Cineasten leben von Lichtspiel und Filmliebe |
Diese Filme sind die letzten, die durch die Berlinale normalerweise noch simultan eingesprochen werden. Dieses Mal war indes kein/e Sprecher/in eingeplant, der oder die alle Dialoge simultan eingesprochen hätte. War die Vorführung für Erwachsene? Für Programmplaner und Filmdidakten? Oder nur für französischsprachige Kinder (von denen es in Berlin sehr viele gibt)? Ich allein kann das nicht auflösen. Vielleicht war jemand zugegen und könnte uns das im Kommentar erzählen.
In meinem Kiez wäre das übrigens mit türkisch- und arabischsprachigen Programmen möglich. Vielleicht kommt die Berlinale eines Tages auf diese Idee. Sie könnte ja dann per Kopfhörer die Dialoge deutsch und englisch und französisch einsprechen lassen.
Sie müsste sich aber beeilen. Denn in meinem Bezirk sind wir nicht mehr nur von Gentrifizierung betroffen, der Verdrängungssanierung, wir haben es auch, dem Kalauer einer Freundin zufolge, "Countryfizierung" zu tun, der Verdrängung ärmerer Schichten durch kaufkräftige Langzeittouristen aus diversen Ländern der Welt, die für einige Monate bis Jahre nach Berlin kommen. (Jene, die hier hängenbleiben, normalisieren sich bzw. "berlinifizieren"; sie verändern die Stadt, die Stadt verändert sie.)
Die Berlinale könnte hier vielleicht ihren Ruf wieder etwas verbessern. Vor Jahren, als die Sektion der Filme für Jugendliche, Generation, komplett auf Englisch umgestellt wurde, englische Untertitel, auf Englisch geführte Diskussionen, haben einige junge Muttersprachler aus Berlin, Zöglinge einer internationalen Schule, Gleichaltrige aus Neukölln öffentlich ausgelacht.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass für viele dieser Kinder der Migration Englisch die dritte Fremdsprache darstellt (nach Türkisch- oder Arabischgrundlagen sowie, natürlich, Deutsch). Grund war eine Fehlinterpretation infolge mangelnder Englischkenntnisse. Ein in jahrelanger Arbeit mühsam etablierter Filmclub hat das nicht überlebt.
Die heutige "Countryfizierung" hat möglich gemacht, dass in zwanzig Minuten Fußweg von uns ein altes Sexkino in ein szeniges Arthousekino umgewandelt wurde. Jetzt laufen dort Filme für Menschen der Nachbarschaft, die in den Wohnungen des Kiezes leben, die einst von Menschen aus Arbeiterschaft und unterer Mittelschicht bewohnt worden sind. Interessanterweise finden dort einige der am Rande des Filmfestivals privat organisierten Treffen, Frühstücke, meetups statt. Zweiter Fremdsprachenkalauer dieses Blogposts: keynote statt Kino.
Meine bisherige Berlinalebilanz ist ungewohnt: Sieben Empfänge und Treffen, zwei Abendessen, ein Film; Dolmetscheinsätze: ein Filmgespräch im kleinen Kreis sowie ein medienpolitisches Interview. Es wird meine an Filmen und Dolmetscheinsätzen schwächste Berlinale aller Zeiten werden.
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Foto: C.E. (gesehen in Neukölln)
tags: #Berlinale2020 #1nt #xl8
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