Freitag, 21. Februar 2020

Interviews dolmetschen (2)

Willkommen auf den Seiten des digitalen Logbuchs einer Sprachmittlerin. Meine Arbeitssprachen sind Französisch, Deutsch ... und Film. An dieser Stelle schreibe ich regelmäßig und so, dass man nicht immer die Betreffenden, dafür aber die Situationen erkennen kann, über meinen vielfältigen Berufsalltag, heute: Ber­­li­na­le. Im Schatten des großen Events bin ich als Dolmetscherin tätig.

Regisseur und schreibende Dolmetscherin
Claude Chabrol und die Autorin dieser Zeilen
Eine meiner Ber­li­nale-Lieb­lings­be­schäf­ti­gun­gen ist das Dol­met­schen von In­ter­views. Allerdings ist das ziemlich kräfte­zeh­rend. Wir müssen dabei überwach sein.

Denn regel­mäßig wech­seln­de Jour­na­lis­ten­grup­pen sitzen am Hoteltisch und stellen pa­ra­do­xer­weise meistens sehr ähn­liche Fragen. (Die Aus­nah­men sind uns immer ein Fest.)

Wir brauchen dabei die Kondition von Sprin­tern gepaart mit der Ausdauer von Ma­ra­thon­läu­fern, das Ganze erhöht durch viel Zähigkeit, denn die Pausen zwi­schen­durch sind kurz. Außerdem ist schau­spie­le­ri­sches Talent gefragt.

"The floor", wie die geneigte Zuschauer(innen)schaft auf Konferenzen ge­nannt wird, wechselt hier alle halbe Stunde, oft sogar alle 20 Minuten; und mitunter sind es auch nicht ein Kreis von Pressevertretern, sondern einzelne Jour­na­lis­tin­nen und Journalisten.

Und wir, die "Performer" des Events, sitzen direkt gegenüber, stehen unter Dau­er­be­ob­ach­tung. Regisseur/in und Dolmetscher/in müssen dann bei jeder Frage, mag sie auch so bekannt sein, so tun, als wäre diese zum ersten Mal ausgesprochen wor­den, als hätten wir nur darauf gewartet, uns endlich grundsätzlich und für alle Ewigkeit zu erklären. Wir dürfen frisch, intelligent, originell antworten auf geniale Einlassungen und Fragen.

Ich schreibe hier "wir", meine aber den/die Interviewten. Indes eilen wir Dol­met­sche­rin­nen und Dol­met­scher auf dem bereiteten Pfad in Windeseile hinterher und dürfen der Performance dieser Vorredner in nichts nachstehen.

Am Ende solcher Tage schweige ich am liebsten.


Weiterlesen: Über das Dolmetschen von Interviews neben der Kamera habe ich vor zehn Jahren berichtet: Interviews dolmetschen (1).

Referenzen: AG DOK, AG KINO, Alamode Filmverleih, Alin Film, Antiheld Film, Arbeits­ge­mein­schaft Do­ku­men­tar­film, Arte, BKM, Berliner Filmfestspiele, Belle Journée Film, Botschaft Frankreichs, Centre Marc Bloch, Cinéma Paris, CNC (Cen­tre Na­tio­nal de la Ci­né­ma­to­gra­phie), Constantin Film, Deutsche Kinemathek, En­fants de cinéma (Film­schul­ini­tia­ti­ve), FFA, Filmmuseum Berlin, France Culture, FSK-Kino, Haus der Kul­tu­ren der Welt, HFF Potsdam, Institut Français, INA (Institut national de l'au­dio­vi­su­el, Paris), Jewish Film­fes­ti­val Berlin, K'IEN Productions, Les Films d'Ici, Next Film, Osiris Media, Prokino, Ra­dio Ca­na­da TV, Spielzeit'europa, UmWeltFilm, Un­li­mi­ted (Philippe Avril), Vision Kino, Wüste Film, zero Film und viele mehr.
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privat (Archiv)
tags: #Berlinale2020 #1nt

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