Mittwoch, 21. November 2012

Anzug

Willkommen! Sie lesen gerade in meinem digitalen Arbeitstagebuch. Ich bin Übersetzerin und Dolmetscherin, meine zweite Sprache ist Französisch, außerdem arbeite ich aus dem Englischen, und zwar in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur ... und Kino! Dazu brauche ich passende Kleidung.

Jetzt habe ich die Shoppingtouren auf der Suche nach einem weiteren Anzug für die kalte Jahreszeit satt. Ich war in den stadtbekannten Läden, hier gefiel mir der Schnitt des berühmten Designers nicht, da war der Stoff einer Modeschöpferin nicht mein Geschmack, dort passte es in der Taille, die Ärmellänge sah indes aus wie ein Zweidrittel-Arm, das liegt eher an meinen Extremitäten als an einem besonderen Wintertrend.

Das mit den knappen Ärmeln ist ohnehin mein Dauerproblem, dabei habe ich eigentlich keine Giacomettifigur. Aber auch so schlabbern bei mir die Sachen entweder in der Taille, oder aber die Ärmel sehen aus wie hochgekrempelt ... Ich besitze daher mindenstens zehn Paar Pulswärmer, um mir Jacken und Pullis zu verlängern, damit ich nicht dauernd an den Händen friere.

Ein elegantes Anzugsmodell mit Schalkragen, Taille, langen Armen ohne Manschettenknöpfe ... in drei Farben.


Aber der Probleme nicht genug: Fast alle Sakkos haben Ärmelknöpfe, nur eins nicht, und das ist nicht so elegant. Schade, dass es von diesem Modell keine Varianten zur Auswahl gibt. Die anderen mag ich nicht nehmen, denn mit den Ärmeln müsste ich erst wieder zum Änderungsschneider, um sie abmachen zu lassen (und nicht selten sind die Knopfleisten so geschnitten, dass die Ärmel am Ende enger zu werden drohen. Dann helfen nur stoffbezogene Knöpfe).

Der Hintergrund für diese Manie ist schnell erklärt: Alles, was in der Kabine zu störenden Begleitgeräuschen führen kann, versuche ich zu vermeiden. Als da wären hörbares Schlucken beim Trinken, Essen von Knäckebrot, Rascheln mit Süßigkeitenpapier. Ich packe vorher um oder reiße die Tüte in der Pause auf, so ähnlich wie im Kino ...

Ach, ich müsste ratzfatz die Honorare verdoppeln und zur Stammkundin einer Maßschneiderei werden!, denke ich seufzend. Da erzählt mir eine Kollegin von einer Firma, die übers Netz erreichbar ist: Die Kunden vermessen sich selbst (oder, besser, sie gehen dafür zur Vertragsschneiderin am Wohnort), suchen sich ein Modell aus, wobei die Kragenform ebenso bestimmt werden kann wie die Anzahl der Knöpfe, zugeschnitten wird alsdann in Osteuropa, vernäht von eben dieser Vertragsschneiderin in der Nähe, die bei Bedarf auch letzte Anpassungen vornimmt.

Das klingt gut. Auch das Stoffangebot scheint groß zu sein, wow, ich bin begeistert, sogar Waschmaschinenwaschbares ist dabei! Noch zögere ich ... aber wo ich seit Jahren schon Flugtickets online kaufe, was ich noch vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten hätte ...

Und dann finde ich im Laden um die Ecke einen schicken Anzug von der Stange, der so ausieht, als wäre er für mich maßgeschneidert worden. Dieses Mal hab ich noch Glück gehabt ...

______________________________
Collage: C.E.

Keine Kommentare: