Donnerstag, 13. Februar 2020

Honorarunterschiede

Willkommen beim Blog einer Spracharbeiterin. Ich verdiene meine |Brötchen| Zimtschnecken und Croissants mit Übersetzen und Dolmetschen für Menschen aus der Politik-, Kultur- und Modewelt, Industrie und Handwerk. Hier schreibe ich über meinen Alltag.

Sessel am Kachelofen, davor stapelweise Bücher
Bücherturm
"Sind Sie Si­mul­tan­über­set­ze­rin?", fragt ei­ne potentielle Kundin am Telefon. Ich widerspreche, sage, dass Übersetzer hän­disch, Dolmetscher hin­ge­gen münd­lich ar­beiten. Sie antwortet darauf, dass sie diesen Ausdruck auf der Webseite einer Dolmetscheragentur gesehen habe. (Was ich kaum glauben mag, erweist sich leider als wahr. Nun, das kommt davon, wenn Nichtdolmetscher Dolmetscher verkaufen als wären es Schrauben und Muttern ...)

Ich frage vorsichtig ihren Bedarf ab. Die Dame arbeitet bei einem Hotel und hat wohl noch nie Dolmetscher bestellt oder eine schalldichte Dolmetscherkabine ge­se­hen.

Ich erkläre, sende DIN-Informations­ma­te­rial we­gen des Platz­be­darfs, ergänze. Bei solchen Be­ra­tungs­ge­sprä­chen ist immer viel Vorsicht an­ge­raten. Ich will ja nie­man­den beschämen, dass er oder sie Dinge nicht weiß, die sie oder er (noch) gar nicht wissen kann. Trotz­dem stelle ich die einfachs­ten Fragen, um si­cher­­zu­stel­­len, dass am Ende alle opti­mal arbeiten können.

In diesem zugegebenermaßen etwas längeren Telefonat bekommen wir Licht ins Dunkel von uns "Schattenarbeiterinnen und -arbeitern". Das ver­meint­li­che Sprach­wirr­warr, hier sind Kolleginnen und Kollegen in drei Sprachen zu buchen, be­kom­men wir akkurat sortiert. So soll es sein, das ist die Auf­ga­be einer be­ra­ten­den Dol­met­scherin oder vielmehr: Das ist gerade meine Aufgabe. Die Dame wun­tert sich über Ho­no­rar­unter­schie­de ver­schie­de­ner An­ge­bo­te.

Wir Dolmetscher im Netzwerk sind Freiberufler und am Ende wird uns das aus­ge­han­del­te Honorar zu 100 Prozent zugutekommen. Agenturen in­des ziehen immer noch ihren Anteil vom Ho­no­rar­an­teile ab, was von 15 bis zu über 50 Pro­zent rei­­chen kann. Freiberufler im Netzwerk sind daher der Pre­mium­markt unserer Bran­che.

Wir Dolmet­scher erlauben es den Konferenz­gästen, ihre eigenen Sprachen zu ver­wen­den und trotzdem von den anderen Teilnehmern verstanden zu werden. Sprachliche Vielfalt geht einher mit kultureller Vielfalt, denn lebendiger Ausdruck ist keine An­ein­an­der­rei­hung von Begriffen in ihrer Erstbedeutung, Stanzen oder Floskeln, sondern abwechslungsreich und spiegelt die Herkunft jener, die sich auf dem Podium öf­fent­lich äußern.

Deshalb bereiten wir uns konzentriert und sorgfältig vor, so kommen auch die Ho­no­ra­re zustande: 1. lange Ausbildungszeiten, 2. intensive Vorbereitung, 3. hoher Stresspegel und hohe Ermüdung im Einsatz, 4. Karenzzeiten zur Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit, 5. ständige Fortbildung.

Nicht­dol­met­scher be­ach­ten das oft nicht. Sie den­ken, bei uns wür­de nur die Dol­metsch­zeit vergütet. Dabei ist es andersherum. Wir dol­met­schen im Grun­de gratis, aber die Vor­be­rei­tungs­zeit ist zu bezahlen.

______________________________  
Foto: C.E.

3 Kommentare:

Petra Wagner, Frankfurt hat gesagt…

Hallo Caroline, es würde mich interessieren, ob du den Zuschlag bekommen hast in diesem Fall. Viele Grüße, Petra

caro_berlin hat gesagt…

Das erfahre ich nächste Woche! Ich werde es ergänzen!
Have a nice, WE, Grüße, C

caro_berlin hat gesagt…

Ja, liebe Petra, wir haben den Auftrag bekommen!
Viele Grüße nach Frankfurt, Caroline