Hello, guten Tag, bonjour ! Sie haben das Arbeitstagebuch einer Übersetzerin angeklickt. Ich berichte aber auch aus der Welt der Konferenzdolmetscher in Berlin und anderswo. Meine Fachgebiete sind Politik, Soziales und Wirtschaft, Kino und Kultur, ich arbeite vor allem mit der französischen Sprache, aber auch aus dem Englischen. Dolmetschen ist kein Beruf, sondern eine Lebensweise, das schrieb ich hier gestern. Heute folgt Teil zwei.
Etwa alle sechs Monate wache ich davon auf, dass in meinem Schlafzimmer jemand laut vernehmbar lacht. Bei genauerem Hinsehen, die Augen blinzeln vorsichtig in den Tag hinein, bin ich allein. Diese Art nächtlicher Ruhestörung ist mir lieber als das Wachwerden durch 'Hundegebell', wie ich's in den 1970-er Jahren im Ruhrpott bei der [Omma] erlebt habe.
Der Pseudokrupp-Husten ist lange schon Geschichte. Aber wie damals träume ich sehr lebendig, manchmal sogar stürmisch. Heute gegen Morgen also folgendes Traumgeschehen: Erst arbeite ich als Lautmalerin vor einer Staffelei in einem Schallarchiv. Ich male sehr genussvoll, genieße, was ich mache.
Wenig später habe ich es mit französischen Gästen zu tun. Wir haben komische Bäume vor dem Haus, die palmenartige, kleine Blätter produzieren, die immer wie ein Strauß zusammenhängen. Ich erzähle, dass wir daraus immer unsere Gastgeschenke gebunden hätten. Und zeige, was für eine Eigenart diese Pflanzen noch haben. Sie reagieren wie Mimosen auf Berührung, versteifen sich kurz, spannen sich auf und schleudern sich selbst dann pfeilartig in die Ferne.
Meine Gäste lachen ... Et présenter ça comme cadeau, comment l'interpréter, c'est extra ! (Sowas als Geschenk anzubieten, wie soll denn das interpretiert werden, großartig!)
Ich suche keine großen Deutungen dieser ineinander übergehenden Momente, sehe aber, dass ich einmal Sprache wörtlich nehme und mit viel Lebenslust und Hingabe an meine Aufgabe gehe. Beim zweiten Moment weiß ich nicht, ob mir die Gäste gelegen kommen, vielleicht stören sie mich ja auch in meiner Elfenbeintürmigkeit. Mir fällt auf, wie comicartig diese Pflanzengschosse gewirkt haben. Und die lustige, zweideutige Reaktion der Gäste, die ganz selbstverständlich Französisch sprechen, gefällt mir.
Was ich tags mache, von einem Idiom zum anderen switchen, den Flow suchen und erreichen, mich Künstlerischem hingeben (manchmal), kommunizieren, gerne auch mit doppeltem Boden, das finde ich hier wieder. Was das jetzt alles mit Dolmetschen zu tun hat? In den Träumen habe ich ja gar nichts übertragen. Aber von einem Moment zum anderen könnte ich mit einem derart geschärften Bewusstsein loslegen. Das ist es, was zählt.
Träumen Ingenieure eigentlich ähnlich intensiv von den Brücken, die sie bauen?
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Foto: C.E. (Schubert-Notenblatt)
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