Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fordert mich auf, mich in Sachen Künstlicher Intelligenz (KI) fortzubilden, obwohl ich es bin, die Fortbildungsinhalte anzubieten hätte, liebe FAZ. Die Zeitung schreibt, dass jede/r Dritte in Deutschland Angst habe, bald durch die Künstliche Intelligenz (KI) arbeitslos zu werden. 37 Prozent der Erwerbstätigen hätten zwar schon mal mit ChatGPT herumgespielt, aber sonst wenig Erfahrung, und 63 Prozent seien noch völlig 'unbedarft', so die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des TÜV vom Oktober letzten Jahres.
Gut, die Zahlen sind nicht taufrisch, aber dass es Vorbehalte gibt, liegt auf der Hand. Ich empfehle gerne die Volkshochschulen, die sind unschlagbar.
Gleichzeitig empfehle ich aber gerade denen, die bei den Versprechungen der KI nur Dollar- oder Eurozeichen in den Augen sehen, Kurse zu besuchen; Seminarangebote, die es vielleicht erst im Herbst gibt. Denn zu viele gehen fälschlicherweise davon aus, dass KI die Lösung aller Probleme ist, vor allem der Text- und Sprachprobleme. Wir können schon von einem KI-Hype sprechen.
Dabei, und scusi für die Redundanz, liebe Stammleserinnen und Stammleser, arbeitet die Maschine nach mathematischen Wahrscheinlichkeiten, ist selbst nichts anderes als Hardware, Strom und Signale. Sie kann per definitionem kein "SprachGEFÜHL" haben. Sie bildet den Durchschnitt aller Texte ab, die dem System bis zum Zeitpunkt x zugänglich waren. Und das System "lernt" weiter, erkennt Formen, Farben und Muster. Aber das lässt noch lange nicht auf ein Gefühl schließen, denn dieses müsste auf Erfahrung, Angst, Schmerz und Verletzlichkeit beruhen.
Es gibt noch einen wichtigen, bislang kaum beachteten Aspekt. Die Überschätzung der KI droht junge Menschen davon abzuhalten, Sprachen zu lernen und sich für Sprach- und Kulturmittlung zu interessieren. Wer nachfragt, erfährt, dass wir Linguist:innen die Kontrollinstanz für die Technik sein sollen und dass am Ende nur die Besten der Besten für das diplomatische und politische Parkett gebraucht würden, also dort, wo Fingerspitzengefühl und absolute Vertraulichkeit gefragt sind. Hohe Qualität fordert aber auch die Industrie, Stichwort Patententwicklung und Datenschutz, fordert auch die Ingenieurswelt, Stichwort Sicherheit, fordert auch die Juristerei, Stichwort Gewährleistung und drohende Prozesswelle bei Fehlern.
So sieht die KI unseren Beruf |
Dabei, und scusi für die Redundanz, liebe Stammleserinnen und Stammleser, arbeitet die Maschine nach mathematischen Wahrscheinlichkeiten, ist selbst nichts anderes als Hardware, Strom und Signale. Sie kann per definitionem kein "SprachGEFÜHL" haben. Sie bildet den Durchschnitt aller Texte ab, die dem System bis zum Zeitpunkt x zugänglich waren. Und das System "lernt" weiter, erkennt Formen, Farben und Muster. Aber das lässt noch lange nicht auf ein Gefühl schließen, denn dieses müsste auf Erfahrung, Angst, Schmerz und Verletzlichkeit beruhen.
Vielleicht sollten auch wir Dolmetscherinnen und Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer uns fortbilden, und zwar darüber, wie wir diese ganze Problematik vermitteln. Als Einstieg empfehle ich hier, da Sie auf meinem Blog lesen, einige ältere Posts von mir, zum Beispiel dieses Schmankerl hier: klick! Auf den Seiten des Berufsnetzwerks LinkedIn laufen derzeit die besten Debatten zum Thema.
Die Spracharbeiter:innenwelt muss aus dem Schatten treten und eigenständig Inhalte anbieten. Lange Zeit waren wir stolz auf unsere Unsichtbarkeit. Kollege Konstantin Angourias sprach sogar von der "Idealisierung der Unsichtbarkeit als Credo". Touché.
Wenn man unsere Arbeit nicht bemerkt hat, war alles gut; im Prinzip fallen nur Fehler auf. Wer auf dem rutschigen Parkett der diplomatischen Welt verkehrt, ist von Berufswegen Leisetreter. Konstantin Angourias hat ein weiteres Problem benannt, nämlich dass ganz grundsätzlich und auch in anderen Branchen gerade der Wert menschlicher Arbeit durch Technikgläubigkeit entwertet wird.
Was wir als Antwort darauf brauchen, ist ein Schlachtruf! Wir brauchen einen Slogan, eine schlagwortartige Zusammenfassung der Misere, Analogien, international taugliche Begriffe mit aussagekräftigem Hinterland. #InvisibleTranslators oder #GhostTranslators waren die ersten Ideen von Konstantin, dabei fehlen neben Untertitel- und Dolmetscherwelt auch die Leute, die in einfacher Sprache schreiben sowie die Filmbeschreiber:innen für Menschen, die aufs Hören angewiesen sind. Als Erweiterung könnte man an #InvisibLinguists denken.
Die Spracharbeiter:innenwelt muss aus dem Schatten treten und eigenständig Inhalte anbieten. Lange Zeit waren wir stolz auf unsere Unsichtbarkeit. Kollege Konstantin Angourias sprach sogar von der "Idealisierung der Unsichtbarkeit als Credo". Touché.
Wenn man unsere Arbeit nicht bemerkt hat, war alles gut; im Prinzip fallen nur Fehler auf. Wer auf dem rutschigen Parkett der diplomatischen Welt verkehrt, ist von Berufswegen Leisetreter. Konstantin Angourias hat ein weiteres Problem benannt, nämlich dass ganz grundsätzlich und auch in anderen Branchen gerade der Wert menschlicher Arbeit durch Technikgläubigkeit entwertet wird.
Was wir als Antwort darauf brauchen, ist ein Schlachtruf! Wir brauchen einen Slogan, eine schlagwortartige Zusammenfassung der Misere, Analogien, international taugliche Begriffe mit aussagekräftigem Hinterland. #InvisibleTranslators oder #GhostTranslators waren die ersten Ideen von Konstantin, dabei fehlen neben Untertitel- und Dolmetscherwelt auch die Leute, die in einfacher Sprache schreiben sowie die Filmbeschreiber:innen für Menschen, die aufs Hören angewiesen sind. Als Erweiterung könnte man an #InvisibLinguists denken.
Das sieht lustig aus, ist aber wahrscheinlich zu kompliziert für die Frau, den Mann von der Straße. Ich höre schon: "Lingu-bitte-was!?"
Weitersuchen! Sichtbar werden! Aus dem Schatten zu treten ist für mich nichts Neues. Ich kann meine fragenden Augen trotz hochbrechender Brillengläser nur schwer verbergen, falle aus der Menge schon deshalb heraus, weil ich erst kurz vor 180 cm das Wachstum eingestellt habe, und ich mache bei Delegationsreisen auf dem Weg von A nach B zwischen zwei Einsätzen keinen Hehl aus meiner kulturellen und stadtgeschichtlichen Bildung. Wenn es gewünscht wird, und in 99 Prozent der Fälle freuen sich die Gäste darüber, erkläre ich, wo wir gerade sind. Mit der Bildung ist es wie mit der Liebe, sie vermehrt sich, wenn wir sie teilen.
Aber für die eigenen Interessen zu kämpfen, ist eine andere Hausnummer. Das fällt auch mir schwer. Jetzt können, nein müssen wir lernen, laut zu werden. Wir dürfen aufzeigen, dass die "Ergebnisse" der maschinellen Verarbeitung oft entstellende, fehlerbehaftete #Übelsetzungen sind. Dass diese #Bausteintexte auf den ersten Blick ganz flüssig zu lesen sind, merkt die werte Kundschaft schon selbst. Das ist allerdings ein Teil des Problems, da es zu einer zu hohen Akzeptanz (gepaart mit naiver Technikgläubigkeit) geführt hat. Die Probleme liegen allerdings im Detail, in den Nuancen, und da sind wir auch schon wieder beim Thema Diplomatie. Was nicht alle wissen: Die KI überspringt, was ihr komisch vorkommt, sie erfindet, fabuliert frei oder spuckt gerne mal das Gegenteil dessen aus, was beabsichtigt war.
KI-Tools sind #Werkzeuge für die Hände ausgebildeter Fachleute, die sich ihrer bedienen, die sie steuern, Ideen sammeln, Texte strukturieren und Entscheidungen über die angebotenen "Lösungen" treffen. Die Outputs sind lediglich Angebote, gewissermaßen unterschiedliche Baustoffe, und häufig schlicht unbrauchbar. Es kommt immer auf den Ausgangstext an. Und dann auf die Profis. Ein Haufen Material mit Perlmutt und Ebenenholz und der Hammer daneben macht noch keinen Intarsientisch!
Weitersuchen! Sichtbar werden! Aus dem Schatten zu treten ist für mich nichts Neues. Ich kann meine fragenden Augen trotz hochbrechender Brillengläser nur schwer verbergen, falle aus der Menge schon deshalb heraus, weil ich erst kurz vor 180 cm das Wachstum eingestellt habe, und ich mache bei Delegationsreisen auf dem Weg von A nach B zwischen zwei Einsätzen keinen Hehl aus meiner kulturellen und stadtgeschichtlichen Bildung. Wenn es gewünscht wird, und in 99 Prozent der Fälle freuen sich die Gäste darüber, erkläre ich, wo wir gerade sind. Mit der Bildung ist es wie mit der Liebe, sie vermehrt sich, wenn wir sie teilen.
Aber für die eigenen Interessen zu kämpfen, ist eine andere Hausnummer. Das fällt auch mir schwer. Jetzt können, nein müssen wir lernen, laut zu werden. Wir dürfen aufzeigen, dass die "Ergebnisse" der maschinellen Verarbeitung oft entstellende, fehlerbehaftete #Übelsetzungen sind. Dass diese #Bausteintexte auf den ersten Blick ganz flüssig zu lesen sind, merkt die werte Kundschaft schon selbst. Das ist allerdings ein Teil des Problems, da es zu einer zu hohen Akzeptanz (gepaart mit naiver Technikgläubigkeit) geführt hat. Die Probleme liegen allerdings im Detail, in den Nuancen, und da sind wir auch schon wieder beim Thema Diplomatie. Was nicht alle wissen: Die KI überspringt, was ihr komisch vorkommt, sie erfindet, fabuliert frei oder spuckt gerne mal das Gegenteil dessen aus, was beabsichtigt war.
KI-Tools sind #Werkzeuge für die Hände ausgebildeter Fachleute, die sich ihrer bedienen, die sie steuern, Ideen sammeln, Texte strukturieren und Entscheidungen über die angebotenen "Lösungen" treffen. Die Outputs sind lediglich Angebote, gewissermaßen unterschiedliche Baustoffe, und häufig schlicht unbrauchbar. Es kommt immer auf den Ausgangstext an. Und dann auf die Profis. Ein Haufen Material mit Perlmutt und Ebenenholz und der Hammer daneben macht noch keinen Intarsientisch!
Es gibt noch einen wichtigen, bislang kaum beachteten Aspekt. Die Überschätzung der KI droht junge Menschen davon abzuhalten, Sprachen zu lernen und sich für Sprach- und Kulturmittlung zu interessieren. Wer nachfragt, erfährt, dass wir Linguist:innen die Kontrollinstanz für die Technik sein sollen und dass am Ende nur die Besten der Besten für das diplomatische und politische Parkett gebraucht würden, also dort, wo Fingerspitzengefühl und absolute Vertraulichkeit gefragt sind. Hohe Qualität fordert aber auch die Industrie, Stichwort Patententwicklung und Datenschutz, fordert auch die Ingenieurswelt, Stichwort Sicherheit, fordert auch die Juristerei, Stichwort Gewährleistung und drohende Prozesswelle bei Fehlern.
Die Politik könnte auf die Idee kommen, an der Ausbildung von uns Fachleuten zu sparen. Wir Menschen brauchen aber, um perfekt steuern zu können und unsere Berufe weiterhin voll zu beherrschen, neben guter Ausbildung vor allem eins: Praxis, Praxis, Praxis!
#Berufsethik #MenschUndMaschine #Technik #Emotionen #Grenzen #Entwicklung
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Illustration: pixlr.com
Die KI in einer Arbeitswelt ohne Menschen ist brandgefährlich. Oder wollen Sie in einem Flugzeug sitzen, dessen Pilotin nicht richtig fliegen gelernt hat? Oder auf dem OP-Tisch liegen und erfahren, dass der Chirurg ohne KI nicht mehr arbeiten kann, weil ihm die Routine fehlt?
#Berufsethik #MenschUndMaschine #Technik #Emotionen #Grenzen #Entwicklung
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