Freitag, 21. Februar 2020

Keine Pointe (1)

Hier schreibt und denkt eine Übersetzerin und Dolmetscherin, derzeit in Berlin. Ich arbeite aber auch in Paris, Brüssel, Köln, Cannes und dort, wo wir gebraucht werden. Ob ich unter Vertrag stehe oder nicht, ich arbeite jeden Tag mit meinen Arbeitssprachen, aber auch mit meiner Muttersprache.

Leinwand mit Rednerpult und Mikrophon als Schatten. Schrift: Quel film?
Was kommt als nächstes?
Heute ist der Tag der Mut­ter­spra­chen! Das ist die Sprache, die wir am häufigsten spontan sprechen, in der wir am ehes­ten den direk­ten Zugang zu un­seren Gefühlen finden, in der wir am nuan­cier­testen sprechen.

Dieser Tag der Mut­ter­spra­chen ist mir ein Fest. Auch wenn ich derzeit über­wie­gend Globish höre.

Denn beim anderen großen Fest derzeit in Berlin, der Berlinale, wird fast nur in­ter­na­tio­nal Market englisch getalkt. So fühlt es sich nicht selten an: unscharf, ein wenig oberflächlich und nicht im Kern der Dinge, manchmal schräg (wenn der ge­such­te Be­griff leicht verfehlt wurde), oft überaus höflich, selten pointiert, pro­vo­kant, witzig. Aber Haupt­sache man meint, sich zu ver­stehen.

Die Entscheidung von 2014, Deutsch in Untertitel und Bühnensprache zu re­du­zie­ren, das Ergebnis von "Sparzwängen" bei einem Festival, das ständig neue Spielorte und Reihen bekommen hat, erwies sich in den Augen vieler als falsch. Die anderen bereiten sich darauf vor, dem­nächst ihre Se­rien für Net­flix direkt auf Eng­lisch zu drehen.

Ich zitiere Hans-Dietrich Genscher, einen der dienstältesten Außenminister unseres Landes: "In einer Fremdsprache sage ich, was ich sagen kann. In meiner Mut­ter­spra­che sage ich, was ich sagen möchte."

Keine Pointe.

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Foto: C.E.

tags: #imld (International Mother Language Day)
#Berlinale2020 #1nt #xl8

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