Bücherturm |
Ich frage vorsichtig ihren Bedarf ab. Die Dame arbeitet bei einem Hotel und hat wohl noch nie Dolmetscher bestellt oder eine schalldichte Dolmetscherkabine gesehen.
Ich erkläre, sende DIN-Informationsmaterial wegen des Platzbedarfs, ergänze. Bei solchen Beratungsgesprächen ist immer viel Vorsicht angeraten. Ich will ja niemanden beschämen, dass er oder sie Dinge nicht weiß, die sie oder er (noch) gar nicht wissen kann. Trotzdem stelle ich die einfachsten Fragen, um sicherzustellen, dass am Ende alle optimal arbeiten können.
In diesem zugegebenermaßen etwas längeren Telefonat bekommen wir Licht ins Dunkel von uns "Schattenarbeiterinnen und -arbeitern". Das vermeintliche Sprachwirrwarr, hier sind Kolleginnen und Kollegen in drei Sprachen zu buchen, bekommen wir akkurat sortiert. So soll es sein, das ist die Aufgabe einer beratenden Dolmetscherin oder vielmehr: Das ist gerade meine Aufgabe. Die Dame wuntert sich über Honorarunterschiede verschiedener Angebote.
Wir Dolmetscher im Netzwerk sind Freiberufler und am Ende wird uns das ausgehandelte Honorar zu 100 Prozent zugutekommen. Agenturen indes ziehen immer noch ihren Anteil vom Honoraranteile ab, was von 15 bis zu über 50 Prozent reichen kann. Freiberufler im Netzwerk sind daher der Premiummarkt unserer Branche.
Wir Dolmetscher erlauben es den Konferenzgästen, ihre eigenen Sprachen zu verwenden und trotzdem von den anderen Teilnehmern verstanden zu werden. Sprachliche Vielfalt geht einher mit kultureller Vielfalt, denn lebendiger Ausdruck ist keine Aneinanderreihung von Begriffen in ihrer Erstbedeutung, Stanzen oder Floskeln, sondern abwechslungsreich und spiegelt die Herkunft jener, die sich auf dem Podium öffentlich äußern.
Deshalb bereiten wir uns konzentriert und sorgfältig vor, so kommen auch die Honorare zustande: 1. lange Ausbildungszeiten, 2. intensive Vorbereitung, 3. hoher Stresspegel und hohe Ermüdung im Einsatz, 4. Karenzzeiten zur Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit, 5. ständige Fortbildung.
Nichtdolmetscher beachten das oft nicht. Sie denken, bei uns würde nur die Dolmetschzeit vergütet. Dabei ist es andersherum. Wir dolmetschen im Grunde gratis, aber die Vorbereitungszeit ist zu bezahlen.
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Foto: C.E.
3 Kommentare:
Hallo Caroline, es würde mich interessieren, ob du den Zuschlag bekommen hast in diesem Fall. Viele Grüße, Petra
Das erfahre ich nächste Woche! Ich werde es ergänzen!
Have a nice, WE, Grüße, C
Ja, liebe Petra, wir haben den Auftrag bekommen!
Viele Grüße nach Frankfurt, Caroline
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