Dienstag, 10. Januar 2012

Klirrend!

Bonjour auf den Seiten eines Log­buchs aus dem In­neren der Dol­metscher­kabine oder des Über­setzer­arbeits­zimmers. Als Sprach­mitt­lerin für die fran­zösische Sprache denke ich an dieser Stelle über den Ar­beits­alltag nach, spieg­le merk- und denk­würdige Mo­mente und be­schreibe, wie unsere Ar­beit auch die ei­gene Sensi­bilität ver­ändert. Ich bin zum Bei­spiel seit Jah­ren, was Be­gleit­geräu­sche und an­de­re Ar­beits­um­stän­de an­geht, sehr em­pfind­lich.

Viel Erde wird be­wegt
Klirrende Kälte er­war­te ich in dieser Jahres­zeit, aber auf dem Bal­kon blühen er­neut die Herbst­blumen. Täg­lich warte ich auf Schnee oder Rau­reif, um den Kon­trast foto­grafie­ren zu kön­nen, aber nichts.

Dafür klirrt jetzt was an­de­res. Wir sitzen in ei­nem Re­staurant, das sich, ob­schon es in­mitten der deut­schen Haupt­stadt liegt, in the middle of nowhere be­findet. Berlin war lange Zeit die Haupt­stadt der Krä­ne und Bag­ger. Wir be­finden uns im Zen­trum Berlins, in dem eine neu­e "poli­ti­sche Mitte" zwar be­reits exis­tiert, aber noch nicht wirk­lich ins Le­ben der Stadt ein­ge­bun­den ist.

Beim Dol­metschen kein Alko­hol!
In einem Neben­raum sitzen wir zum Arbeits­essen bei­sam­men, ein fran­zösischer Ex-Mi­nister, der fran­zö­si­sche Bot­schafter und eine wich­tige Persön­lich­keit der deut­schen Po­li­tik­prominenz. Ich dol­met­sche, was man sich so er­zählt ... und habe zwi­schendurch wieder­holt kurz Pro­bleme. Im­mer wie­der er­klingt ein fei­nes Surren oder Klir­ren und stört mei­ne Kon­zen­tra­tion.

Ich er­in­nere mich. Letz­ten Sommer war ich be­reits ein­mal mit einer Dele­gation hier, und weil ich vor allen an­de­ren an­ge­kom­men war, hatte ich Zeit zu foto­grafieren. Das Ge­bäude des Re­stau­rants hat keine Nach­barn, was wird das Ge­räusch wohl sein?

Vor­arbeiten für einen Neu­bau
Der Kellner schaut re­gelmäßig rein, fragt, ob alles in Ord­nung sei, und wie es sich für An­ge­stell­te der Güte der Lo­kalität gehört, merkt er, dass ich einen Wunsch ha­be. Zum Glück fällt einer seiner Be­suche mit der "Hände­wasch­pause" eines der Ge­sprächs­teil­neh­mer zu­sam­men. Ich äußere, was ich ver­nehme, der Kellner ent­schuldigt sich, sagt so­fortige Ände­rung zu, eilt von dan­nen ... und in der Tat hören die Ge­räusche schlag­artig auf.
Beim Weg­gehen fra­ge ich ihn, was er ge­macht ha­be. "Die Gläser vom Tab­lett ge­nommen", war die eben­so schlich­te wie er­grei­fende Antwort.
Und das schwe­re Bau­stellen­fahrzeug lässt wei­ter un­merk­lich die Erde beben. Ach sooooo...

EDIT: Es han­delt sich um das Re­staurant Paris-Mos­kau und den Bau­beginn des Bun­des­innen­mi­nis­te­riums

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Fotos: C.E. (Archiv)

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