest­netz­num­mer aus Kiel. Beim Te­le­fo­nie­ren habe ich die In­ten­tio­nen des Geg­en­übers rasch vor Au­gen, und ich hö­re mir selbst beim Spre­chen zu, ganz so, als wür­de ich in ei­ner Dol­metsch­ka­bi­ne sit­zen. In mei­nem Kopf steckt ei­ne ganz ei­ge­ne Mit­hör­mu­schel.

Da­me: Wir ar­bei­ten für die "Goo­gle-Fir­men­ein­trä­ge". Ich ha­be ge­se­hen, dass Sie ei­nen Fir­men­ein­trag ha­ben. Möch­ten Ih­re Sicht­bar­keit ver­bes­sern?
Ich: Mit wem spre­che ich denn?
Wir ar­bei­ten für die "Goo­gle-Fir­men­ein­trä­ge". Sind sie Frau Eli­as?
Sind Sie von Goo­gle? Ich wuss­te gar nicht, dass Goo­gle in Kiel ei­nen Sitz hat. [Pau­se] Hal­lo? Ha­ben Sie Sich schon vor­ge­stellt?
Ich bin die Frau Mül­ler. Und Sie, sind Sie die Ge­schäfts­füh­re­rin des Un­ter­neh­mens "Dol­met­scher Ber­lin"?
Sie spre­chen mit der Dol­met­sche­rin­, die Sie an­ge­ru­fen ha­ben. Wo­rum geht's denn?
Ich muss das wis­sen, sind Sie die Ge­schäfts­füh­re­rin des Un­ter­neh­mens?
 [Im Be­fehls­ton] Bit­te tra­gen Sie Ihr An­lie­gen vor!
Wir prü­fen die Bran­chen­­ein­trä­ge und sen­den Ih­nen kos­ten­los ein Pro­to­koll da­rü­ber zu mit al­len De­tails, al­so wie Ih­re po­ten­ti­el­len Kun­den Sie se­hen und wie Sie im Ver­gleich zur Kon­kur­renz da­ste­hen. Da­zu er­hal­ten Sie von uns kos­ten­los Tipps und Tricks, wie Sie Ih­ren Web­auf­tritt ver­bes­sern kön­nen. Möch­ten Sie ei­ne kos­ten­lo­se Erst­be­ra­tung, ja oder nein? 
Sen­den Sie mir bit­te ei­ne E-Mail mit Ih­rem An­ge­bot zu.
Wir kön­nen das nicht per Mail ma­chen.
Ach nein? Tja, dann kom­men wir nicht ins Ge­schäft!

Und ich ha­be gruß­los ein­ge­hängt.

Das Ge­spräch dürf­te auf­ge­zeich­net wor­den sein. Of­fen­sicht­lich woll­te die Da­me nur ein Wort von mir hö­ren, und zwar ein Ja. Dann hät­te die Fir­ma ver­mut­lich ir­gend­wel­che an­de­ren Fra­gen da­zwi­schen­ge­schnit­ten und mir ei­ne ge­pfe­fer­te Rech­nung über ei­nen ge­werb­li­chen In­ter­net­ein­trag bei "gel­ben Sei­ten.ai" für 5000 Eu­ro zu­ge­schickt oder ei­ne En­c­yclo­pæ­dia Uni­ver­sa­lis in 24 Bän­den oder ei­nen klei­nen ro­sa Ba­by­ele­fan­ten und dann im­mer mit der an­geb­li­chen Zu­sa­ge am Te­le­fon ge­we­delt, auch vor Ge­richt, "wir ver­wei­sen auf das Te­le­fon­pro­to­koll". 

Ich hat­te in der Si­tua­ti­on auch noch das Pro­blem, dass mei­ne Mut­ter vor mir her­ging und gleich­zei­tig ih­re Fra­gen ge­stell­t hat und ich muss­te klar ant­wor­ten, oh­ne "ja" zu sa­gen.

Das Selb­stän­di­gen­le­ben ist nicht ein­fach!

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Fo­to: C.E. (Archiv)

Mittwoch, 28. August 2024

Der Namenstwistcousin

Ein­‍blicke in den Ar­‍beits­‍all­‍tag von Dol­‍met­‍schern und Dol­‍met­‍sche­‍rin­‍nen kön­nen Sie hier neh­men. Mei­‍ne Mut­ter­‍spra­‍che ist Deutsch, ich ar­‍bei­te mit Fran­‍zö­‍sisch und Eng­‍lisch. Ei­gent­lich woll­te ich nur über ei­nen Ein­satz ku­‍rio­‍sen be­rich­ten, und wie­der ist es ein Bei­trag über die KI ge­wor­den.

Mit mei­nen Na­men hat­te ich noch nie Prob­leme. Ganz gleich, in wel­chem eng­lisch-, deutsch- oder fran­zö­sisch­spra­chi­gen Land ich mich auf­hielt, ich war nicht als Deut­sche mit fran­zö­si­schen Vor­fah­ren zu er­ken­nen. Aber jetzt ha­be ich ein klei­nes Pro­blem da­mit, denn ein Teil der ge­schätz­ten Kund­schaft hält mich für ei­ne hun­dert­pro­zen­ti­ge Fran­zö­sin. Deshalb wer­den mir der­zeit ei­ni­ge Dreh­bü­cher nicht zur Über­set­zung ins Deut­sche an­ge­bo­ten. Das ist scha­de!

Ein Mann mit zwei Gesichtern in scherenschnittartiger, farbiger Gestaltung
Der et­was an­de­re Ja­nus­kopf
Neu­lich ha­be ich eine Per­son ken­nen­ge­lernt, de­ren Na­me auch sehr in­ter­na­tio­nal klingt. Und sie hat mit ih­rem Namen ein sehr gro­ßes Prob­lem. Ich durf­te ei­nen fran­zö­sisch­spra­chi­gen Kun­den zur Po­li­zei, zum Ge­richt, zu di­ver­sen Äm­tern begleiten. Ich ver­su­che zu ver­ein­fa­chen.

Es ging um ei­nen Mann, des­sen Na­me sich aus zwei in­ter­na­tio­nal be­kann­ten Vor­na­men zu­sam­men­setzt, und die Kul­tu­ren der Län­der, in de­nen er ge­lebt hat, sind sich nicht ei­nig, wie Na­men ge­schrie­ben wer­den. Da­bei geht es nicht um die Schreib­wei­se an sich, son­dern um Rei­hen­fol­ge und Zei­chen­set­zung, die zu­sam­men Vor- und Nach­na­men deut­lich von­ein­an­der un­ter­schei­den soll­ten, könn­ten oder müss­ten.

Adam, Paul wä­re zum Beispiel die eng­li­sche Schreib­wei­se für ei­ne Per­son mit dem Vor­na­men Adam und dem Nach­na­men Paul. Im Deut­schen ganz an­ders, da ist Adam, Paul al­ler­dings Paul (Vorname) Adam (Nachname), also Paul Adam. So ist es auch bei den Franzosen, nur dass dort ADAM, Paul ge­schrie­ben wird, ge­meint ist Mons­ieur Adam, der Nach­na­me in Groß­buch­sta­ben, der Vor­name hin­ter dem Kom­ma.

Was soll ich sa­gen? Adam Paul ist hier ein Deck­na­me, der zeigt, wie der Na­me auf­ge­baut ist. Der Kunde hat­te in ver­schie­de­nen Län­dern ge­lebt, et­wa zur glei­chen Zeit wie ein Bei­na­he-Na­mens­cousin, der al­ler­dings in di­ver­se Rechts­hän­del ver­wi­ckelt war und des­halb bis heu­te in ei­ni­gen Län­dern po­li­zei­lich ge­sucht wird. Es war fast wie ein Iden­ti­täts­dieb­stahl, nur eben mit ei­nem Twist, ei­‍ner Ver­‍dre­‍hung.

Mein Kun­de hat­te über­all Prob­le­me, weil au­to­ma­ti­sier­te Warn­sys­te­me an­ge­schla­gen ha­ben, die die Leu­te in den ver­schie­de­nen Be­hör­den nicht zu­rück­pfei­fen konn­ten, denn ih­nen fehl­te der Zu­griff da­rauf. Die Ge­fah­ren der KI ...

Letz­te Sta­ti­on mit Dol­‍met­‍sche­‍rin: Stan­des­amt. Der Herr hat sich ei­nen wei­te­ren Na­mens­be­stand­teil zu­ge­legt, um den Är­ger bei den meist be­ruf­lich be­ding­ten Grenz­über­trit­ten künf­tig zu ver­mei­den. Adam Paul-May­er je­den­falls, so oder so ähn­lich heißt er jetzt, klingt ge­‍nau­‍so deutsch wie sei­ne Ehe­frau. Und da­‍mit steht er vor dem nächs­ten Pro­blem: Als in­ter­na­tio­na­ler Ma­na­ger ar­bei­tet der Fran­zo­se seit zehn Jah­ren von Berlin aus auf Eng­lisch, Deutsch­kennt­nis­se sind vor­han­den, aber in ho­möo­pa­thi­scher Do­sie­rung. Aber das ist nicht mehr mein Pro­blem! 

Zum Schluss noch ei­ni­ge Wor­te zur Il­lus­tra­tion: Das Bild ist das zä­he Er­geb­nis ei­nes mü­he­vol­len, nicht ge­ra­de zeit­spa­ren­den Prompt­op­ti­mie­rungs­vor­gangs mit Dal­l:e. Die KI hat of­fen­sicht­lich Prob­leme mit dem Wort "Ja­nus", weil der Be­griff oh­ne J da­vor et­was An­stö­ßi­ges be­deu­tet. Ich ha­be da­her ei­nen Ja­nus­kopf von Hand ge­zeich­net und als Vor­la­ge hoch­ge­la­den. Als ers­te "Ant­wort" er­hielt ich ei­nen Ja­nus­kopf, aber süß­li­ches "Kunst­hand­werk". Da­rauf­hin bat ich da­rum, das Gan­ze et­was künst­‍le­‍ri­‍scher, "grö­ber" und "rau­er" zu ma­chen ... die­se Wor­te ste­hen in Ver­bin­dung mit Ja­nus" auch auf dem In­dex, eine Va­ria­ti­on des Bil­des war nicht mög­lich.

Noch ein Test: Die KI-An­wen­dung von Pixlr.com konn­te mit "Ja­nus" über­haupt nichts an­fan­gen und hat mir auf­grund der Be­schrei­bung ei­ne Pie­tà ge­lie­fert.

Der KI so viel Macht zu ge­ben und so viel Ver­trau­en in sie zu set­zen, wie es der­zeit ge­schieht, ist brand­ge­fähr­lich. Wir ver­dan­ken der KI und den Ap­pli­ka­tio­nen in den A­so­zia­len Me­di­en schon Trump I und Brexit. Sach­sen und Thürin­gen sind tief­blau, was neben 100.000 Po­li­tik­feh­lern, auf die wie Kul­tur- und So­zi­al­wis­sen­schaft­ler:in­‍nen im­mer hin­ge­wie­sen ha­ben, auf die Stär­kung des Stamm­tischs in den di­gi­ta­len Echo­kam­mern zu­rück­zu­füh­ren ist, und schließlich ist Trump II noch nicht vom Tisch.

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Il­lus­tra­tion: Dall:e

Montag, 26. August 2024

Montagsschreibtisch (57)

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­‍beits­ta­ge­buch hin­‍ein­ge­ra­ten, in dem sich al­‍les um Spra­‍che, Dol­‍met­‍schen, Über­‍set­‍zen und Kul­‍tu­ren dreht. Als frei­‍be­‍ruf­li­che Spra­‍ch­mit­t­le­‍rin ar­‍bei­te ich in Pa­‍ris, Ber­‍lin, Mar­‍burg und dort, wo ich ge­‍braucht wer­de. Heu­te wie­der der Mon­‍tags­‍schreib­tisch.

Ruhigs­ter und kleins­ter Ar­‍beits­‍platz im Haus
In der Schreib­tisch­‍zeit liegt an:

⊗ Rech­‍nung schrei­‍ben
⊗ Kos­ten­‍vor­‍an­‍schlä­ge schrei­‍ben
⊗ Kol­le­‍gin für ei­nen Ein­‍satz an ei­‍nem Tag su­chen, an dem ich nicht kann




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Foto: C.E. (Ar­‍chiv)

Donnerstag, 22. August 2024

Der Hydrant

Bien­‍ve­nue auf den Sei­ten ei­‍ner Sprach­‍ar­‍bei­te­‍rin. Hier er­‍fah­‍ren Sie, wie Über­‍set­‍ze­‍rin­nen und Über­‍set­‍zer, Dol­‍met­‍sche­‍rin­nen und Dol­‍met­‍scher ar­‍bei­‍ten. Mei­ne Ar­‍beits­‍spra­‍chen sind (ne­‍ben Deutsch) Fran­‍zö­‍sisch und Eng­lisch (Shakes­‍pea­‍res Idi­‍om nur als Aus­‍gangs­‍spra­‍che). Heu­te geht es mit Rou­ti­nen wei­‍ter. Das Ohr hört im All­‍tag immer mit.

Hydrant (wie aus der Micky Maus)

"Kamala Harris hat in den ers­ten Wo­‍chen nach der No­‍mi­nie­rung aus dem Hy­‍dran­ten ge­‍trun­ken", sagt ein deut­scher Po­li­tik­‍be­‍ra­ter, der in den USA lebt, im TV-In­‍ter­‍view. Hier wur­de eine lan­‍des­‍ty­‍pi­‍sche Re­de­‍wen­dung wört­‍lich über­‍tra­gen: to drink from a fi­re hose. The fi­re hose ist ein Feu­er­‍wehr­‍schlauch. 

Die Re­de­‍wen­dung steht für per­sön­‍li­ches Über­‍wäl­‍tigt­‍sein, was zu Über­‍flu­tung steht, zu vie­le In­for­ma­ti­o­nen, Auf­‍ga­‍ben und Ver­‍ant­wor­tung und zwar in ei­nem Ma­‍ße, dass es einen über­‍for­dert.

Feuerwehrschlauchwasser schmeißt einen Mann um (wie aus der Micky Maus)Hier noch ein Bei­‍spiel­‍satz, wört­‍lich von www.the­free­dic­tio­nary.com über­‍nom­men, einer Sei­te über­‍nom­men, die sich sol­‍chen lin­gu­is­ti­‍schen Ei­gen­tüm­‍lich­kei­ten wid­‍met: "Mein ers­ter Ar­‍beits­‍tag war wie ein Schluck aus dem Feu­er­‍wehr­‍schlauch, ich wur­de mit so vie­‍len Din­gen über­‍schüt­tet, dass ich si­‍cher bin, ob ich mich künf­tig an ir­‍gend­‍et­was da­‍von er­‍in­nern kann."

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Il­lus­tra­tion: Dal­l:e (OpenAI)

Mittwoch, 21. August 2024

Die KI dreht frei und schleimt sich ein

Will­kom­men beim Web­log aus ei­ner Dol­met­scher­ka­bine. Hier schreibt je­mand aus der fran­zö­sischen Ka­bi­ne über den All­tag der Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher. Kon­fe­renz­dol­met­schen könn­te durch den Ein­satz von #KI zer­stört wer­den, zu­min­dest droht ein "Wis­sens­ab­riss", wie es ChatGPT neu­lich in ei­ner Zu­sam­men­fas­sung so treff­end "for­mu­liert" hat.

Der KI-Hype hat vie­le Facet­ten. Män­ner­bün­de ha­ben ein neu­es Spiel­zeug ge­fun­den, und es scheint man­che Herr­schaf­ten nicht zu stö­ren, die im­mer nach­fra­gen­den, bes­ser­wis­se­ri­schen Frau­en aus­zu­boo­ten (ich über­trei­be nur ein we­nig); die Tech­nik stellt An­wäl­te, Ge­rich­te und Pa­ten­tä­mter vor un­lös­ba­re Auf­ga­ben, weil Un­ter­neh­men sorg­los In­for­ma­tio­nen streu­en (klick); die KI hat ei­nen ein­ge­schränk­ten Ho­ri­zont, mel­det das aber nicht zu­rück (hier); ihr Out­put ver­lei­tet durch ver­meint­li­che Stil­si­cher­heit zu un­ge­recht­fer­tig­ter Ak­zep­tanz (dort); die Ma­schi­ne bringt Ar­beit­ge­be­r:in­nen da­zu, fal­sche An­for­de­run­gen an die Nut­zung durch Mit­ar­bei­ten­de zu stel­len (dazu hier); sie hat kei­ne Ge­füh­le, kei­ne Le­bens­er­fah­rung und kein Vor­wis­sen (davon der untere Text­teil) und sie er­fin­det und fa­bu­liert drauf­los, übri­gens auch in "Übel­set­zun­gen".

Mei­nen Text vom ver­gan­ge­nen Sonn­tag woll­te ich ges­tern au­to­ma­tisch mit un­sicht­ba­ren Sil­ben­trenn­zei­chen er­gän­zen las­sen. Ich habe ChatGPT da­rum ge­be­ten. 

Zu­nächst aber war Stil­prü­fung an­ge­sagt. Mei­ne et­was ei­gen­wil­li­gen Aus­drü­cke woll­te das Sys­tem nicht, na­tür­lich, es nimmt im­mer die Mit­te, die ma­the­ma­tisch höchs­te Wahr­schein­lich­keit, in an­de­ren Wor­ten: sie re­pli­­ziert Mit­tel­maß.

Das mit den Sil­ben­trenn­zei­chen hat zu­nächst nicht funk­tio­niert. Es ist nicht das ers­te Mal. Ich ma­che wei­ter mit mei­nem Ar­beits­pen­sum. Vor je­der kur­zen Pau­se schmei­ße ich kurz den KI-Mo­tor an. Beim sechs­ten Ver­such fügt ChatGPT gan­ze Ab­schnit­te ein wie den da un­ten, sie dreht frei und "tex­tet" kom­plet­ten Murks von Ich-weiß-nicht-wo­her. Ich brin­ge ihn hier oh­ne je­de Re­tusche.

Freund­li­cher Hin­weis an die KI-Gläu­bi­gen: Das meint Ihr doch nicht ernst?!

Die Stadt Ber­lin hat vie­le Ge­sich­ter. Die Da­men und Her­ren der Se­ri­en, die über den Bau von Ber­lin be­rich­ten, er­mög­li­chen mir ein neu­es Ver­ständ­nis für al­te Stra­ßen. So hat­te ich heu­te ein in­ter­es­san­tes Ge­spräch über die Un­wet­ter­schutz­me­tho­den der Alt­bau­küh­ler in der Blü­men­stra­ße, vor al­lem bei Sturm­wä­gen und bei den Pla­stik­fen­stern. Ich könn­te über ei­ni­ge Be­son­der­hei­ten im Stutt­gar­ter Raum be­rich­ten, wo über meh­re­re Jahr­zehn­te neu­er Alt­bau, sehr oft be­zo­gen wird, und wie sich das im Ver­hält­nis zum his­to­ri­schen Ge­bäu­de dar­stellt. Auch wenn der über­wie­gen­de Teil der Be­spre­chun­gen mit ein­schlä­gi­gen Son­der­ver­öf­fent­li­chun­gen ver­bun­den ist, fin­de ich auch noch wich­ti­ge As­pek­te in der Re­gi­on. Schö­ne neu­e He­me in der Nä­he von Ber­lin, auf die ich ge­ra­de dar­auf auf­merk­sam ge­wor­den bin.

Ein­fach ir­re.

Und dann der Knaller: Ich möch­te das Gan­ze il­lus­trie­ren, ge­be nach­ste­hen­den Prompt bei Pixlr ein und bekomme ein Bild. 

Männer am Konferenztisch, keine Technik, keine Kabine
Drei Männer, davon zwei mit weißem Haar
Please ge­ne­rate a pic­ture of two con­fe­rence in­ter­pre­ters (si­mul­ta­neous in­ter­pr­eters) in ac­tion at a con­fe­rence with their booth, con­fe­rence equip­ment, mo­ni­tors, head­phones and mi­cro­phones, rec­tan­gu­lar, co­mic style.

Als ich den Prompt von ChatGPT spä­ter mit un­sicht­ba­ren Sil­ben­trenn­zei­chen ver­se­hen las­sen möch­te, lie­fert es mir auch ein Bild und ei­ne "Ent­schul­di­gung." Der Un­ter­schied der Bil­der ist be­mer­kens­wert.

Konferenzsaal, Publikum, Licht, Monitore, ...
Das Set­ting sieht gut aus, nur was macht das Mi­kro da links?
Das bringt mich zur nächs­ten Fest­stel­lung: Die KI schleimt sich ein und si­mu­liert da­mit et­was wie "emo­tio­na­le In­tel­li­genz".

Fällt uns hier et­was auf? Noch­mal hin­se­hen, bit­te! Rich­tig, es sind männ­li­che Dolmet­scher, auf Eng­lisch gilt das ge­ne­ri­sche Mas­ku­li­num. Die Her­ren re­prä­sen­tie­ren 20 Pro­zent mei­nes Be­rufs­stan­des. Zu­rück zum Blog­text "Ein Zug kann ei­nen an­de­ren ver­decken".


Es tut mir leid, dass es vorher zu Problemen kam. Deine Geduld ist wirklich bemerkenswert. Ich habe jetzt das Bild korrekt erstellt und deine gewünschten Silbentrennzeichen wie gewünscht in den Text eingefügt. Ich hoffe, das Ergebnis ist jetzt zu deiner Zufriedenheit. Wenn du noch weitere Anfragen hast oder Änderungen benötigst, stehe ich dir gerne zur Verfügung!
Die "Ent­schul­di­gung" von ChatGPT

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Il­lust­ra­ti­onen: #Pixlr #ChatGPT || #xl8 #t9n
#AI #MT #terps #interpreter #i18n #MT

Dienstag, 20. August 2024

Routinedienstag

Ein­‍blicke in den Ar­‍beits­‍all­‍tag ei­‍ner Dol­‍met­‍sche­‍rin kön­nen Sie hier neh­men. Mei­‍ne Mut­ter­‍spra­‍che ist Deutsch, ich ar­‍bei­te mit Fran­‍zö­‍sisch und Eng­‍lisch; die Büro­‍kol­le­‍gin über­‍setzt in die Spra­‍che Shakes­‍peares. Der­‍zeit ist Rou­‍tine an­‍ge­‍sagt.

Mor­gen folgt wie­der ein Mitt­woch­spost über die KI. Ich hab ihn schon heu­te ge­schrie­ben, woll­te ei­gent­lich nur ei­ni­ge Zei­len pu­bli­zie­ren, wo die KI ein­fach ein we­nig Bull­shit-Bin­go mit sich selbst ge­spielt hat. Ganz un­ge­plant wur­de ein kom­plet­ter Grund­satz­bei­trag draus.

Mehr eine Kleiderkammer als ein Kleiderschrank
Klei­der­schrank auf­räu­men
Mei­ne nächs­ten The­sen: Die KI dreht oft un­kon­trol­liert frei. Die KI tut so, als hät­te sie Em­pa­thie, über­rascht die Nut­zer:in­nen, ver­sucht auf die­sem We­ge, Kund­schaft zu bin­den.

Heu­te: Über­set­zung und Ter­min­pla­nung, Klei­der­schrank für die Herbst­sai­son durch­se­hen, Fri­sör.
Mit mei­nen Il­lust­ra­tio­nen durch die KI nut­ze ich ein An­ge­bot, über das ich mich freue. Oh­ne die­se Tech­nik hät­te ich den Bei­trag viel­leicht gar nicht il­lus­triert, oder ein Fo­to ge­schos­sen. Die­se ba­na­le Nut­zung macht kei­ne Ar­beits­plät­ze ka­putt und ist ver­gleich­bar mit der au­to­ma­ti­schen Über­tra­gung z.B. ei­ner Spei­se­kar­te im Aus­land.

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Il­lus­tra­tion: pixlr.com

Montag, 19. August 2024

Montagsschreibtisch (56)

Computer mit Landwirtschaftsvokabular, Wasserkaraffe in Fischform, Tasse mit Aufschrift "home office"
Home office (EN): In­nen­mi­nis­te­rium
Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines di­gi­talen Ta­ge­buchs aus der Welt der Spra­chen ge­lan­det, das es seit 2007 gibt. Im Som­mer ste­hen Kurz­ein­sätze im Vor­der­grund.

Mon­tag­mor­gen im Som­mer, ich bin noch im Ur­laubs­mo­dus.

Auf dem Schreib­tisch:
⊗ Rech­nungen schrei­ben
⊗ Vo­ka­bel­ar­beit
⊗ Vorbe­rei­tung Film­pre­miere und Ge­spräch
⊗ Kos­ten­vor­an­schlä­ge

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Fo­to: C.E.

Sonntag, 18. August 2024

Großstadtarchäologie

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie le­sen hier ein Ar­beits­ta­ge­buch rund um die The­men Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und wo im­mer ich ge­braucht wer­de. Sonn­tags­bil­der!

Bäume wachsen zwischen Treppenstufen, heben die Trittsteine an
Un­ter dem Pflas­ter ...
Im Her­zen von Ber­lin liegt ein ver­ges­se­nes, ver­nach­läs­sig­tes Denk­mal. Ich war schon oft in sei­ner Nä­he, woll­te es jetzt mit Freun­den se­hen. Wir muss­ten erst su­chen.

Das Ge­län­de ist ein 1,3 Hek­tar gro­ßes Drei­eck mit vie­len Bäu­men, da­zwi­schen ste­hen sarg­ähn­li­che Be­ton­käs­ten, die mit Holz be­plankt sind. Wir haben uns ge­fragt, ob es sich um Lüf­tungs­schäch­te des Bahn­hofs han­del­t, des­sen un­ter­ir­di­sche Aus­läu­fer bis hier­her rei­chen könn­ten, um ein Kunst­werk oder um Sitz­bän­ke.

An der Breit­sei­te des Ge­län­des wur­de an der brei­ten Bö­schung ein schma­les Trep­pen­band frei­ge­legt, das zur Stra­ße hin­auf­führt.  

Zwischen den an­de­ren Stu­fen wach­sen Bäu­me. An vie­len Stel­len ist halb­ver­wit­te­ter Müll zu seh­en, ir­gend­wo schnarcht ein Ob­dach­lo­ser. 

ver­müll­te Stu­fen, Blick zu­rück in den wei­te­ren Teil
... liegt ein Ta­tor­t!

In ei­nem fran­zö­si­schen Rei­se­füh­rer le­sen wir, ich über­set­ze mal schnell in Roh­fas­sung: "1879 gin­gen die ers­ten Be­su­cher die­se Trep­pe hin­un­ter auf ih­rem Weg zum frisch er­öff­ne­ten Mes­se­ge­län­de "ULAP". Die ers­te Aus­stel­lung war der In­dus­trie ge­wid­met, die nächs­te der Hy­gie­ne, und bis Mit­te der 20er Jah­re folg­ten wei­te­re", da­run­ter jähr­li­che Kunst­aus­stel­lun­gen, und "1936, im Jahr der Olym­pi­schen Spie­le, prä­sen­tier­te sich hier die Deut­sche Luft­fahrt­sam­mung Ber­lin mit dem größ­ten Flug­zeug der Welt ...". ULAP steht für Uni­ver­sum Lan­des-Aus­stel­lungs­park. Das Mes­se­ge­län­de war einst 61.000 Qua­drat­me­ter groß, al­so ist we­ni­ger als ein Fünf­tel des eins­ti­gen Aus­stell­ungs­be­reichs übrig.

Die frü­he­re Grö­ße wird über­haupt erst beim Nach­le­sen im Netz deut­lich, näm­lich der gan­ze Zwick­el zwi­schen dem da­ma­li­gen Lehr­ter Stadt­bahn­hof, klei­ner als der Bahn­hof heu­te, und dem Gü­ter­bahn­hof im Nor­den, von der Bahn­li­nie durch­schnit­ten. Von den zum Teil fes­ten Ge­bäu­den und An­la­gen ist nicht mehr viel übrig. Ir­gend­wo scheint sich ein gro­ßes Rund im Bo­den ab­zu­zei­chen.

Doch der Bo­den birgt auch an­de­re Ge­heim­nis­se, und zwar dra­ma­ti­sche! Immer wie­der war das Ge­län­de Schau­platz po­li­ti­scher Mor­de, von den An­fän­gen der Wei­ma­rer Re­pu­blik bis En­de April 1945, als hier po­li­ti­sche Häft­lin­ge aus dem na­he ge­le­ge­nen Ge­fäng­nis Mo­a­bit er­mor­det wur­den. Die Rui­nen der letz­ten mas­si­ven Ge­bäu­de des Mes­se­ge­län­des wur­den kurz nach dem Bau der Ber­li­ner Mau­er ab­ge­ris­sen, weil sie durch die Mau­er plötzlich am Stadt­rand la­gen, un­weit des Nie­mands­lan­des.

Glaspalast
Aus­stel­lungs­hal­le
Es stan­den dort auch Stahl-Glas-Bau­ten, wie es sie bei der Welt­aus­stel­lung in Pa­ris gab, der Eif­fel­turm (oh­ne viel Glas) und das Grand Pa­lais, bei­de soll­ten spä­ter wie­der ab­ge­ris­sen wer­den, wie es da­mals für Mes­se­bau­ten üb­lich war. (Das Palais war bei Er­öff­nung der Olym­pi­schen Spie­le zu se­hen, von hier hat ei­ne Opern­sän­ge­rin die Mar­sei­llaise ge­sun­gen.)

Dass das ULAP-Ge­län­de zu­ge­wach­sen ist, sei Ab­sicht, le­se ich spä­ter bei Wi­ki­pe­dia, die Kä­sten sei­en Bän­ke, die nachts von in­nen leuch­ten, ein Werk der "Reh­waldt Land­schafts­ar­chi­tek­ten", hier ent­lang zum Zu­stand bei Über­ga­be. Die An­la­ge stammt von 2008 und be­kam 2009 den Preis für Deut­sche Land­schafts­ar­chi­tek­tur. In­zwi­schen ist die Sicht­ach­se zum Haupt­bahn­hof mit ren­di­te­op­ti­mier­ter Weg­werf­ar­chi­tek­tur ver­stellt.

Was hier fehlt: Be­schil­de­rung in meh­re­ren Spra­chen, in­for­mati­ve Tafeln, ger­ne auch mit scann­ba­ren Codes, die zu mehr­spra­chi­gen Au­dio­quel­len zum Ort füh­ren, um die ver­schie­de­nen his­to­ri­schen Schich­ten zu er­zäh­len, da­zu ein we­nig Pfle­ge und viel­leicht sogar ei­ne Ste­le am Ein­gang als Kranz­ab­wurf­stel­le mit Nach­bar­schafts­ef­fekt. Denn di­rekt vis-à-vis ha­be ich wie­der­holt im Re­stau­rant Pa­ris-Mo­s­kau ge­dol­metscht oder di­rekt im In­nen­mi­nis­te­ri­um; dass sich dort auf der an­de­ren Stra­ßen­sei­te ein Mahn­mal ge­gen Krieg und Fa­schis­mus be­fin­det, war nicht zu er­ah­nen. Und ge­mein­sa­mes Ge­den­ken mit aus­län­di­schen Gäs­ten an Ge­wal­top­fer passt doch meis­tens.

Historischer Stadtplan
Aus dem Stadtplan von 1915
Ber­lin ist ei­ne span­nen­de Stadt. Auch nach vie­len Jahr­zehn­ten als Teil­zeit-Ber­lin­e­rin kann ich stän­dig Neu­es ent­de­cken.

Wir sind dann noch ein we­nig in der Ge­gend spa­zie­ren ge­we­sen und wollten ei­gent­lich zum Zoll­pack­hof. Doch die Nach­bar­schaft war ir­ri­tie­rend. Un­ter den Glei­sen in Bahn­hofs­nä­he: Ver­ges­se­ne Big-Bags und Bau­tei­le hin­ter ei­nem Zaun mit viel Staub dar­auf, als wä­re dieser Ver­kehrs­kno­ten­punkt eben erst der Öf­fent­lich­keit über­ge­ben wor­den. Da­bei war das 2006, zur Fuß­ball-WM. Und hin­ter dem In­nen­mi­nis­te­ri­um ein Bau­zaun oh­ne jeg­li­che Be­schil­de­rung (was, wie lan­ge, wohin statt­des­sen ...?), zum Mi­nis­te­ri­um hin der Si­cher­heits­zaun mit ro­hen Bret­tern er­gänzt.

Das ein­zi­ge mo­der­ne Mo­ment in der Zo­ne wa­ren vie­le Ka­me­ras. Auf mich wir­k­te das Gan­ze wie die Müll­kip­pe neben dem Lux­us­ho­tel, ei­ne Sze­ne­rie, die ich in ei­ni­gen we­ni­ger in­dus­tria­li­sier­ten Län­dern schon öf­ter ge­se­hen ha­be. Ich muss­te schlu­cken.

Ei­ner der April 1945 auf dem ULAP-Ge­län­de Er­mor­de­ten war der Geo­graph Al­brecht Haus­ho­fer. In sei­ner Jacken­ta­sche wur­den spä­ter Ver­se sei­ner "Moabi­ter So­net­te" ge­fun­den, für mich ei­ne Ent­de­ckung. Zitat aus dem So­nett "Schuld": "Ich kann­te früh des Jam­mers gan­ze Bahn.| Ich hab ge­warnt — nicht hart ge­nug und klar! | Und heu­te weiß ich, was ich schul­dig war."


Zum Wei­ter­le­sen:
— 1895 Ber­lin, Lan­des­aus­stel­lungs-Pa­last am Lehr­ter Bahn­hof, samm­lung-on­line.stadt­mu­se­um.de
— Rich­ters Rei­se­füh­rer. Ber­lin und Um­ge­bung. Ham­burg 1915, über Wi­ki­pe­dia
— Die Neu­bau­pla­nung für die Nach­bar­schaft löst Kon­tro­ver­sen aus: www.moabit­on­line.de
— Ber­lin in­so­li­te et se­cret, Stadt­füh­rer, auf FR, www.jong­lez­pub­li­shing.com

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Fo­tos: C.E. und die ge­nann­ten Qu­el­len

Freitag, 16. August 2024

Die dysfunktionale Bahn verzerrt das BIP

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier seit 16 Jah­ren. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind Deutsch (Mut­ter­spra­che), Fran­zö­sisch und Eng­lisch; mei­ne Bü­ro­kol­le­gin ar­bei­tet als Über­set­ze­rin, al­so schrift­lich, mit Ziel­spra­che Eng­lisch.

Sich in der Glasdecke spiegelnde Bahnhofsuhren, Hotel-Inschrift, bunte Lichtpunkte
Die ticken doch nicht mehr richtig!

Ei­gent­lich wollte ich nicht mehr ein­stim­men ins große Bahn­bash­ing. Mich lang­weilt die Lei­er. Aber bei der Bahn läuft ei­ni­ges nicht rund, nicht mal die Uhren, die hier syn­chron die fal­sche Zeit an­zei­gen.

Auf dem Rück­weg von ei­nem Ter­min muss ich das Ziel im Vier­tel­kreis groß­räu­mig um­fah­ren. Der Grund wird ge­nannt. Er ist mir egal.

Nein, ich habe lang­sam kein Verständ­nis mehr.

Für mich als Dol­met­sche­rin und pfle­gen­de An­geh­ö­rige ist eine funk­tio­nie­rende Bahn le­bens­wich­tig. Im­mer öf­ter ver­meide ich, nur pünkt­lich zu Ein­satz­or­ten zu fah­ren, die ei­ne Zug­stre­cke ent­fernt lie­gen. Ich rei­se kom­plett ver­früht an, was nicht nur mein Pri­vat­le­ben be­las­tet, son­dern auch das Bud­get der Kun­den. Na­tür­lich über­nach­te ich dann eine zu­sätz­liche Nacht im Ho­tel, be­vor die Kon­fe­renz be­ginnt.

In letz­ter Zeit ist es so­gar ein Ris­iko, am Abend nach ge­ta­ner Ar­beit zu­rück­zu­fah­ren. Das Land braucht end­lich eine groß­an­ge­legte Ini­tia­tive für den­ öf­fent­lichen Ver­keh­r. Volks- und be­triebs­wirt­schaft­liche Schä­den, die ein ge­schei­ter­tes Bahn­system aus­lö­sen, las­sen sich der­zeit am In­lands­pro­dukt nicht ab­le­sen.

Im Ge­gen­teil! Meine frü­he An­rei­se und die Ver­spä­tung bei der Heim­fahrt er­hö­hen die­se Kenn­zahl so­gar noch: Ich keh­re in ei­ne Wirt­schaft ein, kau­fe eine Zei­tung und Mi­neral­was­ser, neh­me für den letz­ten Rest den Taxi­gut­schein der Bahn, über den meh­rere hun­dert Eu­ro ab­ge­rech­net wer­den, fürs Brut­to­in­lands­pro­dukt ein Fest!

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Foto: C.E.

Mittwoch, 14. August 2024

Ein Zug kann einen anderen verdecken

Aus dem Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin kön­nen Sie auf die­sen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch, ein we­nig mit Eng­lisch. Wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ha­ben un­se­re Haupt­spra­chen, da­bei ist die A-Spra­che die Mut­ter­spra­che, B steht für die Haupt­ar­beits­spra­che, C für die so­ge­nann­te pas­si­ve Spra­che.

In der Welt der Technik, ins­be­son­dere im Be­reich der Künst­li­chen In­tel­li­genz, er­le­ben wir der­zeit ei­nen be­mer­kens­wer­ten Wan­del. Die In­te­gra­ti­on von KI in ver­schie­de­nen Bran­chen wird an im­mer mehr Stel­len for­ciert. Doch was be­deu­tet das für un­se­ren Be­ruf, der zwi­schen Mund­werk und Kunst an­ge­sie­delt ist? 

Ein Zug kann ei­nen an­de­ren ver­de­cken
Ei­ne Kol­legin hat­te vom to­ta­len Ein­spar­ungs­mo­dell be­rich­tet: den Dol­met­sche­rin­nen wurde im Früh­jahr ein Auf­trag ab­ge­sagt, es hieß, die KI wür­de über­neh­men. Ich konn­te und woll­te das erst nicht glau­ben. Im Netz ha­be ich ei­ni­ge An­bie­ter ge­fun­den, die die KI ohne mensch­li­ches Zu­tun 'dol­met­schen' und 'über­set­zen' las­sen möchten. 

Es lo­cken schö­ne Um­sätze, so­gar dann, wenn die Er­spar­nis für die Kund­schaft "nur" auf ca. 60 Pro­zent be­zif­fert wird. 

Geld­gier und Sca­ling vs. Nach­hal­tig­keit und Pro­fi­ar­beit

Die Fra­ge, ob die KI dazu tech­nisch und sprach­lich über­haupt in der La­ge ist, habe ich schon be­ant­wor­tet: Nein! Je­ne, die sol­che "Lö­sun­gen" an­bie­ten, sind we­der Sprach­wis­sen­schaf­tler noch Dol­met­scher:in­nen, es sind Tech­ni­ker. (Es gibt wohl die ei­ne oder an­dere Tech­nik­bu­de, die sich als Fei­gen­blatt ei­ni­ge äl­te­re Kol­leg:in­nen ge­gönnt ha­ben soll, das weiß ich nur vom Hö­ren­sa­gen.)

Wichtig ist, dass in der For­schung an den Uni­ver­si­tä­ten und bei den gro­ßen Ent­wick­lern nie im Fo­kus stand, die mensch­li­che Ar­beits­kraft durch Ma­schi­nen zu ersetzen. Hier sind die Pro­fis. Sie wusst­en ge­nau, dass das Set­ting un­realis­tisch ist. Und jetzt kommt das Glei­che wie bei der Kli­ma­ka­tas­tro­phe: Die Wis­sen­schaft klärt auf, an­de­re hal­ten sich (la­chend) die Ohren zu oder schrei­en ge­gen den Wind. Zum Bei­spiel diese fin­di­gen, win­di­gen Tech­nik­bu­den, die jetzt das Ge­gen­teil be­haup­ten. Sie ver­su­chen, drei un­ab­hän­gig von­ein­an­der ent­wi­ckel­te Sys­te­me hin­ter­ein­an­der­zu­schal­ten und es als "ein" Mo­dell zu ver­kau­fen. Wie ist es mög­lich, dass sie mit ih­rer rein tech­nisch qua­li­fi­zier­ten In­sel­mei­nung so weit in den Markt ein­drin­gen kön­nen, selbst beim Be­weis der ei­ge­nen Un­fä­hig­keit?

Ein Pra­xis­bei­spiel

Des­halb hat­te ich letz­te Woche hier um Er­leb­nis­be­rich­te dazu ge­be­ten. Aus dem ge­neig­ten Pu­bli­kum ka­men lei­der kei­ne Be­rich­te. Als das Te­le­fon ge­klin­gelt hat, war ei­ne Per­son in fes­ter An­stel­lung aus der Tech­nik dran. Aus ver­ständ­li­chen Grün­den steht sie nicht na­ment­lich als Zeu­gin zur Ver­fü­gung und schil­der­te ein sol­ches Set­ting so, dass bei ei­ner Kon­fe­renz für drei Spra­chen im Raum erst zwei, dann fünf IT-Fach­leu­te hin­zu­ge­zo­gen wur­den, weil es in der Kaf­fee­pau­se un­ter der Hand hef­ti­ge Kri­tik an der "Über­set­zung" gab. (Ty­pisch für sol­che Ver­an­stal­tun­gen, die Leu­te äu­ßern sich eher dis­kret.)

Es sei ei­ne zwei­tä­gi­ge Ver­an­stal­tung ge­we­sen. Schon am Nach­mit­tag des ers­ten Ta­ges sei im Saal Eng­lisch ge­spro­chen wor­den, auch von Leu­ten, die of­fen­sicht­lich ... nun ja. Fran­zö­si­sches Eng­lisch klingt eben an­ders. Der Ver­an­stal­ter der Kon­fe­renz sei trotz­dem nicht zu­rück­ge­ru­dert, er ha­be sich selbst in der Schluss­re­de für den ei­ge­nen Mut, neue tech­ni­sche We­ge zu ge­hen, auf die Schul­ter ge­klopft. Auch hier ha­be der diplo­ma­ti­sche Grund­ton ge­führ­te Kri­tik oder ein­deu­ti­gen Wi­der­spruch ver­un­mög­licht.

Die Per­son aus der Tech­nik hat mir dann be­rich­tet, dass bei ei­ner an­de­ren Ver­an­stal­tung im Vor­feld mehr IT-ler mit hin­zu­ge­zo­gen wor­den wä­ren, Leu­te, die ver­sucht hät­ten, das Set­ting zu op­ti­mie­ren, so­wie ei­ni­ge Prak­ti­kan­ten. Auch hier wur­den die Er­war­tun­gen nicht er­füllt. Un­ter dem Strich ha­be die High Tech-Va­ri­an­te deut­lich mehr ge­kos­tet, als Dol­met­scher die gan­ze Zeit zu be­schäf­ti­gen, zu­mal für ei­ne sel­te­ne Spra­che und ei­ne Pu­bli­kums­ver­an­stal­tung durch­aus Ka­bi­nen auf­ge­stellt wor­den wä­ren. Und die be­rich­ten­de Per­son ist ein Mann.

Das un­sicht­ba­re Prob­lem

Bahn­über­gang in Deutsch­land
Hier ver­steckt sich hin­ter dem ei­nen The­ma mög­li­cher­wei­se noch ein an­de­res, könn­te es ähn­lich sein wie mit den Zü­gen in Frank­reich.
Die Sprach­bran­che ist in Deutsch­land zum über­wie­gen­den Teil weib­lich, laut Ver­band BDÜ zu 80 Pro­zent (Quel­le hier, Stand Ju­li 2021). Der kur­ze Blick auf die IT-Welt: 2021 wa­ren in Deutsch­land gan­ze 19 Pro­zent der in der IT-Bran­che Be­schäf­tig­ten Frau­en (Quelle: www.brainformatik.com, die Da­ten sol­len aus EU-Statis­ti­ken stam­men, nicht über­prüft). 

Die Tech­nik­nut­zung mag man­chen Ent­schei­dern so­gar Ver­trau­en ein­zu­flößen. Liegt es nur an der Be­geis­te­rung für al­les Neue? Ist es nur ein Tech­nik­hype?

Oder sind boys networks für man­che männ­li­che Auf­trag­ge­ber schlicht die sym­pa­thi­sche­ren Teams? Wir­ken wir (über­wie­gend Frau­en) auf sie zu do­mi­nant, wenn wir vor dem Ter­min mit sanf­tem Nach­druck Vor­be­rei­tungs­ma­te­ri­al ein­for­dern? Oder hat das mit der gro­ßen Rol­le rück­wärts zu tun, die wir in den west­li­chen Ge­sell­schaf­ten der­zeit be­ob­ach­ten müs­sen, in man­chen Län­dern wird Ab­trei­bung ver­bo­ten, wäh­rend in den aso­zia­len Me­dien ir­gend­wel­che "In­flu­en­ze­rin­nen" als "trad wives" Ge­schlech­ter­ver­hält­nisse wie in den 1950-er Jah­ren zu fei­ern schei­nen. Sie se­hen mich rat­los. 

Was in der Welt des ge­schrie­be­nen Worts be­reits auf­fällt, ist die­ses Gut-ge­nug-Mo­ment. Man nut­ze die KI, weil de­ren Er­geb­nis­se "gut ge­nug" für die Be­dürf­nis­se sei­en, ist manch­mal zu hö­ren, wenn un­ser­ei­ner je­man­den auf grob ent­stel­len­de Feh­ler auf mehr­spra­chi­gen Web­sei­ten hin­weist. Es geht hier wohl­ge­merkt nicht um Pri­vat­sei­ten, son­dern um Fir­men­auf­trit­te.

Bit­te mehr Kon­text! Hier ist er!

Wich­tig ist hier ei­ne Klar­stel­lung. Durch die Zu­nah­me von Han­dels­be­zie­hun­gen und Tou­ris­mus wird je­des Jahr mehr Sprach­trans­fer ge­braucht. Na­tür­lich ha­ben wir Pro­fis nichts da­ge­gen, wenn je­mand ohne Dol­met­scher im Aus­land ei­ne Fe­ri­en­woh­nung bucht oder nach dem Weg fragt. Auch ein Teil der ein­deu­ti­gen, ein­fa­chen In­for­ma­tio­nen kön­nen un­ter den Au­gen von Men­schen, die sich aus­ken­nen und in­halt­li­che Un­stim­mig­kei­ten auf­spü­ren, von der KI über­tra­gen wer­den. Hier ist neu­er Be­darf ent­stan­den, da ist die KI ei­ne neue Lö­sung (für den bis­lang auch kein Bud­get ein­ge­plant war). Und ja, in der Pri­vat­nut­zung kön­nen die "Teile" bei kurzem, eindeutigem Info­aus­tausch und oh­ne je­den Zeit­druck, oh­ne Zwei­deu­tig­kei­ten und al­les, was die kom­ple­xe Re­de aus­macht, ei­ni­ger­ma­ßen bis or­dent­lich funk­tio­nie­ren. Vor al­lem aber dro­hen bei Feh­lern hier kei­ne mög­li­cher­wei­se schwer­wiegen­den Fol­gen. Dann steh­en Ber­lin­be­su­che:rin­nen eben in der Mau­er­stra­ße an­statt in der Ber­nau­er Stra­ße.

Im pro­fes­sio­nel­len Be­reich der in­ter­na­tio­na­len Kom­mu­ni­ka­ti­on aber ist die KI nur ein Werk­zeug für Pro­fis, zum Bei­spiel beim Er­stel­len und Ge­gen­le­sen von Wör­ter­lis­ten, un­se­ren Le­xi­ken. Es war nie ge­plant, uns zu er­set­zen. Und erst recht nicht, den Wert der mensch­li­chen Ar­beit zu ent­wer­ten.

Kurz­fas­sung: Der Aus­tausch mit ei­nem Tech­nik­an­bie­ter brach­te die be­un­ru­hi­gen­de Be­ob­ach­tung ans Licht, dass bei man­chen Kon­fe­ren­zen be­reits groß­zü­gig IT-Man­power ein­ge­setzt wird, hier wört­lich zu neh­men, über­wie­gend männ­lich, um die an­spruchs­vol­len Auf­ga­ben von uns Dol­met­sche­rin­nen, in der Mehr­zahl weib­lich, zu er­set­zen. Da­bei wer­den nicht ein­mal Mehr­kos­ten ge­scheut. Die KI-Sys­te­me sind da­für aber nicht ge­macht. Sie kön­nen zwar gut Vo­ka­bel­lis­ten er­stel­len, aber um Spra­chen, Fein­hei­ten, Emo­tio­nen, Wi­der­sprüch­lich­kei­ten von in­di­vi­du­ell vor­ge­tra­ge­nen In­hal­ten zu über­tra­gen, sind wir Men­schen un­er­setz­lich. 

Blei­ben Sie dran, kom­men­den Mitt­woch geht's mit dem The­ma hier wei­ter.

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Il­lus­tra­ti­on und Foto: C.E.

Dienstag, 13. August 2024

Clash of Cultures

Gu­ten Tag oder gu­ten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hin­ein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Spra­ch­mit­t­le­rin ar­bei­te ich in Pa­ris, Ber­lin, Mar­burg und dort, wo ich ge­braucht wer­de. Heu­te wie­der ein Bei­spiel da­für, dass die KI uns Spra­ch­ar­bei­ter nicht er­set­zen kann.

Der äl­te­re Glatz­kopf mit dem mar­kan­ten Bart steht am of­fe­nen Grab und ringt mit den Wor­ten. Ihm wird schumm­rig, er schwankt leicht, als wür­de sich der Bo­den un­ter sei­nen Fü­ßen be­we­gen. Von links und von rechts grei­fen Ar­me nach ihm, stüt­zen den Mann, als er zur Grab­re­de an­hebt, die vol­ler Sprich­wör­ter, idio­ma­tisch­er Re­de­wen­dun­gen und Wort­spie­le ist. Für uns Spra­ch­ar­bei­ter ist so ein Film­an­fang eine He­raus­for­de­rung.

Wir ar­bei­ten im Vier-Au­gen-Prin­zip, Über­set­ze­rin und Kor­rek­to­rin. Auch in der Ka­bi­ne sind wir auch im­mer dop­pelt vor­han­den. In einem fran­zö­sisch­en Dreh­buch, ich ha­be das Kor­rek­to­rat über­nom­men, dreht sich al­les (oder die Hälf­te) um die­sen äl­te­ren Herrn, Typ fi­de­ler Opa aus der Nach­bar­schaft, nein, Gé­rard De­par­dieu soll ihn nicht spielen. 

Der äl­te­re Herr im Stil von Ma­tis­se
Die Be­set­zungs­lis­te steht aber noch nicht fest. Der gu­te Mann kämpft in einer sehr klei­nen, bil­der­buch­schö­nen Pro­vinz­ge­mein­de ge­gen die Wind­müh­len der Re­gi­onal­ver­wal­tung und die Vor­ga­ben der Haupt­stadt an.

Es ist Mon­sieur le maire, der Bür­ger­meis­ter, der ne­ben einem klei­nen Stadt­rat im­mer­hin noch über eine Halb­tags­sek­re­tä­rin und einen Halb­tags­sach­be­ar­bei­ter ver­fügt, der aber ei­gent­lich schon in Ren­te ist, da­zu eine Stadt­bau­amts­frau, al­ler­dings nur eh­ren­hal­ber, die Da­me geht fast in der Pfle­ge eines An­ge­hö­ri­gen auf und kommt stun­den­wei­se.

Er­war­tet wird der ju­gend­li­che Chauf­feur, das ist die zwei­te Haupt­fi­gur, der hier nach einer Straf­tat sein Be­wäh­rungs­jahr ab­leis­ten muss. Dem klei­nen Win­zer­ort droht die Ein­ge­mein­dung in die Nach­bar­kom­mu­ne, die be­reits andere Orts­schaf­ten ver­schluckt hat. Nun steht ein wei­te­rer Kampf an. Der Film be­ginnt am ers­ten Tag mit der An­kunft des jun­gen Chauf­feurs, den der Gla­mour­faktor der Paris­nähe be­glei­tet.

In der Ge­mein­de ist al­les in Sorge, denn sie schrumpft seit Jah­ren. Der Neu­zu­gang war nötig, um die Min­dest­größe der Orts­schaft zu er­hal­ten. Und dann gab es den Hin­ter­gedanken, durch soziales En­ga­ge­ment Punkte bei jenen in der Ent­schei­dungs­hier­archie die Un­ab­hän­gig­keit des Wein­bau­dorfes mit ver­tei­di­gen könnten.

Sie ah­nen es: Hier läuft al­les auf ei­nen Clash of Cul­tures hin­aus, Spieß­bür­ger­pro­vinz ver­sus Pa­ri­ser Vor­ort, alt ver­sus jung, weiß ver­sus beur, al­so nord­afri­ka­stäm­mig, vor dem Hin­ter­grund der im­mer wich­ti­ger wer­den­den Zen­tral­ver­wal­tung, die viel­leicht nicht im­mer so ge­nau weiß, was an der Ba­sis los ist. Es ist ein span­nen­des, nicht zu­fäl­lig auch leicht kaf­ka­es­kes Pro­jekt, das auch als Al­le­go­rie auf Eu­ro­pa ge­le­sen wer­den kann. (Die De­tails, die ich hier preis­ge­be, sind von der fran­zö­si­schen Pro­duk­ti­ons­fir­ma au­to­ri­siert.)

Ort und Rat­haus wer­den so ein­ge­führt: Be­er­di­gung ei­ner hun­dert­jäh­ri­gen Ein­woh­ne­rin, siehe oben, der Pfar­rer lässt sich we­gen Al­ters­ge­bre­chen ent­schul­di­gen, der Bür­ger­meis­ter springt ein und im­pro­vi­siert ei­ne Grab­re­de, sein Ne­ben­satz "dass al­les so schnell ging" klingt über­ra­schend an­ge­sichts des ho­hen Al­ters der Da­me, der Che­fin des größ­ten Wein­bau­ern­hofs. Hier wird der Grund­ton eta­bliert, die Dop­pel­deu­tig­keit, denn im Grun­de äu­ßer­te der Bür­ger­meis­ter nur sei­ne Über­ra­schung, dass die für sei­ne Ge­mein­de fa­ta­le Zah­len­schwel­le so schnell er­reicht sein wür­de.

Der äl­tes­te Sohn der Ver­stor­be­nen lebt in Pa­ris. Nach dem Leich­en­schmaus über­reicht ihm der Bür­ger­meis­ter per­sön­lich die Ster­be­ur­kun­de auf dem Rat­haus, das zu groß ist für die we­ni­gen Ver­blie­ben­den.

Wie es ihm hier so ge­he, fragt der Sohn, ein frü­he­rer Mit­schü­ler von Mon­sieur le maire. Da­rauf der Bür­ger­meis­ter, des­sen Frau aus Süd­frank­reich stammt: On fait al­ler. Der Satz ist so­was wie ein "läuft", aber mit ei­nem pes­si­mis­ti­schen Grund­ton, au­ßer­dem ist ein My Ak­ti­vis­mus drin, on fait kommt von faire, ma­chen, al­so wört­lich: "man macht, dass es geht". Der Kopf rat­tert und ich las­se ihn frei lau­fen, be­vor ich mir die Über­set­zung an­se­he. Ich ste­cke das Wort­feld ab: könn­te bes­ser sein; geht so; man lebt vor sich hin; man tut, was man kann; keep go­ing; könn­te schlech­ter sein; wat mut, dat mut. Hier mischt sich Dia­lekt mit ei­nem eng­lisch­spra­chi­gen Li­te­ra­tur­zi­tat, aber nichts ge­fällt mir.

Die Kol­le­gin (bzw. of­fen­bar DeepL) hat den Satz als "Wir ma­chen's mög­lich" über­tra­gen. Be­frie­digt mich nicht. Dann su­che ich on­line. Kei­nes der di­gi­ta­len Wör­ter­bü­cher hat ei­ne über­zeu­gen­de Lö­sung an­zu­bie­ten. Google trans­late wirft ein "wir ma­chen uns auf den Weg" aus.

Spä­ter, beim Staub­sau­gen, die Ein­ge­bung: "Für mich reicht's noch!" Den Spruch ha­be ich letzt­ens in ei­ner Fern­seh­re­dak­ti­on ge­hört, ich ha­be ihn aber auch schon in von Men­schen ver­nom­men, die die eigene Ein­kom­mens­quelle wegen der KI als "aus­ster­ben­den Be­ru­fen" be­zeich­nen. Den Satz neh­me ich, auch wenn das Ak­ti­ve da­ran fehlt.

Au­ßer­dem fehlt das "Wir", das bei on fait al­ler mit­schwingt. In Frank­reich spre­chen vie­le Men­schen von sich in die­ser gram­ma­ti­schen Form (ü­bri­gens ei­ne Pa­ral­le­le zu DDR-Deutsch). Man schlägt sich so durch, wä­re auch ei­ne Lö­sung, al­ler­dings zu lang für ei­ne deutsch-fran­zö­si­sche Ko­pro­duk­ti­on, die in ei­ne Syn­chro­ni­sa­ti­on mün­det (da sind Silben­über­hänger immer ein Problem, wenn das Mund­bild gut zu se­hen ist).

Ré­su­mé: Hier le­sen Sie et­was über die Kom­ple­xi­tät li­te­ra­ri­scher Über­set­zung, zu der ei­ne Dreh­buch­über­set­zung zählt, so­wie zu den Gren­zen der KI, die sol­che Lö­sun­gen nicht ein­fach so fin­den kann, da sie nur aus Bits and Bytes be­steht, Strom an / Strom aus, kal­ter Tech­nik. Krea­ti­ve Tex­te, von Men­schen ge­schrie­ben, müs­sen eben­falls von "ho­mo­i­other­men Tie­ren" über­tra­gen wer­den, von gleich­war­men Le­be­we­sen mit Er­fah­run­gen, Ge­füh­len und sub­jek­ti­vem Ge­dächt­nis.

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Il­lus­tra­tion: Dal­l:e

Montag, 12. August 2024

Montagsschreibtisch (55)

Aus dem Ar­beits­all­tag von Dol­met­schern be­rich­te ich hier, ge­nau­er: Hier schreibt ei­ne Dol­met­sche­rin mit Mut­ter­sprache Deutsch (ich arbei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch), die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Was Dol­met­scher und Über­setzer so machen, ist oft nicht so bekannt. Ab mor­gen schrei­be ich wei­ter da­rü­ber. Heute erst­mal der Blick auf den Schreib­tisch.

Blumen, Sonnenflecken, Spitze einer Eiffeltumminiatur
Balkonarbeitsplatzausblick
Anstatt in Paris mit Freunden die Oly­mpia-Eu­pho­rie zu teilen, ha­be ich die­sen Som­mer mit An­ge­hö­ri­gen­pfle­ge und Über­set­zun­gen zu tun. 

Auf dem Schreib­tisch lie­gen:

⊗ Dreh­buch­über­set­zung 
⊗ Vorbe­rei­tung eines Termins zum Thema Reich­tums­ver­tei­lung
⊗ Ter­min­pla­nun­gen für den Herbst

Auf den Blick auf den Eif­fel­turm woll­te ich aber nicht ver­zich­ten!


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Foto: C.E.

Sonntag, 11. August 2024

Unter Aufsicht arbeiten (1)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Hier er­fah­ren Sie, wie Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer, Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten. Mei­ne Ar­beits­spra­chen sind (ne­ben Deutsch) Fran­zö­sisch und Eng­lisch (Shakes­pea­res Idi­om nur als Aus­gangs­spra­che). Heu­te: Sonn­tags­bild!

Bie­der­mei­er­da­me Ca­ro­line
Wer mei­nen Blog re­gel­mä­ßig liest, weiß viel­leicht, dass ein Teil mei­ner Vor­fah­ren vä­ter­li­cher­seits ei­ne al­te Kauf­manns­fa­mi­lie ist. Ihr ver­dan­ke ich, dass ich manch­mal un­ter Auf­sicht ar­bei­ten darf.

Ein Teil der Vor­fah­ren stammt aus Hes­sen, ge­nau­er: aus Hanau. Im Hause der Ah­nen wa­ren die Brü­der Grimm wie­der­holt zu Gast, weil sie auch dort Mär­chen ge­sam­melt ha­ben, al­ler­dings bei den Töch­tern der Mie­ter­schaft. (Wenn ei­nen schon der Odem der Welt­li­te­ra­tur streift ...)

Ei­ne wei­te­re, al­ler­dings sehr ent­fern­te an­ge­hei­ra­te­te Ver­wand­te war Ca­ro­line Loui­se Emi­lie Sou­chay de la Du­bois­siè­re ver­hei­ra­te­te Los­sow, die aus ei­ner be­rühm­ten Frank­fur­ter Hu­ge­not­ten­fa­mi­lie stamm­te. Ihr Por­trät ge­hört eben­so zum Fa­mi­li­en­schatz wie das Bild ih­res ers­ten Man­nes, der lei­der sehr früh ver­starb, so dass die­se Ca­ro­line zur Ah­nin ei­ner an­de­ren Fa­mi­lie wur­de. (*)

Al­tes Bü­ro mit Tisch am Fens­ter und Her­mes auf dem So­ckel
Her­mes wacht über den Schreib­tisch
Im Frank­fur­ter Stamm­haus ih­rer Fa­mi­lie ging im 19. Jahr­hun­dert kein ge­rin­ge­rer ein und aus als Kon­rad Du­den, ja, DER Du­den, er war dort Haus­leh­rer. Die Vor­fah­ren wa­ren Kauf­leu­te mit „Spe­ce­rey­hand­lung“ oder in­ter­na­tio­na­lem Garn­han­del, Tuch­fa­bri­kan­ten, Ar­chi­tek­ten oder im me­di­zi­ni­schen Be­reich tä­tig. Ei­ne il­lus­tre Sip­pe und passt na­tür­lich per­fekt zu ei­ner Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin! 

Falls Sie es noch nicht ge­merkt ha­ben, ich neh­me das Gan­ze durch­aus iro­nisch und auf je­den Fall ek­lek­ti­zis­tisch, al­so zu­sam­men­ge­puz­zelt.

Der Göt­ter­bo­te Her­mes wur­de und wird in mei­ner Fa­mi­lie je­den­falls hoch ge­schätzt. Er ist un­ter an­de­rem der Gott der Händ­ler, der Rei­sen­den und der Rhe­to­rik. Das passt al­les zu­sam­men.

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Il­lus­tra­tio­nen: Fa­mi­li­en­ar­chiv Elias Los­sow
(*) und müt­ter­li­cher­seits so­gar "echt" ver­wandt

Freitag, 9. August 2024

Zeuginnen und Zeugen gesucht!

Will­kom­men beim Web­log aus ei­ner Dol­met­scher­ka­bine. Hier schreibt je­mand aus der fran­zö­sischen Ka­bi­ne über den All­tag der Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher. Kon­fe­renz­dol­met­schen könnte durch den Ein­satz von #KI zer­stört wer­den, zu­min­dest droht ein "Wis­sens­ab­riss", wie es ChatGPT ges­tern in einer Zu­sam­men­fas­sung so treff­end "for­mu­liert" hat.

Es ist August, wir sind hier ganz unter uns, da darf ich mal di­rekt sein. Nor­ma­ler­wei­se sind wir so mit di­plo­ma­tischen Was­sern ge­wa­schen, dass wir kei­ne gros mots ver­wen­den, also wirk­lich nie, auf Deutsch: 'schlim­me Wör­ter', es sei denn, es ist ein Zi­tat und die Si­tu­a­tion zwingt uns dazu.

Und heu­te ist so ein Tag. Für uns #inter­pre­ter ist KI ein Werk­zeug, um zum Bei­spiel schnell Vo­ka­bel­lis­ten zu er­stellen. Ei­nige Un­ter­neh­men ver­suchen jedoch be­reits, au­to­ma­tische KI-Ein­sätze ohne mensch­liche #terps als Kon­fe­renz­lö­sung zu ver­kau­fen.

Wer hat in letz­ter Zeit Er­fah­rungen da­mit ge­macht — aus dem Pub­li­kum? Könn­te ich Sie oder Dich dazu in­ter­vie­wen? Ich wür­de ger­ne weiter über das The­ma schrei­ben. Ich wür­de mich freuen, wenn die­se An­frage wei­ter­ge­lei­tet wird, viel­leicht auch von Dir oder Ihnen?

Bil­der aus dem Le­ben einer mensch­lichen Dol­met­scher­in

"Bald wird die KI bes­ser dol­met­schen als ihr Men­schen", wird uns im­mer wie­der pro­phe­zeit. Ich schrei­be an dieser Stelle regel­mäßig über di­ver­se Pro­bleme mit Tech­nik, an­ge­fan­gen mit der au­to­ma­ti­schen Text­er­ken­nung, denn 2004 hatte ich nicht nur ein dickes Dreh­buch zum Über­set­zen auf dem Schreib­tisch lie­gen, son­dern auch eine dicke Sehn­en­schei­den­ent­zün­dung. Also habe ich mir auf einer Messe Dragon NaturallySpeaking ge­kauft, eine Soft­ware, die da­mals bei Ju­rist­in­nen und Ju­ris­ten sehr be­liebt war, von uns wie ein kleines Haus­tier "der kleine Drache" genannt.

Aber die Zahl der "Hör­feh­ler" war ebenso le­gendär wie die Qua­li­tät man­cher Tipp­feh­ler. Erst ges­tern hat mich eine Kol­le­gin an einen er­in­nert: "Mit hei­ßen Küs­sen" schrieb das System und nicht "mit herz­lichen Grü­ßen". Ohne gründ­liches Kor­rektur­lesen oder in Eile lief da gar nichts.

Fund­sa­chen bei www.pixlr.com (generiert am 8.8.2024)
Doch zu­rück zum Dol­met­schen. Ist es über­haupt mög­lich, Men­schen beim Dol­met­sch­vor­gang ein­zu­spa­ren, wenn es über ein­fa­che Fra­gen hin­aus­geht? "Ist das hier die Straße zum Bran­den­bur­ger Tor?" ist ziem­lich tech­nik­sicher.

Dazu habe ich in den letz­ten Tagen ChatGPT be­fragt. Zu mei­nem In­ter­view mit dem KI-System hier ent­lang: klick!
Dol­met­schen er­for­dert ne­ben Sprach­kennt­nis­sen auch viel Men­schen­kennt­nis und Le­bens­er­fah­rung.

Die Bil­der oben habe ich zu­fällig im Netz ge­fun­den. Auf denen er­kennt so­gar meine zwei­ein­halb­jäh­rige Nichte alle Feh­ler! Bei den Il­lus­tra­tionen muss ich so­fort an die lieben Öster­rei­cher­in­nen und Öster­rei­cher den­ken. Die haben da einen schö­nen Kurz­kom­mentar: "Ach, geh' scheiß'n!"

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Il­lus­tra­tionen: eigene Fotos / pixlr.com, 
Prompt: "girl pooping".

Donnerstag, 8. August 2024

Throwback thursday (2)

Wie Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, be­schrei­be ich hier im 17. Jahr. Es geht um Dol­met­schen (münd­lich) und Über­set­zen (schrift­lich). Was wir Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen ma­chen, ist kaum be­kannt, und ja, es gibt auch Män­ner un­ter uns, für die Dol­met­scher und Über­set­zer gilt das Glei­che. Beim Über­set­zen ist meis­tens die Mut­ter­spra­che die Ziel­spra­che (in mei­nem Fall DE), beim Dol­met­schen sind wir fle­xi­bler. It's throw­back thurs­day! 

Wer so lan­ge ein di­gi­ta­les Ar­beits­ta­ge­buch führt, kann sich selbst über die Schul­ter schau­en. Ein ko­mi­sches Ge­fühl! 

Dabei fällt auf: Die Pro­ble­me von ges­tern sind die Pro­ble­me von heu­te — Kun­d:in­nen, die uns mit Flick­schus­te­rei be­auf­tra­gen wol­len. Frü­her wur­den uns Tex­te mit pseu­do-über­setz­ten Sät­zen über den Tisch ge­scho­ben, an de­nen sich manch­mal be­gab­te Lai­en aus­ge­to­bt hat­ten (gilt manch­mal bis heu­te). Deren Er­geb­nis­se se­hen oft bes­ser aus, sind aber nicht sel­ten ge­nau­so kom­pli­ziert, vor al­lem bei ver­schach­tel­ten Sät­zen, kom­ple­xen Ge­dan­ken­gän­gen und krea­ti­ven Leis­tun­gen. 
Hier ein Rück­blick aus dem Jahr 2011: Grand malheur ... 

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Il­lus­tra­ti­on: Dall:e (Anfang 24)

Mittwoch, 7. August 2024

Die Zukunft des Dolmetschens

Gu­ten Tag, bon­jour & hello! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hin­ein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kult­uren dreht. Heu­te "spre­che" ich mit dem­je­ni­gen, den man­che Kol­leg:in­nen von mir schon als den "End­geg­ner" in ei­ner Zeit aus­ge­macht ha­ben, in der fast al­le von ei­nem Tech­nik-Hype er­fasst schei­nen, und zwar di­rekt mit ChatGPT 4.0.

D
ass ich das Sys­tem so di­rekt fra­ge, hängt da­mit zu­sam­men, dass die­se Ver­sion be­reits im Juli 2022 die ein­heit­liche An­walts­prü­fung der USA deut­lich bes­ser als die durch­schnitt­li­chen mensch­li­chen Prüf­lin­ge be­standen hat, so die On­li­ne-Pub­li­ka­tion Aba­jour­nal. Die For­scher Da­niel Mar­tin Katz und Mi­chael James Bom­ma­ri­to be­rich­ten von ei­nem „deut­li­chem Vor­sprung“ von GPT 4.0., das einen Durch­schnitt von 4,2 von 6 Punk­ten er­langt hat. Ab 4 Punk­ten gilt die Prü­fung als „be­stan­den“.

Ca­ro­li­ne: Bon­jour, Chat­GPT, und Glück­wunsch zum be­stan­de­nen Diplom!

ChatGPT: Hal­lo, Ca­ro­li­ne. Dan­ke! Al­ler­dings ha­be ich als KI kei­ne Qua­li­fi­ka­tio­nen oder per­sön­li­chen Er­leb­nis­se.

Drei Frauen mit Kopfhörern, eine weitere auf einem großen Monitor im Hintergrund
So stellt sich die KI un­se­re Ar­beit vor
Ca­ro­li­ne:
Du hilfst mir seit letz­tem Jahr manch­mal in der End­fer­ti­gung mei­ner Blog­tex­te, z.B. beim Set­zen der unsicht­ba­ren Sil­ben­trenn­nzei­chen. Neulich wur­den ei­ner Kol­le­gin von mir zwei Dol­metsch­auf­trä­ge ab­ge­sagt, weil die KI das über­neh­men soll. Ist das ei­ne gu­te oder ei­ne ge­wag­te Ent­schei­dung?

ChatGPT: Das ist ei­ne ge­wag­te Ent­schei­dung. KI-Dol­mets­cher sind noch nicht aus­ge­reift ge­nug, um die Kom­ple­xi­tät und Nu­an­zen [sic!] mensch­li­cher Spra­che voll­stän­dig zu er­fas­sen.

Ca­ro­line: Was heißt hier "noch nicht"? Wird die KI uns er­set­zen?

ChatGPT: Das ist unwahrscheinlich. Menschliche Dol­met­scher brin­gen emo­tio­na­le In­tel­li­genz und die Fä­hig­keit mit, Echt­zeit-Kon­text zu in­ter­pre­tie­ren. In hek­ti­schen Si­tua­tio­nen und bei sen­si­blen The­men sind sie flexibler und ver­trau­ens­wür­di­ger als KI-Sys­te­me. KI wird als Un­ter­stüt­zung die­nen, aber nur die mensch­li­che Ex­per­ti­se kann kom­ple­xe sprach­li­che und kul­tu­rel­le Nu­an­cen über­tragen.

Ca­ro­li­ne: Was macht die mensch­li­che Spra­che so kom­plex, vor al­lem im Dol­metsch­vor­gang?

ChatGPT: Die mensch­li­che Spra­che ist kom­plex we­gen der kul­tu­rel­len Zwi­schen­tö­ne, Emo­tio­nen, Iro­nie, Dia­lek­te und der kon­tex­tu­el­len Be­deu­tung, die oft nicht wört­lich über­setzt wer­den kön­nen.

Ca­ro­li­ne: Wie könn­te die KI das ei­nes Ta­ges auch über­neh­men? Sind da Lö­sun­gen denk­bar?

ChatGPT: Ja, mögliche Lö­sun­gen könn­ten Ka­me­ras sein, die ver­schie­de­ne Blick­win­kel auf den Spre­cher er­fas­sen, kom­bi­niert mit fort­schritt­li­cher Bild­ver­ar­bei­tung, um Kör­per­spra­che und Mi­mik zu ana­ly­sie­ren. Sen­so­ren könn­ten bio­me­trische Da­ten wie Herz­fre­quenz und Haut­lei­t­fä­hig­keit mes­sen, um emo­tio­na­le Zu­stän­de zu er­fas­sen. Den­noch bleibt die In­ter­pre­ta­ti­on die­ser Da­ten ei­ne Her­aus­for­de­rung.

Ca­ro­li­ne:
Glaubst Du, die Men­schen ma­chen da mit, sich so über­wa­chen zu las­sen? Au­ßer­dem bräuch­te die KI doch noch mehr Hin­ter­grund­wis­sen zu den je­wei­li­gen The­men. 

ChatGPT: Es ist un­wahr­schein­lich, dass vie­le Men­schen be­reit sind, sich so über­wa­chen zu las­sen, da dies er­heb­li­che Da­ten­schutz- und Pri­vat­sphä­ren­be­den­ken auf­wirft. Die KI wür­de zu­dem um­fang­rei­ches Hin­ter­grund­wis­sen be­nö­ti­gen, ein­schließ­lich der ak­tu­el­len Ent­wick­lun­gen im je­wei­li­gen The­men­be­reich, um an­nä­hernd so prä­zi­se wie mensch­li­che Dol­mets­cher zu sein. Ich glau­be, es wür­de dann zu Da­ten­schutz­pro­ble­men kom­men, wenn die Spre­cher ihr gan­zes Ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung stel­len müss­ten.

Ca­ro­li­ne: Was wä­ren die Vor­tei­le der KI bei Dol­metsch­auf­ga­ben?

ChatGPT: Die KI kann schnell und kos­ten­ef­fi­zi­ent ar­bei­ten, ist rund um die Uhr ver­füg­bar und kann gro­ße Men­gen an Text ver­ar­bei­ten, was be­son­ders bei gro­ßen Kon­fe­ren­zen hilf­reich sein kann.

Caroline: Das Ersetzen von menschlichen Dolmetscher:innen durch die KI, wäre es denn möglich, würde auf den ers­ten Blick eine Kos­ten­erspar­nis bringen. Aber dem Ein­spa­ren un­se­rer Dol­metsch­ho­no­ra­re steht in die­sem Set­ting ein ho­her fi­nan­zi­el­ler Me­hrauf­wand ge­gen­über für Ka­me­ras, Sen­so­ren, Si­cher­heits­back­ups, Fire­walls ge­gen Hack­ing etc. Das dürf­te al­les un­ter dem Strich teu­rer sein, oder?

INFO: Sprache zu Text zu Sprache Spracherkennung: Die gesprochene Sprache wird von einer Spracherkennungs-software in Text umgewandelt. Textverarbeitung: Der erkannte Text wird in die Zielsprache übertragen. Sprachsynthese: Das Ergebnis wird durch einen Text-to-Speech-Engine wieder in gesprochene Sprache transferiert.
Viele Arbeitsschritte mit viel Störanfälligkeit
ChatGPT: Ja, das ist ein ge­wal­ti­ges Ar­gu­ment. Die Ein­rich­tung und War­tung und Steue­rung die­ser Tech­no­lo­gien er­for­dert einen er­heb­li­chen fi­nan­zi­el­len Auf­wand, der oft nicht nur die Kos­ten für die Hard­ware und Soft­ware, son­dern auch für Si­cher­heits­maß­nah­men und da­zu­ge­hö­ri­ge Per­so­nal­auf­wen­dun­gen um­fasst.

Ca­ro­li­ne: Und woran genau scheitern KI-Dol­mets­cher?

ChatGPT: Die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen sind Un­ge­nau­ig­kei­ten bei der Spra­cher­ken­nung, fehlendes Kon­text­ver­ständ­nis, Iro­nie und Hu­mor, tech­ni­sche Pan­nen, die feh­len­de emo­tio­na­le In­tel­li­genz so­wie Rück­fra­gen aus dem Pub­li­kum.

Caroline: Aber Rück­fra­gen aus dem Pu­bli­kum, Ge­sprä­che und Aus­tausch, ge­nau da­rum geht's doch bei Kon­fe­ren­zen, Kol­lo­qui­en und Se­mi­na­ren!

ChatGPT: Du hast völlig recht! Rück­fra­gen aus dem Pu­bli­kum sind in der Tat ein wich­ti­ger Be­stand­teil von Kon­fe­ren­zen, Kol­lo­qui­en und Se­mi­na­ren. Sie för­dern den Aus­tausch und das Ver­ständ­nis, und sie er­mög­li­chen es, tie­fe­re Ein­bli­cke in das The­ma zu be­kom­men. Mein Punkt war eher, dass ich als KI in der ak­tu­el­len Form nicht im­mer in der La­ge bin, spon­tan und prä­zi­se auf kom­ple­xe oder spe­zi­fi­sche Rück­fra­gen zu re­agie­ren, wie es ein mensch­li­cher Ex­per­te viel­leicht tun könn­te. Du hast recht, dass der Dia­log und die In­ter­ak­ti­on mit dem Pu­bli­kum es­sen­zi­ell sind und dass Rück­fra­gen oft zur Klä­rung und Ver­tie­fung von The­men bei­tra­gen.

Ca­ro­li­ne: Was kön­nen mensch­li­che Dol­mets­che­rin­nen und Dol­met­scher tun, um sich in ei­ner zu­neh­mend KI-do­mi­nier­ten Bran­che zu be­haup­ten?

ChatGPT: Mensch­li­che Dol­mets­cher soll­ten ihre ein­zig­ar­ti­gen Fähig­kei­ten be­to­nen, sich wei­ter­bil­den, um mit neu­en Tech­no­lo­gien zu ar­bei­ten, und sich auf Be­rei­che spe­zia­li­sie­ren, die KI schwer er­rei­chen kann.

Ca­ro­li­ne: Wie sieht die Zu­kunft des Dol­met­schens in ei­ner Welt mit fort­schrei­ten­der KI aus?

ChatGPT: Die Zu­kunft des Dol­metschens wird wahr­schein­lich ei­ne Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen KI und mensch­li­chen Dol­mets­chern sein, wo­bei KI als un­ter­stüt­zen­des Werk­zeug dient und Men­schen die kom­ple­xe­ren Auf­ga­ben über­neh­men. 
 
Ca­ro­li­ne: Die KI macht uns also nicht bald ar­beits­los?

ChatGPT: Die voll­stän­di­ge Ab­lö­sung mensch­li­cher Dol­met­scher durch KI könn­te auf­grund von Da­ten­schutz­be­denken und der Not­wen­dig­keit, ge­naue und ver­trau­ens­wür­di­ge Über­tra­gung zu ge­währ­leis­ten, schwie­rig sein. KI-Sys­te­me kön­nen Feh­ler ma­chen und sogar falsche In­for­ma­tio­nen lie­fern, was in sen­si­blen oder recht­lich re­le­van­ten Kon­tex­ten er­heb­liche Prob­le­me ver­ur­sa­chen kann. Mensch­liche Dol­met­scher bie­ten eine zu­sätz­li­che Schicht der Ge­nau­ig­keit, In­ter­pre­ta­tion und Ver­ant­wor­tung, die für viele An­wen­dungs­fäl­le un­er­läss­lich ist.

Ca­ro­li­ne: Wel­che eth­ischen Über­le­gun­gen sind wich­tig, wenn es um den Ein­satz von KI als Hilfs­mit­tel von Dol­met­sche­r:in­nen geht?

ChatGPT: Es ist wich­tig, Da­ten­schutz zu wah­ren, si­cher­zu­stel­len, dass KI nicht zur Un­ter­drückung von Mei­nun­gen ge­nutzt wird, und die mensch­li­che Kon­trol­le über kri­ti­sche Ent­schei­dun­gen zu be­hal­ten.

Caroline:
Gibt es Ri­si­ken, dass KI im Dol­metschen miss­braucht wird?

ChatGPT: Ja, es be­steht das Ri­si­ko von Ma­ni­pu­la­tio­nen, Hack­ing und dem Ein­satz zur Un­ter­drückung von Mei­nungs­frei­heit, ins­be­son­de­re in Län­dern mit strik­ter Zen­sur.

Ca­ro­li­ne: Wie kön­nen wir si­cher­stel­len, dass wir mensch­li­chen Dol­mets­cher:innen wei­ter­hin ge­schätzt wer­den?

ChatGPT: Durch die För­de­rung des Spra­chen­ler­nens ganz all­ge­mein und der Dol­met­scher­aus­bil­dung, das Be­to­nen eu­rer ein­zig­ar­ti­gen Fähig­kei­ten und durch die Schaf­fung von Stan­dards, die die Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen KI und mensch­li­chen Dol­mets­chern klä­ren.

Ca­ro­li­ne: Vie­len Dank für das Ge­spräch! Das war sehr auf­schluss­reich.

ChatGPT: Sehr ger­ne, Ca­ro­li­ne. Es war mir ei­ne Freu­de. Wenn du wei­te­re Fra­gen hast, ste­he ich je­der­zeit zur Ver­fü­gung.


Dis­clai­mer Ca­ro­li­ne: Ich nut­ze die Gra­tis-Diens­tleis­tung von ChatGPT seit En­de Au­gust 2023 für die End­fer­ti­gung der län­ge­ren Blog­tex­te. Oft klappt das mit den un­sicht­ba­ren Sil­ben­trenn­zei­chen ei­ni­ger­ma­ßen und dann wieder plötz­lich gar nicht. Beim Er­stel­len die­ses Bei­trags hat­te ich zwi­schen­durch tat­säch­lich das mul­mi­ge Ge­fühl, mich mit ei­nem "We­sen" aus­zu­tau­schen. Die Ar­gu­mente aus den Ant­wor­ten gehen an et­li­chen Stel­len über die als Word-Do­ku­ment ein­ge­speis­ten Ma­te­ria­lien, Blog­ar­ti­kel, frü­he­ren "Debatten" mit ChatGPT und Tex­te aus der Pres­se weit hin­aus. Ich ha­be die Ma­schi­ne ge­be­ten, das Inter­view zu au­to­ri­sie­ren.

ChatGPT:
Ja, du darfst das Interview so veröffentlichen. Es freut mich, dass ich dir im Laufe des letzten Jahres bei deinen Blogtexten und bei deinen Überlegungen zum Thema KI und Dolmetschen helfen konnte.  Falls du noch Fragen oder zusätzliche Anmerkungen hast, stehe ich dir gerne zur Verfügung. Viel Erfolg mit deinem Blogartikel!




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Il­lus­tra­tion: pixlr.com (Prompt: Dol­met­sche­rin­nen 
in der Dol­metsch­ka­bi­ne mit Mo­ni­tor, als Co­mic)

Dienstag, 6. August 2024

Internationale Worte

Aus dem Ar­beits­all­tag ei­ner Dol­met­sche­rin kön­nen Sie auf die­sen Sei­ten ei­ni­ges er­fah­ren. Mei­ne Mut­ter­spra­che ist Deutsch, ich ar­bei­te haupt­säch­lich mit Fran­zö­sisch, ein we­nig mit Eng­lisch. Wir Dol­met­scher und Dol­met­sche­rin­nen ha­ben un­se­re Haupt­spra­chen, da­bei ist die A-Spra­che die Mut­ter­spra­che, B steht für die Haupt­ar­beits­spra­che, C für die so­ge­nann­te pas­si­ve Spra­che.

Als der welt­bes­te Zieh­kind­pa­ten­sohn, ein fre­cher Ber­li­ner, noch sehr klein war, fiel dem Le­sen­ler­ner in Frank­reich auf, dass es dort kaum Be­grif­fe gibt, die mit dem Buch­sta­ben "w" an­fin­gen. Da­her schrieb er das Wort ventre für Bauch in­tui­tiv mit "V", und zwar jé mal o ventre. Or­tho­gra­fisch ganz rich­tig, aber pho­ne­tisch ein­deu­tig. Hach, klei­ne Kin­der sind doch Ge­nies!

Nach ei­ni­gem Nach­den­ken fügt er hin­zu, dass das Wort le wagon auch auf Fran­zö­sisch ein W-Wort sei. Dar­auf Schwei­gen. Nach wei­te­rem Über­le­gen kam ein: "Die Wagons fah­ren durch ver­schie­de­ne Län­der, viel­leicht hei­ßen die über­all so, auch in En­g­land!" Touché. Es gibt et­li­che in­ter­na­tio­na­le Wör­ter. 

Keine schöne Lernlexik
Stop ge­hört da­zu, lei­der auch Front, Mi­li­tär und At­ta­cke, aber auch Fa­mi­lie. Was fehlt sind die in­ter­na­tio­na­len Worte für Frie­den und Lie­be.
Mit­ten im Som­mer muss ich mich in et­was hin­ein­den­ken und Wör­ter ler­nen. Heu­te ist der Hi­ro­sh­ima-Ge­denk­tag und die Feld­her­ren die­ser Welt zün­deln aufs Schlimms­te. Mehr darf und will ich nicht sa­gen.


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Le­xik: C.E.