Sonntag, 26. April 2009

Simplify!

Sich das Leben leichter zu machen, dazu aufzurufen ist in Krisenzeiten schick, denn kompliziert ist gleich teuer. Also simplifizieren wir unseren Hausstand (und erleben große Erleichterung), sparen uns die ellenlangen, historischen Grußformeln in der Korrespondenz mit Frankreich, reduzieren unnötige Gänge und versuchen, unseren CO2-footprint kleiner werden zu lassen.

Als nächstes ist die Sprache dran. Seit Jahren propagiert Jean-Paul Nerrière, ein ehemaliger IBM-Manager, globish, eine Art simplified english. Bereits 2004 veröffentlichte er sein erstes Buch zum Thema, außerdem betreibt Nerrière eine Webseite für den "Weltdialekt", den 88 Prozent der Menschen weltweit längst sprechen würde. Mit der Einfachheit von Esperanto werden Vokabeln verbunden, die dem Englischen entlehnt sind: Es ist das microsoft-english von über die ganze Welt verstreuten usern, die sich des Sprachvehikels für die Kommunikation des Allernotwenigsten bedienen. Beispiele: Gespräche im Hotel in Kalkutta, sollte jemand das hand out beim check in nicht verstehen, small talk am Flughafen in Rio, gossip am Strand in Sardinien. Der unterstützende Einsatz von Augen (hat er/sie mich verstanden?) und Händen ist dabei selbstverständlich.

Englische Muttersprachler verstehen indes oft nicht richtig, wovon die Rede ist. Kein Wunder, haben doch die Kinder der Sprache Shakespeares mehr als 600.000 Vokabeln zur Verfügung, die sie oft und gerne zu komplizierten Satzkonstruktionen verbauen. Globish dagegen kommt mit 1.500 einfachsten Begriffen und Strukturen wie aus dem Plattenbau aus. Das Runterbrechen führt zu veränderten Mustern, zu dialektalen Verschiebungen, während Mangel an Konkretheit die Hörer dazu nötigt, die Leerstellen im Gesagten eigenständig zu füllen, natürlich mit dem Risiko, den anderen falsch zu verstehen.

Letztens verbrachte ich einen Vormittag auf einem Filmfestival, auf dem alle Diskussionen von Nicht-Muttersprachlern auf Englisch geführt wurden. Ich hatte immer wieder das Gefühl, dass die Gesprächspartner nur antäuschten, statt sich auszutauschen. Es blieb alles im Vagen, Ungefähren. Am Nachmittag las ich dann in der deutschen Zeitung, dass etliche Großunternehmen, die auch ihren Mitarbeitern in Deutschland die englische Sprache als Haussprache verordnet hatten, diese Entscheidungen rückgängig machen werden: Die Verluste, die durch Ungenauigkeiten und Missverständnisse entstanden, waren einfach zu hoch.

Für alles weitere gilt der eine zeitlang in Deutschland verwendete Slogan: come in and find out, was kein Werbespruch für ein Labyrinth war - auf Berlinisch: "Komm'nse rin, findense wieder raus!"
Very simplified.

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